Verwaltungsrecht

Zwangsgeld wegen Wohnungszweckentfremdung

Aktenzeichen  M 9 S 18.1201

Datum:
14.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 20370
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG Art. 1
VwZVG Art. 18, Art. 19, Art. 31, Art. 36
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Eine Fälligkeitsmitteilung ist kein Verwaltungsakt. Die Anfechtungsklage und ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hiergegen sind deshalb unstatthaft. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf EUR 7.500,- festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Fälligkeitsmitteilung in Höhe von
7.500,- EUR wegen Nichterfüllung der Verpflichtung aus der Nutzungsuntersagung in Nr. 1 des Bescheids vom 28. September 2017 und die erneute Zwangsgeldandrohung in Höhe von 15.000,- EUR für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung binnen vier Wochen, Schreiben und Bescheid der Antragsgegnerin vom 5. Februar 2018.
Die Antragstellerin hat die verfahrensgegenständliche Wohnung in der …straße …, 6. OG rechts, mit Mietvertrag vom 1. April 2017 zu Wohnzwecken von den Eigentümern angemietet. Ausweislich des Mietvertrags ist die Untervermietung für jeweils sechs, in Ausnahmefällen für drei Monate gestattet. Der Mietvertrag wurde von den Eigentümern und deren Bevollmächtigten am 14./15. März 2018 gekündigt, da die Antragstellerin zwei Monatsmieten nicht bezahlt hatte (Bl. 130, 149 Behördenakte); Räumungsklage wurde erhoben (Bl. 171 Behördenakte).
Ausweislich der Akten hat die Antragstellerin diese Wohnung nicht selbst bewohnt, sondern möbliert untervermietet. Auf der Grundlage der Erkenntnisse aus entsprechenden Portalen sowie von Ortsermittlungen am 8. Juni 2017, 11. August 2017 und 20. September 2017 wurde der Antragstellerin mit Bescheid vom 28. September 2017 aufgegeben, die Nutzung der Wohnung zum Zwecke der Fremdenbeherbergung unverzüglich zu beenden (Nr. 1). Ein Zwangsgeld in Höhe von 7.500,- EUR wurde für den Fall, dass die Antragstellerin der Anordnung in Nr. 1 des Bescheids nicht innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Folge leistet, angedroht (Nr. 3). Der Sofortvollzug wurde angeordnet (Nr. 5). Die dagegen erhobene Klage vom 9. November 2017 (M 9 K 17.5295) ist verfristet. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 15. Dezember 2017 (M 9 S 17.5296), bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. Februar 2018 (12 CS 18.385) wurde der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wegen Verfristung als unzulässig abgelehnt. Ausweislich des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs wurde das Datum des Originalumschlags manipuliert, so dass kein Anlass bestand, dem im Klageverfahren gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist nachzugehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Entscheidungen Bezug genommen.
Bei Ortseinsichten am 21. November 2017 und am 25. Januar 2018 wurde durch die Antragsgegnerin festgestellt, dass die verfahrensgegenständliche Wohnung weiterhin zu Fremdenverkehrszwecken an Touristen vermietet wurde, die sich zur medizinischen Behandlung bzw. als Begleitpersonen mit entsprechenden kurzfristigen Aufenthaltstiteln im Bundesgebiet aufhielten und für die Wohnung 5.400,- EUR monatlich (Ortseinsicht vom 21.11.2017, 3 Erwachsene aus den Vereinigten Emiraten) bzw. 170,- EUR täglich (3 Erwachsene aus Kuwait, Ortsermittlung vom 25.1.2018) bezahlten.
