Verwaltungsrecht

Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnisse, Rechtskräftige Verurteilung wegen falscher Verdächtigung, Keine Ausnahme von der Regelvermutung

Aktenzeichen  M 7 K 20.3073

Datum:
13.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 35305
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a
WaffG § 32 Abs. 6

 

Leitsatz

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Gründe

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Parteien wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört.
Die Klage ist im Hauptantrag überwiegend zulässig, jedoch auch im zulässigen Umfang unbegründet; im Hilfsantrag ist die Klage unbegründet.
1. Der Hauptantrag ist zulässig, soweit er auf die Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids gerichtet ist, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Im Übrigen ist der Hauptantrag unzulässig.
1.1 Soweit die Klage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids gerichtet ist, ist sie unbegründet, denn der Bescheid des Landratsamts vom 2. Juni 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist nicht der Zeitpunkt der letztinstanzlichen strafgerichtlichen Entscheidung, sondern der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, vorliegend des Bescheidserlasses (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 – juris Rn. 35).
Der in den Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids angeordnete Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG ist rechtmäßig erfolgt.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 WaffG sowie in Folge davon auch der Europäische Feuerwaffenpass nach § 32 Abs. 6 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind.
Das Gesetz stellt für die in der Regel anzunehmende Unzuverlässigkeit in § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG auf die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung wegen bestimmter Straftaten ab. Nach Sinn und Zweck des § 5 Abs. 2 WaffG soll das mit jedem Waffenbesitz vorhandene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten werden. Es soll nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit der Waffe jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 54). Die Behörde darf dabei grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist. Sinn und Zweck des Gesetzes ergeben danach, dass die Behörde allenfalls in Sonderfällen die strafgerichtlichen Feststellungen ihrer Entscheidung nicht oder nicht ohne weitere Ermittlungen zugrunde legen darf, etwa dann, wenn für sie ohne weiteres erkennbar ist, dass die Verurteilung auf einem Irrtum beruht oder wenn sie ausnahmsweise in der Lage ist, den Vorfall besser als die Strafverfolgungsorgane aufzuklären (st. Rspr. BVerwG, vgl. z.B. BVerwG, B.v. 22.4.1992 – 1 B 61/92 – juris Rn. 6; st. Rspr. BayVGH, vgl. z.B. B.v. 5.7.2017 – 21 CS 17.856 – juris Rn. 10).
Gegen den Kläger wurde mit Strafbefehl des Amtsgerichts G. …-P. … (* … … … …*) vom … … 2019 wegen falscher Verdächtigung in Mittäterschaft gemäß §§ 164 Abs. 2, 25 Abs. 2 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 60 Tagesseätzen verhängt. Mit Ausnahme der Tagessatzhöhe, die auf Einspruch des Klägers mit Beschluss des Amtsgerichts G. …-P. … vom … … 2019, rechtskräftig seit dem … … 2019, von 100,00 EUR auf 50,00 EUR reduziert wurde, ist der Strafbefehl seit dem … … 2019 rechtskräftig, so dass der Tatbestand der Regelunzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG erfüllt ist. Nach den dargelegten Grundsätzen kann es dabei nicht darauf ankommen, dass die abgeurteilte Tat nicht im Zusammenhang mit Waffen oder Gewalttätigkeiten steht, oder, dass der Kläger zuvor nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, einen ansonsten tadellosen Lebenslauf vorzuweisen hat und gesellschaftlich engagiert ist.
Ein Ausnahmefall, der vorliegend ein Absehen von der Regelvermutung rechtfertigen könnte, ist nicht gegeben.
