Zivil- und Zivilprozessrecht

Betreuungsverbot von Hunden aufgrund Risikoeinschätzung

Aktenzeichen  B 1 K 19.879

Datum:
8.10.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 45633
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 u 3, Art. 18 Abs. 2, Art. 37 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Nach Abtrennung des hiesigen Verfahrens und Einstellung des Verfahrens B 1 K 17.641, begehrt die Klägerin nunmehr noch die Aufhebung der Ziffern 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides vom 07.08.2017.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
a. Die erhobene Klage ist zulässig, insbesondere ist die Anfechtungsklage statthafte Klageart, da die sicherheitsrechtlichen Anordnungen weiterhin wirksam sind. Nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG bleibt ein Verwaltungsakt solange wirksam, bis er sich erledigt hat. Eine Erledigung ist dann anzunehmen, wenn ein Verwaltungsakt aufgrund nachträglicher Entwicklung seinen Regelungszweck nicht mehr erreichen kann (vgl. VG Würzburg, U.v. 6.5.2019 – W 8 K 18.1027 – juris Rn. 8, m.w.N.), d.h., wenn er seine tatsächliche oder rechtliche Grundlage verliert (vgl. Leisner-Egensperger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsgesetz, 2. Auflage 2019, § 43 Rn. 67, m.w.N.). Zwar plant die Klägerin zeitnah zu ihrem Ehemann nach Österreich zu ziehen, jedoch lebt sie bisher noch an zumindest drei Tagen in der Woche in K. und wickelt dort den Verkauf ihres Geschäftes ab. Selbst wenn die Klägerin nach Österreich verzieht, ist davon auszugehen, dass sie weiterhin regelmäßig nach K. zurückkehren wird, da ihre Eltern dort leben. Es ist hierbei nicht auszuschließen, dass sie zu solchen Besuchen auch Hunde mitbringen möchte. Daher hat sich das zumindest bayernweite Hundehaltung-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbot nicht erledigt.
b. Die Klage ist unbegründet, da die Verfügungen in den Ziffern 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheides rechtmäßig ergingen und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Gericht nimmt insoweit zunächst Bezug auf den Inhalt des streitgegenständlichen Bescheides (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend hierzu wird noch Folgendes ausgeführt:
Das Hundehaltungs-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbot für die Hunde „M.“ und „A.“ beruht auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 LStVG a.F. (entspricht Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG n.F.), da ein weiteres Halten bzw. Betreuen des Hundes „M.“ („A.“ ist bereits verstorben), dessen Negativattest durch Bescheid gegen den Ehemann der Klägerin vom 07.08.2017 sofort vollziehbar widerrufen wurde, eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Das Hundehaltungs-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbot für Hunde jeder Art basiert hingegen auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, da diese keine Anordnungen „zur Haltung“ (Art. 18 Abs. 2 LStVVG) sind. Hinsichtlich der Gefahrenlage gelten allerdings die Voraussetzungen für den Erlass einer Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG, wobei bei der Auswahl der zur Abwendung der konkreten Gefahr zur Verfügung stehenden Mittel festzustellen ist, dass eine Einzelfallmaßnahme nach Art. 18 Abs. 2 LStVG als milderes aber gleichermaßen geeignetes Mittel nicht ausreicht. Selbst die Missachtung von milderen Anordnungen wie Leinenzwang und Maulkorbzwang genügt für sich genommen noch nicht, um eine Haltungsuntersagung zu rechtfertigen. Sie ist aber jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn sich der Hundehalter bzw. Hundebesitzer dauerhaft und hartnäckig weigert, einer bestehenden Anordnung nachzukommen, wenn er also auch durch die wiederholte Androhung und Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern nicht zur Befolgung seiner Pflichten angehalten werden kann, sodass die Gefahren für Leben und Gesundheit von Passanten sowie für andere unterlegene Hunde fortdauern. In Abweichung von diesem Grundsatz kann es jedoch im Fall schwerster Verletzungen, die ein Hund verursacht hat, geboten sein, die sofortige Untersagung der Hundehaltung und Abgabe der Hunde