Verwaltungsrecht

Zweitbescheid nach SchfHwG – Annexkompetenz

Aktenzeichen  RN 5 K 18.1209

Datum:
22.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7822
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchfHwG § 14b, § 25 Abs. 2
BayVwVfG Art. 3, Art. 28 Abs. 1
KG Art. 2 Abs. 1 S. 1
ZPO §§ 708 ff.
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4
RDGEG § 3, § 5
GKG § 39 Abs. 1, § 52 Abs. 2

 

Leitsatz

Die Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung von Kehrarbeiten nach § 25 Abs. 2 SchfHwG – Zweitbescheid – erfasst als  Annexkompetenz auch die Befugnis, sich die durchgeführten Arbeiten nachweisen zu lassen. (Rn. 30 und 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Gerichtsbescheid ist bezüglich der Kostenentscheidung in Ziffer II vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die Entscheidung mittels Gerichtsbescheid gem. § 84 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf, der Sachverhalt ist geklärt. Die Parteien wurden mittels Schreiben vom 03.04.2019 auf die mögliche Entscheidung mittels Gerichtsbescheid hingewiesen und hatten die Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen.
II.
Die Klage auf Aufhebung des Bescheides des Landratsamtes vom 04.07.2018 ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Landratsamtes … vom 04.07.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere ist der Kläger als Adressat eines belastenden Bescheides gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt.
2. Die Klage ist nicht begründet.
a) Der Bescheid ist in Ziffer 1) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
aa) (1) Das Landratsamt … ist gem. § 25 Abs. 2 des Gesetzes über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk (SchfHwG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zur Regelung der Zuständigkeiten im Schornsteinfegerwesen (ZustVSchfw) sachlich und gem. Art. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) örtlich zuständig.
(2) Der Kläger wurde mit Schreiben vom 05.06.2018 zum beabsichtigten Erlass des Zweitbescheides angehört, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG.
bb) (1) Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung und den Nachweis der Kehrarbeiten beim Landratsamt ist § 25 Abs. 2 SchfHwG. Dieser regelt, dass die zuständige Behörde in einem Zweitbescheid gegenüber dem Eigentümer festsetzt, welche Reinigungen und Überprüfungen nach den Rechtsverordnungen nach § 1 Abs. 1 S. 2 und 3 SchfHwG oder wiederkehrenden Messungen nach § 15 der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen innerhalb welchen Zeitraums durchzuführen sind. Bei diesem Zweitbescheid handelt es sich um eine Ordnungsverfügung, die der Gefahrenabwehr dient.
Dies umfasst im Rahmen einer Annexkompetenz auch die Befugnis des Landratsamtes, sich die durchgeführten Arbeiten nachweisen zu lassen. Grundsätzlich ist gem. § 4 Abs. 1, Abs. 2 SchfHwG der Eigentümer verpflichtet, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger die Durchführung der Kehrarbeiten anzuzeigen. Als Folge des Zweitbescheides wird die mögliche Ersatzvornahme durch das Landratsamt durchgeführt. Um eine effektive Gefahrenabwehr und bei Nichtdurchführung eine schnelle Durchsetzung der Kehrpflichten zu erreichen, ist auch erforderlich, dass die Durchführung der Arbeiten dem Landratsamt nachgewiesen wird.
(2) Die Anordnungsvoraussetzungen für den Erlass des Zweitbescheides nach § 25 Abs. 2 SchfHwG sind gegeben. Nach § 25 Abs. 1 SchfHwG meldet der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger unverzüglich dem Landratsamt, wenn das Formblatt und die Bescheinigungen nicht innerhalb der in § 4 Abs. 3 SchfHwG genannten Frist zugegangen sind und die Durchführung der Arbeiten nicht auf andere Weise nachgewiesen wurde. Gem. § 25 Abs. 2 SchfHwG setzt dann das Landratsamt in einem Zweitbescheid gegenüber dem Eigentümer fest, welche Reinigungen, Überprüfungen oder wiederkehrende Messungen innerhalb welches Zeitraumes durchzuführen sind. Für den Fall der Nichtvornahme ist nach § 25 Abs. 3 SchfHwG die Ersatzvornahme anzudrohen.
(a) Der Kläger hat die im bestandskräftigen Feuerstättenbescheid vom 06.10.2014 in Ziffer 1, 5 und 6 angeordneten Kehr- und Überprüfungsarbeiten im Zeitraum 01.01. bis 31.03.2018 nicht durchgeführt und weder in einem Formblatt noch auf sonstige Weise nachgewiesen.
