Verwaltungsrecht

Zulassung zum Studium der Humanmedizin – Ausschöpfung der Ausbildungskapazitäten

Aktenzeichen  AN 2 E 15.10266

Datum:
9.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123
BayHZV BayHZV § 43, § 44, § 45, § 48, § 51

 

Leitsatz

1. Drittmittelbedienstete erhöhen das der Kapazitätsberechnung zugrunde liegende Lehrangebot grundsätzlich nicht (vgl. VGH München BeckRS 2013, 58943). (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Berechnung der personellen Aufnahmekapazität der Universität ist in Bezug auf den vorklinischen Teil des Studiengangs grundsätzlich allein diese Lehreinheit und das dieser Lehreinheit nach Maßgabe der Anlage 6 zu § 45 Abs. 1 S. 2 BayHZV zugeordnete Lehrpersonal zugrunde zu legen. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die für die Ermittlung des Dienstleistungsabzugs nach § 48 Abs. 2 BayHZV maßgebliche Studienanfängerzahl ist nicht um einen Schwund zu reduzieren. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerseite beantragt im Wege einer einstweiligen Anordnung sinngemäß die Verpflichtung des … auf Zulassung im ersten Fachsemester des Studiums der Humanmedizin an der … ab dem Wintersemester (WS) 2015/2016, hilfsweise beschränkt auf den ersten Studienabschnitt.
Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die festgesetzte Höchstzahl an Studienanfängern sei nicht kapazitätserschöpfend und somit rechtswidrig. Es bestehe deshalb ein Anordnungsanspruch auf Zulassung im Studiengang Humanmedizin. Zu den Einzelheiten wird auf die Antragsbegründung Bezug genommen.
Die Universität beantragt für den …,
den Antrag abzulehnen,
weil die Kapazität voll ausgeschöpft sei und nimmt dabei Bezug auf die Schriftsätze vom 28. Oktober 2015 und 21. Januar 2016, worin die Aufnahmekapazität zum WS 2015/2016 im ersten Fachsemester des Studiengangs Humanmedizin wie folgt ausgewiesen wird:
Semester 1NC174Studenten174
Semester 2168Studenten165
Semester 3163Studenten168
Semester 4171Studenten169
insgesamt:676Studenten676
Die Zahlen der eingeschriebenen Studenten beinhalten keine Beurlaubungen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten, insbesondere auf die Datenerhebungsformularsätze mit den Kapazitätsberechnungen der Universität für das Studienjahr 2015/2016 Bezug genommen.
II.
Der streitgegenständliche Antrag auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) im WS 2015/2016 ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Gericht hat neben den Rügen einzelner Beteiligter von Amts wegen die kapazitätsbestimmenden Faktoren und Ergebnisse der hochschulinternen Berechnungen für die Ermittlung der Zulassungszahl hinsichtlich des Studienjahres 2015/2016 eingehend überprüft und auch weitere Erläuterungen der Universität zur Berechnung der Ausbildungskapazität und zu den zugrunde liegenden Daten eingeholt.
Der Ermittlung der Aufnahmekapazität der … im Studiengang Humanmedizin (erster Studienabschnitt) im Studienjahr 2015/2016 ist die Hochschulzulassungsverordnung in der geltenden Fassung zugrunde zu legen. Hierbei sind für die Ermittlung des Lehrangebots (vgl. §§ 45 ff. HZV) die Vorschriften der Lehrverpflichtungsverordnung (LUFV) maßgebend.
