Aktenzeichen 33 O 7751/16
Leitsatz
1 Die Beklagte zu 1) haftet nicht als (Mit-)Täterin. Der technische Betrieb der Internetseite „www…de“ allein ist keine Kennzeichenverletzung. Denn es mangelt bereits an einer relevanten Benutzungshandlung. (Rn. 36 – 38) (red. LS Shanti Viktoria Sadacharam)
2 Die mit den Klageanträgen 1. und 5. angegriffenen Zeichenverwendungen sind, soweit sie das Zeichen „VOLKSWAGEN“ und Bildmarke „VW“ betreffen, mit den Klagemarken UM 000 703 702 bzw. UM 011 238 748 identisch. (Rn. 69) (red. LS Shanti Viktoria Sadacharam)
3 Selbst wenn die Klägerin – wie von den Beklagten behauptet – keine mobilen Navigationsgeräte herstellte, läge eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen den Waren vor, für die die Klagemarken eingetragen und benutzt werden und den von der Beklagten zu 2) verkauften Navigationsgeräten, so dass der Nichtbenutzungseinwand der Beklagten auch insoweit nicht zum Erfolg führt. (Rn. 69) (red. LS Shanti Viktoria Sadacharam)
Tenor
I. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, es für das Territorium der Bundesrepublik Deutsch land bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern.
zu unterlassen
Navigationsgeräte, welche nicht von der Volkswagen AG oder mit deren Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, einzuführen, anzubieten, zu bewerben, zu verkaufen und/oder einführen, anbieten, bewerben oder verkaufen zu lassen, wenn dies wie folgt geschieht:
a)
und/oder
b)
und/oder
c)
II. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, der Klägerin unter Vorlage von Belegen Auskunft zu erteilen über
a) die Preise, die für die in Ziffer I. eingeblendeten Navigationsgeräte bezahlt wurden, nach Art einer geordneten Rechnungslegung, gegliedert nach dem Umsatz;
b) über die Preise der bisher von der Beklagten zu 2) bestellten und erhaltenen, in Ziffer I. eingeblendeten Navigationsgeräte, nach Art einer geordneten Rechnungslegung.
III. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin 2.497,15 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2016 zu bezahlen.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin alle Schäden zu erstatten, die der Klägerin aufgrund des Angebots und Verkaufs der in Ziffer I. eingeblendeten Navigationsgeräte entstanden sind oder noch entstehen werden.
V. Die Beklagte zu 2) wird verurteilt, es für das Territorium der Bundesrepublik Deutschland bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, ferner
zu unterlassen
Navigationsgeräte, welche nicht von der Volkswagen AG oder mit deren Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, einzuführen, anzubieten, zu bewerben, zu verkaufen und/oder einführen, anbieten, bewerben oder verkaufen zu lassen,
a) wenn diese auf der Umverpackung wie folgt gekennzeichnet eine.
aa)
und/oder
bb)
und/oder
b) wenn diesen eine Bedienungsanleitung wie folgt beigefügt ist
aa)
und/oder
bb)
und/oder
cc)
und/oder
dd)
und/oder
wenn bei diesen nach dem Einschalten auf dem Bildschirm die folgenden Ansichten erscheinen:
aa)
und/oder
bb)
und/oder
cc)
und/oder
dd)
VI. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VII. Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 40 Prozent und die Beklagte zu 2) zu 60 Prozent. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 2) trägt 60 Prozent der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
VIII. Das Urteil ist in Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,- EUR, in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- EUR und in Ziffer V. gegen Sicherheitsleistung von 50.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. In den Ziffern III. und VII. ist das Urteil für den jeweiligen Gläubiger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
A.
Die Klägerin hat keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1).
Die Frage der Passivlegitimation aufgrund Täterschaft oder Teilnahme hinsichtlich einer Markenverletzung beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Grundsätzen, da die Markenverletzung als deliktische Handlung zu qualifizieren ist (BGH GRUR 2011, 152 Rn. 30 – Kinderhochstühle im Internet). Eine solche ist vorliegend zu verneinen. Ebenso haftet die Beklagte zu 1) weder als Störer noch nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung.
