Verwaltungsrecht

Widerruf waffen- und sprengstoffrechtlicher Erlaubnisse, Ungültigerklärung und Einziehung, Jagdschein, Verdacht fehlender persönlicher Eignung (Alkoholabhängigkeit), Nichtvorlage eines angeforderten Gutachtens

Aktenzeichen  M 7 S 21.185

Datum:
11.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 55413
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2
WaffG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
WaffG § 6 Abs. 2
AWaffV § 4 Abs. 6 S. 1
SprengG § 27
SprengG § 34 Abs. 2 S. 1
SprengG § 8 Abs. 1
SprengG § 8b Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
BJagdG § 18 S. 1
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 12.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 9. Dezember 2020 erhobenen Klage gegen den Widerruf seiner waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse und die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins sowie die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) vom 23. November 2020.
Mit Schreiben vom 1. September 2020 wurde der Antragsteller vom Landratsamt aufgefordert, bis zum 15. Oktober 2020 auf seine Kosten ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Gutachten über seine persönliche Eignung nach § 6 Abs. 2 WaffG, § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b, Abs. 3 Allgemeine Waffengesetz-Verordnung (AWaffV) vorzulegen. Sollte das Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt werden oder sich Zweifel an der persönlichen Eignung bestätigen, müssten die waffensowie sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse widerrufen und der Jagdschein eingezogen werden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe seinen Wohnsitz zum 10. Juli 2020 in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamts verlegt. Bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG sei festgestellt worden, dass wiederholt polizeiliche Eintragungen vorhanden seien, insbesondere drei Eintragungen hinsichtlich fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 19. Juli 2009, durchgeführt von der Polizeiinspektion …, sei ein Atemalkoholwert von 0,39 mg/l festgestellt worden. Bereits in den Jahren 2008 sowie 1992 sei der Antragsteller alkoholisiert im Straßenverkehr in Erscheinung getreten. Aufgrund der wiederholten Auffälligkeit in Bezug auf Alkohol werde an der persönlichen Eignung des Antragstellers gezweifelt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG besäßen Personen die erforderliche persönliche Eignung in der Regel nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln seien. Der Antragsteller werde darauf hingewiesen, dass gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV die Behörde bei ihrer Entscheidung auf eine Nichteignung des Betroffenen schließen dürfe, wenn das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt werde.
Mit Schreiben vom 8. September 2020 teilte der Antragsteller mit, dass er sich derzeit im Krankenhaus befände – zwar mit kurzen Unterbrechungen, jedoch noch eine Weile, je nach Fortgang der Untersuchungen – und bat um Verlängerung der Frist zur Vorlage des angeforderten Gutachtens.
Hierauf erwiderte das Landratsamt mit Schreiben vom 9. September 2020, dass die Frist vorerst nicht verlängert werde, da bis zum 15. Oktober 2020 noch die Möglichkeit bestehe, ein Gutachten ordnungsgemäß einzureichen. Sollte gleichwohl eine Verlängerung der Frist benötigt werden, werde nochmals um Rückmeldung in Kalenderwoche 40/41 gebeten.
Am 9. Oktober 2020 wurde auf Anruf des Antragstellers hin telefonisch vereinbart, dass er einen Untersuchungstermin zur Erstellung eines Gutachtens ausmachen und sich dann bezüglich einer Fristverlängerung nochmals in Kalenderwoche 42 melden werde.
Am 21. Oktober 2020 erklärte der Antragsteller auf Anruf des Landratsamts telefonisch, dass er kein Gutachten vorlegen wolle, und ein Widerrufsbescheid erstellt werden solle, gegen welchen er gerichtlich vorgehen könne. Der Antragsteller wurde nochmals darauf hingewiesen, dass bei Verweigerung einer Gutachtenvorlage auf die Nichteignung des Betroffenen geschlossen werden könne.
Mit Bescheid vom 23. November 2020, dem Antragsteller zugestellt am 25. November 2020, widerrief das Landratsamt die für den Antragsteller ausgestellten Waffenbesitzkarten Nr. …, Nr. …, Nr. …, Nr. … und Nr. … (Nr. 1.1 bis 1.5) sowie seine Erlaubnis nach § 27 SprengG Nr. 22/18 für den Besitz und Umgang mit Nitrocellulosepulver (Nr. 1.6). Zudem erklärte das Landratsamt den bis zum 31. März 2020 gültigen Jagdschein Nr. … für ungültig (Nr. 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, dem Landratsamt innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids nachzuweisen, dass alle in den unter Nr. 1.1 bis 1.5 genannten Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und alle in seinem Besitz befindliche Munition an einen Berechtigten überlassen oder unbrauchbar gemacht wurden (Nr. 3.1) sowie, dass noch vorhandenes Nitrocellulosepulver an einen Berechtigten überlassen oder fachgerecht unbrauchbar gemacht wurde (Nr. 3.2). Weiter wurde der Antragsteller verpflichtet, die unter Nr. 1.1 bis 1.6 genannten Dokumente ebenfalls innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheids beim Landratsamt abzugeben (Nr. 3.3) sowie den unter Nr. 2 genannten Jagdschein spätestens einen Monat nach Zustellung dieses Bescheids zurückzugeben (Nr. 3.4). Für den Fall, dass den Anordnungen unter Nr. 3.1 und 3.2 nicht fristgerecht nachgekommen werde, würden die Waffen und die Munition sowie die explosionsgefährlichen Stoffe (Nitrocellulosepulver) durch die Behörde sichergestellt (Nr. 4). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2, 3 und 4 wurde angeordnet. Für den Fall, dass der Verpflichtung in Nr. 3.3 nicht fristgerecht nachgekommen werde, werde je nicht zurückgegebenem Erlaubnisdokument ein Zwangsgeld in Höhe von 400,- EUR zur Zahlung fällig (Nr. 6.1) sowie für den Fall, dass der Verpflichtung nach Nr. 3.4 nicht fristgerecht nachgekommen werde, ein Zwangsgeld in Höhe von 400,- EUR (Nr. 6.2). Dem Antragsteller wurden die Kosten für diesen Bescheid auferlegt. Zudem wurden eine Gebühr in Höhe von 450,- EUR sowie Auslagen in Höhe von 4,11 EUR festgesetzt (Nr. 7).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, jede waffen- und sprengstoffrechtliche Erlaubnis setze voraus, dass der Erlaubnisinhaber die erforderliche waffen- und sprengstoffrechtliche persönliche Eignung besitze. Diese persönliche Eignung sei hier aber nicht anzunehmen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG und § 8b Abs. 1 Nr. 2 SprengG besäßen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie abhängig von Alkohol seien. Aufgrund der Trunkenheitsfahrten am 19. Juli 2009 mit 0,39 mg/l, am 8. März 2008 mit 0,58 mg/l sowie am 20. Oktober 1991 bestünden Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers, weshalb dieser mit Schreiben vom 1. September 2020 aufgefordert worden sei, ein fachärztliches bzw. fachpsychologisches Gutachten über seine persönliche Eignung bis zum 15. Oktober 2020 vorzulegen. Gemäß § 4 Abs. 6 AWaffV dürfe die Behörde auf eine Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn der Betroffene das geforderte Gutachten nicht fristgerecht vorlege bzw. sich weigere, das geforderte Gutachten vorzulegen. Hierauf sei der Antragsteller mit Schreiben vom 1. September 2020 sowie im Telefonat vom 21. Oktober 2020 hingewiesen worden. Eine Waffenbesitzkarte sei zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG). Das