Danach ergibt sich für die Vorklinik folgendes Lehrangebot in Semesterwochenstunden (SWS):
15 Stellen W 3, W 2 mit je 9 SWS135,0
5 Stellen A 14 a. Z. mit je 7 SW 35,0
13,34 Stellen A 13 a. Z. mit je 5 SWS66,70
13 Stellen A 15/A 13 mit 5, 6, 7, 8, 9 SWS92,0
3,25 Wiss. Ang. mit 1,25, 5 und 9 SWS17,44
346,14 SWS
Die 2011 zwischen dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und der Hochschule sowie dem Universitätsklinikum … getroffene Zielvereinbarung über die auf drei Jahre befristete Schaffung von jeweils 30 Anfängerplätzen aufgrund des doppelten Abiturjahrgangs ist für die Vorklinik mit Ende des Studienjahres 2013/2014 ausgelaufen. Die dafür eingerichteten beiden Stellen mit insgesamt 12 SWS Lehrverpflichtung stehen deshalb seitdem nicht mehr zur Verfügung, da sie rechnerisch ausschließlich für die Erhöhung der Kapazität im ersten Fachsemester berücksichtigt wurden.
Im Übrigen beruht die von einzelnen Antragstellern beanstandete Reduzierung der Kapazität seit 2012 auch auf dem Umstand, dass aufgrund der Beschlüsse der Kammer vom 28. Dezember 2012 im WS 2012/2013 (AN 2 E 12.10162 u. a.) acht freie Studienplätze ermittelt und fünf Studienplätze verlost wurden.
Mit Ausnahme des Wegfalls der Ermäßigung der Lehrverpflichtung wegen Wahrnehmung der Funktion des nicht hauptberuflichen Vizepräsidenten um sieben SWS haben sich die Deputate der vorhandenen Stellen gegenüber dem Vorjahr nicht geändert. Infolge dessen ist auch der in den Vorjahren praktizierte Ausgleich, dass aus Kapitalisierungserlösen von nicht in Anspruch genommenen freien Stellengehältern außerhalb der Medizin vorübergehend eine Stelle mit sieben SWS am Institut für Zelluläre und Molekulare Physiologie ausgewiesen wurde, entfallen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erhöhen Drittmittelbedienstete das der Kapazitätsberechnung zugrunde liegende Lehrangebot grundsätzlich nicht (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2013, 7 CE 13.10280). Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass Drittmittelbedienstete ausschließlich für konkrete Forschungsvorhaben entsprechend dem Zweck der bewilligten Mittel eingesetzt werden. Weder wird mit diesen Beschäftigten eine Lehrverpflichtung vereinbart, weil dies mit den projektbezogenen Verwendungsbestimmungen der Drittmittelgeber zur Forschungsförderung unvereinbar wäre, noch existiert ein normatives Lehrdeputat aufgrund der Lehrverpflichtungsverordnung. Demgegenüber sind für die Berechnung des Lehrangebots gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 HZV alle Stellen des wissenschaftlichen und künstlerischen Lehrpersonals und der sonstigen Lehrpersonen nach Stellengruppen den Lehreinheiten zuzuordnen. Nach dieser Vorschrift können deshalb nur Stellen solcher Personen berücksichtigt werden, die nach dem Dienstrecht zur Lehre verpflichtet sind oder verpflichtet werden können. Dazu gehören jedoch nicht solche Mitarbeiter, die aus Mitteln Dritter bezahlt werden und an Forschungsvorhaben teilhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden (§ 25 Abs. 2 HRG).