I.
Die Beklagte zu 1) haftet nicht als (Mit-)Täterin.
Für eine Haftung als (Mit-)Täterin müsste sie einen eigenen Tatbeitrag zur Verletzung der klägerischen Kennzeichenrechte geleistet haben. Ein solcher Tatbeitrag ist nicht ersichtlich.
1. Der technische Betrieb der Internetseite „www…de“ allein ist keine Kennzeichenverletzung. Denn es mangelt bereits an einer relevanten Benutzungshandlung.
Im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 lit. a) UMV kommt jede Funktionsbeeinträchtigung der Marke, im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 lit. b) UMV nur eine markenmäßige Benutzung im engeren Sinne für eine rechtsverletzende Benutzung in Betracht (Hacker, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 14 Rn. 116 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH).
Vorliegend kann als unstreitiges Handeln der Beklagten zu 1) der technische Betrieb der Internetseite „www…de“ festgestellt werden, einschließlich der Vergabe der sogenannten ASIN. Dadurch wird keine Funktion der streitgegenständlichen Kennzeichen beeinträchtigt. Erst recht findet hierdurch keine markenmäßige Benutzung statt (BGH GRUR 2011, 152 Rn. 31 – Kinderhochstühle im Internet; EuGH GRUR 2011, 1025 Rn. 119 – L’Orèal/eBay). Die Verletzungshandlung findet erst durch Einstellen des die Zeichen der Klägerin unerlaubt verwendenden Produktangebots durch die Beklagte zu 2) statt. Eine unmittelbare Tatbeteiligung der Beklagten zu 1) an der Gestaltung des Angebots und der Entscheidung, ein bestimmtes Angebot auf der von ihr betriebenen Internetseite einzustellen, ist weder behauptet worden noch ersichtlich.
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass ohne den technischen Betrieb der Internetseite durch die Beklagte zu 1) dort keine Kennzeichenverletzung begangen werden könnte, da es der Beklagten zu 2) dann unmöglich wäre, ihre kennzeichenverletzenden Produkte auf der Internetseite „www.a….de“ zu veröffentlichen. Um den technischen Betrieb als mittäterschaftlichen Beitrag qualifizieren zu können, müsste jedoch ein wenigstens konkludent getroffener Tatplan bestehen. Auch dafür hat die Klägerin weder substantiiert vorgetragen noch entsprechenden Beweis angeboten. Ohne die – von der Klägerin zu beweisende – Kenntnis der Beklagten zu 1) von konkret drohenden Haupttaten, scheidet ein vorsätzliches Zusammenwirken mit der Beklagten zu 2) aus (BGH GRUR 2011, 152 Rn. 31 – Kinderhochstühle im Internet).
Dass die Beklagte zu 1) als technische Betreiberin über alle relevanten Daten der auf der von ihr betriebenen Internetseite angebotenen Waren verfügt, führt gleichfalls nicht zu einer Haftung als Täterin. Denn daraus folgt ebenfalls nicht ohne weiteres eine Kenntnis bzw. ein Vorsatz hinsichtlich der kennzeichenrechtsverletzenden Handlung, die im Produktangebot liegt.
2. Der von der Klägerin weiterhin behauptete Umstand, die Beklagte zu 1) versende die Annahmeerklärung für das kennzeichenverletzende Produkt über die E-Mail-Adresse „bestellbestaetigung@a….de“ ist schon deshalb unbeachtlich, wie die Beklagten diesen Vortrag bestritten haben und die Klägerin dem nicht mit einem Beweisangebot entgegengetreten ist. Selbst wenn man diesen Vortrag zu Gunsten der Klägerin jedoch als wahr unterstellte, folgte daraus keine Haftung der Beklagten zu 1). Denn damit wäre immer noch kein vorsätzliches Handeln hinsichtlich einer Kennzeichenrechtsverletzung bewiesen.
3. Allein die Tatsache, dass die beiden Beklagten demselben Konzern angehören, reicht für die Annahme eines gemeinsamen Tatplans nicht aus.
