Verwaltungsrecht

Widerruf der Zuweisung eines Marktstandes auf dem Viktualienmarkt wegen rückständiger Gebühren

Aktenzeichen  M 7 S 21.125

Datum:
5.5.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30615
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Markthallen-Satzung der Landeshauptstadt München § 5 Abs. 4 Nr. 3
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 12. Januar 2021 erhobenen Klage gegen den Widerruf der Zuweisung eines Marktstandes auf dem Viktualienmarkt in München mit Bescheid der Markthallen München (im Folgenden: Markthallen) vom 17. Dezember 2020.
Die Markthallen, zu denen u.a. neben weiteren ständigen Lebensmittelmärkten der Viktualienmarkt zählt, sind eine öffentliche Einrichtung der Antragsgegnerin. Die den Markthallen zur Verfügung stehenden Flächen sind gewerblichen Nutzungen zuzuführen mit dem Ziel, zur Versorgung der Bevölkerung mit hochwertigen, gesunden und frischen Lebensmitteln und Blumen beizutragen und die Gewerbestandorte für Handel, Handwerk, Produktion und Gastronomiebedarf zu optimieren (vgl. § 1 der Satzung über die Benutzung der Markthallen München der Landeshauptstadt München vom 17. Dezember 2008 – Markthallen-Satzung).
Mit Bescheid vom 27. Januar 2005 wurde dem Vater des Antragstellers der Laden Nr. … nebst Marktfläche außerhalb hierzu auf dem Viktualienmarkt, Abteilung VI, ab dem 1. Februar 2005 durch die Markthallen zugwiesen. Als Warensortiment wurden Konditorei- und Backwaren (deutsches und internationales Sortiment) festgesetzt. Auf Antrag wurde mit Bescheid der Markthallen vom 31. Juli 2006 eine Erweiterung des Sortiments um türkischen Tee, türkischen Espresso und Kaffee, türkische Cola, Cola-Light und Mineralwasser sowie das Aufstellen von jeweils zwei Stehtischen im Ladengeschäft und außerhalb des Ladengeschäfts gestattet. Ebenfalls wurde das Aufstellen und Betreiben eines Heißluft- bzw. Steinbackofens genehmigt. Mit weiterem Bescheid vom 28. April 2008 wurde eine Sortimentserweiterung um türkische Feinkost (Vorspeisen) und fertige Salate genehmigt.
Mit Bescheid der Markthallen vom 4. Januar 2017 wurde rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 der Antragsteller zum Inhaber der o.g. Zuweisung bestimmt. Der Vater des Antragstellers schied mit Ablauf des 31. Dezember 2016 als Zuweisungsinhaber aus. Die Zuweisung wurde wegen der Gesamtüberplanung im Rahmen des Projekts „Zukunftskonzepte“ bis zum 31. Dezember 2019 befristet.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2018 teilten die Markthallen dem Antragsteller mit, dass der beantragten Erweiterung des Sortiments und einer damit verbundenen Installation von Geräten zur Zubereitung nicht zugestimmt werde, da die beantragten Produkte („Iskender“, „frittierte Falafel“) nicht zur ursprünglichen Standbewerbung passten und eine weitere Ausdehnung des Imbissangebots darstellten. Zur Klarstellung des zulässigen Sortiments wurde zudem mit Bescheid vom selben Tag eine Änderungszuweisung erteilt, wonach der Schwerpunkt des Sortiments (Hauptsortiment) auf dem Angebot und Verkauf von Konditorei- und Backwaren, kalter türkischer Feinkost (Vorspeisen) und fertigen Salaten liege. Begleitend zum Hauptsortiment dürften in untergeordnetem Umfang (insgesamt maximal 5% des Gesamtsortiments) türkischer Tee und türkischer Kaffee sowie türkische alkoholfreie Getränke ausgeschenkt werden. Eine Produktion des Sortiments „kalte türkische Feinkost (Vorspeisen)“ sowie „fertige Salate“ in den zugewiesenen Objekten werde nicht gestattet.
Mit Folgebescheid vom 31. Oktober 2019 wurde die Befristung im Bescheid vom 4. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.
Zuletzt mit Schreiben des Kommunalreferats der Antragsgegnerin vom 28. August 2020 sowie mit E-Mail vom 2. September 2020 wurde ein erneuter Antrag auf Sortimentserweiterung abgelehnt. Eine Ausweitung der Genehmigung auf die Zubereitung von warmen Speisen würde den Imbissanteil des Ladens wie auch des gesamten Marktes erhöhen. Die Markthallen seien verpflichtet, den Grundgedanken des Viktualienmarktes, der primär ein Lebensmittelmarkt sei und nicht den Anschein eines Naschmarktes erwecken solle, aufrecht zu erhalten und eine Imbissausweitung zu verhindern.
Mit Schreiben der Markthallen vom 23. November 2020 wurde der Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf seiner Zuweisung angehört. Laut Finanzbuchhaltung bestünden Zahlungsrückstände i.H.v. … EUR (Saldo per 20. November 2020). Durch die Abteilung Rechnungswesen seien dem Antragsteller diesbezüglich diverse Mahnungen und Zahlungsaufforderungen übermittelt worden. Dessen ungeachtet habe der Antragsteller während des gesamten Zeitraums keinen Kontakt mit den Markthallen aufgenommen, um auf eventuelle Zahlungshinderungs- oder Verzögerungsgründe hinzuweisen. Dem Antragsteller werde Gelegenheit gegeben, sich zum geschilderten Sachverhalt zu äußern und den rückständigen Betrag bis spätestens 14. Dezember 2020 vollständig zu begleichen. Sollten die vorgenannten Zahlungsrückstände bis zum genannten Termin nicht restlos beglichen worden sein und seitens des Antragstellers keine schriftliche Stellungnahme vorliegen, werde ein entsprechendes Widerrufsverfahren eingeleitet und nach Aktenlage entschieden werden.