Mit Fälligkeitsmitteilung/Bescheid vom 5. Februar 2018 wurde das mit Bescheid vom 28. September 2017 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 7.500,- EUR wegen Nichterfüllung der Verpflichtung, die Nutzung zu Fremdenverkehrszwecken zu unterlassen, für fällig erklärt und ein erneutes Zwangsgeld in Höhe von 15.000,- EUR für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung binnen einer Frist von vier Wochen angedroht. Nach dem Ergebnis der Ortsermittlungen sei die Antragstellerin ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen und setze fortdauernd die zweckfremde Nutzung fort. Die Höhe des weiteren angedrohten Zwangsgelds sei im Hinblick auf die wirtschaftlichen Vorteile einer fortdauernden zweckfremden Nutzung verhältnismäßig und angemessen. Auf die Möglichkeit der Ersatzzwangshaft, Art. 33 VwZVG wurde hingewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 12. März 2018 erhob der Bevollmächtigte der Antragstellerin Klage (M 9 K 18.1199) und beantragte mit Schriftsatz vom selben Tage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 5. Februar 2018 anzuordnen.
Die Antragstellerin habe seit dem 9. April 2017 einen Untermietvertrag mit Herrn Y. H. E. A. …; es handle sich um das bereits im Grundbescheid erwähnte ursprüngliche Mietverhältnis, jedoch ohne den Namenszusatz „… …“, der auch im neu ausgestellten Reisepass dieses Mieters gestrichen worden sei. Die neue Anmeldebestätigung vom 12. März 2018 sei beigefügt, wonach mit Einzugsdatum vom 13. April 2017 es sich hier um die einzige Wohnung handle. Ebenfalls dort gemeldet sei die Ehefrau M. D. M. S. …; dies werde durch die beigefügte Bescheinigung der Landeshauptstadt vom 7. März 2018 bestätigt, wobei der Name „…“ falsch wiedergegeben sei. Ebenfalls bereits vorgelegt worden sei ein Mietvertrag mit F. S. M. …; es handle sich um den Bruder von Frau … Die männliche Person, die am 25. Januar 2018 bei der Ortsermittlung angetroffen wurde, sei ein Freund des Bruders von Herrn …, der sich lediglich zu Besuch aufgehalten habe. Dieser Herr Ibrahimi lasse ausrichten, dass die bei dem Ortstermin festgestellte Quittung über 170,- EUR nicht die Wohnung, sondern einen Mietwagen betroffen habe. Es handle sich um die einzige Wohnung der Untermieter. Das Mietverhältnis sei bis 1. September 2018 verlängert worden und solle weiterhin für die nächsten Jahre verlängert werden. Das Nutzungskonzept sei deshalb dauerhaftes Wohnen.
Die Antragsgegnerin beantragte am 26. April 2018:
Antragsablehnung.
Auf die Personendetails in den Akten, Blatt 88 bis Blatt 94 der Behördenakte, werde hingewiesen.
Ausweislich der Behördenakten haben die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin genannten Personen kein Daueraufenthaltsrecht im Bundesgebiet, sondern sind lediglich im Besitz einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG zum befristeten Aufenthalt aus humanitären/persönlichen Gründen, einem Visum zu kurzfristigem Aufenthalt bzw. einer Duldung.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem und in den Verfahren
M 9 K 18.1199, M 9 K 17.5295, M 9 S 17.5296, M 9 S 18.2157 und M 9 K 18.2156 sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Im Hinblick auf die Fälligkeitsmitteilung ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig. Gegen die Fälligkeitsmitteilung ist nur die allgemeine Feststellungsklage statthaft, § 43 Abs. 1 VwGO (u.a. VG München, U.v. 18.10.2017, M 9 K 17.1104) mit der Folge, dass wegen Unzulässigkeit der Anfechtungsklage auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig ist. Die Fälligkeitsmitteilung ist kein Verwaltungsakt.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 12. März 2018 (M 9 K 18.1199) gegen die Androhung eines weiteren Zwangsgelds ist zulässig, hat jedoch keinen Erfolg. Gegen Nr. 2 des Bescheids vom 5. Februar 2018 bestehen nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen Prüfung keine rechtlichen Bedenken.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage wiederherstellen. Dabei trifft das Gericht eine eigene originäre Ermessensentscheidung unter Abwägung der betroffenen Interessen. Sie erfolgt insbesondere über eine summarische Beurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache.