Fehlen der erforderlichen persönlichen Eignung stelle einen derartigen Versagungsgrund dar (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG). Selbiges gelte nach § 34 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SprengG hinsichtlich der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis. Gemäß § 18 BJagdG sei die Behörde, die den Jagdschein erteilt habe, verpflichtet, einen Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen, wenn Tatsachen, welche die Versagung eines Jagdscheins begründeten, nach Erteilung des Jagdscheins einträten oder bekannt würden. Ein Jagdschein sei demnach zu versagen, wenn gemäß § 17 Abs. 1 BJagdG die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung i.S.d. §§ 5, 6 WaffG fehlten. Die Anordnung in Nr. 3.3 beruhe auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und § 35 Abs. 2 SprengG i.V.m. Nr. 35.1 SprengVwV. Die Rückgabe des Jagdscheins in Nr. 3.4 beruhe auf § 18 Satz 1 BJagdG. Nr. 3.1 und 3.2 des Bescheids stützten sich auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, § 32 Abs. 5 Satz 1 SprengG. Nr. 4 des Bescheids wiederum beruhe auf § 46 Abs. 2 Satz 2 WaffG und § 35 Abs. 5 Satz 2 SprengG. Die Anordnungen nach § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG in Nr. 3.1 des Bescheids seien unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ergangen. Die vorhandenen Waffen und die Munition dürften nur mit einer entsprechenden Erlaubnis im Besitz sein. Da diese Erlaubnisse widerrufen worden seien, dürften sich nach Ablauf der gesetzten Frist keine Waffen oder Munition mehr im Besitz des Antragstellers befinden. Um diesen eventuell eintretenden Zustand zu vermeiden, sei es notwendig und angemessen, die Anordnung in Nr. 3.1 zu erlassen. Ein Sonderfall, der eine andere Handhabung nötig machen würde, sei nicht ersichtlich. Die Androhung des Zwangsgeldes in Nr. 6 stütze sich auf Art. 29, 30 Abs. 1 Satz 1, 31 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 5 des Bescheids sei gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse geboten. Der Waffenbesitz in den Händen eines waffenrechtlich nicht Zuverlässigen stelle regelmäßig eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit dar. Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse, dieser Gefahr unverzüglich und wirksam zu begegnen. Die aufschiebende Wirkung eines zulässigen Rechtsbehelfs könne dazu führen, dass der Antragsteller mit einem gültigen Jagdschein Waffen erwerben und an unberechtigte Personen weitergeben könnte. Nach pflichtgemäßem Ermessensgebrauch sei das Landratsamt zu dem Ergebnis gekommen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieses Bescheides angemessen und notwendig sei, um dieser Gefahr zu begegnen. Das persönliche Interesse des Antragstellers, während der Dauer eines unter Umständen länger währenden Rechtsmittelverfahrens vor Vollstreckungsmaßnahmen aus diesem Bescheid geschützt zu sein, habe aber ein geringeres Gewicht, als das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung, zumal durch die sofortige Vollziehung keine Tatsachen geschaffen würden, die im Falle eines Obsiegens des Antragstellers nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Die Kostenentscheidung beruhe auf Art. 1, 2 Bayerisches Kostengesetz – KG. Die Gebühr sei nach Art. 5, 6 KG i.V.m. dem Kostenverzeichnis, Tarif Nr. 2.II.7, Tarif-Stelle 39, 40 und Tarif-Nr. 7.I.3 / 1.18, 1.13 und Tarif-Nr. 6.I.1, Tarif-Stelle 1.33 festgesetzt worden. Auslagen seien aufgrund Art. 10 KG erhoben worden.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers haben am 9. Dezember 2020 Klage gegen den Bescheid vom 23. November 2020 erhoben (M 7 K 20.6513) und zudem am 14. Januar 2021 Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller, der Jäger sei, besitze weiterhin die erforderliche Zuverlässigkeit. Das Landratsamt habe vorliegend nicht gemäß § 4 Abs. 6 AWaffV auf die Nichteignung des Antragstellers schließen dürfen, weil er das von ihm verlangte Gutachten nicht fristgerecht vorgelegt hätte. Das Landratsamt sei vorliegend nicht berechtigt gewesen, vom Antragsteller wegen angeblicher Zweifel an seiner persönlichen Eignung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG die Vorlage des verlangten Gutachtens anzuordnen. Insbesondere habe eine solche Anordnung nicht in rechtmäßiger Weise auf „Trunkenheitsfahrten“ vom 20. Oktober 1991, vom 8. März 2008 und vom 19. Juli 2009 gestützt werden können. Bei den genannten „Trunkenheitsfahrten“, die dem vormals zuständigen Landratsamt … bekannt gewesen seien und für dieses gerade nicht Anlass für Zweifel an der persönlichen Eignung des Antragstellers gewesen seien, handele es sich um Ordnungswidrigkeiten, die zwischenzeitlich ca. 19, 12 bzw. 11 Jahre zurücklägen. Die genannten Ordnungswidrigkeiten unterlägen einem Verwertungsverbot und hätten vom Landratsamt nicht zu Lasten des Antragstellers berücksichtigt werden und auch nicht als Anlass für angebliche Zweifel an seiner persönlichen Eignung herangezogen werden dürfen. Als konkrete Tatsachen, die im Rahmen einer Prognoseentscheidung hinsichtlich der persönlichen Eignung Berücksichtigung finden könnten, und die einen nachvollziehbaren und plausiblen Schluss rechtfertigen könnten, dass ein Waffenbesitzer in Zukunft mit Waffen in einer vom Waffengesetz nicht geduldeten Form umgehen werde, könnten nur diejenigen Straftaten berücksichtigt werden, die im Bundeszentralregister eingetragen und noch nicht getilgt seien. Lägen vorliegend strafrechtliche Verurteilungen den oben genannten Trunkenheitsfahrten zugrunde, wären diese ebenfalls nicht mehr verwertbar, da diese im Bundeszentralregister bereits gelöscht wären. Vorliegend handele es sich aber zudem nicht einmal um Straftaten, sondern um Ordnungswidrigkeiten. Der Antragsteller müsse die genannten bußgeldrechtlichen Entscheidungen und die diesen zugrundeliegenden Sachverhalte nicht gegen sich gelten lassen. Der Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, da der Antragsteller vor Erlass des Bescheids nicht angehört worden sei. Einer solchen vorherigen Anhörung hätte es vorliegend jedoch bedurft. Zudem habe der Antragsgegner das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung von Ziffer 2, 3 und 4 des Bescheids nicht ausreichend dargelegt. Ohne näher auf den konkreten Fall einzugehen, sei lediglich behauptet worden, dass das Landratsamt nach pflichtgemäßem Ermessensgebrauch zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids angemessen und notwendig sei, um die Gefahr zu vermeiden, dass ein Waffenbesitz in den Händen eines waffenrechtlich nicht Zuverlässigen vorliege. Das Landratsamt habe sich insoweit insbesondere nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass das vormals zuständige Landratsamt … in Kenntnis der Ordnungswidrigkeiten zu einem Zeitpunkt, als diese noch verwertbar gewesen seien, im Rahmen der Ermessensausübung keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers gehabt habe. Nähere Ausführungen dazu, aus welchem Grund das Landratsamt nunmehr nach einem Zeitablauf von elf bis 19 Jahren nach den Ordnungswidrigkeiten plötzlich eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit durch den Antragsteller drohen würde, fehlten völlig. Das private Interesse des Antragstellers an einer Außervollzugsetzung des Verwaltungsakts würde vorliegend bei der vorzunehmenden Interessensabwägung überwiegen, da ernstliche Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des Verwaltungsakts bestünden.