Sofern die Klägerin meint, die zur Haftung von Internetplattformbetreibern entwickelte Rechtsprechung (EuGH GRUR 2011, 1025 Rn. 111 ff. – L’Orèal/eBay) sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da anders als in dem dort entschiedenen Fall die Beklagte zu 1) als Plattformbetreiberin aufgrund der Konzernzugehörigkeit der Beklagten zu 2) kein neutraler Betreiber sei, kann sie damit nicht durchdringen.
a) Die Klägerin behauptet, aufgrund ihrer Konzernverbundenheit seien die Beklagten „eng“ miteinander verbunden, sie handelten aufeinander abgestimmt und unter wirtschaftlich einheitlicher Leitung. Es sei von einem wechselseitigen Auftragsverhältnis zwischen den Beklagten auszugehen. Umgekehrt könne deswegen ausgeschlossen werden, dass die Beklagte zu 1) gegen die Beklagten zu 2) wegen Markenverletzungen vorgehe oder sie sogar von ihrer Internetseite ausschlösse. Ebenso wenig sei es denkbar, dass die Beklagte zu 2) als Warenverkäuferin auf anderen Internetplattformen als der der Beklagten zu 1) ihre Waren anbiete.
b) Dieser Vortrag ist nicht geeignet, eine täterschaftliche Haftung der Beklagten zu 1) zu begründen.
Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin ihren Vortrag hinsichtlich der Verbindung zwischen den Beklagten als wahr unterstellt, kann daraus kein täterschaftliches Handeln der Beklagten zu 1) in Bezug auf die hier konkret vorgeworfenen Kennzeichenverletzungen gefolgert werden.
Weder eine „enge“ wirtschaftliche Verbundenheit, noch ein allgemein aufeinander abgestimmtes Verhalten unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung lassen in zulässiger Weise den gerichtlich verwertbaren Schluss zu, die Beklagte zu 1) habe Kenntnis von den konkret kennzeichenrechtsverletzenden Angeboten der Beklagten zu 2) gehabt und diese als solche gebilligt bzw. mit dem technischen Betrieb der Internetseite durch einen eigenen Tatbeitrag erst ermöglichen wollen. Nur weil die Beklagten Teil desselben Konzerns sind, wirtschaftlich aufeinander abgestimmt und nicht gegen die wirtschaftlichen Interessen des jeweils anderen handeln, kann ohne weiteren konkreten Vortrag nicht der Schluss gezogen werden, die Beklagte zu 1) habe Kennzeichenverletzungen der Beklagten zu 2) gekannt und gebilligt. Die wirtschaftliche Verbundenheit bedeutet nicht automatisch, dass die Beklagte zu 1) von den Angeboten der Beklagten zu 2) eine bessere Kenntnis habe, als von nicht konzernverbundenen Unternehmen. Dass die Beklagte zu 1) im Falle von Kennzeichenverletzungen durch die Beklagten zu 2) diese nicht von ihrer Plattform ausschließt, bedeutet nicht, dass sie deren kennzeichenverletzendes Handeln mit einen eigenen Tatbeitrag ermöglichen will.
Der zur angeblich fehlenden Neutralität der Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2) gemachte Vortrag ersetzt mithin einen substantiierten Vortrag zu einer von Täterwillen getragenen eigenständigen Tathandlung der Beklagten zu 1) bzw. ihrer Kenntnis von konkret drohenden Haupttaten der Beklagten zu 2) nicht. An einem solchen Vortrag fehlt es aber, so dass eine Täterhaftung nicht angenommen werden kann.
4. Die von der Klägerin zur Täterhaftung der Beklagten zu 1) vorgetragenen Gerichtsentscheidungen stehen der hier getroffenen Beurteilung nicht entgegen.
Der Entscheidung des OLG München vom 12.05.2016, Az. 29 U 3500/15, lag eine Verletzungshandlung durch eine interne Suchmaschine zugrunde (vgl. auch die Entscheidung der Vorinstanz, LG München I, BeckRs 2015, 17221 Rn. 47). Als Betreiberin der Suchmaschine haftete die Beklagte zu 1) dort wegen Markenverletzung. Nicht anders gelagert war der Sachverhalt des Urteils des OLG Frankfurt vom 11.02.2016, Az. 6 U 16/15 (GRUR 2016, 620 – Fatboy). Vorliegend steht eine Markenverletzung durch Betrieb einer Suchmaschine aber nicht in Streit.