Im vorliegenden Fall bestehen in der Hauptsache nach summarischer Prüfung keinerlei Erfolgsaussichten. Die Klage ist mit hinreichender Sicherheit unbegründet, da die erneute Zwangsgeldandrohung im Bescheid vom 5. Februar 2018 rechtmäßig ist und die Antragstellerin daher nicht in ihren Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen, Art. 18 f. VwZVG liegen vor. Die Grundverfügung im Bescheid vom 28. September 2017 ist auf eine Nutzungsuntersagung und damit auf ein Unterlassen gerichtet, Art. 18 Abs. 1 VwZVG. Die sofortige Vollziehung ergibt sich aus Art. 3 Abs. 3 Zweckentfremdungsgesetz (ZwEWG). Der Grundbescheid ist darüber hinaus bestandskräftig, da die Klagefrist nicht gewahrt wurde (BayVGH vom 26.2.2018 – 12 CS 18.385); Wiedereinsetzungsgründe sind insbesondere im Hinblick darauf, dass das Datum im Zustellungsnachweis offensichtlich manipuliert wurde, nicht erkennbar. Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwZVG sind erfüllt.
Die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, Art. 31, 36 VwZVG liegen ebenfalls vor. Das Zwangsgeld wurde in bestimmter Höhe angedroht, Art. 36 Abs. 5 VwZVG und der Betrag hält den Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG ein. Mit der erneuten Androhung wurde zugewartet, bis feststand, dass die vorausgegangene Androhung erfolglos geblieben war, Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG. Erfolglos bedeutet, dass die Behörde abzuwarten hat, dass das zunächst angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.6.2016 – 12 ZB 16.874). Dies ist dann der Fall, wenn der Grundanordnung, hier der Nutzungsuntersagung, wie vorliegend nicht fristgerecht nachgekommen wurde.
Soweit der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorträgt, vorliegend habe seit April 2017 als Nutzungskonzept dauerhaftes Wohnen vorgelegen und liege weiterhin vor, trifft dies nicht zu. Die von ihm als Dauermieter genannten Personen sind nicht im Besitz eines Daueraufenthaltsrechts im Bundesgebiet. Die Ergebnisse der Ortsermittlungen vom 21. November 2017 und vom 25. Januar 2018 bestätigen, dass sich die Betreffenden lediglich mit einem zur Krankenbehandlung bzw. als Begleitperson gültigen Aufenthaltstitel und einem in Frankreich ausgestellten Kurzzeitvisum mit jeweils mehreren Personen in der Wohnung aufgehalten haben. Die Einlassung des Bevollmächtigten, es handle sich um Dauermieter und deren Freunde widerspricht den Aufenthaltstiteln und den eigenen Angaben der angetroffenen Personen; die Angaben sind unschlüssig und als Schutzbehauptungen zu werten. Der Vortrag des Bevollmächtigten, die Vertreter der Antragsgegnerin hätten eine Mietquittung mit der Quittung für einen Leihwagen verwechselt, ist ähnlich wie die Behauptungen der Antragstellerin gegenüber den Mitarbeitern der Antragsgegnerin, sie verstehe z.B. kein Deutsch oder putze hier nur, allenfalls phantasievoll. Insgesamt widerspricht der gesamte Vortrag dem detaillierten, datierten und unterschriebenen Ermittlungsbericht, der direkt nach der Befragung der Bewohner erstellt wurde und die Inhalte und Umstände des Gesprächs darstellt. Diese Form der Dokumentation und Sicherung der Ermittlungsergebnisse entspricht den Anforderungen nach ständiger Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 12.7.2018 – 12 ZB 18.1213). Nach alledem ist nach dem Vortrag der Beteiligten und nach Aktenlage die Antragstellerin der Grundanordnung nicht fristgerecht nachgekommen und die vorausgegangene Androhung im Grundbescheid erfolglos geblieben.
Die Höhe des Zwangsgelds entspricht dem wirtschaftlichen Interesse der Antragstellerin, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Die Verdoppelung des Betrags entspricht der ständigen Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin und ist angemessen. Die wiederholte Anwendung erlaubt Art. 37 Abs. 1 Satz 2 VwZVG.
Der Antrag war mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzulehnen. Streitwert: § 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GKG i.V.m. Streitwertkatalog.


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