Der Antragsteller beantragt,
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Dezember 2020 gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 23. November 2020 (Az. Waff-135-1/11) wird hinsichtlich Ziffer I. der Klage angeordnet.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Dezember 2020 gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 23. November 2020 (Az. Waff-…-1/11) wird hinsichtlich der Ziffern 2., 3., und 4. wiederhergestellt, hilfsweise wird die sofortige Vollziehung aufgehoben.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung wird auf die Bescheidsbegründung verwiesen und ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, aufgrund der im Akt vorhandenen polizeilichen Auskünfte in Bezug auf Trunkenheitsfahrten, seien die waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen und der Jagdschein für ungültig zu erklären gewesen. Der rechtsanwaltliche Vortrag stelle diese Wertung nicht infrage. Gemäß § 5 Abs. 5 WaffG seien im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung neben der unbeschränkten Auskunft aus dem Bundeszentralregister, dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister hinsichtlich der in § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG genannten Straftaten, die Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststelle und die Auskunft der Verfassungsschutzbehörde, ob Tatsachen bekannt seien, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründeten, einzuholen. Das Waffengesetz spreche in § 5 Abs. 5 Nr. 3 und Nr. 4 ausdrücklich von Tatsachen und nicht von Straftaten. Eine Verwendung der polizeilichen Auskünfte sei deshalb rechtmäßig. Ein Verwertungsverbot liege nicht vor. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 2, 3 und 4 sei im öffentlichen Interesse dringend erforderlich. Das Interesse der Allgemeinheit überwiege das Interesse des Antragstellers auf Erhalt der aufschiebenden Wirkung. Ansonsten wäre es dem Antragsteller weiterhin möglich, Waffen und Sprengstoff zu erwerben und zu besitzen sowie auch Zugriff zu den erlaubnispflichtigen Gegenständen zu haben. Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse, dass entsprechende Maßnahmen getroffen würden, bei waffenrechtlich Unzuverlässigen die vorliegenden möglichen Gefahren schnellstmöglich zu unterbinden. Eine unterbliebene Anhörung führe nicht automatisch zur Nichtigkeit der Widerrufs- und Ungültigkeitserklärung. Das Recht auf Anhörung stelle kein absolutes Verfahrensrecht dar, sondern könne auch nach Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
Mit Schreiben des Landratsamts vom 1. Februar 2021 wurde der Antragsteller zum Widerruf der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse sowie dem Entzug des Jagdscheins angehört. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme bis zum 15. Februar 2020 gegeben.
Auf das Anhörungsschreiben erwiderten die Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 15. Februar 2021 und wiederholten im Wesentlichen den Vortrag der Antragsbegründung. Ergänzend wurde ausgeführt, das Verbot, im Bundeszentralregister getilgte oder zu tilgende strafgerichtliche Verurteilungen zu verwerten (§ 51 Abs. 1 BZRG) gelte auch für den Widerruf von Waffenbesitzkarten. Die Ausnahme vom Verwertungsverbot nach § 52 Abs. 1 BZRG gelte nur für die Erteilung, nicht für den Widerruf einer Waffenbesitzkarte (BVerwG, U.v. 26.3.1996, 1 C 12/95). Dies gelte umso mehr, als es vorliegend nicht um getilgte strafrechtliche Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister gehe, sondern lediglich um interne Auskünfte aus der Vorgangsverwaltung der bayerischen Polizei (IGVP). In diesem Zusammenhang werde auch auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2012 (21 ZB 12.539) verwiesen. Sonstige Ausführungen oder Gründe, die eine angebliche Alkoholabhängigkeit des Antragstellers nahelegen würden, trage der Antragsgegner nicht vor. Derartige Tatsachen würden auch nicht existieren.
Diese Anhörungserwiderung des Antragstellers wurde dem Gericht mit Schreiben des Landratsamts vom 19. Februar 2021 übermittelt sowie dazu dahingehend Stellung genommen, dass in der Sache auf die Begründung des Bescheids vom 23. November 2020 verwiesen werde.
Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2021 nahmen die Bevollmächtigten des Antragstellers zur Antragserwiderung Stellung und führten im Wesentlichen aus, dass der Antragsgegner nicht vortrage, welche konkreten Tatsachen Anhaltspunkte dafür geben würden, dass der Antragsteller „abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln“ sein solle. Der bloße Verweis auf zwischen elf und 19 Jahre zurückliegende, nicht verwertbare Ordnungswidrigkeiten genüge insoweit nicht. Entgegen der Meinung des Landratsamts stelle § 5 Abs. 5 WaffG keine Rechtsgrundlage dafür dar, sich über das bestehende Verwertungsverbot hinwegzusetzen. § 5 Abs. 5 WaffG enthalte lediglich eine Regelung zu den Erkenntnisquellen, die nach Bundesrecht verpflichtend bei der Zuverlässigkeitsprüfung heranzuziehen seien. Dies bedeute nicht, dass einem Verwertungsverbot unterliegende Erkenntnisse in rechtswidriger Weise berücksichtigt werden dürften. Entgegen der Meinung des Antragsgegners sei auch die entgegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG unterbliebene Anhörung nicht geheilt. Die Anhörung sei vorliegend gerade nicht nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt worden. Dies belege bereits das Schreiben des Landratsamts vom 19. Februar 2021 an das Gericht. Auch aus den Darlegungen des Landratsamts im Schriftsatz vom 4. Februar 2021 werde deutlich, dass die Funktion der Anhörung für den Entscheidungsprozess der Behörde in keinster Weise erreicht worden sei. In diesem Zusammenhang werde auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juli 2010 – 3 C 14.09 -, vom 17. August 1982 – 1 C 2281 – und insbesondere vom 17. Dezember 2015 – 7 C 5/14 – verwiesen. Aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Anhörung sei die erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung durch den Antragsgegner bereits nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO zudem formell rechtswidrig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 2, 3 und 4 gemäß Ziffer 5 des Bescheids sei daher aufzuheben. Der Antragsteller sei durch den rechtswidrigen Bescheid erheblich belastet, da er seine Waffen entsprechend Weisung im rechtswidrigen Bescheid an eine berechtigte Person weitergegeben habe. Durch die Verwahrung entstünden dem Antragsteller jedoch monatliche Unkosten in Höhe von 30,- EUR. Hierzu wurde eine Bestätigung der Fa. … … vom 18. Februar 2021 vorgelegt (Einlagerung von sechs Waffen zu je 5 EUR monatlich). Darüber hinaus werde darauf hingewiesen, dass der Jagdschein nurmehr bis 31. März 2021 gültig sei, und vor Ablauf des Gültigkeitsdatums vom Antragsteller verlängert werden müsste. Als Anlage werde das Stammdatenblatt vorgelegt, auf welchem die fünfzehn Waffen des Antragstellers aufgeführt seien.