In der Folge wurde durch den Antragsteller ein Teilbetrag der Rückstände i.H.v. … EUR beglichen. Eine Stellungnahme seitens des Antragstellers erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2020, dem Antragsteller zugestellt am 19. Dezember 2020, widerriefen die Markthallen die dem Antragsteller mit Verwaltungsakt vom 27. Januar 2005 nach § 4 Markthallen-Satzung erteilte Zuweisung, zuletzt geändert durch Änderungszuweisung vom 31. Dezember 2019, hinsichtlich der Benutzung des Ladens Nr. … sowie der Marktfläche außerhalb zu Laden Nr. … in der Abteilung VI auf dem Viktualienmarkt (Nr. 1). Es wurde dem Antragsteller aufgegeben, die bezeichneten Objekte zu räumen und in gereinigtem, benutzbarem und bestimmungsgemäßem Zustand den Markthallen zu übergeben (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 dieses Bescheids wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall, dass der Antragsteller der Verpflichtung aus Nr. 2 dieses Bescheides nicht bis zum 15. Januar 2021 nachkommen sollte, wurde die Ersatzvornahme auf Kosten des Antragstellers angedroht und der Kostenbetrag vorläufig mit 2.000,- EUR veranschlagt (Nr. 4). Für den Bescheid wurden eine Verwaltungsgebühr i.H.v. 200,- EUR und Auslagen i.H.v. 2,51 EUR erhoben (Nr. 5).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, seit April 2020 bis einschließlich Dezember 2020 seien fällige Gebühren des Antragstellers unregelmäßig bei den Markthallen eingegangen bzw. seien teilweise oder vollständig nicht beglichen worden. Schließlich hätten sich die offenen Rechnungsposten des Antragstellers bei den Markthallen zum 15. Dezember 2020 auf … EUR belaufen. Bis zum heutigen Tag sei weder eine persönliche noch eine telefonische Kontaktaufnahme seitens des Antragstellers erfolgt. Überdies sei lediglich eine Teilzahlung der rückständigen Beträge erfolgt. Der Antragsteller sei seiner Verpflichtung aus § 1 Abs. 1 i.V.m. § 5 und § 6 Abs. 1 der Satzung über die Gebühren für die Benutzung der Markthallen München der Landeshauptstadt München (Markthallen-Gebührensatzung) zur rechtzeitigen Zahlung der Gebühren nicht nachgekommen. Trotz diverser schriftlicher Aufforderungen und Mahnungen sei es zu den immensen Gebührenrückständen gekommen. Gemäß § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung könne die Zuweisung widerrufen werden, wenn der Zuweisungsnehmer trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen mit den fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand bleibe. Da der Antragsteller anfallende Gebühren nicht entrichtet habe, entstehe den Markthallen ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Die geschuldeten Gebühren seien öffentliche Mittel, die dem öffentlich-rechtlichen Betriebszweck der Markthallen dienten. Aufgrund der fehlenden Stellungnahme des Antragstellers sei eine Änderung der Situation nicht zu erwarten. Im Weiteren sei bei einem Fortbestehen des Benutzungsverhältnisses mit einer stetigen Erhöhung der rückständigen Beträge zu rechnen. Ein Tätigwerden der Markthallen, um ein Anhalten bzw. eine weitere Verschlechterung dieser Situation zu verhindern, sei daher geboten. Der Widerruf der Zuweisung sei geeignet dies zu erreichen. Trotz wiederholter Mahnungen und Hinweise auf die Folgen hätte der Antragsteller seine Zahlungsverpflichtung verletzt. Ein alternativer Weg zur dauerhaften Bereinigung der Situation, ohne den Widerruf der Zuweisung, sei daher nicht ersichtlich. Da der Antragsteller sich bis zum heutigen Tage gegenüber den Markthallen zum Sachverhalt in keinster Weise geäußert habe, seien den Markthallen keine sachlich relevanten Argumente gegen den Widerruf der Zuweisung bekannt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids sei aufgrund von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erfolgt. Danach könne die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet werden, wenn dies im öffentlichen Interesse liege. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei geeignet, weiteren wirtschaftlichen Schaden von öffentlichem Vermögen abzuwenden. Sie sei auch erforderlich, weil kein milderes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks vorhanden sei. Insbesondere sei vom Antragsteller trotz Anhörung vom 23. November 2020 nur eine Teilzahlung geleistet und auch sonst keinerlei persönlicher Kontakt zu den Markthallen aufgenommen worden. Aufgrund seines bisherigen Verhaltens sei auch für die Zukunft nicht mit fristgerechten Zahlungen zu rechnen. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei auch angemessen, weil das etwaige Individualinteresse des Antragstellers an der Nutzung der o.g. Objekte gegenüber dem allgemeinen Interesse der Öffentlichkeit an einer wirtschaftlichen Nutzung des Objekts der Markthallen zurückstehen müsse. Die unter Nr. 2 des Bescheids angeordnete Verpflichtung zur Rückgabe und Säuberung der Objekte erfolge aufgrund von § 6 Nr. 3 Markthallen-Satzung. Die Androhung der Ersatzvornahme stütze sich auf Art. 29, 32 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG. Die Androhung eines Zwangsgeldes als Zwangsmittel zur Räumung des Objekts hätte nicht die gewünschte Wirkung, da damit zu rechnen sei, dass der Antragsteller den Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen werde. Da ein Zwangsgeld somit kein Erfolg erwarten ließe, sei die Androhung der Ersatzvornahme als einzig wirksames und geeignetes Mittel zu sehen. Die Kostenentscheidung beruhe auf den einschlägigen Vorschriften des Kostenrechts.
