Arbeitsrecht

Teils unstatthafte, teils unsubstantiierte Verfassungsbeschwerde gegen Maßnahme einer Bundesbehörde und nachfolgende Gerichtsentscheidungen

Aktenzeichen  Vf. 82-VI-15

Datum:
22.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 103977
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 117
BV Art. 86 Abs. 1 S. 2, Art. 91 Abs. 1, Art. 118, Art. 120
VerfGHG Art. 51 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Maßnahmen einer Bundesbehörde können nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof sein, selbst wenn diese Behörde ihren Sitz in Bayern hat (Fortführung von VerfGHE 22, 124 (125)). (redaktioneller Leitsatz)
2 Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht durch die bayerischen Gerichte beschränkt sich die Prüfung des Verfassungsgerichtshofs darauf, ob das Gericht gegen das Willkürverbot verstoßen hat. (redaktioneller Leitsatz)
3 Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss in der Beschwerdeschrift derart dargelegt werden, dass der Verfassungsgerichthof die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens prüfen kann (Fortführung von BayVerfGH BeckRS 2014, 49976). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 ZB 15.2100 2015-10-14 Bes VGHMUENCHEN VG München

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen
eine dienstliche Weisung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 11. April 2012 ohne Aktenzeichen, durch die der Beschwerdeführer dazu aufgefordert wurde, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen,
das Urteil vom 21. November 2014 Az. M 21 K 12.4483, durch welches das Bayerische Verwaltungsgericht München eine gegen die Weisung gerichtete Klage des Beschwerdeführers abgewiesen hat,
den Beschluss vom 31. August 2015 Az. 6 ZB 15.36, durch den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil abgelehnt hat, sowie
die Zurückweisung der hiergegen gerichteten Anhörungsrüge durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2015 Az. 6 ZB 15.2100.
Der Beschwerdeführer ist verbeamteter Patentprüfer beim Deutschen Patent- und Markenamt. Er ist schwerbehindert mit einem zeitlich unbegrenzt anerkannten Grad der Behinderung von 70. Unter anderem leidet er nach seinem Vortrag seit seiner Kindheit an Funktionseinschränkungen im Bewegungsapparat.
Mit Schreiben vom 11. April 2012 forderte das Patent- und Markenamt den Beschwerdeführer auf, sich zur Feststellung einer eventuellen Dienstunfähigkeit im Sinn des § 44 BBG einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Zur Begründung verwies das Patent- und Markenamt auf erhebliche Fehlzeiten, die dienstlichen Leistungen des Beschwerdeführers sowie dessen Verhalten gegenüber Funktionsträgern und Mitarbeitern des Amts. Gegen die Anordnung legte der Beschwerdeführer Widerspruch ein, der nicht verbeschieden wurde. Einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz lehnte das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 30. November 2012 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde blieb erfolglos.
Die vom Kläger erhobene (Untätigkeits-)Klage, zuletzt gerichtet auf die Feststellung, dass die Untersuchungsanordnung des Patent- und Markenamts vom 11. April 2012 rechtswidrig gewesen sei, wies das Verwaltungsgericht München mit dem angegriffenen Urteil vom 21. November 2014 ab. Der Klageantrag hatte ursprünglich auf die Feststellung gelautet, dass sich der Beschwerdeführer nicht amtsärztlich untersuchen lassen müsse. Nachdem sich der Beschwerdeführer ausweislich des dem Gericht vorgelegten amtsärztlichen Untersuchungszeugnisses vom 21. Oktober 2013 am 21. Juni und 13. August 2013 hatte amtsärztlich untersuchen lassen, wurde in der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2014 nur noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit der mittlerweile erledigten Untersuchungsanordnung beantragt. Das Verwaltungsgericht hielt die Untersuchungsanordnung für rechtmäßig. Insbesondere habe die Behörde ihren Ermessensspielraum nicht überschritten.
Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dem angegriffenen Beschluss vom 31. August 2015 ab. Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem angegriffenen Beschluss vom 14. Oktober 2015, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugegangen am 22. Oktober 2015, zurück.
II.
1. a) Mit seiner am 21. Dezember 2015 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 100, 101, 107, 118 a BV i. V. m. Art. 1 und 2 GG sowie die Verletzung des rechtlichen Gehörs und des gesetzlichen Richters gemäß Art. 103 und 101 GG.
aa) Das in Art. 101 und 100 BV gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht schütze grundsätzlich vor Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter. Die Untersuchungsanordnung und die gerichtlichen Entscheidungen hierzu verletzten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers, weil sie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verkennten. Die Anordnung sei bereits deshalb rechtswidrig, weil sie nicht den formellen Anforderungen genüge. Das Patent- und Markenamt habe gegenüber dem Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt einen anderen Untersuchungsumfang und -gegenstand benannt als gegenüber dem Beschwerdeführer, dem nur eine stichwortartige Begründung gegeben worden sei. Insbesondere sei er nicht darauf hingewiesen worden, dass auch eine psychische Untersuchung erfolgen sollte, ohne dass für ihn erkennbar gewesen sei, inwieweit die benannten Gründe Zweifel an seiner Dienstfähigkeit auch in psychischer Hinsicht begründeten. Dass die Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung gegenüber dem Beschwerdeführer mangelhaft gewesen seien, bewirke, dass die Anordnung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig sei. Die im Rahmen einer psychologischen oder psychiatrischen Begutachtung erhobenen Befunde griffen stärker in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein als bloße körperliche Untersuchungen. Dass und weshalb eine solche stattfinden solle, müsse daher ausdrücklich mitgeteilt werden.
