Verwaltungsrecht

Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Aktenzeichen  Au 9 K 17.34243

Datum:
11.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12145
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 1
GG Art. 16a
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 59, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1, § 60a Abs. 2c

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Über den Rechtsstreit konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2020 verhandelt und entschieden werden. In der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtordnung (VwGO). Der Kläger und die Beklagte sind zur mündlichen Verhandlung form- und fristgerecht geladen worden.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a Grundgesetz – GG), auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) bzw. auf Feststellung von nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der DR Kongo bzw. eines anderen aufnahmebereiten Staats. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 1. August 2017 (Gz.: *) ist auch hinsichtlich der erfolgten Abschiebungsandrohung und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig, so dass die Klage auch insoweit ohne Erfolg bleibt (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Bescheid des Bundesamtes vom 1. August 2017 ist rechtmäßig. Es wird zunächst in vollem Umfang auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) Bezug genommen. Darüber hinaus wird das Folgende ausgeführt:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag auf Grund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Wer bereits Verfolgung erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei der Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus (vgl. BVerfG, B.v. 12.2.2008 – 2 BvR 2141/06 – juris Rn. 20; VG Köln, U.v. 26.2.2014 – 23 K 5187/11.A – juris Rn. 26).
Gemessen an diesen Maßstäben konnte der Kläger eine individuelle Verfolgung nicht glaubhaft machen. Aus dem Vortrag des Klägers ist bereits keine individuelle Vorverfolgung bezogen auf die Person des Klägers erkennbar. So hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 9. Dezember 2016 lediglich ausgeführt, dass er in der DR Kongo der evangelischen Kirche angehört und im Chor der Kirchengemeinde gesungen habe. Weiter hat der Kläger ausgeführt, dass er außer an Chorproben und an Gottesdiensten an keinen kirchlichen Aktivitäten teilgenommen habe. Selbst wenn man dem Vorbringen des Klägers in Bezug auf die von ihm geschilderten Angriffe auf seine Kirchengemeinde Glauben schenken wollte, so sind diese nicht individuell gegen den Kläger und dessen Religionsausübung gerichtet. Insoweit fehlt es bereits an einer asylrechtlich relevanten Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1, § 3b AsylG. Im Übrigen ist auch nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Kläger bei einer Rückkehr in die DR Kongo wegen seiner kirchlichen Aktivitäten einer erneuten Verfolgung ausgesetzt wäre. Im Übrigen begegnet auch das asylrelevante Vorbringen des Klägers beim Bundesamt erheblichen Glaubwürdigkeitszweifeln. Zur mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2020 ist der Kläger nicht erschienen. Das Vorbringen des Klägers wirkt insgesamt konstruiert und ohne inhaltliche Substanz. Das Gericht gewinnt aus dem Vorbringen des Klägers beim Bundesamt am 9. Dezember 2016 vielmehr den Eindruck, dass der Kläger ein landesweit bekanntes Ereignis vom 30./31. Dezember 2013 mit angeblichen individuellen Gründen verknüpft. Dem schenkt das Gericht keinen Glauben. Überdies verweist das Gericht darauf, dass der vom Kläger benannte * sich bereits seit dem Jahr 2014 dauerhaft außerhalb der DR Kongo aufhält (Südafrika). Ein Auslieferungsgesuch der DR Kongo in Bezug auf die Person * wurde am 15. Mai 2015 nicht stattgegeben. Auch aufgrund dieser Tatsachen erschließt für das Gericht nicht, inwieweit der Kläger bei einer Rückkehr in die DR Kongo erneut von religiös motivierten Übergriffen betroffen sein könnte. Solche sind jedenfalls nicht hinreichend wahrscheinlich.
Überdies besteht für den Kläger bei einer Rückkehr in die DR Kongo eine für ihn zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG.
Gemäß § 3e AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung hat und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
Dass der Kläger bei einer Rückkehr nach DR Kongo landesweit verfolgt wird, widerspricht jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit. Dies auch bereits aufgrund der Tatsache, dass der Kläger sein Heimatland bereits im Jahr 2014, d.h. vor mittlerweile sechs Jahren, dauerhaft verlassen hat.
Dem Kläger ist es ausgehend vom Schutzzweck des Asylgesetzes möglich und zumutbar, sich in einem anderen Teil der DR Kongo aufzuhalten. Dass der Kläger bei einer unterstellten Rückkehr in die DR Kongo landesweit aus religiösen Motiven verfolgt werden solle, widerspricht jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit. Dem Kläger dürfte es bereits zumutbar sein, sich in einem anderen Stadtteil der Großstadt * niederzulassen. Ebenfalls ist es für den Kläger möglich, sich in weiteren größeren Städten im westlichen Teil der DR Kongo niederzulassen.