Gegen diesen Bescheid haben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 12. Januar 2021 Klage (M 7 K 21.123) erhoben und zugleich Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass es zutreffend sei, dass der Antragsteller im Verlauf des Jahres 2020 die von ihm für den Marktstand zu entrichtenden Nutzungsentgelte nicht pünktlich und vollständig habe zahlen können. Grund hierfür sei, dass der Antragsteller aufgrund der Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen behördlichen Maßnahmen massive Umsatzausfälle beim Betrieb des gegenständlichen Marktstandes zu verzeichnen gehabt hätte. Seine privaten Rücklagen seien im Juli 2020 erschöpft gewesen, sodass er keine weiteren Zahlungen mehr habe leisten können. Entgegen den Angaben der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid habe der Antragsteller gegenüber deren Sachbearbeitern sehr wohl telefonisch bekundet, dass er pandemiebedingt in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sei und daher um eine Stundung der Forderungen bitte. Bei der Ermessensausübung habe die Antragsgegnerin insbesondere nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller, wie viele andere Gewerbetreibende derzeit auch, pandemiebedingt mit massiven Beeinträchtigungen seiner Geschäftstätigkeit und damit mit massiven Umsatzausfällen konfrontiert sei. Die Bayerische Landesregierung habe bereits im Frühjahr 2020 auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes umfangreiche Maßnahmen ergriffen, um das soziale Leben einzufrieren und Kontakte auf ein Minimum zu beschränken. Dies habe im Betrieb des Marktstandes des Antragstellers zu einem massiven Ausfall seiner Umsätze geführt. Bereits während des Lockdowns im Frühjahr und nunmehr seit der erneuten Verhängung von Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie habe der Antragsteller seinen Marktstand geschlossen halten müssen. Ein Hygienekonzept, welches zum einen die rechtlichen Vorgaben umsetze, zum anderen aber auch noch eine angemessene Bedienung der Kunden zulasse, sei aufgrund der Beschaffenheit des gegenständlichen Marktstandes nicht möglich. Ein Großteil der Kundschaft des Antragstellers bestehe aus Personen, welche in der Umgebung des Viktualienmarktes in Büros und Handelsgeschäften arbeiteten und sich mittags üblicherweise am Stand ein Essen mitnehmen oder abends auf dem Weg nach Hause noch für eine Abendmahlzeit eindecken würden. Diese Kunden seien während des Lockdowns zu Hause geblieben und hätten im Home Office gearbeitet oder hätten nicht zur Arbeit kommen können, da die Ladengeschäfte geschlossen hätten bleiben müssen. Der Antragsteller sei seit 15 Jahren Inhaber des Marktstandes. Zahlungsausfälle habe der Antragsteller während dieser Zeit niemals auflaufen lassen. Der Antragsteller habe durch seinen Geschäftsbetrieb im gegenständlichen Marktstand stets einen Umsatz generieren können, welcher die Zahlung laufender Gebühren sichergestellt habe. Durch die behördlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sei dies erstmals nicht mehr der Fall gewesen, wobei jedoch davon auszugehen sei, dass die Änderung im Verhalten seiner Kunden lediglich temporär sei, diese in Zukunft wieder beim Antragsteller ihre Einkäufe tätigen würden und der Antragsteller nach Überwindung der Pandemie, insbesondere durch die nunmehr angelaufene Impfkampagne, wieder zu seinem vormaligen Umsatz zurückfinden würde. Hierdurch werde der Antragsteller auch in der Lage sein, wieder die laufenden Nutzungsentgelte zu zahlen und die aufgelaufenen Rückstände auszugleichen. Zu beachten sei hierbei auch, dass die Händler auf dem Viktualienmarkt nach Art ihres Geschäfts und der Einbettung in das innenstädtische Handels- und Gewerbequartier den Gewerbetreibenden, welche ihre Ladengeschäfte aufgrund zivilrechtlicher Miet- und Pachtverträge besäßen, in jeder Hinsicht vergleichbar seien. Für die Mieter von Gewerbeeinheiten habe der Gesetzgeber aber bereits im März 2020 mit Art. 240 § 2 EGBGB ein Kündigungsmoratorium erlassen, um diese vor außerordentlichen fristlosen Kündigungen ihrer Mietverhältnisse wegen pandemiebedingten Zahlungsverzugs zu schützen. Zugleich sei an den Land- und Oberlandesgerichten die Tendenz zu beobachten, das nach dem Gesetz eigentlich dem Mieter zugewiesene Risiko, den Mietgegenstand zu dem vertraglich vereinbarten Gebrauch tatsächlich nutzen zu können, über die Vorschrift des § 313 BGB aufgrund der zu Pandemiebekämpfung erlassenen Maßnahmen auch dem Vermieter zu überbürden. Es sei reiner Zufall, dass die Zuweisung der Marktstände am Viktualienmarkt nicht zivilrechtlich, sondern durch hoheitlichen Akt aufgrund einer Satzung organisiert sei. Vor diesem Hintergrund könne nicht nachvollzogen werden, weshalb der Antragsteller als Inhaber eines solchen Marktstandes nicht ebenfalls in den Genuss der gesetzgeberischen und obligatorischen Abwägungen kommen solle, welche ihn davor schützen würden, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie alleine tragen zu müssen, wären die Voraussetzungen seiner Nutzung des Marktstandes zivilrechtlich kodifiziert. Es gebe keinen Grund, den Antragsteller hier anders zu behandeln, als jeden anderen Gewerbetreibenden, welcher seinen Marktstand aufgrund eines zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses besitze. Dies hätte die Antragsgegnerin in ihre Abwägung bei der Ermessensausübung einbeziehen müssen. Ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Räumungs- und Herausgabeanordnung bestehe nicht. Dies gelte schon deshalb, weil der Widerruf der Zuweisung des gegenständlichen Marktstandes offensichtlich rechtswidrig sei. Vor diesem Hintergrund bestehe keine Veranlassung die Herausgabeanordnung vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit des Bescheids zu vollziehen. Dies, zumal der Antragsteller auf die Ausstattung des Marktstandes erhebliche Aufwendungen vorgenommen habe, welche im Rahmen der Herausgabe zurückzubauen wären. Weiterhin hätte der Antragsteller in diesem Fall keine Möglichkeit, sobald es die Pandemiesituation wieder erlaube, den Marktstand zu eröffnen und wieder Umsätze zu generieren, aus welchen er sowohl die laufenden Kosten zahle, als auch die rückständigen Nutzungsentgelte nachentrichte.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerruf der Zuweisung vom 17. Dezember 2020 wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, in den Jahren 2018 bis 2020 habe es diverse Themen gegeben, insbesondere nicht genehmigte Umbauarbeiten, Sortimentsüberschreitungen und einen Verstoß gegen die Urlaubsregelung, die teils zu Anordnungen im Einzelfall und teils zu Bußgeldern geführt hätten, die bisher nicht beglichen worden seien. Im März 2020 seien aufgrund der Covid-19-Pandemie staatliche Beschränkungen in Kraft getreten, die zum Teil direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Zuweisung der Münchner Märkte gehabt hätten. Aus diesem Grund habe sich die Antragsgegnerin entschieden, die Zuweisungsnehmer zu unterstützen und auf Antrag auf die Vorauszahlungen für die Jahresumsatzgebühr zu verzichten. Hierzu habe die Antragsgegnerin ein Schreiben formuliert, das allen Zuweisungsnehmern und damit auch dem Antragsteller zugesandt worden sei und aus dem deutlich hervorgegangen sei, dass ein Verzicht lediglich auf Antrag erfolgen könne. Des Weiteren habe die Antragsgegnerin im Zuge des Stadtratsbeschlusses vom 19. Mai 2020 die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, um Standbetreibern mit Liquiditätsengpässen Stundungen oder gar den Erlass von Gebühren zu ermöglichen. In Fällen, in denen Zuweisungsnehmer mit Liquiditätsengpässen den Kontakt zur Antragsgegnerin gesucht hätten, seien gemeinsam die Möglichkeiten einer Stundung oder eines Erlasses erörtert und die entsprechenden Antragsformulare übersandt worden. Eine derartige Kontaktaufnahme sei seitens des Antragstellers jedoch nicht erfolgt. Soweit der Antragsteller behaupte, sich in einem Telefonat gegenüber einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin diesbezüglich geäußert zu haben, werde dies bestritten. Da der Laden des Antragstellers als Bäckereiverkauf geführt werde, sei der Betrieb zu keiner Zeit durch staatliche Beschränkungen verboten gewesen. Auch der Viktualienmarkt an sich sei für Kunden innerhalb der Öffnungszeiten zu jeder Zeit frei zugänglich gewesen. Lediglich bezüglich der Stehtische sei der Antragsteller zeitweise von den staatlichen Verboten betroffen gewesen. Der Imbiss mache jedoch nur einen kleinen Teil seines Sortiments aus. Trotzdem habe der Antragsteller den Laden zu Beginn der Covid-19-Pandemie geschlossen und habe diesen auch nach den ersten Lockerungen geschlossen gehalten. Auch über die Sommermonate, in denen der Verkauf ohne allzu große Einschränkungen möglich gewesen wäre, habe der Antragsteller seinen Laden nicht durchgehend geöffnet gehabt. Am 1. November 2020 habe der Antragsteller den Laden erneut vollständig geschlossen, obwohl auch der Imbissverkauf „to go“ weiter erlaubt gewesen wäre. Bis Juli 2020 habe der Antragsteller die monatlichen Gebühren weitergezahlt. Seit Juli 2020 sei die monatliche Nutzungsgebühr in Höhe von 545,43 EUR (Mindestgebühr) sowie der monatliche Abschlag für Betriebskosten in Höhe von 11,60 EUR und die monatliche Pauschale für den Abfall in Höhe von 80,62 EUR ohne Angabe von Gründen nicht mehr gezahlt worden. Die offenen Beträge seien mehrfach