zu verfügen, weil bereits ein einmaliger Vorfall ein derartiges Aggressionspotenzial und ein derartiges Risiko weiterer schwerer Verletzungen seitens des Hundes belegt hat, dass diesen Gefahren mit den zur Verfügung stehenden milderen Mitteln des Leinen- und Maulkorbzwangs oder der ausbruchsicheren Verwahrung nicht zuverlässig beizukommen ist. Darüber hinaus kann eine Haltungsuntersagung – als allein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr – gerechtfertigt sein, wenn der Halter für die Haltung von Hunden generell nicht geeignet ist (vgl. zum Ganzen Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz, Art. 18 Rn. 78 ff. m.w.N.).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die vollständige Untersagung zur Haltung, Wiederinbesitznahme und Betreuung von Hunden als rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig (Art. 8 LStVG) und ermessensgerecht (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat im angegriffenen Bescheid selbst erkannt und ausgeführt, dass es sich bei der Haltungsuntersagung um eine einschneidende Maßnahme handelt und diese damit begründet, dass eine verantwortungsbewusste Hundehaltung der Rottweiler-Rüden von Anfang an nicht stattgefunden habe, dass die Klägerin und deren Ehemann mit der Hundehaltung schlicht überfordert seien.
Im Urteil vom 08.10.2019 im Parallelverfahren betreffend den Ehemann der Klägerin (Az.: B 1 K 19.878), auf welches das Gericht Bezug nimmt, wurde Folgendes zum Hundehaltungs-, Wiederinbesitznahme- und Betreuungsverbot gegenüber dem Ehemann ausgeführt (vgl. S. 13 ff.):
„Bei Anlegung dieser Maßstäbe erweist sich die vollständige Untersagung der Haltung und Betreuung von Hunden als rechtmäßig, insbesondere als verhältnismäßig (Art. 8 LStVG) und ermessensgerecht (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat im angegriffenen Bescheid selbst erkannt und ausgeführt, dass es sich bei der Haltungsuntersagung um eine einschneidende Maßnahme handelt und diese damit begründet, dass eine verantwortungsbewusste Hundehaltung der Rottweiler-Rüden von Anfang an nicht stattgefunden habe und dass der Kläger in der Vergangenheit behördliche Anordnungen mehrfach bzw. beharrlich ignoriert habe. Die vorgelegten Akten stützen diese Annahme. In der hier vorliegenden Fallkonstellation erweist sich die Untersagung der Hundehaltung jedenfalls in der Zusammenschau der von den Hunden ausgehenden Gefahr (v.a. aufgrund des Beißvorfalls vom 27.05.2017) und der zugleich fehlenden Zuverlässigkeit und Einsichtsfähigkeit des Klägers als Halter als verhältnismäßig. Entsprechende Anhaltspunkte lassen sich bereits der ebenfalls vorgelegten Akte betreffend die Vorgängerhunde „E.” und „F.“ entnehmen. Bereits hier kam es zu diversen Beschwerden durch Nachbarn und sonstige Personen. Mit den damals ausgestellten Negativzeugnissen vom 09.12.2003 wurde jeweils ein Leinenzwang für öffentliche Straßen, Plätze und Wege angeordnet. Schon hier zeigte sich der Kläger uneinsichtig und forderte die Beklagte auf, diese Anordnungen aufzuheben, da beide Hunde auch ohne Leine jederzeit kontrollierbar seien. Dass es sich hierbei um eine Fehleischätzung handelte, zeigte nicht zuletzt der Vorfall vom 01.02.2008, bei dem die Rottweiler-Rüden die Reifen eines Streifenwagens der Polizei zerstört haben. Daraufhin wurden mit Schreiben der Beklagten vom 06.02.2008 Zwangsgelder in Höhe von jeweils 100,00 EUR fällig gestellt. Jedenfalls für den Hund „F.“ wurde dieses vom Kläger nicht bezahlt, sodass es mittels Gerichtsvollzieher am 03.01.2011 beigetrieben werden musste (Bl. 117 der Akte bezüglich der Hundehaltung von „E.” und „F.“). Die Unzuverlässigkeit und Uneinsichtigkeit des Klägers unterstreicht auch sein Verhalten gegenüber den Medien im Zusammenhang mit dem genannten Vorfall vom 01.02.2008. Soweit der Kläger gegenüber der Bild-Zeitung geäußert hat (Bl. 124 der Akte betreffend „E.” und „F.“), das ganze Dorf feiere seine Rottweiler und beim nächsten Besuch in der Kneipe bekämen sie eine extragroße Brotzeit spendiert, belegt dies, dass er die bereits von seinen damaligen Rottweilern ausgehende Gefährdung verharmlost hat und kein Problembewusstsein bezüglich der Attacke seiner Rottweiler hatte.
