Zivil- und Zivilprozessrecht

Verwerfung der Berufung als unzulässig

Aktenzeichen  29 U 5064/19 Kart

Datum:
22.1.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 22060
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, § 522 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1. Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Die Berufungsbegründung entspricht nicht den Erfordernissen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Den Schriftsätzen ist nicht zu entnehmen, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen erstrebt werden. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

37 O 812/18 2019-07-31 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 31.07.2019 wird verworfen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 73.568,16 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger machen gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aufgrund eines inzwischen beendeten Vertragsverhältnisses geltend.
Das Landgericht erließ am 10.09.2018 ein klageabweisendes Versäumnisurteil, gegen das die Kläger Einspruch eingelegt und zugleich die Klage erweitert haben.
Erstinstanzlich haben die Kläger zuletzt beantragt,
1.Das Versäumnisurteil vom 10.09.2018 wird aufgehoben.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 5.298,29 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2017 zu zahlen.
3.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) 47.282,79 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2017 zu zahlen,
hilfsweise an sie 20.393,29 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen und sie von den Zahlungsforderungen aus den Darlehen Nr. …60 und …960 der V. Bank sowie dem Darlehen Nr. …01 der C. F.GmbH freizustellen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) 25.987,08 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2017 zu zahlen, hilfsweise an ihn 6.898,93 € zzgl. Zinsen i.H.v. 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen und ihn von den Zahlungsforderungen in Höhe von 19.088,15 € aus dem Darlehen Nr. …60 bei der V. Bank, ursprünglichen Darlehen Nr. …960 der V… Bank, welche mittlerweile auf das übergegangen sind, freizustellen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
das Versäumnisurteil vom 10.09.2018 aufrechtzuerhalten.
Das Landgericht hat durch Endurteil vom 31.07.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, wie folgt erkannt:
1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 10.09.2018, Az.: 15 HK O 812/18 wird teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin zu 1) 5.000 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.02.2018 zu zahlen.
Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
2. [Kosten]
3. [vorläufige Vollstreckbarkeit]
Die Kläger haben gegen dieses ihnen am 05.08.2019 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 03.09.2019 Berufung eingelegt.
Die Berufungsschrift enthält keine Angaben dazu, inwieweit das Urteil angefochten wird und keine Berufungsanträge. Insoweit ist in der Berufungsschrift ausdrücklich ausgeführt,
„Berufungsantrag und Berufungsbegründung bleiben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten.“
Mit Schriftsatz vom 07.10.2019 wurde beantragt, die ursprünglich am 07.10.2019 auslaufende Berufungsbegründungsfrist um drei Wochen zu verlängern. Weiter enthielt der Schriftsatz Ausführungen zur Begründung der Berufung, aber keine Berufungsanträge oder ausdrückliche Ausführungen zum Umfang der Anfechtung. Innerhalb der bis 28.10.2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist haben die Kläger mit Schriftsatz vom 23.10.2019 zwar zur Berufungsbegründung noch im geringen Umfang weiter vorgetragen, im Wesentlichen aber auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 07.10.2019 verwiesen. Erklärungen zum Umfang der Anfechtung des Urteils und/oder Berufungsanträge enthielt auch dieser Schriftsatz nicht.
Der Senat hat durch Beschluss vom 03.12.2019 darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen und unter Fristsetzung bis 10.01.2020 den Klägern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Hiervon haben diese mit Schriftsatz vom 27.12.2019 Gebrauch gemacht. Auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und den Senatsbeschluss vom 03.12.2019 wird ergänzend Bezug genommen.