Das Lehrangebot ist auch nicht durch einen zusätzlichen Einsatz weiterer Lehrpersonen aus dem klinischen Bereich aufzustocken. Das wiederholt vorgetragene Argument, die Lehrpersonen der klinisch-theoretischen Medizin, insbesondere im Fach Pathologie, könnten ihre originäre Lehrverpflichtung nicht erfüllen, so dass ihr Einsatz in der vorklinischen Ausbildung im Fach Anatomie aufgrund der bestehenden fachlichen Überschneidungen („horizontale Substituierbarkeit“) geboten sei, erweist sich nicht als durchgreifend. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hält an seiner grundsätzlichen Entscheidung (B.v. 8.7.2004, 7 CE 04.10017 u. a.) fest, dass die von der Universität gewählte Praxis, Fachvertreter klinischer Fächer rechnerisch mit einem Anteil von 20% an den in Frage kommenden Veranstaltungen zu beteiligen, rechtlich nicht zu beanstanden ist (B.v. 24.10.2013, 7 CE 13.10296 u. a.). Danach ist der vorklinische Teil des Studiengangs Humanmedizin der Lehreinheit vorklinische Medizin (Vorklinik) zugeordnet (§ 44 Abs. 2 Satz 3 HZV). Für die Berechnung der personellen Aufnahmekapazität der Universität ist daher in Bezug auf den vorklinischen Teil des Studiengangs grundsätzlich allein diese Lehreinheit und das dieser Lehreinheit nach Maßgabe der Anlage 6 zu § 45 Abs. 1 Satz 2 HZV zugeordnete Lehrpersonal zugrunde zu legen. Das Lehrpersonal anderer Lehreinheiten der Universität bleibt bei der Berechnung unberücksichtigt, solange es nicht tatsächlich anstelle des Lehrpersonals der Lehreinheit vorklinische Medizin Dienstleistungen (Lehrveranstaltungsstunden) im vorklinischen Teil des Studiengangs Humanmedizin erbringt. Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang dies geschieht, trifft die Universität – unter Berücksichtigung der kapazitätsrechtlichen Bestimmungen – ausschließlich im Rahmen ihrer Organisationsfreiheit.
Darüber hinaus sind die im Rahmen der sogenannten Titellehre erbrachten Lehrleistungen von Privatdozenten, Honorar- und außerplanmäßigen Professoren in das Lehrangebot der Universität mit einzurechnen, so dass daraus für das gesamte Studienjahr ein zusätzliches Lehrangebot von 5,5 SWS resultiert.
Nachdem im streitgegenständlichen Studienjahr keine Lehraufträge zur Verfügung stehen, ergibt sich daher ein unbereinigtes Lehrangebot von 351,64 Deputatsstunden.
Hiervon ist der Dienstleistungsbedarf für nicht zugeordnete Studiengänge in den Fächern Pharmazie, Medical Process Management (MSc), Psychologie (BSc), Zahnmedizin, Medizin 2. Studienabschnitt, Medizintechnik (BSc), Advanced Optical Technologies, Life Science Engineering (MSc), Psychologie (MSc) sowie Medizintechnik (MSc) mit insgesamt 62,53 SWS abzuziehen. Die betroffenen Lehrveranstaltungen beruhen nach Auskunft der Hochschule ohne Ausnahme auf Studien- und Prüfungsordnungen für die einzelnen Fächer. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass in den betreffenden Studiengängen medizinische Lehrveranstaltungen für ein sachgerechtes Lehrangebot erforderlich sind, so dass der Dienstleistungsexport eine ausreichende sachliche Berechtigung findet. Fachliche Zusammenhänge mit der Humanmedizin sind insbesondere im Hinblick auf die Studiengänge Medical Process Management, Medizintechnik, Advanced Optical Technologies sowie den Studiengang Life Science Engineering offensichtlich.
Den Dienstleistungsexport für das Fach Pharmazie hat die Hochschule auf gerichtliche Anfrage gegenüber dem in den Kapazitätsunterlagen ursprünglich enthaltenen Ansatz korrigiert und um 5,83 SWS reduziert. Das Praktikum „Biochemische Untersuchungsmethoden einschließlich Klinischer Chemie“ wird von Lehrkräften durchgeführt, die nicht zur Lehreinheit Vorklinische Medizin gehören. Zudem wird die Vorlesung „Grundlagen der Physiologie für Pharmazeuten“ im streitgegenständlichen Studienjahr nur im Umfang von 3 statt 4 SWS angeboten.