schriftlich angemahnt worden. Die Gebühren für den Zeitraum Juli bis September 2020 seien mit Schreiben vom 4. September 2020 angemahnt worden, die Gebühren von August bis Oktober 2020 mit Schreiben vom 6. Oktober 2020, die Gebühren für den Zeitraum September und Oktober 2020 mit Schreiben vom 21. Oktober 2020, die Gebühren von Oktober und November 2020 mit Schreiben vom 26. November 2020 und die Gebühren von November 2020 zuletzt erneut mit Schreiben vom 15. Dezember 2020. Der Antragsteller habe auf keines dieser – der als Anlage vorgelegten – Schreiben reagiert. Am 20. November 2020 hätten sich die Zahlungsrückstände des Antragstellers insgesamt auf … EUR belaufen. Darin enthalten sei ein Rückstand in Höhe von … EUR auf die monatliche Nutzungsgebühr (Juli bis November). Diese Rückstände seien im Anhörungsschreiben vom 20. November 2020 aufgelistet gewesen. Die Antragsgegnerin habe am 8. und 9. Dezember 2020 Zahlungseingänge i.H.v. insgesamt … EUR festgestellt, die entsprechend der jeweils angegebenen Zweckbestimmung mit den Rückständen für die Mieten für Juli, August und September 2020 verrechnet worden seien. Ein Ausgleich der Rückstände für die monatliche Nutzungsgebühr von Oktober und November 2020 sei nicht erfolgt. Auch die Gebühren für die Monate Dezember 2020 bis März 2021 seien vom Antragsteller bisher nicht bezahlt worden. Es sei zu befürchten, dass die Rückstände in den nächsten Monaten kontinuierlich anwachsen würden. Grundlage für den Widerruf der Zuweisung bilde § 5 Abs. 4 Nr. 3 Markthallen-Satzung, wonach die Zuweisung jederzeit aus wichtigem Grund widerrufen werden könne, wenn der Zuweisungsnehmer trotz Mahnung und Hinweises auf die Folgen mit den fälligen Gebühren länger als einen Monat im Rückstand bleibe. Die Monatsgebühren von Oktober und November in Höhe von insgesamt … EUR seien im Zeitpunkt des Widerrufs (neben der nichtbezahlten Monatsgebühr für den Dezember 2020) noch offen gewesen. Der Rückstand habe damit mehr als eine monatliche Gebühr betragen. Soweit sich der Antragsteller auf Art. 240 § 2 EGBGB berufe, sei festzuhalten, dass die Antragsgegnerin die Kündigungsbeschränkungen des Art. 240 § 2 EGBGB aufgrund des Stadtratsbeschlusses vom 19. Mai 2020 auch auf die öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisse der Markthallen angewendet habe. Die Vorschrift greife im vorliegenden Fall jedoch nicht, da der Widerruf der Zuweisung ausschließlich auf Zahlungsrückstände gestützt worden sei, die nach dem 30. Juni 2020 entstanden seien. Die Verlängerungsmöglichkeit der Kündigungssperre gemäß Art. 240 § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 EGBGB sei von der Bundesregierung bewusst nicht verwirklicht worden. Der vom Antragsteller angesprochene § 313 Abs. 1 BGB finde vorliegend keine Anwendung, da es sich nicht um ein privates Rechtsverhältnis, sondern um ein öffentlich-rechtliches Zuweisungsverhältnis handele. Daneben lägen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor. Ein Vertragsanpassungsanspruch aus § 313 Abs. 1 BGB sei in die Zukunft gerichtet und eine rückwirkende Anpassung von Mieten, die vor dem Anpassungsverlangen des Mieters fällig geworden seien, daher nicht umfasst. Voraussetzung für die Anwendung des § 313 Abs. 1 BGB sei, dass die staatlichen Maßnahmen die Verwendbarkeit des Betriebs, d. h. die tatsächliche Nutzung im Rahmen des vertraglich vereinbarten Zwecks eingeschränkt hätten. Daran fehle es beispielsweise, wenn bei einem Betrieb mit Publikumsverkehr die Kundschaft allein wegen sinkender Konsumbereitschaft ausbleibe. Im Zeitraum Juli bis November 2020 hätten Lebensmittel und Speisen zum Mitnehmen durchgängig verkauft werden können. Lediglich die Stehtische hätte der Antragsteller aufgrund der Abstandsregelungen möglicherweise nicht vollständig bzw. ab November 2020 gar nicht mehr nutzen können. Dies stelle jedoch, wenn überhaupt, lediglich eine minimale Einschränkung der zugewiesenen Nutzung dar. Die Voraussetzungen des Widerrufs lägen jedoch auch dann vor, wenn § 313 Abs. 1 BGB anwendbar wäre und Mieten lediglich anteilig geschuldet würden. Denn auch in diesem Fall wäre der Antragsteller nach wie vor mit zwei geminderten Monatsgebühren und damit mehr als einer geminderten Monatsgebühr in Verzug. Soweit der Antragsteller anführe, die Antragsgegnerin hätte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeführt, werde dem ausdrücklich widersprochen. Die Antragsgegnerin habe sehr wohl abgewogen, jedoch seien ihr aufgrund der fehlenden Äußerungen des Antragstellers keine Gründe für die ausbleibenden Zahlungen bekannt gewesen. Stundungen oder Mietanpassungen, die die Antragsgegnerin freiwillig aufgrund der Stadtratsbeschlüsse vom 19. Mai 