Die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative ist für den Kläger auch zumutbar. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des von ihm angeführten Schulbesuchs (Grundschule) und der bereits ausgeübten Tätigkeit als Schreiner.
Aufgrund der in der DR Kongo herrschenden Freizügigkeit ist es dem Kläger als durchaus arbeitsfähigem Mann – der Kläger geht auch in der Bundesrepublik Deutschland einer Beschäftigung nach – möglich, und auch zumutbar, dass er sich in einem anderen Landesteil niederlässt, auch wenn dies eventuell anfangs mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden sein mag.
Nach allem war der Antrag des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auf der Grundlage der §§ 3 ff. AsylG abzulehnen. Dem Kläger steht kein diesbezüglicher Anspruch zur Seite.
Aus denselben Gründen steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter im Sinne von Art. 16a GG zu. Da bereits keine Gründe für eine Asylanerkennung erkennbar sind, kommt es dabei auf den genauen Reiseweg des Klägers in die Bundesrepublik Deutschland nicht an.
2. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Zuerkennung von subsidiärem Abschiebungsschutz nach § 4 AsylG.
Solcher ist einem Ausländer zuzuerkennen, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG durch einen Akteur im Sinne des § 3c i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 AsylG die Verhängung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Die §§ 3c bis 3e AsylG gelten entsprechend (§ 4 Abs. 3 AsylG).
Der Kläger hat, wie oben dargelegt, keine Verfolgung glaubhaft dargelegt. Auch ergeben sich im Hinblick auf die humanitäre Situation in der DR Kongo keine Hinweise darauf, dass ihm ein ernsthafter Schaden droht. Dies gilt zumindest in Bezug auf, den Geburts- und vormaligen Aufenthaltsort des Klägers.
Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG.
Unabhängig davon, ob ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, liegt jedenfalls keine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen Konflikts vor. Der Kläger stammt seinen eigenen Angaben zufolge aus *. Dort hat er auch bis zu seiner Ausreise aus der DR Kongo im Jahr 2016 zusammen mit seiner Mutter gelebt. Lediglich im Osten der Demokratischen Republik Kongo, insbesondere auch in den Provinzen Nord-Kivu und Süd-Kivu kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen (vgl. Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo des Auswärtigen Amts vom 27. Februar 2018, Stand: Dezember 2017, S. 5). Bei den andauernden Konflikten im Osten bzw. Nordosten der Demokratischen Republik Kongo handelt es sich u.a. um komplexe soziale Auseinandersetzungen um regionale bzw. lokale Vorherrschaft, Zugang zu Land und natürlichen Ressourcen, befeuert von inter-ethnischen Spannungen. Angesichts der Gesamteinwohnerzahl der Provinz Nord-Kivu mit etwa 6,6 Mio. Einwohner und Süd-Kivu von etwa 5,7 Mio. Einwohner hat der dem Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt aber kein so hohes Niveau, dass davon ausgegangen werden kann, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dieser Region einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Im Übrigen handelt es sich nicht um einen landesweiten Konflikt. Es ist nochmals darauf hinzuweisen, dass der Kläger selbst aus * stammt. Bei der nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erforderlichen Gefahrenprognose im Falle eines – wie hier – regional begrenzten, nicht landesweiten Konflikts ist auf die jeweilige Herkunftsregion abzustellen (st.Rspr., z.B. BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – juris Rn. 17). Dies zugrunde gelegt scheidet für den Kläger die Gewährung subsidiären Schutzes auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aus.
3. Der Abschiebung des Klägers steht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG entgegen.
Ein solches liegt zu Gunsten des Klägers nicht vor. Eine Abschiebung ist gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt. Gemäß § 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen werden. Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Abstrakt formuliert sind unter einer menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 60 AufenthG Rn. 35 f.). Es müssen konkrete Anhaltspunkte oder stichhaltige Gründe dafür glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer im Fall seiner Abschiebung einem echten Risiko oder der ernsthaften Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre. Dabei sind lediglich zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen.
Diese Voraussetzungen liegen mangels glaubhafter Vorverfolgung des Klägers nicht vor.