Im Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wird auch weiterhin an der Auffassung festgehalten, dass die für die Ermittlung des Dienstleistungsabzugs nach § 48 Abs. 2 HZV maßgebliche Studienanfängerzahl nicht um einen Schwund zu reduzieren ist. Die von der Universität angesetzten Studentenzahlen beruhen in zulässiger Weise auf der bisherigen Entwicklung der Studienanfängerzahl in diesen Fächern. Dass bei der Berechnung des Curricular-Anteils für die nicht zugeordneten Studiengänge nur die aktuellen oder bisherigen Studienanfängerzahlen im Semester und nicht zusätzlich die prognostizierte Entwicklung dieser Semesterkohorte in höheren Fachsemestern zugrunde zu legen sind, resultiert eindeutig aus § 48 Abs. 2 HZV und der darauf bezogenen Berechnungsformel in der Anlage 5 zur Hochschulzulassungsverordnung. Diese Vorschrift stellt ausdrücklich auf die Studienanfängerzahlen der nicht zugeordneten Studiengänge ab und verlangt im Unterschied zur Regelung der §§ 51 Abs. 3 Nr. 3, 53 HZV keine Korrektur dieser Werte aufgrund einer Prognose über die Bestandszahlen der nachfolgenden Semester. Gegen diese ersichtlich aus Praktikabilitätsgründen getroffene Vereinfachungsregelung bestehen auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keine durchgreifenden Bedenken (BayVGH, B.v. 27.8.2010, 7 CE 10.10278 u. a.).
Nicht durchgreifend erweist sich auch der Vortrag, aufgrund vorhandener Doppel- oder Zweitstudenten, welche neben Humanmedizin auch im Fach Zahnmedizin eingeschrieben seien, müsse der Dienstleistungsexport für den Studiengang Zahnmedizin in dem Maße verringert werden, in dem ihn Zweitstudenten nicht in Anspruch nehmen, weil sie die entsprechenden Veranstaltungen bei regelmäßigem Studienverlauf schon besucht haben und diese Kenntnisse auf ihre Ausbildung anrechenbar sind. Zum einen handelt es sich insoweit nicht um einen der in § 51 Abs. 1, Abs. 3 HZV aufgeführten Überprüfungstatbestände für die nach den Vorschriften der §§ 43 bis 50 HZV berechnete Aufnahmekapazität. Auch § 48 HZV sieht eine Berücksichtigung von Doppel- und Zweitstudenten in den nachfragenden Studiengängen nicht vor. Darüber hinaus bestehen in Bezug auf die Ermittlung der Kapazität für neu aufzunehmende Studienanfänger im Studiengang Medizin (Vorklinik) ohnehin keine Anhaltspunkte für maßgebliche Minderungen der Lehrnachfrage, weil ein Doppelstudium (Parallelstudium) in zwei zulassungsbeschränkten Fächern nur unter den engen Voraussetzungen des Art. 42 Abs. 2 Satz 4 BayHSchG möglich und regelmäßig nicht genehmigungsfähig ist und Zweitstudenten sich wegen der Anrechnung ihrer bereits erbrachten Studienleistungen ohnehin zugleich in einem höheren Fachsemester immatrikulieren lassen können.
Das bereinigte Lehrangebot beträgt daher 289,11 SWS (351,64 SWS – 62,53 SWS).
Die Lehrnachfrage wird gemäß §§ 43, 50 HZV i. V. m. deren Anlage 5 durch den Curricularnormwert (CNW) bestimmt. Die Universität hat insoweit den Anteil der vorklinischen Medizin an die aktuelle Studienordnung angepasst und geringfügig auf 1,6042 erhöht. Sie geht dabei entgegen insoweit erhobener Rügen nicht von einer Gruppengröße (Betreuungsrelation) g = 180 für Vorlesungen aus, wie es der frühere Beispielstudienplan der ZVS vorsah, sondern legt als Mittelwert eine Teilnehmerzahl von 200 (Semesterturnus) bzw. 400 (Jahresturnus) zugrunde, was den tatsächlichen Verhältnissen in etwa entsprechen dürfte. Unabhängig davon, dass dieser Wert (kapazitätsgünstig) über der Zahl von 180 Vorlesungsbesuchern liegt, die in der Rechtsprechung weitgehend akzeptiert ist (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2013, 7 CE 13.10296 u. a. m. w. N.), kann nicht gefordert werden, dass eine Betreuungsrelation zugrunde gelegt wird, die auf Kosten der Ausbildungsqualität eine maximale Aufnahmekapazität erreicht. Die Kammer hält diese Festsetzungen der Hochschule unter dem Gesichtspunkt der Wissenschaftsfreiheit für vertretbar.