2020 und 3. Dezember 2020 Mietern und Zuweisungsnehmern gewährt habe, erfolgten nicht automatisch. Vielmehr hätten die Mieter und Zuweisungsempfänger aufzeigen müssen, dass ihr Geschäftsbetrieb infolge der staatlichen Maßnahmen erheblich beeinträchtigt sei und daraus eine Existenzgefährdung oder Liquiditätsengpässe entstanden seien. Im vorliegenden Fall habe sich der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin jedoch überhaupt nicht zu den Gründen seiner Zahlungsunfähigkeit geäußert. Sowohl der Gesetzgeber als auch die Rechtsprechung sehe den Mieter in der Pflicht eine entsprechende Kausalität zwischen der Covid-19-Pandemie und der Zahlungsunfähigkeit darzulegen. Den Vermieter treffe nicht die Pflicht, Informationen über die Gründe der Zahlungsrückstände zu ermitteln. Als Betriebsfremdem wäre ihm dies auch nicht möglich. Mehr als die Aufforderung, sich zu den Zahlungsrückständen zu äußern, habe der Antragsgegnerin daher nicht zugemutet werden können. Da der Antragsteller jegliche Äußerung zu den Gründen unterlassen habe, habe die Antragsgegnerin davon ausgehen müssen, dass die Zahlungen grundlos ausgeblieben seien. Ein solches Vorgehen könne die Antragsgegnerin als Betreiberin des Viktualienmarktes nicht dulden. Die Antragsgegnerin sei zu einer wirtschaftlichen Haushaltsführung gemäß Art. 75 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung – GO) verpflichtet. Sie habe demnach sicherzustellen, dass ihre Vertragspartner ihre Verpflichtungen erfüllten und fällige Zahlungen beglichen. Ein weiteres Abwarten sei der Antragsgegnerin nicht mehr zuzumuten gewesen. Sie habe ihr Ermessen daher fehlerfrei ausgeübt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell ordnungsgemäß ergangen. Insbesondere sei eine besondere, auf den konkreten Einzelfall bezogene substantiierte Begründung des sofortigen Vollzugsinteresses erfolgt. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das öffentliche Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Maßgeblich hierfür seien auch die Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage in der Hauptsache. Der Widerruf der Zuweisung sei rechtmäßig ergangen. Zudem bestehe auch ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse, welches über das Interesse hinausgehe, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertige. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei erforderlich gewesen, um weiteren wirtschaftlichen Schaden von öffentlichem Vermögen abzuwenden. Die Antragsgegnerin sei zu einer wirtschaftlichen Haushaltsführung gemäß Art. 75 GO verpflichtet und könne nicht hinnehmen, für die Dauer eines Rechtsstreits weiter an den zahlungsunfähigen Vertragspartner gebunden zu sein, wodurch erhebliche wirtschaftliche Ausfälle entstünden. Einen Zusammenhang zwischen der Zahlungsunfähigkeit und den staatlichen Beschränkungen durch die Covid-19-Pandemie habe der Antragsteller vor Einreichung der Klage nicht dargelegt. Die Antragsgegnerin hätte hieran auch gewisse Zweifel, da die Umsätze des Antragstellers bereits 2019 stark zurückgegangen seien. Des Weiteren habe sich der Antragsteller freiwillig dazu entschieden, seinen Stand am Viktualienmarkt komplett zu schließen bzw. lediglich unregelmäßig zu öffnen, obwohl ein staatliches Verbot nicht vorgelegen habe.
Mit Schriftsatz vom 15. April 2021 erwiderten die Bevollmächtigten des Antragstellers, der Antragsteller hätte bereits in der Vergangenheit eine erhebliche Umsatzsteigerung damit erzielen können, dass er an dem gegenständlichen Marktstand selbst zubereitete Speisen verkauft und diese zum Verzehr auch direkt am Stand angeboten habe. Allerdings habe die Verwaltung der Markthallen dem Antragsteller daraufhin untersagt, die Speisen vor Ort selbst zuzubereiten. Der Antragsteller habe daher sein Sortiment wieder auf fertig zubereitete (Tiefkühl-)Kost umstellen müssen. Dies habe zu einem Wegbrechen eines erheblichen Teils der Kundschaft des Antragstellers geführt. Während dem Antragsteller damit bereits vor dem Ausbruch der Pandemie im Februar 2020 die Möglichkeiten aus der Hand geschlagen worden sei, seinen Umsatz auszubauen, sei die Situation nach dem Ausbruch der Pandemie für ihn noch schwieriger geworden. Aufgrund der ausbleibenden Kundschaft habe er mit dem generierten Umsatz kaum noch die laufenden Kosten für den Betrieb erwirtschaften können. Es liege daher neben der Sache, wenn die Antragsgegnerin ausführe, der Antragsteller sei mit seinem eigentlichen Betriebszweck Bäckereiverkauf zu keinem Zeitpunkt von den staatlichen Beschränkungen betroffen gewesen. Tatsächlich erziele der Antragsteller mit dem Abverkauf von Bäckereiware alleine nicht den Umsatz, welchen er zu einem auskömmlichen