Bankrecht

Widerspruchsbelehrung bei Abschluss einer Rentenversicherung im Policenmodell

Aktenzeichen  25 U 4262/16

Datum:
22.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 162301
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
VVG aF § 5a

 

Leitsatz

1. § 5a VVG aF verlangt als Inhalt der Widerspruchsbelehrung nur eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn, die Dauer des Widerspruchsrechts und die Form der Widerspruchseinlegung. Eine Belehrung dahingehend, dass die Widerspruchsfrist ab Erhalt bzw. Zugang der Unterlagen zu laufen beginnt, genügt (ebenso OLG Hamm BeckRS 2015, 5944; OLG Köln BeckRS 2014, 15782). (Rn. 5 – 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verbraucherinformationen müssen in der Widerspruchsbelehrung nicht als solche bezeichnet sein und auch nicht im Einzelnen dort aufgezählt werden; insoweit reicht eine Bezugnahme auf vorgenannte oder beigefügte Unterlagen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

25 O 3873/16 2016-10-12 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.10.2016, Aktenzeichen 25 O 3873/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.330,72 € festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verlangt von der Beklagten nach Widerruf die verzinsliche Rückzahlung von Versicherungsbeiträgen aus einem Vertrag über eine fondsgebundene Rentenversicherung.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das klageabweisende Endurteil des Landgerichts München I vom 12.1.2016 (Bl. 38/45 d.A.) Bezug genommen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12.10.2016, Aktenzeichen 25 O 3873/16, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen.
Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass. Der Inhalt der Belehrung ist ausreichend und ordnungsgemäß. § 5 a VVG a.F. verlangt insoweit nur eine Belehrung über das Widerspruchsrecht, den Fristbeginn, die Dauer des Widerspruchsrechtes und die Form der Widerspruchseinlegung. Hierüber wurde vorliegend zutreffend informiert.
Die Belehrung dahingehend, dass die Frist ab Erhalt bzw. Zugang der Unterlagen zu laufen beginnt genügt (ständige Rechtsprechung des Senats z.B. Beschluss vom 23.04.2012 – Az. 25 U 3887/11, die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde vom BGH mit Beschluss vom 22.07.2015 – Az. IV ZR 173/12 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 – Az. 25 U 1522/13, die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde vom BGH mit Beschluss vom 21.07.2015 – Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschlüsse vom 16.07.2015 – Az. 25 U 1593/15, 25 U 3245/14 und 25 U 3266/14; OLG Hamm, Urteil vom 21.11.2014 – Az. 20 U 8/14; OLG Köln, Urteil vom 16.05.2014 – Az. 20 U 31/14; Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.10.2013 – Az. 5 U 364/12). Für den Beginn der Widerspruchsfrist stellt die vorliegende Belehrung auf den Erhalt der Unterlagen ab. Der maßgebliche Text lautet insoweit wie folgt: „… ab Erhalt dieser Unterlagen…“.
Unerheblich ist, dass die Verbraucherinformationen nicht als solche bezeichnet sind. So ist es schon gar nicht erforderlich die Unterlagen im Einzelnen in der Belehrung selbst aufzuzählen; eine Bezugnahme auf vorgenannte oder beigefügte Unterlagen kann beispielsweise durch Verwendung der Formulierung die „oben genannten Unterlagen“ bzw. „diese Unterlagen“ erfolgen. Das OLG Köln hält in den Urteilen vom 06.12.2013 – Az. I-20 U 144/13, vom 25.09.2015 – Az. 20 U 97/15, vom 29.04.2016 – Az. 20 U 184/15 und vom 03.05.2016 – Az. 20 U 18/16 eine Widerspruchsbelehrung, die nicht ausdrücklich erwähnt, dass dem Versicherungsnehmer neben dem Versicherungsschein und den Versicherungsbedingungen auch die Verbraucherinformationen vorliegen müssen, damit die Widerspruchsfrist beginnt, für wirksam, da sich das aus der Formulierung „Überlassung der Unterlagen“ und den überlassenen Unterlagen ergebe. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsauffassung mit Beschlüssen vom 30. Juni 2015 – Az. IV ZR 16/14, vom 29.06.2016 – Az. IV ZR 492/15, vom 21.03.2017 – Az. IV ZR 138/16 und vom 08.12.2016 – Az. IV ZR 144/16 gebilligt. Der Senat schließt sich dem in ständiger Rechtsprechung – vom Bundesgerichtshof gebilligt – an (vgl. z.B. Beschluss vom 20.04.2015 – Az. 25 U 4040/14, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11. 