Entgegen diversen Rügen begegnen die in Ansatz gebrachten Festsetzungen für den seit dem Studienjahr 2014/2015 gebildeten Studiengang Molekulare Medizin (Master) ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 22.1.2015, AN 2 E 14.10173 u. a.). Die Universität hatte bei der Einführung des Studiengangs Molekulare Medizin mit dem Abschluss „Diplom“ aus didaktischen Erwägungen ursprünglich eine jährliche Aufnahmequote von 30 Studienanfängern festgelegt. Das Gericht hatte für die darauffolgenden Studienjahre im Hinblick auf die Festlegung des Curricularanteils des Studiengangs Molekulare Medizin auf 1,4331 grundsätzlich jegliche weitere Erhöhung über diesen Ansatz hinaus unter kapazitätsrechtlichen Gesichtspunkten für die Humanmedizin als äußerst problematisch bewertet (vgl. Beschluss der Kammer vom 26.11.2003, AN 2 E 03.10261 u. a., BayVGH, B.v. 9.11.2004, 7 CE 04.11010 u. a.). Den auf der Verlängerung der Arbeitszeiten im öffentlichen Dienst beruhenden Zuwachs des bereinigten Lehrangebotes hatte die Universität im Studienjahr 2005/2006 zu etwa drei Viertel dem Studiengang Medizin und zu etwa ein Viertel dem Diplomstudiengang Molekulare Medizin zugeordnet. Diese Zuweisung von einem Viertel des gesteigerten Lehrangebots stand damit zwar für sich betrachtet nicht mehr im Verhältnis zur damaligen Anteilsquote (zp) des Studiengangs Molekulare Medizin. Nachdem jedoch im Zuge der Erhöhung der Lehrverpflichtung im Studienjahr 2004/2005 die Zulassungszahl für den Studiengang Molekulare Medizin nicht angepasst worden war, war dies nicht zu beanstanden, weil diese Aufteilung des Zuwachses des bereinigten Lehrangebots letztlich auch einen Nachholeffekt zugunsten der Molekularen Medizin und eine Aufstockung auf 37 Studienplätze beinhaltete. Im Einklang mit den Vorgaben des Gerichts wurde seitens der Hochschule diese Zahl seitdem als Obergrenze beibehalten, um kapazitätsrechtliche Konsequenzen zulasten der Humanmedizin zu vermeiden.