Auch das OLG Köln hatte in seiner Entscheidung vom 20.11.2015, Az. 6 U 40/15, über eine Markenverletzung in Form einer Trefferliste in einer plattformeigenen Suchmaschine zu befinden (GRUR-RR 2016, 240 – NEEDforSEAT). Das OLG Köln führt dort bei Randnummer 41 aus, dass die dortige, die Verkaufsplattform betreibende Antragsgegnerin für Verwendung möglicherweise kennzeichenrechtsverletzender Handlungen auf der Produktseite „ohnehin nicht verantwortlich“ sei.
Schließlich urteilte das OLG München in seinem ebenfalls von der Klägerin zitierten Beschluss vom 26.10.2015, Az. 29 W 1861/15, über die Haftung einer Plattformbetreiberin wegen der Darstellung einer Anzeige, die zugleich mit nicht die Produkte der Markeninhaberin umfassenden Angeboten ihrer Konkurrenten verlinkt ist (GRUR-RR 2016, 199).
Keine der dargestellten Entscheidungen hat demnach über die hier streitgegenständliche Konstellation direkt entschieden, noch Ausführungen dazu gemacht, die der hier getroffenen Entscheidung entgegenstünden.
II.
Eine Haftung der Beklagten zu 1) als Teilnehmerin scheidet gleichfalls aus.
Eine Gehilfenhaftung setzt neben einer objektiven Beihilfehandlung zumindest einen bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraus, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit miteinschließt (BGH GRUR 2011, 152 Rn. 30 – Kinderhochstühle im Internet).
Für die Tatsache eines entsprechenden Vorsatzes bei der Beklagten zu 1) ist die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin beweisfällig geblieben.
Auch die Konzernverbundenheit der Beklagten kann ohne konkrete Anhaltspunkte einen solchen Vorsatz nicht beweisen. Weder wirtschaftliche Verbundenheit noch allgemein aufeinander abgestimmtes Verhalten lassen in Bezug auf die hier konkret angegriffenen Verletzungshandlungen den Schluss zu, die Beklagte zu 1) habe von diesen Kenntnis gehabt und mit einem eigenen Tatbeitrag unterstützen wollen. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I.3 verwiesen werden.
III.
Eine Störerhaftung der Beklagten zu 1) kann nicht angenommen werden, da es hierzu einer Verletzung von Prüfungspflichten bedarf. Eine Verletzung konkreter Prüfungspflichten, insbesondere nach erfolgter Abmahnung hat die Klägerin indes nicht vorgetragen.
IV.
Schließlich kann die Klägerin mit ihrem Vortrag einer Beauftragtenhaftung gemäß § 14 Abs. 7 MarkenG nicht durchdringen.
Dass die Beklagte zu 2) als Beauftragte der Beklagten zu 1) bei den Kennzeichenverstößen handelte, hat die Klägerin lediglich behauptet, aber nicht unter Beweis gestellt. Die Beklagten hingegen haben ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis sowie eine Weisungsgebundenheit untereinander bestritten (Schriftsatz vom 23.05.2017, Bl. 61/64 d.A., Seite 3). Damit ist die Klägerin für ihren Vortrag beweisfällig geblieben.
Zudem ist ihr Vortrag zum Auftragsverhältnis unsubstantiiert, da sie behauptet, entweder sei die Beklagte zu 1) Beauftragte der Beklagten zu 2) oder umgekehrt (Schriftsatz vom 03.05.2017, Bl. 50/54, Seite 3). Für das Gericht ist daher nicht erkennbar, welchen Sachverhalt die Klägerin ihrem Klageantrag zugrunde legt.
Auch dieses Ergebnis steht der bisherigen Rechtsprechung der Kammer nicht entgegen: In der Entscheidung LG München I, BeckRs 2015, 17221, Rn. 48, wurde vielmehr die hiesige Beklagte zu 1) als Beauftragte weiterer A…-Gesellschaften (unter anderem der hiesigen Beklagten zu 2)) angesehen.