Nicht anders setzte sich die Haltung der Rottweiler-Rüden „M.“ und „A.“ fort. Im (zunächst befristeten) Negativzeugnis vom 03.02.2011 wurde angeordnet, dass der Kläger die Rottweiler außerhalb der Wohnung an der Leine zu führen oder ihnen einen Maulkorb anzulegen hat. Gleichwohl kam es in der Folgezeit zu Beschwerden wegen der frei umherlaufenden Hunde des Klägers (Bl. 27 ff. der Behördenakte). Da der Kläger nach Ablauf des befristeten Negativzeugnisses trotz entsprechender bestandskräftiger Anordnung nach Fristablauf kein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen vorgelegt hatte, musste mit Schreiben vom 14.02.2012 ein Zwangsgeld fällig gestellt werden. Entgegen den Anordnungen in den Bescheiden vom 11.09.2012 (unbefristete Negativzeugnisse), wonach der Kläger dafür Sorge zu tragen hatte, dass die Hunde das Halteranwesen nicht unkontrolliert verlassen, kam es am 10.03.2016 zu einem Ereignis, bei dem einer der Rottweiler-Rüden unter dem Zaun hindurch gelangen konnte, wobei er einen anderen Hund biss (vgl. die Ereignismeldung der PI K. vom 11.03.2017, Bl. 110 bis 112 der Behördenakte). Der Kläger bestreitet diesen Vorfall auch nicht, sondern weist lediglich darauf hin, dass der Rottweiler vom anderen Hund gebissen und provoziert worden ist. Dass dies jedoch unerheblich ist, hat die Beklagte bereits zutreffend ausgeführt (vgl. hierzu Schenk a.a.O., Art. 18 Rn. 55 m.w.N.). Trotz der in der Vergangenheit bereits stattgefundenen (Beiß -)Vorfälle hat der Kläger auch am Tag des für den hiesigen Bescheid anlassgebenden Vorfalls nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt und nicht alles Erforderliche dafür getan, dass die Hunde vom Grundstück nicht entweichen können. Dass der Vorfall vom 27.05.2017 zudem die von den Hunden ausgehenden konkreten Gefahren zeigt, die sich (erneut) realisiert haben, steht außer Frage.