2015 – Az. IV ZR 264/15 zurückgewiesen, in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde vom 28.04.2015 wurde die Problematik der ordnungsgemäßen Belehrung über den Beginn der Widerspruchsfrist ausdrücklich angesprochen und gerügt und darauf hingewiesen, dass das Policenbegleitschreiben nur vom Erhalt dieser Unterlagen spricht und dass (insoweit im behaupteten Widerspruch dazu) erst in der Belehrung auf S. 21 des Versicherungsscheins auf die Überlassung der im Gesetz genannten Unterlagen abgestellt wurde; Beschluss vom 20.04.2015 – Az. 25 U 237/15, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11. 2015 – Az. IV ZR 267/15 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.04.2015 – Az. 25 U 4235/14, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.11. 2015 – Az. IV ZR 263/15 zurückgewiesen; Urteil vom 24.01.2014 – Az. 25 U 2705/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.07.2015 – Az. IV ZR 75/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 23.04.2012 – Az. 25 U 3887/11, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22.07.2015 – Az. IV ZR 173/12 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 – Az. 25 U 1522/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 21.07.2015 – Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 20.02.2014 – Az. 25 U 1522/13, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 21.07.2015 unter Az. IV ZR 102/14 zurückgewiesen; Beschluss vom 06.03.2013 – Az. 25 U 4780/12, die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH mit Beschluss vom 28.11.2013 unter Az. IV ZR 144/13 zurückgewiesen; Beschluss vom 02.11.2017 – Az. 25 U 4262/16; Beschluss vom 18.07.2017 – Az. 25 U 1934/17; Beschluss vom 30.06.2017 – Az. 25 U 1996/17; Beschluss vom 11.05.2016 – Az. 25 U 1821/16). Auch das OLG Hamm ist dieser Auffassung: Eine Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 5 a VVG a. F. ist auch dann wirksam, wenn sie die notwendigen Bestandteile der Verbraucherinformation nicht auflistet (OLG Hamm – Beschlüsse vom 26.06.2015 und 30.07.2015 – Az. 20 U 48/15, VersR 2016, 777).
Die Verbraucherinformationen müssen nicht als solche bezeichnet sein (BGH, Beschluss vom 12. Juli 2016 – Az. IV ZR 558/15).
Die Belehrung ist auch formell ordnungsgemäß. Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Entscheidung des BGH vom 07.09.2016 im Verfahren IV ZR 174/14 nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Aus dem Hinweis des Senats vom 02.11.2017 ergibt sich nicht, dass der Senat das Inhaltsverzeichnis des Versicherungsscheins quasi mit zum Inhalt der Widerspruchsbelehrung rechnen würde, sondern lediglich davon ausgeht, dass der Verweis auf das Inhaltsverzeichnis dem Versicherungsnehmer im konkreten Fall verdeutlicht, durch die Versendung welcher Unterlagen der Fristbeginn ausgelöst wird. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des BGH, insbesondere auch der Entscheidung vom 07.09.2016 im Verfahren IV ZR 306/14, aus der sich ergibt, dass sich für den Versicherungsnehmer auch unter Einbeziehung des Gesamtinhaltes des Policenbegleitschreibens ergeben kann, welche Unterlagen ihm überlassen worden sein müssen, damit die Widerspruchsfrist in Gang gesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 07. September 2016 – IV ZR 306/14 -, Rn. 11, juris)
Die Belehrung genügt daher sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch dem Zweck einer „Belehrung“. Es wurden auch alle erforderlichen Unterlagen übersandt.
Eine möglicherweise abweichende Beurteilung in Hinweisbeschlüssen des OLG Naumburg bzw. des OLG Schleswig erfordern keine Zulassung der Revision, abgesehen davon, dass in den dortigen Verfahren ohnehin keine Endentscheidungen ergangen sind. Ob eine Rücktrittsbelehrung den genannten Anforderungen genügt, hat der Tatrichter im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden; eine höchstrichterliche Klärung, ob einzelne Rücktrittsbelehrungen formal und inhaltlich ordnungsgemäß sind, ist nicht geboten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 2017 – IV ZR 501/15; Rn. 12 -, juris).
Der Senat erachtet die Vorlage an den EuGH weiterhin für nicht veranlasst. Auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss wird Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt

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