Der Antragsteller beantragt ergänzend:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 2, 3 und 4 gemäß Ziffer 5 des Bescheids vom 23. November 2020 wird aufgehoben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Hauptsacheverfahren (M 7 K 20.6513) sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag ist unbegründet, sodass offen bleiben kann, ob dem Antragsteller im Hinblick auf seinen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt bzw. dieses mit dem Ablauf der Geltungsdauer des Jagdscheins zum 31. März 2021 nachträglich entfallen ist.
Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 2, 3 und 4 des Bescheids vom 23. November 2020 formell rechtmäßig ist und das (teilweise kraft Gesetzes bestehende – vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klagen überwiegt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 2, 3 und 4 des Bescheids vom 23. November 2020 ist formell rechtmäßig.
Insbesondere genügt die von der Behörde vorgebrachte Begründung entgegen der Auffassung des Antragstellers formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Im Bereich des Sicherheitsrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs gering, weil es um den Schutz von Leben und Gesundheit geht und deshalb der Sofortvollzug in der Regel bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3; B.v. 23.3.2006 – 19 CS 06.456 – juris Rn. 12). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn – wie insbesondere im Sicherheitsrecht – immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. OVG NW, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 5).
Hiervon ausgehend bringt die im Bescheid vom 23. November 2020 enthaltene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung, insbesondere die Bezugnahme auf die andernfalls fortbestehende Gefahr, der Antragsteller könne im Falle der aufschiebenden Wirkung eines zulässigen Rechtsmittels trotz festgestellter Nichteignung mit einem gültigen Jagdschein weiter Waffen erwerben, noch hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass das Landratsamt im zuvor dargestellten Sinne aufgrund einer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltung – Waffen in den Händen einer Person, die nach Einschätzung der Behörde die Erlaubnisvoraussetzungen für den Umgang mit Waffen und Munition bzw. anderen explosionsgefährlichen Stoffen nicht (mehr) besitzt – von einer typischen Interessenlage ausgegangen ist, nämlich dem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses aufgrund einer Gefahr für die Allgemeinheit gegenüber dem privaten Interesse an der Fortsetzung des Waffenbesitzes/-umgangs. Angesichts des gerade Schusswaffen und Sprengstoffen immanenten offensichtlichen Gefahren- oder Gefährdungspotentials, das je nach Gebrauch der Waffe oder des Sprengstoffs zum Nachteil einer unbestimmten Vielzahl von Personen wirken kann und der zahllosen möglichen Risiken durch Waffen oder Sprengstoff in der Hand von Personen ohne die erforderliche persönliche Eignung, bedurfte es vorliegend auch keiner näheren Präzisierung oder Konkretisierung von Sachverhaltskonstellationen, in denen sich die vom Landratsamt zur Begründung angeführte „erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit“ realisieren kann (vgl. OVG NW, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 10). Unschädlich ist es, dass die Behörde insoweit in der Formulierung unscharf den Begriff der waffenrechtlichen „Unzuverlässigkeit“ verwendet. In Zusammenschau mit der Bescheidsbegründung im Übrigen wird hinreichend deutlich, dass die Behörde auf die fehlende persönliche Eignung des Antragstellers abstellt. Die behördliche Annahme, dass einem persönlich nicht geeigneten Waffenbesitzer im Hinblick auf die damit für die Allgemeinheit verbundenen erheblichen Gefahren die Erlaubnisdokumente sowie die Waffen nebst Munition und anderen explosionsgefährlichen Stoffen nicht bis zum Eintritt der Bestandskraft des Widerrufsbescheids belassen werden können, begegnet grundsätzlich keinen Bedenken. Sonstige besondere Umstände, die das öffentliche Interesse an der sofortigen Gefahrenabwehr etwa wegen eines im Einzelfall objektiv reduzierten Gefahrenpotentials entscheidend relativieren und deshalb ausnahmsweise eine differenzierte Erörterung bereits im Rahmen der formellen Sofortvollzugsbegründung erfordert haben könnten, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Insbesondere stellt der Einwand, das Landratsamt habe sich nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass das vormals zuständige Landratsamt in Kenntnis der Ordnungswidrigkeiten zu einem Zeitpunkt, als diese noch verwertbar gewesen seien, im Rahmen der Ermessensausübung keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des Antragstellers gehabt habe, keinen solchen Umstand dar, da das objektiv gegebene Gefahrenpotential bei Annahme fehlender persönlicher Eignung hiervon unberührt bleibt. Darauf, ob die Behörde zu Unrecht von der Ungeeignetheit des Antragstellers ausgegangen ist, kommt es bei der Frage, ob die Behörde den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt, ebenfalls nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2010 – 11 CS 10.227 – juris Rn. 12). Denn, ob die gegebene Begründung richtig oder tragfähig ist in dem Sinne, dass die angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen, der angeordnete Sofortvollzug mithin Bestand hat, ist erst im Rahmen der vom Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzustellenden Interessenabwägung zu beurteilen (vgl. OVG NRW, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 7 bis 9; VGH BW, B.v. 20.9.2011 – 10 S 625/11 – juris Rn. 5 m.w.N.).
Soweit der Antragsteller rügt, vor Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit hierzu nicht angehört worden zu sein, vermag dies ebenfalls nicht die formelle Rechtswidrigkeit der Sofortvollzugsanordnung zu begründen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit setzt grundsätzlich nicht voraus, dass der Betroffene nach Art. 28 BayVwVfG hierzu vorher anzuhören ist, da es sich bei der Anordnung um keinen Verwaltungsakt handelt (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 53 m.w.N.).
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die summarische Prüfung, dass der Bescheid vom 23. November 2020 rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarten, des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis und der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache kann daher nicht angenommen werden. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffen-, spreng- und jagdrechtlichen Erlaubnisse sowie an den hierzu ergangenen Folgeanordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Der Bescheid dürfte nicht bereits deshalb rechtswidrig sein, weil – wie der Antragsteller meint – er vor Erlass des Widerrufsbescheids nicht nach Art. 28 Abs. 1 VwVfG angehört worden sei. Danach ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Ungeachtet dessen, ob die Erklärung des Antragstellers im Telefonat vom 21. Oktober 2020, dass ein Widerrufsbescheid erlassen werden solle, als Verzicht des Antragstellers auf eine darüberhinausgehende Anhörung zu werten ist, da er damit zum Ausdruck gebracht haben dürfte, sich nicht weiter zu der zu treffenden und von ihm ausdrücklich intendierten Entscheidung der Behörde äußern zu wollen, dürfte ein etwaiger Anhörungsmangel jedenfalls durch die Nachholung der Anhörung mit Schreiben des Landratsamts vom 1. Februar 2021 gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden sein.
Nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach Art. 44 BayVwVfG nichtig macht, dann unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Nach Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG kann die Anhörung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Ist die Anhörung entgegen Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG unterblieben, tritt eine derartige Heilung aber nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird. Diese Funktion besteht nicht allein darin, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden, sondern schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein etwaiges Vorbringen bei ihrer Entscheidung in Erwägung zieht. Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren als solche zur Heilung einer zunächst unterbliebenen Anhörung nicht ausreichen lassen. Eine funktionsgerecht nachgeholte Anhörung setzt vielmehr voraus, dass sich die Behörde nicht darauf beschränkt, die einmal getroffene Sachentscheidung zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Betroffenen erkennbar zum Anlass nimmt, die Entscheidung kritisch zu überdenken (vgl. BVerwG, U.v. 17.12.2015 – 7 C 5/14 – juris Rn. 17).
Vor diesem Hintergrund ist vorliegend nichts dafür erkennbar, dass das Landratsamt die auf das ordnungsgemäße Anhörungsschreiben vom 1. Februar 2021 hin erfolgte Stellungnahme des Bevollmächtigten des Antragstellers mit Schreiben vom 15. Februar 2021 – welche im Wesentlichen ein Wiederholung des Vortrags der Klagebegründung darstellt – nicht zum Anlass genommen hätte, seine Entscheidung nochmals kritisch zu überdenken. Zwar hat die Behörde davon abgesehen, in ihrem Schreiben vom 19. Februar 2021 in der Sache eine neue Stellungnahme abzugeben und insoweit auf die Gründe des Bescheids Bezug genommen. Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass sie sich vorliegend aufgrund der nahezu deckungsgleich in der Antragsbegründung vorgebrachten Argumente des Antragstellers im Rahmen der Antragserwiderung bereits mit seinem Vorbringen auseinandergesetzt und die Argumente auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüft hatte. Insoweit dürfte die Funktion der Anhörung mit dem Ziel eines kritischen Überdenkens der behördlichen Entscheidung auf die vorgebrachten Argumente des Betroffenen hin, vorliegend erreicht worden sein.
Auch bestehen nach summarischer Prüfung keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in Nr. 1.1 bis 1.5 des Bescheids angeordneten Widerrufs der Waffenbesitzkarten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarten nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche persönliche Eignung i.S.v. § 6 WaffG besitzt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen, so hat die zuständige Behörde nach § 6 Abs. 2 WaffG der betroffenen Person auf Kosten der betroffenen Person die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über die geistige oder körperliche Eignung aufzugeben. Näheres hierzu ist in der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung geregelt (vgl. § 6 Abs. 4 WaffG). Nach § 4 Abs. 3 AWaffV teilt die Behörde dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel oder der die Bedenken begründenden Tatsachen hinsichtlich seiner persönlichen Eignung mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und ein Gutachten beizubringen hat. Der Betroffene hat die Behörde darüber zu unterrichten, wen er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Behörde übersendet zur Durchführung der Untersuchung auf Verlangen des Gutachters bei Vorliegen der Einwilligung des Betroffenen die zur Begutachtung erforderlichen ihr vorliegenden Unterlagen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen oder bringt er der zuständigen Behörde das von ihr geforderte Gutachten aus von ihm zu vertretenden Gründen nicht fristgerecht bei, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf seine Nichteignung schließen, wenn er in der Beibringungsaufforderung auf diese Möglichkeit hingewiesen wurde. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 21 CS 16.1247 – juris Rn. 16).
Vorliegend dürfte das Landratsamt im Ergebnis zurecht nach § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV auf die Nichteignung des Antragstellers geschlossen haben, da die Voraussetzungen für die Anforderung eines Gutachtens erfüllt sein dürften und der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderung durch das Landratsamt das angeforderte Gutachten nicht vorgelegt hat.
Die dem Landratsamt bekannt gewordenen Trunkenheitsfahrten des Antragstellers dürften in der Gesamtbetrachtung solche Tatsachen darstellen, die geeignet sind, anlassbezogen Bedenken gegen dessen persönliche Eignung im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG zu begründen.
Der Antragsteller wurde bei einer Verkehrskontrolle am 8. März 2008 um 17:45 Uhr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,58 mg/l (entspricht 1,16 ‰) sowie ein weiteres Mal am 19. Juli 2009 um 10:50 Uhr mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,39 mg/l (entspricht 0,78 ‰) beim Führen eines Kraftfahrzeugs angetroffen. Neben starkem Alkoholgeruch bei der Kontrolle am 8. März 2008 wurden von den jeweils kontrollierenden Beamten keinerlei Verhaltensauffälligkeiten wie etwa Fahrfehler oder andere alkoholtypische Ausfallerscheinungen dokumentiert. Bei dem Vorfall am 19. Juli 2009 gab der Antragsteller an, am Abend zuvor gefeiert zu haben.
Nach dem aktuellen Stand der Alkoholforschung ist davon auszugehen, dass eine Blutalkoholkonzentration ab 1,6 Promille auf deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Giftfestigkeit hindeutet. Insoweit nennt auch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Waffenrecht (WaffVwV) vom 5. März 2012 als Beispiel für das Bekanntwerden von Tatsachen, die Bedenken gegen die persönliche Eignung im Sinn des § 6 WaffG begründen, die amtliche Feststellung einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,6 Promille (Nr. 6.3 WaffVwV). Ist eine solch hoher Promillewert amtlich festgestellt, genügt bereits die einmalige und erstmalige Verfehlung, um tatsachenbegründete Zweifel an der persönlichen Eignung zu begründen. Denn nach gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Alkoholforschung ist – auch bei nur einmaligem/erstmaligem Verstoß – davon auszugehen, dass Personen mit einer derart hohen Blutalkoholkonzentration deutlich normabweichende Trinkgewohnheiten haben und zur Risikogruppe überdurchschnittlich alkoholgewöhnter Kraftfahrer gehören, die im Straßenverkehr doppelt so oft alkoholauffällig werden wie andere Personen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der ähnlich gelagerten Problematik im Fahrerlaubnisrecht leiden Personen, die Blutalkoholwerte von 1,6 Promille und mehr erreichen, regelmäßig – auch wenn sie Ersttäter sind – an einer dauerhaften, ausgeprägten Alkoholproblematik, so dass die Erlaubnisbehörden in derartigen Fällen Art, Inhalt und Folgen einer möglichen Alkoholabhängigkeit des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers und ihre Auswirkungen auf sein Verhalten im Straßenverkehr mit den erforderlichen und angemessenen Mitteln aufzuklären haben (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 8.11.2012 – 22 L 1486/12 – juris Rn. 15 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 27.9.1995 – 11C 34/94 – juris Rn. 14 m.w.N. und VG Augsburg, B.v. 15.6.2011 – Au 4 S 11.793, Au 4 S 11.795 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 15.8.2016 – 21 CS 16.1247 – juris Rn. 20; HessVGH, B.v. 22.11.2016 – 4 B 2306/16 – juris Rn. 13).