Zunächst ist bei einer rechtskräftigen Verurteilung – wie bereits ausgeführt – ohnehin von der Richtigkeit der Verurteilung auszugehen und die Prüfung dahingehend zu beschränken, ob die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Satz 1 WaffG aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ausgeräumt ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2007 – 21 ZB 06.2540 – juris Rn. 5 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 22.4.1992 – 1 B 61/92 – zum früheren § 5 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976). Dies betrifft nicht nur die materiell-rechtliche Richtigkeit des Urteils bzw. Strafbefehls, sondern auch die Strafzumessung. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass die strafrechtliche Beurteilung auf einem Irrtum beruht oder die Verwaltungsbehörde und das Verwaltungsgericht im Stande sind, den Vorfall besser und richtiger zu beurteilen, kommt eine Abweichung von einem rechtskräftigen Urteil bzw. Strafbefehl in Betracht (vgl. BVerwG, B.v. 22.4.1992 – 1 B 61/92 – juris Rn. 6).
Vorliegend besteht kein Anlass, an der Richtigkeit des Strafbefehls, insbesondere an der festgesetzten Tagessatzhöhe, zu zweifeln. Insbesondere vermag das Vorbringen der Bevollmächtigten des Klägers keinen Ausnahmefall zu begründen, wonach angesichts der konkreten Verfehlung des Klägers eine Reduzierung der Tagessatzanzahl ebenso wie eine Einstellung nach § 153a StPO möglich gewesen wäre. Denn der Kläger hätte ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, auch die Höhe der Tagessätze im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen den Strafbefehl, mitunter auch unter Ausschöpfung des Instanzenzuges, von den Strafgerichten überprüfen zu lassen. Hiervon hat der Kläger – der seinen Einspruch nachträglich auf die Tagessatzhöhe beschränkt hat – bewusst keinen Gebrauch gemacht. Es obliegt jedoch dem Betroffenen selbst, seine Rechte im Instanzenzug der Strafgerichtsbarkeit wahrzunehmen (vgl. z.B. VG München, B.v. 4.11.2015 – M 7 S 15.4236 – juris Rn. 20). Unerheblich ist dabei auch, aus welchen Motiven der Kläger auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet hat (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 – 21 ZB 12.1340 – juris Rn. 11; vgl. auch B.v. 12.2.2007 – 19 CS 06.2210 – juris Rn. 25; VG Karlsruhe, U.v. 17.9.2014 – 5 K 1333/14 – juris Rn. 46 ff.).
Des Weiteren kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (st. Rspr. BVerwG, vgl. z.B. B.v. 21.7.2008 – 3 B 12/08 – juris Rn. 5 m.w.N.; auch st. Rspr. BayVGH, vgl. z.B. B.v. 20.7.2020 – 24 ZB 19.1204 – juris Rn. 15) eine Abweichung von der Regelvermutung nur dann in Betracht, wenn die Umstände der abgeurteilten Tat die Verfehlung ausnahmsweise derart in einem milden Licht erscheinen lassen, dass die nach der Wertung des Gesetzgebers in der Regel durch eine solche Straftat begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition nicht gerechtfertigt sind. Maßstab für das Vorliegen eines Ausnahmefalls, der die Verfehlung des Betroffenen in einem milderen, von der waffenrechtlichen Regelwertung abweichenden Licht erscheinen lassen kann, ist allein die Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen wie sie in seinem damaligen Verhalten zum Ausdruck kommt (vgl. BVerwG, B.v. 18.9.1991 – 1 CB 24.91 – juris Rn. 5). Darauf, dass der Kläger außerhalb seines damaligen Verhaltens nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist oder einen ansonsten tadellosen Lebenslauf vorzuweisen hat und gesellschaftlich engagiert ist, kann es somit auch in diesem Zusammenhang nicht ankommen. Auch, dass der Kläger die objektiv unwahren Angaben im Rahmen einer Zeugenvernehmung und nicht als über seine Rechte belehrter Beschuldigter getätigt hat, stellt entgegen der Ausführungen der Klägerbevollmächtigten keinen Umstand dar, der die Verfehlung des Klägers in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte. Da erst die unwahren Angaben im Rahmen der Zeugenvernehmung die Strafbarkeit begründet haben, scheidet es vorliegend bereits denklogisch aus, dass der Kläger vor seiner Aussage, d.h. noch bevor er sich überhaupt strafbar gemacht hat, als Beschuldigter hätte belehrt werden können. Vorliegend stand im Zeitpunkt der Zeugenaussage der Anfangsverdacht einer