Aktenzeichen 2 CS 17.823
GG GG Art. 19 Abs. 4
Leitsatz
1 Der Beschluss, mit dem der Erlass einer Zwischenverfügung abgelehnt wurde, ist als prozessleitende Verfügung anzusehen und daher gemäß § 146 Abs. 2 VwGO nicht mit der Beschwerde anfechtbar (Anschluss an OVG NRW BeckRS 2014, 48488, BayVGH BeckRS 2005, 17947). (Rn. 1) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Verwaltungsgerichtsordnung geht davon aus, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO so gestalten kann, dass vorläufiger Rechtsschutz in effektiver Weise gewährt werden kann. Ist es nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. Nur wenn effektiver Rechtsschutz nach § 19 Abs. 4 GG nicht anders gewährt werden kann, darf das Verwaltungsgericht eine Zwischenverfügung erlassen. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 8 S 17.1248 2017-03-31 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist nicht statthaft. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 31. März 2017, mit dem der Erlass einer Zwischenverfügung abgelehnt wurde, ist gemäß § 146 Abs. 2 VwGO nicht anfechtbar (vgl. OVG NRW, B.v. 27.2.2014 – 6 B 182.14 – juris m.w.N.; BayVGH B.v. 21.12.2005 – 14 CS 05.2871 – juris; offengelassen von BayVGH, B.v. 28.1.2015 – 22 C 15.197 – juris). Damit hat das Verwaltungsgericht eine Zwischenentscheidung getroffen, die als prozessleitende Anordnung im Sinn des § 146 Abs. 2 VwGO einzustufen ist. Im Vordergrund steht bei einer solchen Zwischenverfügung, die keine die Instanz abschließende Sachentscheidung enthält, der verfahrensleitende Charakter der Anordnung. Ihr Zweck liegt in erster Linie darin, den rechtmäßigen und zweckfördernden Verlauf des Verfahrens zu sichern. Sie ermöglicht insbesondere dem Gericht, vor dem Eintritt vollendeter Tatsachen eine rechtzeitige Entscheidung zu treffen und dient damit der Sicherung der Effektivität der künftigen Sachentscheidung.
2. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, wäre die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Eine solche Zwischenverfügung ist in der Verwaltungsgerichtsordnung nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Verwaltungsgerichtsordnung geht davon aus, dass das Verwaltungsgericht das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO so gestalten kann, dass vorläufiger Rechtsschutz in effektiver Weise gewährt werden kann. Ist es – namentlich wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung – nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. Nur wenn effektiver Rechtsschutz nach § 19 Abs. 4 GG nicht anders gewährt werden kann, dürfte das Verwaltungsgericht eine derartige Zwischenverfügung erlassen.
Ein solcher Fall liegt hier unter Zugrundelegung des Vorbringens der Antragstellerin nicht vor. Mit Bescheid vom 23. März 2017 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin lediglich aufgegeben, die Nutzung der genehmigten Schank- und Speisewirtschaft („Registratur“) im Erdgeschoss und Untergeschoss sowie der Nebenräume im ersten Obergeschoss des Anwesens M* …straße … als Vergnügungsstätte, z.B. in Form einer Diskothek mit lauter Musikbeschallung durch DJ-Veranstaltungen oder Tanz, zu unterlassen. Die Nutzungsuntersagung wurde mit Sofortvollzug versehen. Im Bescheid wird jedoch ausdrücklich erwähnt, dass die genehmigte Nutzung als Schank- und Speisewirtschaft fortgeführt werden kann. Vor diesem Hintergrund wurde von Antragstellerseite nicht hinreichend dargelegt, wieso die Interessen der Antragstellerin so gewichtig sind, dass sie den mit der Anordnung bezweckten Schutz der Nachbarschaft vor Lärmimmissionen überwinden könnten, bzw. eine besondere Dringlichkeit es rechtfertigen könnte, dass sie bis zur Entscheidung des Erstgerichts nach § 80 Abs. 5 VwGO mit lauter Musikbeschallung fortfahren dürfte. Es handelt sich im vorliegenden Fall eines sofort vollziehbaren belastenden Verwaltungsakts im bipolaren Verhältnis gewissermaßen um die verwaltungsprozessuale Grundkonstellation des Eilrechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, in der der nach Art. 19 Abs. 4 GG zu gewährende effektive Rechtsschutz durch eine erstgerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO sichergestellt ist. Diese ist abzuwarten. Eine besondere Dringlichkeit sieht der Senat nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.