Verwaltungsrecht

Widerruf von Waffenbesitzkarten, Verstoß gegen waffenrechtliche Aufbewahrungspflichten.

Aktenzeichen  24 CS 21.2712

Datum:
16.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42571
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 4 S 21.1589 2021-10-19 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 35.125,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage hinsichtlich Nummer 1 des Bescheids des Beklagten vom 12. Juli 2021, soweit hiermit seine Waffenbesitzkarten widerrufen wurden.
Vorausgegangen war eine routinemäßige Kontrolle der Waffenaufbewahrung beim Antragsteller am 3. März 2021. Dabei wurde unter anderem festgestellt, dass 22 Schusswaffen nicht vorgezeigt werden konnten, da sich ein Waffenschrank nicht öffnen ließ und der Antragsteller mitteilte, dass eine unbestimmte Anzahl von Schusswaffen in einem anderen Anwesen verwahrt werde. Am 10. Mai 2021 fand eine weitere Kontrolle beim Antragsteller statt, bei der er den betreffenden Waffenschrank öffnen konnte. In diesem befanden sich neun weitere gemeldete Waffen, die in den Waffenbesitzkarten eingetragen waren. Es fand zudem eine Kontrolle im Wohnanwesen des Bruders des Antragstellers statt, bei der elf Schusswaffen gefunden wurden, die in den Waffenbesitzkarten des Antragstellers eingetragen waren, sowie ein Waffenlauf (Marke Mossberg, Serien-Nr. 78853/76184), der in keiner Waffenbesitzkarte vermerkt war. Zwei halbautomatische Büchsen blieben verschollen, die das zuständige Landratsamt am 5. Juli 2021 zur Sachfahndung ausschreiben ließ.
Das Verwaltungsgericht hat den entsprechenden Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 19. Oktober 2021 abgelehnt. Der Antragssteller sei nachträglich im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden. Nach der gebotenen summarischen Prüfung werde sich der angefochtene Bescheid in Nr. 1 deshalb aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen; ein überwiegendes privates Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bestehe daher insoweit nicht.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragssteller sein Rechtsschutzziel weiter. Er hat beantragt,
1. den angegriffenen Beschluss aufzuheben,
2. die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich Nr. 1 des Bescheides des Antragsgegners vom 12. Juli 2021 hinsichtlich des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse anzuordnen.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts sei er waffenrechtlich zuverlässig. Er bedauere es, dass es zu Beanstandungen bei der Waffenaufbewahrung gekommen sei. Bezüglich der zwei halbautomatischen Büchsen der Marke Winchester Serien-Nr. B934582 und der Marke Remington Serien-Nr. 94895 habe eine weitere berechtigte Person Zugriff auf diese Waffen gehabt, die sein Vertrauen genossen habe. Leider sei diese Person doch nicht so zuverlässig gewesen. Der Antragsteller trägt weiter vor, der vorliegende Vorgang sei ihm eine Lehre und er werde hinsichtlich seiner Waffen künftig keinen dritten Personen mehr vertrauen. Dies habe das Verwaltungsgericht verkannt. Dass ihm ein „Charakterzug“ der Unachtsamkeit attestiert werde, sei eine Unterstellung, die die nötige Objektivität vermissen lasse. Bezüglich des Waffenlaufs mit der „Nr. 78853/76184“ liege schon kein Verstoß vor, da dieser zu einer Waffe der Marke CBC gehöre, die er vorgezeigt habe. Überhaupt nicht berücksichtigt habe das Verwaltungsgericht die Vollzugshinweise des Staatsministeriums des Innern zum Waffenrecht, Änderung des Waffengesetzes zum 25. Juli 2009 (Ziff. 5.2). Hiernach könne nur in Ausnahmefällen ein einmaliger Verstoß die Entziehung von Jagdschein und waffenrechtlichen Erlaubnissen rechtfertigen.
Der Antragsgegner – Landesanwaltschaft Bayern – hat beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
und verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen die begehrte Abänderung der angefochtenen Entscheidung nicht. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes davon ausgegangen, dass der Antragsteller aufgrund der unsorgfältigen Verwahrung seiner Waffen im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig geworden ist, dass sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich Nr. 1 aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird und daeine Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO insoweit nicht in Betracht kommt. Der Senat nimmt deshalb zunächst Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
Rechtsgrundlage für den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers ist § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Danach ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Zu den unabdingbaren Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis gehört auch, dass der Betroffene die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG), was unter anderem dann nicht der Fall ist, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG).
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht nach summarischer Prüfung festgestellt, die Voraussetzungen dieser Vorschriften seien im Fall des Antragstellers erfüllt. Es bestünden keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nr. 1 des angefochtenen Bescheids und die insoweit begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers komme auf Grund dessen nicht in Betracht. Daran ändert auch der im Beschwerdeverfahren wiederholte Einwand des Antragstellers, der Vorgang werde ihm eine Lehre sein und er werde bezüglich seiner Waffen keinen dritten Personen mehr vertrauen, nichts. Diesbezüglich hat bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt und begründet (BA S. 8 ff.), dass aufgrund des Abhandenkommens zweier Waffen und aufgrund der gesamten Auffindesituation der Waffensammlung des Antragstellers davon auszugehen ist, dass der Antragsteller Waffen und Munition auch zukünftig nicht sorgfältig verwahren wird, er mehrfach und erheblich gegen waffenrechtliche Vorschriften verstoßen hat und im Übrigen schon ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten die Feststellung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigen kann. Dagegen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Dass das Verwaltungsgericht bei der zu Tage getretenen Unachtsamkeit des Antragstellers von einem Charakterzug spricht, der sich im Umgang mit Waffen und Munition nachteilig äußern kann, ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden. Aufgrund der Gesamtumstände kann nicht erwartet werden, dass der Antragsteller in Zukunft seiner Pflicht im Umgang mit Waffen und Munition mit äußerster Sorgfalt nachkommen wird. Vor diesem Hintergrund kann man durchaus von einer leichtfertigen Gesinnung des Antragstellers ausgehen oder dies als Charakterzug bezeichnen, der sich aus dem unachtsamen Umgang mit Waffen ergibt und sich insoweit nachteilig äußern kann.
Der Antragsteller rügt des Weiteren, das Verwaltungsgericht habe Nr. 5.2 der Vollzugshinweise des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zur Änderung des Waffengesetzes zum 25. Juli 2009 (IMS vom 26.10.2009 – ID5-2131.67-21) nicht hinreichend berücksichtigt, wonach ein einmaliger Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht in der Regel einen Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis noch nicht begründe.
Das Verwaltungsgericht hat dazu zutreffend ausgeführt, dass der Antragsteller mehrfach und erheblich gegen waffenrechtliche Vorschriften verstoßen hat (vgl. BA S. 9). Schon deshalb kann er aus den von ihm herangezogenen Vollzugshinweisen nichts zu seinen Gunsten herleiten. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs geklärt, dass auch ein einmaliger Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften die Feststellung waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigen kann (BayVGH, B.v. 10.11.2020 – 24 CS 20.2370 – juris Rn. 13).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, Anhang).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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