Straftat – der sich erst aus der nachträglichen Sichtung der vorhandenen Videoaufzeichnungen ergeben konnte – noch gar nicht im Raum. Demgegenüber wiegt die wahrheitswidrige Aussage als belehrter Zeuge, der der Wahrheitspflicht unterliegt (vgl. § 57 Satz 1 StPO) und daher hinsichtlich der Wahrheit seiner Angaben um eine besondere Gewissensanspannung bemüht sein müsste, gerade besonders schwer. Dafür, dass der Kläger sich durch den vernehmenden Polizeibeamten zu der unwahren Aussage habe „hinreißen“ lassen, ist ebenfalls nichts ersichtlich. Allein die Tatsache, dass der vernehmende Polizeibeamte auf die Mutmaßung des Klägers, der LKW müsse rückwärts gefahren oder gerollt sein, Nachfragen gestellt hat, um den Sachverhalt zu klären, ist nicht geeignet, die Freiwilligkeit der Angaben des Klägers in Zweifel zu ziehen. Denn der Kläger hätte jederzeit – auch auf Nachfrage – angeben können, er wisse es nicht oder er sei sich nicht (mehr) sicher. Stattdessen hat sich der Kläger ausweislich der Niederschrift über die Zeugenvernehmung bewusst dazu entschieden, anzugeben, er sei sicher, dass der LKW gegen den PKW gefahren sei und nicht umgekehrt. Soweit klägerseits zudem geltend gemacht wird, dass es zu berücksichtigen sei, dass dem Fahrer des in den Unfall verwickelten LKW tatsächlich kein Schaden entstanden sei, ist dies nicht auf ein etwaiges, positiv zu würdigendes Verhalten des Klägers zurückzuführen, sondern allein darauf, dass der LKW-Fahrer durch vorhandene Videoaufzeichnungen des Unfallgeschehens entlastet werden konnte.
Auch im Übrigen lässt sich in Bezug auf die vom Kläger begangene Straftat, wie sie der Verurteilung zu Grunde gelegt wurde, kein Ausnahmefall feststellen. Zwar entspricht die Strafe von 60 Tagessätzen gerade noch dem Rahmen, den § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG insoweit fordert. Allein, dass die Strafe in diesem „Mindestbereich“ angesiedelt ist, rechtfertigt aber ausweislich der Gesetzessystematik nicht ohne weiteres eine Abweichung. Weder handelt es sich bei der Tat – wie auch die Bevollmächtigten des Klägers in ihrem Schreiben an das Landratsamt vom 3. April 2020, Bl. 22 der Behördenakte eingeräumt wurde – angesichts der ausgeurteilten Höhe von 60 Tagessätzen um eine waffenrechtlich zu vernachlässigende Bagatelltat noch erscheint sie – wie bereits ausgeführt – aufgrund von Besonderheiten im Verhalten des Klägers in einem milderen Licht.
Schließlich kann der Kläger auch mit dem Einwand, der Beklagte habe sein Ermessen nicht ausgeübt und insbesondere keine tatbezogene Prüfung in Gestalt einer Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Betroffenen, wie sie in seinem Verhalten zum Ausdruck komme, vorgenommen, nicht gehört werden. So kann zwar grundsätzlich ein beachtlicher Ermessensfehler vorliegen, wenn die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen nicht (erkennbar) betätigt. Ein Ermessensfehler kann jedoch nur dann in Betracht kommen, wenn ein Ermessen der Behörde eröffnet ist, was hier jedoch nicht der Fall ist. Der Widerruf nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG steht grundsätzlich nicht im behördlichen Ermessen. Bei der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit i.S.d. § 5 WaffG handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten Prüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt. Die durch das Landratsamt hier erfolgte Auslegung und Anwendung des Begriffs ist nicht zu beanstanden. Dabei verlangt Art. 39 BayVwVfG nicht, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheids haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG in stRspr, z.B. U.v. 27.11.2014 – 4 C 31/13 – juris Rn. 8). Vorliegend hat sich das Landratsamt in der Bescheidsbegründung erkennbar mit der Frage, ob Anhaltspunkte für ein Abweichen von der Regelvermutung vorliegen, auseinandergesetzt. So hat es insbesondere die Feststellungen getroffen, dass ein solcher Ausnahmefall vorliegend nicht damit begründet werden kann, dass die konkrete Straftat keinen Waffenbezug hatte, und dass zudem das außerhalb liegende Verhalten des Betroffenen