V.
Die fehlende Haftung der Beklagten zu 1) ist im Ergebnis auch nicht unbillig. Der Klägerin steht für die behauptete Kennzeichenverletzung mit der Beklagten zu 2) eine passiv legitimierte Partei gegenüber (vgl. sogleich B.).
VI.
Mangels Kennzeichenverletzung hat die Klägerin auch keine Folgeansprüche wie Auskunfts-, Kostenersatz- oder Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1). Die Klage gegen sie ist daher insgesamt unbegründet.
B.
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Erstattung der Abmahnkosten und Schadensersatzfeststellung wegen Verletzung ihrer Markenrechte jedoch gegen die Beklagten zu 2) im Wesentlichen (bis auf einen eile der eingeklagten Abmahnkosten) zu.
I.
Der Unterlassungsanspruch folgt aus Art. 9 Abs. 2 lit. b), 102 Abs. 1 UMV.
Dass die Klägerin ihre Ansprüche nicht ausdrücklich auf Verwechslungsgefahr, sondern auf Doppelidentität stützt, ist unschädlich, da es sich dabei nur um eine rechtliche Bewertung handelt, für die der Sachvortrag ausreicht, und nicht um unterschiedliche Streitgegenstände (BGH GRUR 2012, 621, Rn. 32 – OSCAR).
1. a) Hinsichtlich der mit Klageantrag 1. angegriffenen Verletzungshandlungen stellt die Verwendung der Zeichen
„VW“,
„VOLKSWAGEN#
und
auf den von der Beklagten zu 2) eingestellten Produktangebotsseiten auf der Internetseite „www.a….de“ für die von ihr angebotenen Navigationsgeräte eine kennzeichenrechtlich relevante Benutzung dar. Im Fall der Zeichen
„VOLKSWAGEN#
und
handelt es sich um eine funktionsgemäße, in Form des Herkunftshinweises und im Falle des Zeichens „VW“ ebenfalls um eine herkunftshinweisende Benutzung, die im Rahmen des Produktabsatzes für von der Beklagten zu 2) vertriebene Waren erfolgt und geeignet ist, die Gewährleistung der Herkunft dieser Waren gegenüber dem Verbraucher zu beeinträchtigen (BGH GRUR 2015, 1201, Rn. 68 – Sparkassenrot-Rot/Santander-Rot).
b) Nichts anderes gilt für die mit dem Klageantrag 5. verfolgten Kennzeichenverletzungen. Indem die Beklagte zu 2) Navigationsgeräte anbietet und verkauft, auf deren Umverpackungen, Bedienungsanleitungen und Bildschirmen die drei oben genannten Zeichen abgebildet sind, verwendet sie diese Zeichen jedenfalls herkunftshinweisend.
2. Es liegt auch eine kennzeichenrechtliche Verwechslungsgefahr vor.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der klägerischen Marke, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad des anderen ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 – Canon; Ingerl/Rohnke, Kommentar zum MarkenG, 3. Aufl. 2010, § 14 Rdnr. 371 m.w.N.).
a) Die Kennzeichnungskraft der drei Klagemarken
„VOLKSWAGEN“,
und
ist gesteigert, da die Klägerin zu den größten Automobilherstellern der Wert gehört und die streitgegenständlichen Kennzeichen allgemein bekannt zur Kennzeichnung ihrer Fahrzeuge bzw. ihrer Fahrzeugteile und ihres Fahrzeugzubehörs umfangreich und allgegenwärtig verwendet.
b) Die mit den Klageanträgen 1. und 5. angegriffenen Zeichenverwendungen sind, soweit sie das
Zeichen
„VOLKSWAGEN“
und
betreffen, mit den Klagemarken UM 000 703 702 bzw. UM 011 238 748 identisch.