Mit der Einrichtung des konsekutiven Masterstudiengangs Molekulare Medizin wurde nun erstmals seit längerer Zeit ein zusätzliches Studienangebot im Nebenfach geschaffen, welches in der Konsequenz einen Abbau von Studienanfängerplätzen im Fach Humanmedizin zur Folge hat. Gleichwohl erweisen sich die in diesem Zusammenhang von verschiedenen Antragstellern erhobenen Bedenken nicht als durchgreifend, da die seitens der Hochschule definierten Anteile der Studiengänge Humanmedizin und Molekulare Medizin am Lehrangebot der Vorklinik im Ergebnis tragfähig sind. Die Vorschrift des § 49 HZV enthält für die Festlegung bzw. Abänderung der Anteilquote keine inhaltlichen Kriterien, räumt jedoch in Absatz 2 dem Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Befugnis ein, zur Festsetzung der einzelnen Anteilquoten Vorgaben machen zu können. Aus dem Gebot der erschöpfenden Kapazitätsnutzung ist allerdings zu folgern, dass diese nicht willkürlich und kapazitätsvernichtend bemessen sein dürfen. Die Vorgaben können Grundlage für den Erlass der Hochschulzulassungssatzung und damit des späteren Genehmigungsverfahrens sein. Der Normgeber ist dabei berechtigt, im Rahmen bildungsplanerischer Überlegungen durch Vorgaben für die Anteilsquotenbildung Ausbildungskapazitäten vorrangig einem bestimmten Studiengang zu widmen. Die Wissenschaftsverwaltung hat insoweit grundsätzlich bei der Zuordnung und Verteilung von Stellen über die Anteilquote einen von strukturplanerischen und haushaltsbezogenen Wertungen geprägten Ermessensspielraum, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Im Rahmen des dabei auftretenden Spannungsverhältnisses zwischen den divergierenden Interessen ist der Universität mit Blick auf die in Art. 5 Abs. 3 GG verankerte Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre stets ein hinreichender Handlungs- und Gestaltungsspielraum einzuräumen, der es ihr ermöglicht, neue Studiengänge auch zulasten der Kapazität bestehender Studiengänge einzuführen, um damit der Schwerpunktbildung, der Internationalisierung oder den Veränderungen in Wissenschaft und Forschung sowie auf dem Arbeitsmarkt Rechnung tragen zu können. Die Einführung des Diplomstudiengangs Molekulare Medizin hatte die Hochschule damit begründet, dass ein zukunftsorientierter Studiengang für Biowissenschaftler angeboten werde, die im Bereich der medizinischen Forschung in Industrie, Behörden und Universitäten tätig werden wollen. Das Lehrangebot schließe eine Lücke zwischen dem Studium biowissenschaftlicher Fächer und dem Medizinstudium. Es sei ein Rückstand in der Molekular Biologie gegenüber den USA, Japan und führenden europäischen Ländern festzustellen, der zu einer weitgehenden Verlagerung der industriellen Forschungsbasis in die USA und damit zum Verlust hochqualifizierter Arbeitsplätze geführt habe. Andererseits habe sich die Medizinische Fakultät der Universität … zu einem nationalen Schwerpunkt von Biomedizin und klinisch-molekularbiologischer Forschung entwickelt und erhalte mit dem neuen Studiengang eine längst fällige fachliche Ergänzung ihres Lehrangebots (vgl. Beschluss der Kammer vom 13.11.2001, AN 2 E 00.10031 u. a.).
Aus diesem Blickwinkel erscheint es nachvollziehbar, wenn die Hochschule im Zuge des Bologna-Prozesses und der damit verbundenen Abschaffung der Diplomabschlüsse zusätzlich zu dem bereits existierenden Bachelorstudiengang einen Masterstudiengang einrichtet, der in besonderem Maße zu wissenschaftlicher Arbeit und Methodik befähigen sowie theoretisch-analytische Fähigkeiten vermitteln soll. Angesichts dieser für die Kammer nachvollziehbaren und überzeugenden Begründungen und Abwägungen der Universität sind die nachteiligen Auswirkungen auf die Zulassungszahlen der Vorklinik kapazitätsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Hochschule konnte im Rahmen ihres Ermessens der Einrichtung eines zukunftsträchtigen Aufbaustudienganges größeres Gewicht beimessen, als der Beibehaltung von Studienplätzen in der Vorklinik des Studiengangs Humanmedizin. Insoweit fällt auch ins Gewicht, dass die Universität ersichtlich bemüht ist, die Beeinträchtigung der Kapazität in der Vorklinik möglichst gering zu halten, wie die Begrenzung des Curricularanteils auf den für die Medizin (Vorklinik) maßgeblichen Wert von 1,4331 im Bachelorstudiengang sowie die Verwendung einer kleinen Anteilquote im nicht beschränkten Masterstudiengang (7 Studienanfänger) zeigen. In diesem Zusammenhang fällt auch ins Gewicht, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) in den zurückliegenden Jahren erheblich ausgebaut hat. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Festsetzungen gebilligt (B.v. 30.6.2015, 7 CE 15.10102).