Auch in der Folge kam der Kläger jedoch einer sofort vollziehbar erklärten Anordnung der Beklagten im Bescheid vom 16.06.2016, unverzüglich einen Zaun zu ertüchtigen bzw. zu errichten, nicht nach, was ebenfalls seine fehlende Einsichtsfähigkeit illustriert. Dass der Kläger hiergegen Klage eingelegt hat, ist unerheblich, da er jedenfalls sofort vollziehbar dazu verpflichtet war, die Maßnahmen vorzunehmen. Die Vorlage des Gutachtens des Sachverständigen S. ist ebenfalls verspätet erfolgt. Dem Kläger war im Bescheid vom 16.06.2017 aufgegeben worden, ein solches bis spätestens 31.07.2017 vorzulegen. Diese Zeit war ausreichend bemessen. Wenn er sich erst am 21.07.2017 (vgl. Bl. 633 der Behördenakte) um die Beauftragung eines Gutachters bemüht, geht dies zu seinen Lasten und ist ein weiteres Indiz für sein fehlendes Pflichtbewusstsein und seine fehlende Kooperationsbereitschaft. Zwar behauptete der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung, bereits vor dem 21.07.2017, nämlich Anfang Juli 2017 versucht zu haben den Sachverständigen B. zu erreichen. Er sei zweimal wegen Verhinderung (Fortbildungsreisen) vertröstet worden. Jedoch bestehen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens, da der Gutachter B. in seinem Aktenvermerk vom 25.07.2017 (Bl. 633 der Behördenakte) ausführt, es habe keinerlei Kontakt mit dem Kläger vor dem 21.07.2017 gegeben. Hätte der Gutachter dem Kläger Auskünfte über Fortbildungsreisen gegeben, hätte sich der Gutachter hieran auch erinnert. Selbst wenn davon auszugehen ist, dass der Kläger bereits Anfang Juli 2017 versucht hatte, Kontakt zum Gutachter B. aufzunehmen, so hätte ein gewissenhafter und zuverlässiger Hundehalter, nachdem ihm eine Auskunft über eine zeitliche Verhinderung des Gutachters wegen Fortbildungen gegeben wurde, sich zumindest bereits zu diesem Zeitpunkt nach alternativen Sachverständigen umgesehen. Dies geschah jedoch erst am 25.07.2017 und damit kurz vor Ablauf der Vorlagefrist. Auch dieses Verhalten, sich nicht frühzeitig und rechtzeitig nach einem anderen Gutachter umzusehen, deutet auf die fehlende Kooperationsbereitschaft und das fehlende Pflichtbewusstsein des Klägers hin.
Letztlich zeigt auch der gegenüber dem Sachverständigen S. mitgeteilte Sachverhalt, bei dem die Beißvorfälle in der Vergangenheit – deren Stattfinden der Kläger teilweise sogar zugesteht – falsch bzw. gar nicht vorgetragen wurden, dass der Kläger entweder nicht willens oder nicht imstande ist, die von seinen Hunden ausgehende Gefahrensituation zu umreißen und stattdessen ernstzunehmende Vorkommnisse herunterspielt und verschweigt.
Der Kläger hat daher nicht alles ihm Aufgetragene getan, um eine gefahrlose Haltung seiner Hunde zu ermöglichen. Die oben genannten Vorfälle zeigen vielmehr, dass er uneinsichtig und unzuverlässig ist (vgl. etwa BayVGH, B.v. 06.03.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 4 zu diesen Aspekten im Rahmen eines Hundehaltungsverbots). Nach alledem ist es jedenfalls auch nicht unverhältnismäßig, dem Kläger jedwede Hundehaltung und -betreuung zu untersagen. Wie sich gezeigt hat, hat der Kläger kein Problem- und Gefahrbewusstsein bezüglich seiner in der Vergangenheit gehaltenen Hunde. Die von der Beklagten vorgenommene Einschätzung und Bewertung wird auch durch den Eindruck, den der Kläger im Lauf der mündlichen Verhandlung auf das Gericht gemacht hat und seine Einlassungen bestätigt. Die von der Beklagten getroffene Prognose ist nicht zu beanstanden. Der Kläger ist nicht geeignet, eine sicherheitsrechtlich nicht zu beanstandende Hundehaltung zu gewährleisten. Der Beklagten ist insbesondere darin zu folgen, dass es auch bei zunächst ungefährlich erscheinenden (beispielsweise kleinen) Hunden prognostisch wieder zu Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung kommen wird. Die Beschränkung auf bestimmte Hunderassen stellte für die Beklagte somit kein hinreichend geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr dar. Insoweit wird auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid (S. 20 ff.), denen das Gericht folgt, Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).”