Das verwendete Zeichen „VW“ ist mit der Klagemarke UM 011 238 748 jedenfalls hochgradig ähnlich. Denn beide werden gleich ausgesprochen, so dass eine klangliche Identität zwischen ihnen besteht, und vom angesprochenen Verkehr nicht zuletzt aufgrund ihrer umfangreichen Verwendung nahezu gleichgesetzt.
c) Die Beklagte zu 2) benutzt die angegriffenen Zeichen für mobile, das heißt nicht mit dem Pkw
auf Dauer fest verbundene Navigationsgeräte.
Die Klägerin produziert und vertreibt allgemein bekannt nicht nur Pkw, sondern auch deren Ersatzteile und Zubehör.
Entsprechend sind für die Wortmarke UM 000 703 702 in der Klasse 9 neben „Navigationsinstrumente“ unter anderen auch „Warndreiecke für Fahrzeuge“, „Zigarrenanzünder für Automobile“ „Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, einschließlich Antennen“ sowie „Radios“, in der Klasse 12 „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser sowie deren Teile“ und in der Klasse 27 „Automatten“ eingetragen (Anlage K 1).
Die Bildmarke UM 011 238 748 ist außer für „Navigationsgeräte“ in der Klasse 9 unter anderen für „Warndreiecke für Fahrzeuge, Warnlampen für Fahrzeuge und deren Teile“ sowie „Antennen, Radios“, in der Klasse 11 unter anderem für „Fahrzeugleuchten und deren jeweilige Teile; Fahrzeugrückstrahler und deren jeweilige Teile; Fahrzeugscheinwerfer und deren jeweilige Teile“ und in der Klasse 12 unter anderem für „Fahrzeuge zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft, auf dem Wasser oder auf Schienen sowie deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten; motorisierte Landfahrzeuge; Motoren und Antriebssysteme für Landfahrzeuge, Antriebe für Landfahrzeuge; Kupplungen für Landfahrzeuge; Fahrwerke für Landfahrzeuge; Chassis für Fahrzeuge; Karosserien für Fahrzeuge; Reifen (Pneus), Schläuche für Reifen, Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen, Flickzeug für Reifenschläuche, selbstklebende Flickgummis für die Reparatur von Reifenschläuchen, Reifen für Fahrzeugräder, Spikes für Reifen, Gleitschutzketten, Schneeketten, Felgen für Fahrzeugräder, Vollgummireifen für Fahrzeugräder; Fahrzeugräder, Radnaben von Automobilen; Stoßdämpfer für Fahrzeuge, Stoßdämpferfedern für Fahrzeuge; Kopfstützen für Fahrzeugsitze; Fahrzeugsitze; Rückspiegel; Alarmanlagen für Fahrzeuge, Diebstahlsicherungen für Fahrzeuge; Zigarettenanzünder für Automobile; Kraftfahrzeuge, Automobile“ sowie für „Anhängerkupplungen für Fahrzeuge“ eingetragen (Anlage K 1).
Die Bildmarke UM 000 703 983 schließlich ist in der Klasse 9 unter anderem für „Warndreiecke für Fahrzeuge“ und „Zigarrenanzünder für Automobile“ und in der Klasse 12 für „Fahrzeuge; Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft oder auf dem Wasser sowie deren Teile“ eingetragen.
Soweit die Beklagten lediglich pauschal eine rechtserhaltende Benutzung der Klagemarken für Zubehör in Abrede stellen, führt dies nicht zum Erfolg und gibt auch keine Veranlassung, der Klägerin im Hinblick auf § 25 Abs. 2 MarkenG den Nachweis einer entsprechenden rechtserhaltenden Benutzung aufzuerlegen. Denn dass eine solche Benutzung dauernd und allgegenwärtig erfolgt, ist aufgrund des umfangreichen Auftretens der Klägerin jedenfalls in Deutschland im Automobilmarkt (inklusive Zubehörmarkt) eine allgemein bekannte Tatsache und daher offenkundig im Sinne des § 291 ZPO (vgl. die entsprechende Rechtsprechung zur Bekanntheit in: BGH GRUR 2014, 378, Rn. 27 – OTTO CAP).