Die Untersuchungsanordnung sei ferner deshalb rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer erst kurz zuvor amtsärztlich untersucht worden sei. Das Verwaltungsgericht habe grundsätzlich verkannt, dass die amtsärztliche Untersuchung einen erheblichen und wesentlichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstelle. Es habe vielmehr ausgeführt, dass eine solche Beeinträchtigung der Rechte nicht ohne Weiteres ersichtlich sei. Auch der Verwaltungsgerichtshof sei auf die entsprechende Rüge des Beschwerdeführers nicht eingegangen. Zumindest hätte die rasch auf eine bereits durchgeführte Untersuchung folgende weitere Untersuchungsanordnung einer gesonderten und ausführlichen Begründung bedurft.
Unverhältnismäßig sei die Anordnung auch deshalb, weil bei Fehlzeiten als milderes Mittel die Auflage in Betracht komme, ein amtsärztliches Attest bereits ab dem ersten Werktag der Abwesenheit vorzulegen, wenn solche Abwesenheiten auf Erkrankungen zurückzuführen seien, die die Dienstfähigkeit nicht dauerhaft berührten. Nach Aktenlage sei eindeutig zu erkennen gewesen, dass die überwiegende Anzahl der Fehltage im Jahr 2011 auf die Operation des Beschwerdeführers in Hannover zurückzuführen gewesen sei und damit ein Zusammenhang mit der – schon bei der Einstellung bekannten – Schwerbehinderung bestanden habe. Da die Schwerbehinderung bekannt gewesen sei, sei die Untersuchungsanordnung überflüssig und damit unverhältnismäßig gewesen.
Die Untersuchung wäre, was die Gerichte im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erkannt hätten, bei einem ordnungsgemäßen betrieblichen Eingliederungsmanagement entbehrlich gewesen, weil sich die Frage der Fehlzeiten auf diese Weise hätte aufklären lassen.
Die Auswirkungen seiner Schwerbehinderung dürften dem Beschwerdeführer, auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 GG und Art. 118 a BV, nicht zum Nachteil gereichen, zumal das kurz zuvor erstellte Gesundheitszeugnis vom 16. März 2012 eine Dienstunfähigkeit nicht im Ansatz habe besorgen lassen. Die die Fehlzeiten bedingenden medizinischen Maßnahmen hätten der Abmilderung der mit der Schwerbehinderung verbundenen Nachteile gedient, insbesondere auch der Vermeidung einer Stigmatisierung und der damit verbundenen psychischen Belastungen.
bb) Die Garantien des rechtlichen Gehörs und des gesetzlichen Richters seien verletzt, weil das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen der Untersuchungsanordnung nur mangelhaft aufgeklärt und auch nur auf die Entscheidung des Berufungsgerichts im Eilverfahren nach § 123 VwGO Bezug genommen habe. Die bloße Bezugnahme auf eine Entscheidung im vorangegangenen Eilverfahren könne keine eigene richterliche Überzeugungsbildung des erstinstanzlichen Richters ersetzen. Zudem werde der Beschwerdeführer dadurch seinem gesetzlichen Richter entzogen. Es wäre Sache des Einzelrichters erster Instanz gewesen, den Sachverhalt aufzuklären. Dieser habe aber die angebotenen Beweise, insbesondere die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens, nicht in Erwägung gezogen. Der Einzelrichter in erster Instanz hätte sich seine Überzeugung auf Grundlage seiner eigenen, selbst getroffenen Feststellungen und nicht durch Übernahme der bloß summarischen Prüfung im Eilverfahren bilden müssen. Bei Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre ersichtlich geworden, dass die Ausfallzeiten des Beschwerdeführers operationsbedingt gewesen seien und eine Dienstunfähigkeit nicht zu besorgen gewesen sei.
b) Mit Schriftsatz vom 4. Juli 2016 beantragt der Beschwerdeführer außerdem, „einen Gutachter anzuhören zu der Thematik, wie dienstliche Fehlzeiten wegen Abmilderung eines Handicaps und ohne Bezug zur Dienstfähigkeit einzuordnen sind“. Der Umstand, dass seine Fehlzeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Schwerbehinderung oder seinem Bestreben stünden, deren Auswirkungen abzumildern, sei unberücksichtigt geblieben. Daraus folge eine Diskriminierung seiner Person. Die Berufung sei durch den Verwaltungsgerichtshof fehlerhaft nicht zugelassen worden; dabei sei die Frage nach der dienstrechtlichen Einordnung von Fehlzeiten wegen medizinischer Behandlungen zwecks Abmilderung einer Schwerbehinderung, die nicht ohne Weiteres unter den Begriff „Krankheit“ subsumiert werden könnten, bislang ungeklärt.