unbeachtlich und bereits eine einzige Verurteilung ausreichend sei, auch wenn der Betroffene ansonsten strafrechtlich nicht aufgefallen sei. Schließlich hat das Landratsamt auch in seine Bewertung einbezogen, dass allein angesichts der ausgeurteilten Tagessatzhöhe bei einer Erstverurteilung dieser ein erhebliches Unwerturteil innewohne, sodass eine Bagatelltat nicht vorliege. Darüber hinaus war zur Würdigung der Schwere der konkreten Verfehlung und der Persönlichkeit des Klägers in den Bescheidsgründen eine dezidierte Auseinandersetzung mit der Zeugenaussage des Klägers, wie von den Bevollmächtigten des Klägers geltend gemacht, nicht erforderlich. Denn vor dem Hintergrund, dass das Landratsamt – wie bereits ausgeführt – für seine Bewertung zurecht von der Richtigkeit der strafgerichtlichen Verurteilung ausgehen durfte, für die die unter Beweismittel eigens aufgeführte Zeugenaussage des Klägers (vgl. Strafbefehl des Amtsgerichts G. …-P. … vom … … 2019, * … … … …, S. 2) bereits entsprechend verwertet worden war, musste das Landratsamt eine eigene Bewertung der Zeugenaussage nicht vornehmen.
Die Waffenbesitzkarte des Klägers war danach zwingend zu widerrufen, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Dies gilt auch für den Europäischen Feuerwaffenpass, der eine Berechtigung zum Besitz von Waffen voraussetzt.
Des Weiteren bestehen auch gegen die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. 3 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. dauerhaften Unbrauchbarmachung der in den Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen und Munition sowie die Anordnung der Sicherstellung) und Nrn. 4 und 5 (Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisse im Original) keine rechtlichen Bedenken. Diese Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Landratsamt in diesen Folgeentscheidungen Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Auch gegen die Zwangsgeldandrohung sowie die Kostenentscheidung sind rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
1.2 Soweit die Klage im Hauptantrag darüber hinaus auf einen Leistungs- bzw. Folgenbeseitigungsantrag gerichtet ist, ist der Antrag unzulässig, da es am hierfür erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Dem Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verwaltung im Falle der Aufhebung des Verwaltungsakts sich einer Folgenbeseitigung entziehen wird und die Art und Weise der Rückabwicklung unproblematisch zu erkennen ist (vgl. Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 201).
So verhält es sich hier. Es ist nicht erkennbar, dass der Beklagte bei Aufhebung des Bescheids die vom Kläger zurückgegebenen Erlaubnisurkunden nicht herausgeben oder die begehrte Erlaubnis zu Erwerb und Besitz der eingetragenen Waffen nicht erteilen würde.
Im Übrigen wäre die Klage auch insoweit unbegründet, da der Widerrufsbescheid rechtmäßig ist (s.o.) und ein Folgenbeseitigungsanspruch somit nicht bestehen kann.
2. Der Hilfsantrag, über den vorliegend zu entscheiden war, da er unter der zulässigen innerprozessualen Bedingung gestellt war, dass der Hauptantrag keinen Erfolg hat, also unzulässig oder unbegründet ist, und diese Bedingung eingetreten ist (s.o.), ist unbegründet.
Ein Anspruch des Klägers, eine Sperre für die Wiedererteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis auf zwei Jahre ab dem 3. Juni 2020 zu beschränken, besteht nicht. Für die Wiedererteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse ist die Möglichkeit der Festsetzung einer Sperrfrist durch die Behörde gesetzlich nicht vorgesehen und deshalb im streitgegenständlichen Bescheid auch nicht erfolgt. Eine im Wege gerichtlicher Kontrolle stattfindende „Herabsetzung“ einer solchermaßen gar nicht festgesetzten Frist ist deshalb weder möglich noch veranlasst (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2020 – 24 ZB 19.69 – juris Rn. 10; so auch bereits BVerwG, U.v. 22.4.1982 – 3 C 35/81 – juris Rn. 21).
Daher war die Klage insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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