Selbst wenn die Klägerin – wie von den Beklagten behauptet – keine mobilen Navigationsgeräte herstellte, läge eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen den Waren vor, für die die Klagemarken eingetragen und benutzt werden und den von der Beklagten zu 2) verkauften Navigationsgeräten, so dass der Nichtbenutzungseinwand der Beklagten auch insoweit nicht zum Erfolg führt.
Ob mobile Navigationsgeräte als „Zubehör“ im engeren Sinne zu qualifizieren sind, kann dahinstehen, denn es liegt zumindest eine derartige Warenähnlichkeit vor, die angesichts der deutlich gesteigerten Kennzeichnungskraft der Klagemarken und der zumindest hochgradigen Zeichenähnlichkeit zur Bejahung kennzeichenrechtlicher Verwechslungsgefahr führt:
Angesichts dessen, dass der angesprochene Verkehr daran gewöhnt ist, dass unterschiedlichstes Zubehör (Felgen, Warndreiecke, Autoradios etc.) unter ihm bekannten Marken von Automobilherstellern angeboten werden, geht er ohne weiteres davon aus, dass entsprechend gekennzeichnete Navigationsgeräte ebenfalls vom Markeninhaber stammen bzw. unter dessen Verantwortung hergestellt werden.
d) Unter Berücksichtigung der gesteigerten Kennzeichnungskraft aller drei Klagemarken, der Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen und der hochgradigen Ähnlichkeit der Waren, ist von einer Verwechslungsgefahr auszugehen.
3. Eine Wiederholungsgefahr ist mangels Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung gegeben (vgl. Anlage K 6).
II.
Der Auskunftsanspruch ist – soweit über ihn nach der übereinstimmenden Erledigterklärung der Parteien noch zu entscheiden war – gemäß Art. 102 Abs. 2 UMV in Verbindung mit §§ 125 b Nr. 2, 19 Abs. 1, 3 MarkenG bzw. § 242 BGB in Verbindung mit § 125 b) Nr. 2 i.V.m. § 14 Abs. 6, Abs. 3 MarkenG in dem unter Ziffer II. tenorierten Umfang begründet.
III.
Die Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten folgt aus § 125 b) Nr. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 6 MarkenG bzw. aus §§ 683, 670 BGB.
Anzusetzen ist aufgrund der großen Bekanntheit der streitgegenständlichen Marken ein Streitwert von 500.000 €.
Da mangels Unterlassungs- und Folgeansprüche gegen die Beklagte zu 1) lediglich die Abmahnung der Beklagten zu 2) rechtmäßig war, kann die Klägerin auch nur die Hälfte der Abmahnkosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus 500.000 €, mithin 2.497,15 € brutto ersetzt verlangen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB. Die Beklagte zu 2) hat mit ihrem Schreiben vom 28.04.2016 (Anlage K 6) die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt. Dies ist gemäß §§ 133, 157 BGB auch dahin auszulegen, dass sie keine Abmahnkosten bezahlt. Die Beklagte zu 2) hat somit die Zahlung der Abmahnkosten ernsthaft und endgültig im Sinne des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB verweigert.
IV.
Die Feststellung der Schadensersatzpflicht ergeht aufgrund Art. 102 Abs. 2 UMV in Verbindung mit §§ 125 b) Nr. 2, § 14 Abs. 6 MarkenG.
C.
I.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.
Hinsichtlich der übereinstimmend für insgesamt bzw. teilweise erledigt erklärten Auskunftsansprüche gemäß Klageantrag II. waren die Kosten gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO teilweise der Beklagten zu 2) aufzuerlegen, da die erledigten Ansprüche ursprünglich zulässig und begründet waren.
Da die betreffenden Auskunftsansprüche auch gegen die Beklagte zu 1) gerichtet waren, diese jedoch nicht bestehen, waren die Kosten insoweit der Klägerin aufzuerlegen.
Weitere Kosten nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO waren der Klägerin nicht aufzuerlegen, da in der mündlichen Verhandlung lediglich eine gebotene Klarstellung der Reihenfolge der Klagemarken erfolgte (BGH GRUR 2011, 521 Rn. 13 – TÜV I; GRUR 2011, 1043 Rn. 37 TÜV II).
II.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.