Nach Formel 5 der Anlage 5 zu § 43 HZV ergibt sich damit eine jährliche Aufnahmekapazität des Studiengangs vorklinische Humanmedizin von 330,36 Studienplätzen.
Der nach den statistischen Erfassungen und Berechnungen auftretende Schwund ist gemäß §§ 51 Abs. 3 Nr. 3, 53 HZV zu berücksichtigen und die Studienanfängerzahl zu erhöhen, wenn zu erwarten ist, dass wegen Aufgabe des Studiums, Fachwechsels oder Hochschulwechsels die Zahl der Abgänge an Studenten in höheren Fachsemestern größer ist als die Zahl der Zugänge (Schwundquote).
Der Antragsgegner hat in den zurückliegenden Studienjahren zur rechnerischen Ermittlung der zu erwartenden Schwundquote jeweils das von der Rechtsprechung allgemein akzeptierte „Hamburger Verfahren“ angewandt und aufgrund der auf den fortlaufenden Erhebungen des Statistischen Landesamtes beruhenden Tabellen einen Schwundausgleichsfaktor für die Vorklinik angesetzt. Für das streitgegenständliche Studienjahr hat die Universität demgegenüber letztmalig einen Schwundfaktor von 0,9542 als Mittelwert der Schwundfaktoren der Jahre 2008 bis 2011 für die Berechnung zugrunde gelegt. Diese (kapazitätsbegünstigende) Vorgehensweise entspricht der Auffassung des Gerichts und beruht auf folgenden Überlegungen: Grundsätzlich kann zwar davon ausgegangen werden, dass das „H. Modell“ gewisse Zufälligkeiten ausgleicht, so dass aus der bisherigen Entwicklung der Studierendenzahlen Rückschlüsse auf künftige tatsächliche Abläufe möglich sind und auch geringfügige schwundfremde Faktoren vernachlässigt werden können. Signifikante und völlig atypische Studierendenbewegungen von Gewicht können aber nicht außer Betracht gelassen werden, wenn damit zu rechnen ist, dass sie sich in Zukunft wiederholen, weshalb statistischen Auffälligkeiten nachzugehen ist. Die statistischen Erhebungen über die Zahl der Studierenden in der Humanmedizin (Vorklinik) verzeichnen in den höheren Fachsemestern des WS 2015/2016 einen Anstieg der Studierendenzahlen, der überwiegend auf die Erhöhung der Ausbildungskapazität aufgrund des Beschlusses der Kammer vom 28. Dezember 2012 (AN 2 E 12.10162) zurückzuführen ist. Dabei handelt es sich aber ersichtlich um eine atypische Entwicklung, die außer Betracht zu bleiben hat, weil sie ansonsten zu einer verfälschten Schwundprognose führen würde.
Wenn man den oben genannten Durchschnittswert als sachgerecht zugrunde legt, errechnen sich mithin 346 Anfängerplätze (330,36 : 0,9452 gerundet), die auf das WS 2015/2016 und das SS 2016 aufzuteilen sind, so dass auf beide Semester jeweils 173 Studienplätze entfallen.
Nachdem somit eine ungenutzte Kapazität im Fach Humanmedizin (Vorklinik) nicht glaubhaft gemacht ist, war der Antrag mit der auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO beruhenden Kostenfolge abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf §§ 53 Abs. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht erachtet im Eilverfahren die Hälfte des Regelstreitwerts für angemessen. Eine weitere Reduzierung des Streitwerts ist auch dann nicht angezeigt, wenn die vorläufige Zulassung zum Studium lediglich nach Maßgabe eines Losverfahrens beantragt wird, weil im Grunde die Zulassung zum Studium und die Zuteilung eines entsprechenden Studienplatzes begehrt wird.


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