Daneben kann nicht nur die einmalige amtliche Feststellung eines entsprechend hohen Promillewerts, sondern auch die wiederholte amtliche Feststellung von weniger als 1,6 ‰ im Zusammenhang mit einer Verhaltensauffälligkeit (vgl. Nr. 6.3 WaffVwV) entsprechende Bedenken an der persönlichen Eignung begründen. Zugleich ist es aufgrund des nicht abschließenden Charakters von Nr. 6.3 WaffVwV (Wortlaut „z.B.“; vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 21 CS 18.2168 – juris Rn. 13) nicht zwingend, dass immer auch eine alkoholbedingte Verhaltensauffälligkeit hinzutritt. Vielmehr können sich Bedenken gegen die persönliche Eignung auch aus einer Gesamtbetrachtung mehrerer Vorfälle mit Alkoholbezug ergeben, wenn die Umstände des Einzelfalls eine entsprechende Bewertung zulassen. Zwar dürften die Vorfälle, in denen der Antragsteller alkoholisiert angetroffen wurde, isoliert betrachtet eine entsprechende Besorgnis normabweichender Trinkgewohnheit noch nicht rechtfertigen. In der Gesamtschau dürften die beiden Vorfälle amtlich festgestellter Trunkenheit im Straßenverkehr, bei denen jedenfalls in einem Fall der Bereich der absoluten Fahruntauglichkeit von 1,1 ‰ (vgl. Kudlich in BeckOK StGB, Stand: 1.2.2021, § 315c Rn. 19) erreicht wurde, ohne dass Ausfallerscheinungen dokumentiert oder vorgetragen worden wären, den Schluss rechtfertigen, dass der Antragsteller regelmäßig Alkohol konsumieren und normabweichende Trinkgewohnheiten sowie eine ungewöhnliche Giftfestigkeit im Sinne einer Alkoholabhängigkeit aufweisen könnte. So dürfte hierfür insbesondere auch sprechen, dass der Antragsteller bei der Verkehrskontrolle um 10.50 Uhr – d.h. am Vormittag – deutlich alkoholisiert angetroffen wurde. Dieser Befund dürfte regelmäßig als normabweichender Zustand zu bewerten sein. Denn entweder muss davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller am Tag der Kontrolle bereits am Vormittag nicht unerhebliche Alkoholmengen konsumiert hatte oder – die Angabe des Antragstellers, am Abend zuvor gefeiert zu haben, zugrunde gelegt – angesichts der seit dem Vorabend vergangenen Abbauzeit einen deutlich höheren Promillewert als den festgestellten Restalkoholwert aufgebaut hatte. Beide Alternativen dürften die Besorgnis einer normabweichenden Trinkgewohnheit tragen. In der Gesamtschau dürften die amtlich bekannt gewordenen Trunkenheitsfahren des Antragstellers daher den Schluss zulassen, dass dieser normabweichende Trinkgewohnheiten im Sinne einer Alkoholabhängigkeit haben könnte, die seine persönliche Eignung zum Umgang mit Waffen und Munition in Zweifel ziehen würden.
Auf die beiden Verurteilungen des Antragstellers wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr aus den Jahren 1983 und 1991 dürfte es daher nicht mehr entscheidend ankommen, da sie die nach den getroffenen Feststellungen wohl gerechtfertigt anzunehmende Besorgnis einer Alkoholabhängigkeit allenfalls weiter verdichten würden. Es kann hier somit dahinstehen, ob die beiden Verurteilungen im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt waren, mit der Folge, dass gemäß § 51 Abs. 1 BZRG ein umfassendes Vorhalte- und Verwertungsverbot in dem Sinne gelten dürfte, dass dem Antragsteller weder die Tat noch die Verurteilung im Rechtsverkehr mehr vorgehalten oder zu seinem Nachteil verwertet werden dürfte, oder aufgrund des Hinzutretens weiterer Verurteilungen nach dem 24. März 2006 (Zeitpunkt der letzten Auskunft aus dem BZR, vgl. Bl. D2 bis D5 der Behördenakte) der Ablauf der jeweiligen Tilgungsfrist gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG gehemmt und die nach § 51 Abs. 1 BZRG erforderliche Tilgungsreife noch nicht gegeben war. Denn jedenfalls Bußgeldentscheidungen in Ordnungswidrigkeitenverfahren sowie Straftaten, die nicht abgeurteilt wurden oder in Freispruch oder Einstellung resultieren, dürften nicht dem umfassenden Vorhalte- und Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG unterfallen, da sie weder in das Register einzutragen sind, noch der Tilgung unterliegen (vgl. Bücherl, in BeckOK StPO, BZRG, Stand 1.1.2021, § 51 Rn. 11 m.w.N.). Das Landratsamt dürfte seine Bedenken hinsichtlich einer möglicherweise bestehenden Alkoholabhängigkeit des Antragstellers daher zurecht auf die beiden Vorfälle aus 2008 und 2009 gestützt haben. Es kann somit dahinstehen, ob das Landratsamt seine Bedenken gegen die persönliche Eignung des Antragstellers daneben auch auf die strafrechtliche Verurteilung aus 1991 stützen durfte, da jedenfalls die beiden Vorfälle von Trunkenheit im Straßenverkehr aus 2008 und 2009, die unstreitig keine strafrechtliche Verurteilung des Antragstellers zur Folge hatten, bereits – wie ausgeführt – in ausreichender Weise Bedenken gegen die persönliche Eignung des Antragstellers begründen dürften.
Daneben dürfte sich die Unzulässigkeit der Verwertung wegen Zeitablaufs auch nicht aus dem Waffenrecht selbst ergeben. Zwar ist der Gedanke einer zeitlichen Begrenztheit waffenrechtlicher Verwertbarkeit dem Waffenrecht nicht grundsätzlich fremd, wie etwa bei den Regeln für die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG zum Ausdruck kommt. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG betrifft jedoch Fälle des vorwerfbaren Handelns. Dem gegenüber betrifft die persönliche Eignung nach § 6 WaffG Fälle der nicht vorwerfbaren körperlichen Einschränkungen (vgl. HessVGH, B.v. 22.11.2016 – 4 B 2306/16 – juris Rn. 22). Soweit diese Einschränkungen nicht nachweislich nur vorübergehenden Charakter aufweisen oder nachträglich entfallen, kann der bloße Zeitablauf hier der Natur der Sache nach keinen Einfluss auf die persönliche Eignung des Betroffenen haben. Denn eine mögliche „Bewährung“, die bei einem steuerbaren Verhalten des Betroffenen das Vertrauen in seine Zuverlässigkeit mag wiederherstellen können, muss bei einer vom Betroffenen nicht maßgeblich beeinflussbaren Konstitution i.S.d. § 6 WaffG von vorneherein ausscheiden. Vorliegend sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich, dass die Besorgnis einer Alkoholabhängigkeit des Antragstellers einer zeitlichen Begrenzung unterliegen könnte.