Eine unmenschliche Behandlung droht dem Kläger auch nicht aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen in der DR Kongo. Unzureichende wirtschaftliche Verhältnisse im Herkunftsland können nur in Ausnahmefällen, in denen die schlechten humanitären Verhältnisse eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Asylbewerbers darstellen, ein Abschiebungsverbot in diesem Sinn begründen. In ganz außergewöhnlichen Fällen können auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen eine Abschiebung „zwingend“ sind. Dies gilt in den Fällen, in denen die schlechten Bedingungen überwiegend auf die Armut oder die fehlenden staatlichen Mittel, um mit Naturereignissen umzugehen, zurückzuführen sind. Wenn jedoch die Aktionen von Konfliktparteien zum Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur führen, so ist zu berücksichtigen, ob es dem Betroffenen gelingt, die elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu befriedigen (EGMR, U.v. 28.6.2011 – 8319/07 – NVwZ 2012, 681 ff.; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris). Unter Berücksichtigung sämtlicher Gegebenheiten des Einzelfalles ist hierbei ein sehr hohes Niveau der Gefährdung zu verlangen (BayVGH, U.v. 21.10.2014 – 13a B 14.30285 – juris).
Dies zugrunde gelegt ist hier davon auszugehen, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit bei einer Rückkehr in die DR Kongo erneut sichern kann. Der Kläger hat in der DR Kongo bereits als Schreiner gearbeitet. Im Übrigen dürften sich auch noch mehrere Familienangehörige des Klägers in der DR Kongo aufhalten. So hat der Kläger bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am 9. Dezember 2016 ausgeführt, dass zumindest Cousins noch in seinem Heimatland vorhanden seien.
Der Abschiebung des Klägers steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG entgegen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.
Individuelle, nur dem Kläger drohende Gefahren liegen nicht vor. Dessen Vorbringen hinsichtlich einer drohenden Verfolgung begründet nach Auffassung des Gerichts keine konkrete Gefahr für den Kläger.
Für den Kläger ist auch kein Abschiebungsverbot aus gesundheitsbedingten Gründen zu erkennen. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG gelten § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG entsprechend. Demnach muss der Ausländer eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist auch nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG). Ein gesundheitsbedingtes Abschiebungsverbot für den Kläger scheidet vorliegend bereits deshalb aus, da dieser im Verfahren keine aktuellen ärztlichen Atteste vorgelegt hat. Zuletzt wurde für den Kläger mit Schriftsatz vom 20. November 2018 (Gerichtsakte Bl. 47 ff.) ein ärztliches Attest datierend vom 17. September 2018 (Gerichtsakte Bl. 49) vorgelegt. Auch dieses Attest genügt nicht den gerichtlich an ärztliche Atteste zu stellenden Anforderungen. Es entspricht inzwischen gefestigter Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 21 ZB 17.30468 – juris Rn. 4; B.v. 10.1.2018 – 10 ZB 16.30735 – juris Rn. 8; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17A – juris Rn. 19 ff; OVG LSA, B.v. 28.9.2017 – 2 L 85/17 – juris Rn. 2 ff), dass die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 7). So ist bereits nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die gestellten Diagnosen getroffen wurden. Neuere ärztliche Atteste wurden im Verfahren hingegen nicht vorgelegt, so dass die Zuerkennung eines gesundheitsbedingten Abschiebungsverbots an den Kläger ausscheidet. Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, inwieweit sich der Kläger überhaupt noch in ärztlicher Behandlung befindet und inwieweit ein Abbruch dieser ärztlichen Behandlungen sich auf den Gesundheitszustand des Klägers bei einer Rückkehr in die DR Kongo auswirken würde.
4. Die auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig, da die Voraussetzungen dieser Bestimmungen vorliegen. Die Ausreisefrist von 30 Tagen ergibt sich aus § 38 Abs. 1 AsylG.
Hinweise auf eine Fehlerhaftigkeit der Befristung der Einreise- und Aufenthaltsverbote nach § 11 AufenthG bestehen im maßgeblichen Zeitpunkt ebenfalls nicht. Die Beklagte hat das ihr zustehende Ermessen erkannt und im Rahmen der gerichtlich gemäß § 114 Satz 2 VwGO beschränkten Prüfung ordnungsgemäß ausgeübt. Die erforderliche Einzelfallentscheidung über die Verhängung eines Einreiseverbots von bestimmter Dauer kann in unionsrechtskonformer Auslegung des Aufenthaltsgesetzes auch in einer behördlichen Befristungsentscheidung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG 2011 (§ 11 Abs. 2 AufenthG n.F.) gesehen werden (BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21.17 – juris).
5. Die Klage war mithin mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Als im Verfahren unterlegen hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.


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