II.
1. Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Die Berufungsbegründung entspricht nicht den Erfordernissen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO. Weder dem Schriftsatz vom 07.10.2019 noch dem Schriftsatz vom 23.10.2019 ist zu entnehmen, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen erstrebt werden. Die Schriftsätze enthalten nicht nur keine ausdrücklichen Berufungsanträge, sondern auch konkludent, was ausreichend wäre (vgl. Heßler in Zöller, ZPO, 33. Auflage § 520 Rn. 28 u. 32 m.w.N.), lässt sich ihnen das Sachbegehren der Kläger nicht entnehmen.
Das Landgericht hat in den Urteilsgründen ausgeführt, dass nur die Erstattung des Vertrauensschadens in Betracht komme und der Schadensersatzanspruch u.a. in den Betriebsverlusten, die durch die Gründung und das Betreiben des Franchise-Outlets dem Franchisenehmer entstanden seien, bestehe. Die Teilklageabweisung hat es dann hinsichtlich der Reisekosten mit der fehlenden Kausalität der Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden, hinsichtlich der Kaution von 10.000 € mit der bereits erfolgten Rückzahlung, hinsichtlich der weiteren Kosten (GmbH-Gründung, Hotelkosten, Material und Lebensmittel etc.) mit der nicht hinreichenden Substantiierung, hinsichtlich der Darlehensbeträge damit, dass die konkreten Verwendungen nicht dargelegt und Betriebseinnahmen nicht gegengerechnet wurden und hinsichtlich der Zinsen damit, dass es an einer Mahnung fehle, begründet (vgl. S. 15, 16, 18 des landgerichtlichen Urteils).
Die Kläger haben im Schriftsatz vom 07.10.2019 zur Teilabweisung der Klageforderung ausgeführt:
„Das Landgericht hat die Klageforderung jedoch in ihrem weit überwiegenden Teil den Klägern nicht zugesprochen, weil angeblich der Schaden nicht korrekt berechnet, bzw. nicht substantiiert dargelegt worden war.
Diese Abweisung der Klage im Wesentlichen Umfang ist rechtsfehlerhaft, da zum einen entgegen der Ansicht des Landgerichts der Schaden in korrekter Weise dargelegt wurde, und überdies das Landgericht nicht in eindeutiger Weise hat im Vorfeld erkennen lassen, wie es den Schadensersatz berechnet wissen möchte.“
Da das Landgericht die Abweisung der Klage nur teilweise auf eine nicht ausreichende Substantiierung gestützt hat und auch nicht erkennbar ist, welche Änderungen bei der Schadensberechnung die Kläger vorgenommen hätten, wenn das Landgericht weitere Hinweise zur Schadensberechnung erteilt hätte, erschließt sich das Sachbegehren der Kläger in keiner Weise. Entgegen der Auffassung der Kläger im Schriftsatz vom 27.12.2019 kann den Ausführungen gerade nicht entnommen werden, dass sie ihre Ansprüche im vollen Umfang weiterverfolgt hätten, etwa auch im Hinblick auf die zurückgezahlte Kaution und die nicht kausalen Reisekosten. Da die Ausführungen der Kläger sich nicht mit den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil zur Teilklageabweisung im Einzelnen auseinandersetzen und somit nicht nachvollziehbar ist, warum die Teilklageabweisung hinsichtlich der einzelnen Schadenspositionen unrichtig sein soll, erschließt sich weder, in welchem Umfang die Kläger ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgen wollen, noch, dass sie sie zumindest in einem bestimmten Umfang, also hinsichtlich einiger bestimmbarer Schadenspositionen, weiterverfolgen wollen.
Der pauschalen Formulierung, dass die Abweisung der Klage im wesentlichen Umfang rechtsfehlerhaft gewesen sei, in Kombination mit der nicht zutreffend wiedergegebenen Begründung des Landgerichts für die Teilabweisung der Klage, kann entgegen der Auffassung der Kläger nicht konkludent entnommen werden, dass die Kläger ihr erstinstanzlichen Begehren vollumfänglich oder jedenfalls hinsichtlich bestimmter einzelner Positionen weiterverfolgen wollen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Streitwertentscheidung beruht auf § 47 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO.


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