Betrieb seines Geschäfts hätte generieren müssen. Die eigentliche wirtschaftliche Potenz des Standorts liege in den zahllosen Beschäftigten, welche in den Mittagspausen aus ihren Büros im Umfeld des Viktualienmarktes kämen, um sich dort zu verköstigen. Der Antragsteller habe in der Vergangenheit gegenüber den Markthallen mehrfach zu beklagen gehabt, dass den Standbetreibern in seinem unmittelbaren Umfeld die Zubereitung frischer Imbisswaren und deren Abverkauf zur Mitnahme sowie auch zum Verzehr vor Ort gewährt worden sei, während er selbst daran gehindert würde, diese Möglichkeiten für sein wirtschaftliches Fortkommen zu nutzen. Der Antragsteller habe daher Kontakt zu der Kommunalreferentin aufgenommen, um dem Wunsch auf Ausdehnung seines Angebots hin zu einem umsatzstärkeren Sortiment nochmals Nachdruck zu verleihen. Er sei davon ausgegangen, dass er mit der Rückkehr zu seinem erweiterten Imbissangebot die vormalige Kundschaft wiedergewinnen und sein Umsatz so weiter vergrößern könne, dass er auch ohne Hilfen der Stadt durch die pandemiebedingte Krise käme. Leider habe die Kommunalreferentin dem Antragsteller in ihrem Schreiben vom 2. September 2020 diesbezüglich eine Absage erteilt. Damit sei dem Antragsteller klar geworden, dass er nicht ohne fremde Hilfe die aufgelaufenen Rückstände würde abbezahlen können. Der Antragsteller habe daher am 9. September 2020 telefonisch Kontakt mit den Markthallen aufgenommen, um doch noch eine Stundung der Außenstände zu erreichen. Seitens der Markthallen sei ihm jedoch mitgeteilt worden, dass es zu spät für den Antrag sei. Im Folgenden habe der Antragsteller mit privat geliehenem Geld drei Monatsmieten nachbezahlen können. Es sei dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Stadtratsbeschlusses vom 19. Mai 2020 an keiner Stelle zu entnehmen, dass die betroffenen Standbetreiber binnen einer Ausschlussfrist den Antrag auf Umstellung auf reine Umsatzmiete bzw. auf Stundung zu stellen hätten. Wie die Antragsgegnerin daher dazu komme, dem Antragsteller den Zugang zu den mit Stadtratsbeschluss vorgesehenen Zahlungserleichterungen zu verwehren, sei nicht nachvollziehbar. Der Antragsteller hätte während des ersten Lockdowns seinen Stand lediglich in den Monaten März und April geschlossen halten müssen und habe ab Mai wieder geöffnet. Der Marktstand sei vom 25. Mai 2020 bis zum 4. November 2020 durchgehend geöffnet und der Antragsteller anwesend gewesen. Die Antragsgegnerin mache geltend, der Antragsteller sei mit seiner Monatsgebühr i.H.v. 545,43 EUR für die Monate Oktober und November 2020 in Rückstand gewesen, als der Widerruf der Zuweisung mit Bescheid vom 17. Dezember 2020 ausgesprochen worden sei. Die Antragsgegnerin übersehe jedoch, dass die Markthallen aufgrund des Stadtratsbeschlusses vom 3. Dezember 2020 ermächtigt gewesen wären, auf den vom Antragsteller zu zahlenden Festanteil der Gebühren für den gegenständlichen Zeitraum Oktober und November 2020 zu verzichten. D.h. die von der Antragsgegnerin begehrten Zahlungen, welche zur Grundlage für den Widerruf der Nutzung gemacht würden, wären zum Zeitpunkt des Ausspruchs des Widerrufs nicht fällig gewesen und seien daher nicht geeignet, diesen zu tragen. Die Antragsgegnerin könne auch nicht damit gehört werden, der Antragsteller habe nichts dazu dargetan, was in seiner Person die Annahme eines, den Verzicht begründenden Härtefalles rechtfertigen würde. Dem Antragsteller sei, als er hierzu am 9. September 2020 gegenüber einem Mitarbeiter der Markthallen habe vortragen wollen, mitgeteilt worden, dass er für den diesbezüglichen Vortrag zu spät dran sei. Der Antragsteller habe also nicht wissen können, dass er zumindest auf Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 3. Dezember 2020 berechtigt gewesen wäre, durch entsprechenden Vortrag die Suspendierung bzw. den Verzicht seiner Pflicht zur Zahlung des Festanteils seiner Nutzungsgebühr zu erreichen. Es könne nicht dem Antragsteller zur Last gelegt werden, dass die Antragsgegnerin ihn nicht oder nur unzureichend darüber informiert und belehrt habe, dass er aufgrund der Beschlüsse des Stadtrats vom 19. Mai 2020 und 3. Dezember 2020 berechtigt gewesen wäre, durch Vortrag zu seiner Härtefallsituation eine Suspendierung oder den Verzicht auf seine Verpflichtung zur Zahlung der Nutzungsgebühren zu erreichen. Tatsächlich sei diese Härtefallsituation dadurch eingetreten, dass dem Antragsteller die Möglichkeit genommen worden sei, durch ein ausgedehntes Imbissangebot den von ihm vormals geschaffenen Kundenstamm zu halten. Dann hätte er auch während der Phase des Lockdowns einen ausreichenden Umsatz generieren können, um seine Nutzungsgebühren weiter zu zahlen.
