Verwaltungsrecht

Zulassungsantrag, Bescheid, Versorgung, Beweisantrag, Darlegungsanforderungen, Erlaubnis, Zulassungsgrund, Zulassungsvorbringen, Gutachten, Wasserentnahme, Ablehnung, Drittanfechtungsklage, Landratsamt, Divergenz, wasserrechtliche Erlaubnis, ernstliche Zweifel, keinen Erfolg

Aktenzeichen  8 ZB 21.3254

Datum:
25.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 10662
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 8 K 18.1397 2021-10-25 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilte beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zum Entnehmen von Wasser aus der Donau.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2018 erteilte das Landratsamt K. der Beigeladenen bis 18. Juli 2023 die beschränkte wasserrechtliche Erlaubnis zum Entnehmen von Wasser aus der Donau zur Bewässerung landwirtschaftlich genutzter Flächen (Versorgung bzw. Angießen gepflanzter Erdbeeren) mit einer maximalen Entnahmemenge im Zeitraum von März bis August von 2.400 m3/Monat und 14.400 m3/Jahr. Die Erlaubnis wurde mit verschiedenen Inhalts- und Nebenbestimmungen erlassen, u.a. zum Schutz von Belangen der Fischerei (vgl. Nr. 3.5 des Bescheids).
Der Kläger ist Berufsfischer und Fischereiberechtigter im Bereich der Entnahmestelle des Wassers auf Grundstücken FlNr. 1228 bzw. 1230 Gemarkung Eining. Er befürchtet infolge der Wasserentnahme eine Schädigung des Fischbestands in der Donau.
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die Drittanfechtungsklage des Klägers gegen den Bescheid vom 18. Juli 2018 mit Urteil vom 25. Oktober 2021 abgewiesen. Die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Erlaubnis führe ausweislich der gutachterlichen Äußerungen der Fachberatung für Fischerei und des Wasserwirtschaftsamts zu keinem schweren und unerträglichen Eingriff in das Fischereirecht des Klägers oder eine Betroffenheit in dessen Substanz. Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zum Beweis der Tatsache, dass die Wasserentnahme quantifizierbare Auswirkungen auf den Fischbestand nach sich ziehe, hat es im Hinblick auf die Notwendigkeit eines substanziellen Eingriffs als unbehelflich abgelehnt; mangels konkreten Vortrags handle es sich zudem um einen Ausforschungsbeweisantrag.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, der sich auf sämtliche Berufungszulassungsgründe stützt, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
Die Beigeladene tritt dem Zulassungsantrag entgegen.
II.
A. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger stellt keinen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Urteils durch schlüssige Gegenargumente infrage (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16). Solche sind nicht erst dann gegeben, wenn der Erfolg des Antrags auf Zulassung der Berufung wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (BVerfG, B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – RdL 2021, 58 = juris Rn. 22). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen (BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 40; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
Das Verwaltungsgericht ist ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, die der Beigeladenen erteilte beschränkte Erlaubnis zur Entnahme von Wasser verletze den Kläger nicht in seinen rechtlich geschützten Interessen als Fischereiberechtigter.
a) Der Zulassungsantrag greift die Maßstäbe, die das Erstgericht bei der Prüfung einer Verletzung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots angewandt hat (vgl. UA S. 9), nicht an. Diese stehen auch im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Senats. Das Fischereirecht ist an die konkrete Situation des Gewässers, in dem es ausgeübt wird, und an die dort vorherrschenden Bedingungen und Verhältnisse gebunden. Inhaltlich ist es darauf begrenzt, was der jeweilige Zustand des Gewässers an fischereilicher Nutzung ermöglicht. Gegenüber wasserwirtschaftlichen Veränderungen gewährt das Fischereirecht deshalb nur einen beschränkten Schutz; es schützt nur vor solchen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, die einen schweren und unerträglichen Eingriff darstellen oder die Fischereirechte in ihrer Substanz treffen (stRspr, vgl. etwa BayVGH, U.v. 8.10.2019 – 8 B 18.809 – juris Rn. 46; B.v. 9.3.2011 – 8 ZB 10.165 – BayVBl 2011, 728 = juris Rn. 12, jeweils m.w.N.).
