Verwaltungsrecht

Wiedereinsetzung von Amts wegen

Aktenzeichen  22 C 16.736

Datum:
20.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2
ZPO ZPO § 222 Abs. 1
VwGO VwGO § 57 Abs. 2, § 60 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, S. 4, § 147 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ohne Antrag kommt auch bei Nachholung der versäumten Rechtsmitteleinlegung nicht in Betracht, wenn das mangelnde Verschulden zur rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels nicht glaubhaft gemacht wird und auch weder gerichtsbekannt noch offenkundig ist.   (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 16 KO 15.2829 2016-02-19 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde wird verworfen.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.Durch Beschluss vom 19. Februar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht das Begehren des Antragstellers ab, ihm für eine noch zu erhebende, u. a. gegen den Antragsgegner zu richtende Klage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines anwaltlichen Bevollmächtigten zu bewilligen. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 2. März 2016 zugestellt.
Am 17. März 2016 legte er gegen diese Entscheidung zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Beschwerde ein, der nicht abgeholfen wurde.
Mit Schreiben vom 14. April 2016 wies der Verwaltungsgerichtshof den Antragsteller unter Einräumung einer zweiwöchigen Äußerungsfrist darauf hin, dass die Beschwerde nicht innerhalb der gesetzlichen Frist eingelegt worden sei und sie deshalb ohne Erfolg bleiben müsse. Gleichzeitig wurde ihm Gelegenheit gegeben, mitzuteilen, ob wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werde, ob – und ggf. aus welchen Gründen – er ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die am 16. März 2016 abgelaufene Beschwerdefrist einzuhalten, und diese Gründe glaubhaft zu machen. Der Antragsteller hat sich weder innerhalb der ihm gesetzten Frist noch in der Folgezeit geäußert. Auch die von ihm beantragte Akteneinsicht, im Hinblick auf die die Akten an das Amtsgericht übersandt wurden, in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich der Antragsteller wohnt, hat er nicht wahrgenommen.
II. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da der Antragsteller sie nicht innerhalb der hierfür eröffneten Frist von zwei Wochen (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) eingelegt hat. Diese Frist ist hier maßgeblich, da der Beschluss vom 19. Februar 2016 mit einer zutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen war. Sie wurde durch die am 2. März 2016 ordnungsgemäß erfolgte Zustellung der angefochtenen Entscheidung in Lauf gesetzt; sie endete gemäß § 188 Abs. 2 BGB i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB, § 222 Abs. 1 ZPO und § 57 Abs. 2 VwGO mit dem Ablauf des 16. März 2016.
Da der Antragsteller die Rechtshandlung, deren fristgerechte Vornahme von ihm versäumt wurde, am 17. März 2016 nachgeholt hat, könnte ihm zwar gemäß § 60 Abs. 2 Satz 4 VwGO auch ohne dahingehenden Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dem steht jedoch entgegen, dass er trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof entgegen § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO nicht glaubhaft gemacht hat, dass er – wie § 60 Abs. 1 VwGO das voraussetzt – ohne Verschulden an der rechtzeitigen Einlegung der Beschwerde verhindert war. Entbehrlich wäre die vom Gericht verlangte Glaubhaftmachung nur, wenn sowohl das Vorliegen eines Hinderungsgrundes, der einer rechtzeitigen Beschwerdeeinlegung entgegenstand, als auch das diesbezüglich fehlende Verschulden des Antragstellers gerichtsbekannt oder offenkundig wären oder für die Richtigkeit eines diesbezüglichen Vorbringens des Betroffenen eine so hohe Wahrscheinlichkeit spräche, dass sich weitere Nachweisführungen erübrigen. Eine solche Fallgestaltung steht hier nicht inmitten. Insbesondere folgt aus der Wendung, die sich in dem der Niederschrift vom 17. März 2016 beigefügten Schreiben des Antragstellers vom gleichen Tage findet, wonach er gegen den Beschluss vom 19. Februar 2016 Rechtsmittel einlege, da er „gesundheitlich zur Zeit ein wenig hochkomme“, nicht mit dem erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass er aus gesundheitlichen Gründen weder in der Lage war, bis zum 16. März 2016 dem Verwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof – ggf. unter Inanspruchnahme der Hilfe Dritter (nach den Ausführungen auf Seite 1 des Prozesskostenhilfeantrags verfügt er über Unterstützung bei der Anfertigung von Schriftstücken) – eine schriftliche Rechtsmittelerklärung zukommen zu lassen (der im ersten Rechtszug vorgelegte Entwurf einer Klageschrift zeigt, dass dem Antragsteller – ggf. mit Unterstützung – auch die Abfassung umfangreicher Texte möglich ist), noch dass er nicht bereits am 16. März 2016 auf der Rechtsantragstelle des Verwaltungsgerichts vorsprechen konnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.


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