Hierauf erwiderte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28. April 2021, die Ausführungen des Antragstellers in Bezug auf sein Sortiment und die von ihm gewünschte Sortimentserweiterung seien im gegenständlichen Verfahren nicht von Bedeutung. Der Umfang des Sortiments ergebe sich aus der Zuweisung und beinhalte nicht die Zubereitung warmer Speisen. Sofern ein wirtschaftlicher Betrieb des Standes zu den in der Zuweisung festgelegten Bedingungen für den Antragsteller nicht möglich sein sollte, bestünde die Möglichkeit, die Zuweisung zurückzugeben. Ein Anspruch auf Ausweitung des Sortiments gegenüber der Antragsgegnerin bestehe nicht. Die Behauptung, der Antragsteller habe am 9. September 2020 telefonisch bei einem Mitarbeiter der Antragsgegnerin eine Stundung der offenen Beträge beantragt, werde bestritten. In den Akten sei hierzu kein Vermerk zu finden. Der namentlich genannte Mitarbeiter könne sich an ein entsprechendes Telefonat nicht erinnern. Insbesondere erscheine es nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller mit dem Hinweis einer bereits abgelaufenen Frist abgewiesen worden sein sollte, da eine solche Frist nicht existiere. Dem Mitarbeiter sei lediglich ein Gespräch mit der Mutter des Antragstellers in Erinnerung, das er im Rahmen der Marktbegehung am 9. September 2020 geführt habe. In diesem Gespräch sei es jedoch um eine fehlerhafte Überweisung im Rahmen von Bußgeldern und nicht um ausstehende Mindestmietgebühren gegangen. Entgegen der Darstellung des Antragstellers führe die Möglichkeit, Erleichterungen aufgrund der Stadtratsbeschlüsse vom 19. Mai 2020 und 3. Dezember 2020 auszusprechen, nicht dazu, dass die Gebühren nicht fällig würden. Der Antragsteller führe aus, sein Marktstand sei zwischen dem 25. Mai 2020 und dem 4. November 2020 durchgehend geöffnet und er selbst anwesend gewesen. Bei mehrfachen Marktbegehungen durch Mitarbeiter der Antragsgegnerin habe der Stand von außen geschlossen gewirkt. In der Akte dokumentiert sei dieser Zustand am 9. September 2020 und am 15. September 2020, an dem die Mitarbeiter der Antragsgegnerin den Laden direkt aufgesucht hätten.
Mit Schreiben vom 29. April 2021 wurden seitens der Antragsgegnerin drei Meldungen der Marktaufsicht betreffend den Stand des Antragstellers vorgelegt, wonach dieser am 28. April 2021 einen – in Kopie vorgelegten – Flyer auf dem Viktualienmarkt verteilt habe, auf dem für den Verkauf veganer Kebabs am Marktstand des Antragstellers geworben werde. Zudem seien – zwei diesbezügliche Lichtbilder wurden ebenfalls vorgelegt – die Umhausung des Stands erneuert und neue Werbeaufkleber in Bezug auf das neue Sortiment angebracht worden. Schließlich sei am 29. April 2021 gegen 12 Uhr auch der mehrfache Verkauf der beworbenen Kebabs beobachtet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 7 K 21.123, die vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt ohne Erfolg.
Der Antrag ist unbegründet, weil die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 1 und 2 des Bescheids formell rechtmäßig ist und eine gerichtliche Interessenabwägung einen Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses ergibt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 1 und 2 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug der Anordnungen in Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 17. Dezember 2020 unter Verweis auf das Erfordernis, weiteren wirtschaftlichen Schaden von öffentlichem Vermögen abzuwenden und eine wirtschaftliche Nutzung des streitgegenständlichen Objekts sicherzustellen, den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet (vgl. zu den – nicht zu hoch anzusetzenden – Anforderungen im Einzelnen Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55).
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Aussetzungsinteresses mit dem öffentlichen Interesse an einem sofortigen Vollzug keinen Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Im vorliegenden Fall bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids. Insoweit wird auf die Urteilsgründe der in der Hauptsache (M 7 K 21.123) mit Urteil ebenfalls vom 5. Mai 2021 ergangenen klageabweisenden Entscheidung Bezug genommen.
Vor dem Hintergrund der mangelnden Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegt jedenfalls das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der behördlichen Verfügungen das Interesse des Antragstellers.
Vorliegend ist ein besonderes Vollzugsinteresse anzuerkennen, das die Anordnung des Sofortvollzugs im Einzelfall gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Satz 4 VwGO trägt. Gründe, die im Wege einer ergänzenden Interessenabwägung ausnahmsweise trotz der mangelnden Erfolgsaussichten der Hauptsache für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sprechen würden, sind nicht gegeben. Vorliegend rechtfertigen es überwiegende öffentliche Belange, den Rechtsschutzanspruch des Antragstellers einstweilen zurücktreten zu lassen. Die Anordnung des Sofortvollzugs dient in erster Linie dazu, weiteren wirtschaftlichen Schaden an öffentlichem Vermögen abzuwenden und eine wirtschaftliche Nutzung des streitgegenständlichen Objekts sicherzustellen. Dies wiegt vor dem Hintergrund der wiederholten und fortbestehenden Verletzung von Zahlungsverpflichtungen durch den Antragsteller besonders schwer. Demgegenüber ist seitens des Antragstellers nicht vorgetragen, dass der Betrieb des Standes seine einzige Existenzgrundlage darstellen würde oder er einstweilen nicht auf andere Einnahmequellen zurückgreifen könnte. Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller mit seinem Konditorei-, Bäckerei- und Imbissverkauf keine alternativen Betätigungsmöglichkeiten im Stadtgebiet mit zumutbarem Aufwand finden könnte. Soweit vorgetragen ist, der Kläger habe Aufwendungen auf die Ausstattung des Marktstandes vorgenommen, die im Rahmen der Herausgabe zurückzubauen wären, ist insoweit jedenfalls kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse erkennbar, zumal der Antragsteller sich wegen ihm ggf. zu Unrecht entstandener Rück- bzw. Umbaukosten wegen eines rechtswidrigen Widerrufs bei der Antragsgegnerin schadlos halten könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung von Nrn. 1.5 und 22.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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