Verwaltungsrecht

Ersatzvornahmeandrohung ohne vorherige Zwangsgeldandrohung

Aktenzeichen  9 CS 17.1990

Datum:
17.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
BayVwZVG Art. Art. 32 S. 2

 

Leitsatz

1 Eine Änderung der einem bestandskräftigen Verwaltungsakt zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse kann im Rechtsmittelverfahren gegen die Androhung der Ersatzvornahme nicht geltend gemacht werden (ebenso BayVerfGH BeckRS 2007, 23711). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Ersatzvornahmeandrohung kann ohne vorherige Zwangsgeldandrohung erfolgen. Voraussetzung für die Androhung einer Ersatzvornahme nach Art. 32 S. 2 BayVwZVG ist lediglich, dass ein Zwangsgeld keinen Erfolg verspricht, was etwa aufgrund des Verhaltens des Adressaten in der Vergangenheit zu beurteilen ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 23 S 17.4701 2017-10-09 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bescheid des Landratsamts F* … vom 28. September 2017, mit dem für den Fall, dass der Antragsteller der in Nr. 1 des bestandskräftigen und vollziehbaren Bescheids vom 6. Mai 2014 angeordneten Verpflichtung zur Tötung in Form der Euthanasierung des Tieres Mäusebussard, Ringnummer B 12 012 0018, bis spätestens 6. Oktober 2017 nicht nachkommt, die Ersatzvornahme in Form der Euthanasierung dieses Tieres angedroht wurde. Zudem wurde das mit Bescheid vom 12. September 2017 angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt.
Hiergegen Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht (Az. M 23 K 17.4699), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig beantragte er, die aufschiebende Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid des Landratsamts vom 28. September 2017 (Anforderung Zwangsgeld, Androhung Ersatzvornahme) anzuordnen. Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 9. Oktober 2017 ab. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2017 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid des Landratsamts F* … vom 28. September 2017 anzuordnen,
hilfsweise, dem Antragsgegner zu untersagen, die Tötung in Form der Euthanasierung des Tieres Mäusebussard, Ring-Nr. B 12 012 0018, am 10. Oktober 2017, anzuordnen und durchführen zu lassen
sowie die Vollziehung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2017 und des Bescheids vom 28. September 2017 bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im Beschwerdeverfahren auszusetzen.
Das Verwaltungsgericht habe die Erfolgsaussichten fehlerhaft gewürdigt, weil sich aus der Stellungnahme der Tierärztin Dr. T* … vom 12. September 2017 zeige, dass sich die Sachlage nach Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 21. Dezember 2016 über den Bescheid vom 6. Mai 2014 zu Gunsten des Antragstellers verändert habe und neue Beweismittel vorlägen. Die Festsetzung der Höhe des Zwangsgeldes sei ermessensfehlerhaft, die Begründung formelhaft und nicht einzelfallbezogen. Darüber hinaus sei eine weitergehende Zwangsgeldandrohung vorrangig.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die vom Antragsteller dargestellte fachliche Meinung von Fr. Dr. T* …, wonach sich der Zustand des Tiers gebessert habe, sei unzutreffend. Bei der am 10. Oktober 2017 vorgenommenen Identifizierung und Untersuchung des Tiers durch Prof. Dr. K* … seien an beiden Füßen schwerwiegende Sohlenballengeschwüre festgestellt worden, die für das Tier mit umfangreichen Schmerzen und Leiden verbunden seien. Zudem sicherte der Antragsgegner zu, bis zur Entscheidung über die Beschwerde keine vollendeten Tatsachen zu schaffen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Antragsteller innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung zu beschränken hat (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt.
Soweit der Antragsteller vorträgt, der Gesundheitszustand des Tiers habe sich gebessert und es lägen Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG vor, ist dies nicht entscheidungserheblich (Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG). Nach der Entscheidung des Senats vom 9. August 2017 (9 ZB 17.766) ist das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. Dezember 2016 (M 23 K 16.1118) rechtskräftig und der der isolierten Zwangsmittelandrohung vom 28. September 2017 zugrundeliegende Bescheid vom 6. Mai 2014 bestandskräftig. Die vom Antragsteller behauptete Verbesserung des Gesundheitszustands des Greifvogels kann im Rechtsmittelverfahren gegen die Androhung der Ersatzvornahme nicht geltend gemacht werden (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46, 53; Linhart, Schreiben, Bescheide und Vorschriften in der Verwaltung, Stand Jan. 2017, § 18 Rn. 206; Käß in Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand März 2017, Art. 21 Rn. 4, 7, 33 ff.); gleiches gilt für ein mögliches Verfahren nach Art. 51 BayVwVfG. Dementsprechend kommt auch eine Fristverlängerung für die erneute Einholung einer Stellungnahme der Tierärztin Dr. T* … nicht in Betracht.
Der Vortrag, die Höhe des Zwangsgeldes sei ermessensfehlerhaft festgesetzt worden, geht ins Leere, weil in dem angefochtenen Bescheid vom 28. September 2017 kein Zwangsgeld angedroht wurde. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Höhe des mit Bescheid vom 12. September 2017 angedrohten Zwangsgeldes ist für die Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 28. September 2017 nicht relevant. Hinsichtlich der Fälligstellung des Zwangsgeldes kommt es allein darauf an, ob die Verpflichtung innerhalb der mit Bescheid vom 12. September 2017 gesetzten Frist erfüllt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 14.11.1984 – 26 CE 84 A.1348 – BayVBl 1985, 154), was hier nicht der Fall ist. Dieser ist auch gem. Art. 19 Abs. 1 Nr. 2, Art. 21a VwZVG vollstreckbar.
Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Landratsamt hätte vor der Ersatzvornahmeandrohung zunächst ein weiteres Zwangsgeld androhen müssen. Voraussetzung für die Androhung der Ersatzvornahme nach Art. 32 Satz 2 VwZVG ist (nur), dass ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt. Mithin kann eine Ersatzvornahmeandrohung grundsätzlich auch ohne vorherige Zwangsgeldandrohung erfolgen (vgl. Giehl/Adolph/Käß, a.a.O., Art. 32 Erl. II. 3. b). Das Verwaltungsgericht hat hier darauf abgestellt, dass das Verhalten des Antragstellers in der Vergangenheit hinreichend dargetan hat, dass auch „ein (weiteres) Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt“. Dem Beschwerdevorbringen lässt sich insoweit nichts entnehmen, was eine gegenteilige Beurteilung rechtfertigen könnte.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
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