Der Kläger trägt zwar vor, dass er die Arbeiten am 09.03.2018 habe durchführen lassen und dies auch dem Landratsamt angezeigt habe. Bei diesen angezeigten Arbeiten handelt es sich jedoch um die Arbeiten nach Ziffer 1, 5 und 6 des Feuerstättenbescheides aus dem Zeitraum 01.10. bis 31.12.2017. Der Kläger hatte die in diesem Zeitraum anstehenden Arbeiten ausweislich der Meldung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegermeisters an das Landratsamt am 31.01.2018 nicht durchführen lassen. Mit Schreiben vom 07.02.2018 wurde der Kläger auf die Nichtdurchführung der Arbeiten hingewiesen und ihm bis 19.02.2018 eine Frist zur Äußerung und gegebenenfalls Vorlage des Nachweis für die Arbeiten für den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2017 gesetzt. Ferner teilte der bevollmächtigte Bezirkskaminkehrermeister mit Schreiben vom 14.03.2018 mit, dass in zwei Wochen die nächste Frist ablaufe.
(b) Der erlassene Zweitbescheid war auch mit Hinblick auf die gesetzte Nachfrist bis 18.07.2018 und dem Zeitpunkt Erlass des Zweitbescheides ermessensfehlerfrei. Dabei bleibt der Behörde ein Ermessensspielraum nur bezüglich des Zeitpunkts, in dem sie den Zweitbescheid erlässt sowie für die für die Durchführung der ausstehenden Arbeiten zu setzende Nachfrist (BayVGH, Beschluss vom 19.10.2016 – 22 ZB 16.1914 – juris, Rn. 13 f.). Der Kläger hat keine Einwände diesbezüglich erhoben. Insbesondere hat das Landratsamt dem Kläger mit Anhörungsschreiben vom 05.06.2018 eine weitere, gesetzlich nicht vorgesehene Möglichkeit zur Veranlassung der Arbeiten gegeben, ohne unmittelbar den Bescheid zu erlassen.
(3) Die Androhung der Ersatzvornahme gem. § 25 Abs. 2 S. 2 SchfHwG erfolgte ebenfalls ordnungsgemäß. Nach dem Wortlaut „ist“ die Ersatzvornahme bei Erlass des Zweitbescheides anzudrohen, die Behörde hat demnach kein Ermessen diesbezüglich.
c) Die Kostenentscheidung in Ziffer 3 des Bescheides ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Als Veranlasser hat der Kläger gem. Art. 2 Abs. 1 S. 1 Kostengesetz (KG) die Kosten des Verwaltungsverfahrens zu tragen.
d) Die Gebührenfestlegung von 100 EUR in Ziffer 4 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 KG in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis zum KG. Für den Erlass eines Zweitbescheides nach § 25 Abs. 2 SchfHwG sieht Tarif Nr. 2.IV.8/8 einen Kostenrahmen von 30 bis 80 EUR vor, bei Verbindung mit der Androhung einer Ersatzvornahme erhöht sich die Gebühr nach Tarif-Nr. 1.I.8/1 um 12,50 bis 150,00 EUR, sodass insgesamt einen Kostenrahmen von 42,50 bis 230,00 EUR anzunehmen ist. Die festgesetzte Kostenhöhe befindet sich mit 100,00 EUR innerhalb dieses Kostenrahmens. Bei Orientierung am richtigen Kostenrahmen ist die Gebühr ermessensgerecht. Das Landratsamt hat sich bei der Bestimmung der Kostenhöhe nach Art. 6 Abs. 2 KG am konkreten Verwaltungsaufwand und der Bedeutung für den Kläger orientiert.
III.
Die Klage ist im Übrigen zulässig, aber unbegründet, soweit der Kläger die Aufhebung der Kostenrechnung begehrt. Nach Auslegung des Klageantrages richtet sich dieser auf die Feststellung, dass die Kostenrechnung rechtswidrig ist. Eine Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist in diesem Fall nicht statthaft. Es handelt sich bei dieser Kostenrechnung nicht um einen Verwaltungsakt gem. Art. 35 BayVwVfG. Dieser fehlt es bereits an einer Regelungswirkung. Sie ist nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf eine unmittelbare, für den Kläger verbindliche Festlegung von Rechten und Pflichten gerichtet. Die Zahlungsverpflichtung des Klägers wurde in der Kostenentscheidung festgestellt. Die dem Bescheid beigefügte Kostenrechnung dient nur der Wiederholung der Zahlungspflicht aus dem Bescheid.
Das Feststellungsinteresse des Klägers gem. § 43 Abs. 2 VwGO ist zu bejahen. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse daran, dass die Rechtswidrigkeit der Kostenrechnung festgestellt wird. Diese erzeugt als Zahlungsaufforderung einen Rechtsschein.
Allerdings ist die Kostenrechnung rechtmäßig, und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
IV.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.


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