Es wird nicht verkannt, dass der Klägerin nicht sämtliche genannten Versäumnisse und Verfehlungen ihres Ehemannes gleichermaßen vorgeworfen werden können. Nimmt man die konkreten Umstände des vorliegenden Falles bezogen auf die Haltung der Rottweiler-Rüden „E.” und „F.“ sowie zuletzt „M.“ und „A.“ in den Blick, gelten die obigen Ausführungen bezogen auf die Klägerin aus den nachfolgenden Gründen jedoch entsprechend.
Den Akten der Beklagten ist zu entnehmen, dass der Klägerin am 30.06.2000 die Rottweiler-Rüden „E.” und „F.“ entlaufen sind, sich auf dem Grundstück des Herrn L. aufhielten und einer der beiden Hunde den eintreffenden Polizeibeamten anknurrte (Mitteilung der PI K. an die Beklagte vom 30.06.2000, Bl. 2 der Akte betreffend die Rottweiler-Rüden „E.” und „F.“). Bereits die erste in den vorgelegten Akten dokumentierte Sicherheitsstörung basierte daher auf einem (Fehl-)Verhalten der Klägerin. Auch während der weiteren aktenkundigen Vorfälle mit den Rottweiler-Rüden „E.” und „F.“ sowie in der Folgezeit mit den Rottweiler-Rüden „M.“ und „A.“ waren die Klägerin und ihr jetziger Ehemann bereits liiert und haben zusammengewohnt. Auch wenn der Ehemann der Klägerin im Rechtssinne der Halter der Hunde gewesen sein mag und in dieser Eigenschaft Adressat mehrerer sicherheitsrechtlicher Anordnungen gewesen ist, sprechen die konkreten Umstände des Falles dafür, die Hundehaltung durch den Ehemann der Klägerin und durch diese selbst auf den verschiedenen Halteranwesen im Gebiet der Beklagten qualitativ als Einheit – vor allem als (dauernde) einheitliche Gefahrenquelle – zu betrachten. Hierfür spricht ferner der Umstand, dass es bis zuletzt die Klägerin war, die die Hunde die überwiegende Zeit betreut hat. Denn während sich ihr Ehemann im Zeitraum vor Erlasse des streitgegenständlichen Bescheides von Montag bis Donnerstag in B. bei M. aufhielt, oblag ihr in dieser Zeit die Betreuung und Beaufsichtigung der Hunde.
Darüber hinaus ist in den Akten beispielsweise ein Vorfall dokumentiert, bei dem eine Frau im Bereich der Flutmulde … von einem der Hunde gebissen worden sein soll, wobei beide Hunde (entgegen der behördlichen Anordnung) nicht angeleint gewesen seien. Hier wurde die Klägerin von der Mitteilerin des Vorfalls ausdrücklich namentlich bezeichnet (vgl. Bl. 172 der Behördenakte). Die Klägerin und ihr Ehemann stellen den Vorfall zwar in Abrede. In der mündlichen Verhandlung vom 08.10.2019 bestritt der Bevollmächtigte der Klägerin den Vorfall weiterhin. Dieses Bestreiten erfolgte jedoch nur pauschal und enthielt kein substantiiertes Vorbringen, dass das Geschehen wiederlegen könnte. Der Klägerbevollmächtigte berief sich lediglich darauf, dass die Zeugin die Klägerin gar nicht kenne, wobei die Zeugin explizit bei der Beklagten angab, sie kenne die Klägerin vom Sehen, lediglich der Mann, der sich bei dieser zum Zeitpunkt des Vorfalls befunden habe, sei ihr unbekannt. Es bestehen darüber hinaus auch keine Anhaltpunkte dafür, dass die Aussage der Zeugin nicht glaubhaft wäre oder beispielsweise aus rein persönlichen Motiven eine falsche Aussage gemacht wurde. Dergleichen folgt insbesondere nicht daraus, dass die Zeugin Frau S. den Vorfall nicht umgehend bei der Beklagten oder der Polizei gemeldet hat, sondern erst durch die Berichterstattung im Zuge des Beißvorfalls vom 27.05.2017 wieder an den Vorfall erinnert worden war und diesen erst dann gemeldet hat (vgl. die E-Mail vom 22.07.2017, Bl. 172 der Behördenakte). Allein dieser Umstand führt nicht dazu, die Richtigkeit der Aussage in Zweifel zu ziehen. Demzufolge durfte die Beklagte grundsätzlich von der Richtigkeit der Aussage ausgehen, zumal sich eine Person, die wider besseren Wissens eine derartige Anzeige bei einer Behörde erstattet, selbst nach § 164 StGB wegen falscher Verdächtigung strafbar machen würde (vgl. Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz, Art. 18 Rn. 35 m.w.N. aus der st.Rspr.).