b) Ausgehend von diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht eine schwere bzw. substanzielle Betroffenheit des Fischereirechts des Klägers verneint. Dabei hat es sich auf die amtlichen Auskünfte und Gutachten des Wasserwirtschaftsamts und der Fischereifachberatung des Bezirks gestützt, denen regelmäßig eine besondere Bedeutung zukommt und auf die sich ein Tatsachengericht grundsätzlich ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht stützen kann (vgl. BayVGH, U.v. 8.10.2019 – 8 B 18.809 – juris Rn. 51; nachgehend BVerwG, B.v. 16.12.2020 – 3 B 45.19 – juris Rn. 8 ff.). Der Zulassungsantrag setzt sich damit nicht auseinander, sondern behauptet, ein substanzieller Eingriff in das Fischereirecht des Klägers könne bei ausreichend intensiver Sachverhaltsermittlung mittels Gutachtens nicht ausgeschlossen werden, was zu einer stattgebenden Entscheidung führen müsse (vgl. Schriftsatz vom 25.1.2022 S. 3). Damit werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils nicht dargetan.
2. Der Zulassungsantrag zeigt auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
Der Kläger behauptet ohne nähere Begründung, die Auswirkungen der zugelassenen Wasserentnahme erscheine „nicht alltäglich prägend“ und die hieraus resultierende Rechtslage sei „nicht unkomplex“. Damit wird den Darlegungsanforderungen aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO nicht entsprochen (vgl. hierzu Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2021, § 124a VwGO Rn. 101; Kuhlmann in Wysk, VwGO, 3. Aufl. 2020, § 124a Rn. 49 f.). Diesem Zulassungsvorbringen lässt sich das erforderliche Mindestmaß an Substanziierung (vgl. BVerfG, B.v. 8.3.2001 – 1 BvR 1653/99 – NVwZ 2001, 552 = juris Rn. 19) nicht entnehmen.
3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung bedarf (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 = juris Rn. 33; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 20). Dies zeigt der Zulassungsantrag nicht auf.
Die vom Kläger angeführte Rechtsfrage,
„ob eine Wasserentnahme, wie sie mit der hier streitgegenständlichen Erlaubnis zugelassen wird, ein Fischereirecht wie das des Klägers und Antragstellers in seiner Substanz betrifft, auch wenn Ähnliches bereits zur Frage anderweitiger Gewässerbenutzung entschieden worden sein mag“,
betrifft in der Sache die einzelfallbezogene Anwendung des wasserrechtlichen Rücksichtnahmegebots, das eine Abwägung der widerstreitenden Belange der jeweils konkurrierenden Gewässerbenutzer erfordert (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2021 – 8 ZB 21.1100 – juris Rn. 12 m.w.N.); sie lässt sich fallübergreifend weder bejahen noch verneinen und ist damit einer allgemein gültigen Klärung in einem Berufungsverfahren nicht zugänglich (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2019 – 3 B 15.18 – juris Rn. 17).
4. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargetan.
Dieser Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn der Rechtsmittelführer einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem von einem anderen in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gericht aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz ausdrücklich oder konkludent widersprochen hat (stRspr, vgl. nur BVerwG, B.v. 31.7.2020 – 3 B 4.20 – NJW 2020, 3401 = juris Rn. 25 zu § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die divergierenden Rechtssätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss darauf bezogen konkret herausgearbeitet werden (vgl. BVerwG, B.v. 10.2.2022 – 8 B 3.22 – juris Rn. 5).
Diesen Anforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Der Kläger hat keinen divergierenden Rechtssatz des Ersturteils herausgearbeitet bzw. einem solchen einen abstrakten Rechtssatz eines divergenzfähigen Gerichts gegenübergestellt. Vielmehr wendet er ein, das angefochtene Urteil habe den Belang der Fischerei nicht ausreichend mit dem Gewicht, das ihm nach der höchstrichterlichen Judikatur (BVerwG, B.v. 28.7.2004 – 7 B 61.04 – DVBl 2004, 1561 = juris Rn. 10 ff.) zukommen müsse, gewürdigt. Damit rügt der Kläger eine vermeintlich fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen, was den Darlegungsanforderungen einer Divergenzrüge nicht genügt (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2019 – 8 B 1.19 – ZOV 2019, 87 = juris Rn. 5).
5. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), zuzulassen.
Die Ablehnung des vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten förmlichen Beweisantrags (vgl. § 86 Abs. 2 VwGO) leidet nicht an den geltend gemachten Verfahrensmängeln. Sie verletzt den Kläger weder in dessen Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 91 Abs. 1 BV) noch die Aufklärungspflicht des Ausgangsgerichts (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO). Gegen diese Gewährleistungen verstößt die Ablehnung eines förmlichen (unbedingt gestellten) Beweisantrags, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, B.v. 1.8.2017 – 2 BvR 3068/14 – NJW 2017, 3218 = juris Rn. 48; BVerwG, U.v. 26.10.2021 – 8 C 34.20 – NVwZ 2022, 244 = juris Rn. 13). Ein solcher Verfahrensfehler lässt sich dem Zulassungsantrag nicht entnehmen.
a) Das Verwaltungsgericht hat die unter Beweis gestellte Tatsache, dass die erlaubte Wasserentnahme quantifizierbare Auswirkungen auf den Fischbestand hat, als „unbehelflich“, d.h. nicht entscheidungsrelevant beurteilt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Gerichte sind nicht gehalten, Tatsachen aufzuklären, die sie für die Entscheidung als unerheblich erachten (vgl. BVerwG, B.v. 20.8.2012 – 3 PKH 2.12 – ZOV 2012, 366 = juris Rn. 6; B.v. 11.1.2006 – 7 B 84.05 – ZOV 2006, 176 = juris Rn. 8).
b) Dem Zulassungsvorbringen, quantifizierbare Auswirkungen könnten auch zu einem substanziellen Eingriff in das Fischereirecht führen, hat das Verwaltungsgericht durch eine hilfsweise Auslegung des Beweisantrags Rechnung getragen. Die prozessrechtliche Tragfähigkeit der Ablehnung des so verstandenen Antrags als unzulässiges Ausforschungs- bzw. Beweisermittlungsbegehren stellt der Kläger nicht infrage.
Die nicht belegte Behauptung, das Sachverständigengutachten hätte ergeben, in welcher Intensität mit Substanz in das Fischereirecht eingegriffen werde, ist hinsichtlich der Antizipation, das Gutachten werde den Nachweis einer substanziellen Verletzung erbringen, spekulativ. Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substanziierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich u.a. nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2019 – 1 B 43.19 – BayVBl 2020, 201 = juris Rn. 55). Vorliegend lagen dem Verwaltungsgericht bereits gutachterliche Stellungnahmen der Fachberatung für Fischerei und des Wasserwirtschaftsamts vor, wonach die Auswirkungen auf den Fischbestand als „marginal“ bzw. „sehr sehr gering“ einzustufen seien (vgl. Sitzungsprotokoll des VG S. 4). In dieser konkreten prozessualen Situation durfte das Ausgangsgericht vom Kläger eine (weitere) Substanziierung der zu beweisende Tatsache verlangen. Das Verwaltungsgericht hätte in dieser Prozesssituation die Ablehnung der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens auch darauf stützen können – wie in der Urteilsbegründung erfolgt (vgl. UA S. 11) -, dass der Kläger die im Verfahren eingeholten gutachterlichen Aussagen nicht ernsthaft erschüttert hat (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2020 – 7 BN 3.19 – NJW 2020, 3672 = juris Rn. 5 ff.; vorgehend BayVGH, U.v. 28.8.2019 – 8 N 17.523 – W+B 2019, 244 = juris Rn. 98 ff.).
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO (zur Nichterstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen im Zulassungsverfahren vgl. BayVGH, B.v. 6.10.2017 – 8 ZB 15.2664 – ZfB 2018, 33 = juris Rn. 24).
C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Erstgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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