Daher dürfte sich auch daraus, dass der Antragsteller seit dem Vorfall am 19. Juli 2009 nicht erneut amtlich wegen einer Alkoholproblematik in Erscheinung getreten ist, keine abweichende Bewertung ergeben. Denn der Verdacht einer nach den zuvor angestellten Erwägungen möglichweise bestehenden Alkoholkrankheit dürfte sich nicht schlicht durch Zeitablauf erledigen und auch nicht dadurch, dass der Antragsteller insoweit nicht mehr aktenkundig in Erscheinung getreten ist. Zwar ist der Begriff der Alkoholabhängigkeit für das Jagd- und Waffenrecht nicht im Sinne einer medizinischen, lebenslänglich bestehen bleibenden Alkoholabhängigkeit zu verstehen, sondern, wie im Fahrerlaubnisrecht, als Abhängigkeit im Sinne eines nicht beherrschbaren Zwangs zum Alkoholkonsum (vgl. OVG MV, B.v. 19.12.2019 – 2 LB 758/18 – juris Rn. 25). Ebenso wie es aber im Falle gesicherter Alkoholkrankheit im Einzelfall konkreter Anhaltspunkte dafür bedarf, dass der Betroffene die Beherrschbarkeit des Alkoholkonsums zurückgewonnen hat, etwa aufgrund nachgewiesener langjähriger Alkoholabstinenz oder einer erfolgreichen Alkoholtherapie, würde es auch zur Ausräumung des Verdachts der Alkoholabhängigkeit über den bloßen Zeitablauf hinaus solcher konkreter verdachtsausräumender Momente bedürfen. Insoweit ist vorliegend jedoch nichts vorgetragen oder ersichtlich, was die zuvor begründeten Bedenken entfallen ließe. Allein die Tatsache, dass keine amtliche Feststellung eines alkoholbezogenen Fehlverhaltens mehr erfolgt ist – was bei nicht zutage tretender Verhaltensauffälligkeit im öffentlichen Bereich regelmäßig allenfalls punktuell und randomisiert erfolgen kann – hat keinerlei Aussagewert bezüglich der Entwicklung des tatsächlichen Trinkverhaltens des Antragstellers.
Sind der Behörde – wie vorliegend – Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen, so steht der Behörde hinsichtlich der Entscheidung über die Aufforderung zur Gutachtenvorlage nach § 6 Abs. 2 WaffG kein Ermessen zu. Sie ist zur Aufforderung des Betroffenen verpflichtet. Insoweit dürfte es vorliegend der Rechtmäßigkeit der Anforderung des Gutachtens auch nicht entgegenstehen, dass das vor Wohnsitzverlegung des Antragstellers zuständige Landratsamt in der Vergangenheit nicht tätig geworden ist. Insbesondere dürfte der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse auch nicht wegen Zeitablaufs als verwirkt anzusehen sein. Es kann offen bleiben, ob einem behördlichen Eingreifen überhaupt das Rechtsinstitut der Verwirkung entgegenstehen kann, wenn die Behörde kraft gesetzlicher Anordnung zwingend tätig werden muss (vgl. BayVGH, U.v. 20.9.2007 – 21 BV 07.2029 – juris Rn. 20). Gegen das Rechtsinstitut der Verwirkung im Waffenrecht spricht in diesem Zusammenhang schon, dass es sich um ein hoheitliches Handeln auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr handelt (vgl. BayVGH, B.v. 28.4.2021 – 24 CS 21.494 – juris Rn. 15; B.v. 13.4.2021 – 24 B 20.2220 – juris Rn. 17 jeweils unter Verweis auf NdsOVG, B.v. 16.5.2011 – 11 LA 365/10 – juris Rn. 12). Denn jedenfalls wären die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht erfüllt, da die Behörde keinen Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen hat, dass sie nicht einschreiten werde. Auf den bloßen Zeitablauf kommt es nicht an (vgl. BayVGH, B.v. 13.4.2021 – 24 B 20.2220 – juris Rn. 17).
Hervorzuheben ist, dass es insbesondere auch unschädlich sein dürfte, dass eine Aussage über eine bestehende Alkoholabhängigkeit des Antragstellers aus den bekannt gewordenen Fällen nicht mit Sicherheit getroffen werden kann. Denn es ist gerade nicht erforderlich, dass eine fehlende persönliche Eignung bereits sicher feststeht. Vielmehr genügen insoweit bereits – wie hier gegebene – tatsachenbegründete Zweifel an der bestehenden Eignung (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2019 – 21 CS 18.2168 – juris Rn. 13). Das Landratsamt hat entsprechend den Widerruf der Waffenbesitzkarte rechtlich auch nicht auf eine feststehende Alkoholabhängigkeit des Antragstellers gestützt, sondern darauf, dass er ein wegen begründeter Bedenken gegen seine persönliche Eignung, die sich aus den in den Akten enthaltenen Tatsachen ergaben, zu recht angefordertes Gutachten trotz Aufforderung und Hinweises auf die Folgen nicht vorgelegt hat.
Mit Schreiben vom 1. September 2020 wurde der Antragsteller zur Beibringung eines entsprechenden Gutachtens bis zum 15. Oktober 2020 unter Verweis darauf, dass bei nicht fristgerechter Vorlage auf die Nichteignung des Betroffenen geschlossen werden darf, aufgefordert. Entgegen der dem Landratsamt im Telefonat vom 9. Oktober 2020 mitgeteilten Absicht, einen Untersuchungstermin zur Erstellung eines Gutachtens ausmachen zu wollen und sich anschließend wegen einer ggf. erforderlichen Fristverlängerung nochmals zu melden, erklärte der Antragsteller am 21. Oktober 2020 auf telefonische Nachfrage des Landratsamts, dass er kein Gutachten vorlegen wolle und ein Widerrufsbescheid erstellt werden solle. Der Antragsteller wurde im Rahmen dieses Gesprächs auch nochmals darauf hingewiesen, dass bei Verweigerung einer Gutachtenvorlage auf seine Nichteignung geschlossen werden könne. Das angeforderte Gutachten hat der Antragsteller in der Folge nicht vorgelegt.
Die nicht fristgerechte Vorlage des Gutachtens hat der Antragsteller auch im Sinne des § 6 Abs. 4 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 6 Satz 1 AWaffV zu vertreten. Gründe dafür, dass ihm die nicht erfolgte Vorlage des Gutachtens nicht vorzuwerfen wäre, bestehen nicht. Vielmehr hat der Antragsteller das Gutachten vorliegend ganz bewusst nicht vorgelegt.
Die behördliche Anordnung der Beibringung eines Gutachtens dürfte auch verhältnismäßig gewesen sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der erheblichen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit, die von einer Waffe in ungeeigneten Händen ausgehen können. Sie dient damit sowohl dem Schutz unbeteiligter Dritter, aber gerade auch dem Schutz des Antragstellers selbst.
Da der Antragsteller auf die Folgen der nicht fristgerechten Vorlage sowohl im Schreiben vom 1. September 2020 als auch im Telefonat am 21. Oktober 2020 hingewiesen worden war, durfte das Landratsamt bei Erlass des streitgegenständlichen Bescheids auf seine Nichteignung zum Umgang mit Waffen schließen (§ 6 Abs. 4 WaffG i. V. m. § 4 Abs. 6 Satz 1 und 2 AWaffV) und hatte den Widerruf der Waffenbesitzkarten als zwingende gesetzliche Folge auszusprechen (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG).
Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 27 SprengG in Nr. 1.6 des Bescheids bestehen nach summarischer Prüfung keine Bedenken. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 SprengG ist eine Erlaubnis, Zulassung und ein Befähigungsschein zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Gemäß § 27 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SprengG ist die Erlaubnis nach § 27 SprengG zu versagen, wenn beim Antragsteller Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 SprengG vorliegen. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchts. b SprengG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn der Antragsteller die erforderliche persönliche Eignung nicht besitzt. Gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 8b Abs. 1 SprengG begründen, oder bestehen begründete Zweifel an von der betroffenen Person beigebrachten Bescheinigungen, so hat die zuständige Behörde der Person unter Darlegung der Gründe für die Zweifel oder der die Bedenken begründenden Tatsachen hinsichtlich ihrer persönlichen Eignung aufzugeben, dass sie sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf eigene Kosten einer amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Untersuchung zu unterziehen und ein Gutachten beizubringen hat. In der Anordnung ist die Person darauf hinzuweisen, dass die Behörde bei Verweigerung der Untersuchung oder nicht fristgerechter Vorlage des Gutachtens auf die Nichteignung schließen darf (§ 8b Abs. 2 SprengG). Der Widerruf der Erlaubnis nach § 27 Abs. 1 SprengG dürfte dabei aus den im Hinblick auf die waffenrechtliche Erlaubnis entsprechenden Gründen rechtmäßig sein, sodass hinsichtlich der Einzelheiten auf die obigen Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarte Bezug genommen wird. Unschädlich dürfte es insoweit sein, dass bei der Aufforderung zur Gutachtenvorlage allein die – insoweit nahezu wortgleichen – waffenrechtlichen Vorschriften zitiert wurden, da sich jedenfalls aus der Überschrift des Schreibens sowie dem Hinweis auf den drohenden Widerruf auch der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis bei nicht fristgerechter Gutachtenvorlage hinreichend deutlich ergeben dürfte, dass die Aufforderung zur Vorlage eines Gutachtens über die persönliche Eignung auch für das sprengstoffrechtliche Verfahren Geltung beanspruchen soll, zumal der Gegenstand der Begutachten – nämlich die Frage, ob eine Alkoholabhängigkeit i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG bzw. § 8b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SprengG beim Antragsteller vorliegt – identisch sein dürfte.
Die in Nr. 2 des Bescheids vom 23. November 2020 angeordnete Ungültigerklärung und Einziehung des Jagscheins gemäß § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG dürfte ebenfalls rechtmäßig sein. Denn nach § 18 Satz 1 BJagdG ist die zuständige Behörde in Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 des Waffengesetzes fehlen. Entsprechend den obigen Ausführungen dürfte vorliegend zurecht auf die fehlende persönliche Eignung des Antragstellers i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG wegen der Verweigerung der Gutachtenvorlage zu schließen sein.
Schließlich dürften auch gegen die mit dem Widerruf der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse sowie der Einziehung und Ungültigerklärung des Jagdscheins verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 3.1 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition), Nr. 3.2 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung noch vorhandenen Nitrocellulosepulvers), Nr. 3.3 (Verpflichtung zur Rückgabe der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse im Original), Nr. 3.4 (Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins) und Nr. 4 (Androhung der Sicherstellung) des Bescheids vom 23. November 2020 keine rechtlichen Bedenken bestehen. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse bzw. der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsumfang des Gerichts § 114 Satz 1 VwGO). Insbesondere erscheint die jeweils eingeräumte Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids als angemessen.
Im Übrigen würde auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügungen das Interesse des Antragstellers überwiegen.
Denn in Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung – hier bezüglich des Widerrufs der Waffenbesitzkarten sowie der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis nach § 27 SprengG – unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
Im Hinblick auf die Nrn. 1.1 bis 1.5 des Bescheids intendiert die gesetzliche Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG bzw. des § 34 Abs. 5 SprengG im Hinblick auf Nr. 1.6 des Bescheids bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-) Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Im Falle der sprengstoffrechtlichen Unzuverlässigkeit gilt diese Wertung in Bezug auf den Besitz und Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen entsprechend. Der Antragsteller hat insoweit, sprich bzgl. des Widerrufs der waffen- und sprengstoffrechtlichen Erlaubnisse, keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamts verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers zurückzustehen.
Im Hinblick auf die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins in Nr. 2 des Bescheids ist auf Grund des Regel-Ausnahme-Verhältnisses von § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ein besonderes Vollzugsinteresse erforderlich, welches das Aussetzungsinteresse überwiegt. Dieses besteht vorliegend in dem besonderen öffentlichen Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr. Denn es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeglicher Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21). Vorliegend ist jedoch auch unter Berücksichtigung der bereits oben dargelegten Umstände des Einzelfalls nicht erkennbar, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das sofortige Vollzugsinteresse überwiegt.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) besteht aus Gründen der Gefahrenabwehr regelmäßig auch für die mit der Widerrufsentscheidung bzw. mit der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins verbundenen notwendigen weiteren Anordnungen, die ausgestellten Erlaubnisurkunden zurückzugeben, die Waffen unbrauchbar zu machen oder sie einem Dritten zu übergeben (§ 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG) bzw. für die Anordnung der Rückgabe von Erlaubnisurkunden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Denn auch diese Folgeentscheidungen stellen aus Gründen der Gefahrenabwehr sicher, dass der kraft Gesetzes (§ 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbare Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis tatsächlich umgesetzt wird, indem die sofortige Abgabe von Waffen und Erlaubnisurkunden angeordnet wird (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17). Nachdem der Widerruf der Waffenbesitzkarten kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, ist im Regelfall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Folgeentscheidungen dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Vorrang einzuräumen ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17; B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 26). Nicht anderes kann für die tatsächliche Umsetzung des Widerrufs der sprengstoffrechtlichen Erlaubnis hinsichtlich der Rückgabe von Erlaubnisdokumenten und Abgabe explosionsgefährlicher Stoffe gelten. Bezogen auf die Einziehung des Jagdscheins besteht bei der vorzunehmenden Abwägung ebenfalls ein Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses. Insoweit ist die sofortige Vollziehung – anders als im Waffenrecht – zwar nicht schon gesetzlich angeordnet, weil das Bundesjagdgesetz eine Vorschrift wie § 45 Abs. 5 WaffG nicht enthält. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung des Jagdscheins inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. Denn der Jagdschein berechtigt unter den in § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG erfassten Umständen ebenfalls zum Umgang mit Waffen. Mithin besteht auch hier ein öffentliches Interesse, nach einer Entziehung wegen Unzuverlässigkeit den weiteren Umgang mit Waffen nicht bis zu einem bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinzunehmen, sondern diesen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, die in § 35 Abs. 5 WaffG die Grundlage des gesetzlichen Sofortvollzugs bilden, sofort zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 27 m.w.N. zur Ungültigerklärung und Einziehung wegen Unzuverlässigkeit).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5, 20.3, 50.2 und 50.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach sind für die Waffenbesitzkarten einschließlich einer Waffe ein Betrag von EUR 5.000,- zzgl. EUR 750,- je weiterer Waffe (hier: 14 weitere Waffen) anzusetzen. Für den Entzug des Jagdscheins werden EUR 8.000,- angesetzt. Für die sprengstoffrechtliche Erlaubnis kommen EUR 1.500,- zum Ansatz. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von EUR 25.000,-, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.


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