Gegen die Zuverlässigkeit und Eignung der Klägerin zur Haltung und Betreuung von Hunden sowie für die Annahme, dass sie zum Entstehen von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung beiträgt, spricht ganz erheblich, dass sie den schwerwiegendsten Beißvorfall maßgeblich zu verantworten hat. Sie ist es gewesen, die am 27.05.2017 das Tor offen hat stehen lassen, sodass es zum Angriff der Rottweiler-Rüden auf den neunjährigen Jungen und in der Folge zu dessen gravierenden Verletzungen kommen konnte. Angesichts des von den Rottweilern bereits zuvor ausgehenden Gefahrenpotenzials (Beißvorfälle, die zum Teil auch zugestanden wurden), hätte es sich ihr aufdrängen müssen und wäre es von ihr zu erwarten gewesen, in besonderem Maße Sorgfalt walten zu lassen, wenn es darum geht, dass die Rottweiler-Rüden nicht das Grundstück verlassen und unbeaufsichtigt herumlaufen können.
Zulasten der Klägerin geht auch, dass sie gegenüber dem Sachverständigen S. einen falschen Sachverhalt angegeben und dabei vor allem Beißvorfälle, die es zugegebenermaßen gegeben hat (vgl. Schriftsatz vom 06.09.20187), verschwiegen hat. Dies spricht dafür, dass sie ebenso wie ihr Ehemann die von den Hunden ausgehenden Gefahren nicht ernst nimmt und bagatellisiert und/oder die Gefahrensituation schlechterdings nicht erkennt.
Nach alledem erweist sich das Verbot der Haltung und Betreuung jedweder Hunde auch in Bezug auf die Klägerin als rechtmäßig. Insbesondere erscheint es vorliegend verhältnismäßig, die Hundehaltung vollständig zu untersagen und dies nicht auf bestimmte Rassen oder Merkmale zu beschränken, wobei Kriterien für eine geeignete Einschränkung des Verbots hier auch nicht ohne Weiteres ersichtlich sind. Der Beklagten ist darin zu folgen, dass auch bei z. B. kleineren Hunden prognostisch Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch (insbesondere) ein unkontrolliertes Umherlaufen dieser Hunde und die mangelnde Bereitschaft und/oder Fähigkeit der Klägerin, sich an (etwaige) Anordnungen zu halten, zu erwarten sind. Die Klägerin hat durch ihr Verhalten mit Hunden zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht willens und nicht in der Lage ist, die grundsätzlich von jedem – auch einem kleinen – Hund ausgehende Gefahr zu sehen und ihr vorzubeugen (vgl. VG Ansbach, U.v. 20.06.2006 – AN 5 K 06.00075 – juris Rn. 18). Auf die entsprechenden Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit im angegriffenen Bescheid (S. 20 ff.) wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin überhaupt beabsichtigt, beispielsweise „sehr kleine und friedliche Hunde“ (vgl. BayVGH, B.v. 29.03.2006 – 24 CS 06.600 – juris Rn. 58) zu halten oder zu betreuen. Sollte dies zu einem späteren Zeitpunkt einmal beabsichtigt sein, ist es ihr unbenommen, bei der Beklagten oder einer dann zuständigen Sicherheitsbehörde um eine Ausnahme von dem grundsätzlich berechtigten generellen Haltungsverbot nachzusuchen (vgl. VG Ansbach a.a.O., Rn. 19).
3. Die Klägerin trägt als unterliegende Beteiligte die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung basiert auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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