2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Würde der Vortrag bezüglich einer Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör als ausreichend erachtet, wäre die Verfassungsbeschwerde insoweit jedenfalls unbegründet. Für eine Beweiserhebung im Verfassungsbeschwerdeverfahren bestehe keine Möglichkeit.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist insgesamt unzulässig, weil sie in Teilbereichen nicht statthaft ist und im Übrigen den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt.
1. Die vom Beschwerdeführer angegriffene Untersuchungsanordnung des Deutschen Patent- und Markenamts ist keine Maßnahme einer bayerischen Landesbehörde, sondern einer Bundesbehörde. Sie kann daher nicht Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof nach Art. 120 BV sein, selbst wenn diese Behörde, wie hier, ihren Sitz in Bayern hat (VerfGH vom 12.8.1969 VerfGHE 22, 124/125; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 120 Rn. 11 m. w. N.).
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2015 richtet, ist sie unzulässig. Die eine Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 152 a VwGO) ablehnende Entscheidung lässt allenfalls eine bereits durch die Ausgangsentscheidung eingetretene Verletzung des rechtlichen Gehörs fortbestehen, indem die „Selbstkorrektur“ durch die Fachgerichte unterbleibt, schafft aber keine eigenständige Beschwer (vgl. VerfGH vom 25.10.2016 – Vf. 83-VI-14 – juris Rn. 20 m. w. N.).
3. Gegenstand der Verfassungsbeschwerde können demnach nur das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2014 und der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. August 2015 sein. Auch insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch unzulässig.
a) Die als verletzt gerügten Grundrechte aus Art. 100, 101, 107 und 118 a BV „in Verbindung mit Art. 1 und 2 GG“ stellen als materielle Landesgrundrechte keinen tauglichen Prüfungsmaßstab dar.
Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht, das – wie hier die im Ausgangsverfahren angewendeten Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung – wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung in materieller Hinsicht darauf, ob das Gericht gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstoßen hat. Nur soweit eine wie hier nicht fristgerecht erhobene Willkürrüge Erfolg hat, können die angegriffenen Entscheidungen auch an anderen materiellen Grundrechten der Bayerischen Verfassung – etwa dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht – gemessen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/96 ff. m. w. N.; vom 25.10.2016 Vf. 83-VI-14 – juris Rn. 26). In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie z. B. der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) oder das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV), mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 66, 94/96 ff. m. w. N.; VerfGH vom 25.10.2016 -Vf. 83-VI-14 – juris Rn. 26).
Soweit der Beschwerdeführer sich im Übrigen auf Grundrechte des Grundgesetzes bezieht, sind diese im Verfahren der Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV von vornherein kein Prüfungsmaßstab.
b) Hinsichtlich der verbleibenden Rügen der Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) und der Gewährleistung des gesetzlichen Richters (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, weil dem Beschwerdevorbringen eine hinreichende Substanziierung fehlt.
aa) Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG setzt die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde voraus, dass das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung geltend gemacht werden soll, genau bezeichnet und die behauptete Verletzung verfassungsmäßiger Rechte im Einzelnen dargelegt wird. Dazu gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Die Rechtsverletzung muss so weit substanziiert werden, dass geprüft werden kann, ob die angefochtene Entscheidung auf ihr beruht (vgl. VerfGH vom 19.7.1979 VerfGHE 32, 91/92 m. w. N.; vom 17.3.2010 BayVBl 2011, 283). Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 30.4.1992 – Vf. 61-VI-91 – juris Rn. 19; vom 10.2.2014 – Vf. 53-VI-12 – juris Rn. 17). Um der Verfassungsbeschwerde den erforderlichen Inhalt zu geben, darf der Beschwerdeführer auf Schriftstücke Bezug nehmen, die er ihr beifügt. Soweit er indes auf Schriftstücke Bezug nimmt, die weder beigefügt noch bereits zuvor Bestandteile der Akten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens geworden sind, hat er zumindest ihren wesentlichen Inhalt anzugeben (vgl. VerfGHE 19, 14/15). Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar derart dargelegt werden, dass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint (VerfGH vom 10.2.2014 – Vf. 53-VI-12 – juris Rn. 17 unter Bezugnahme auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
bb) Diesem Maßstab wird die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. November 2014 nicht gerecht.
(1) Das betrifft zunächst die Verfassungsbeschwerde als Ganzes, weil die Entscheidungen im vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil mehrfach Bezug genommen hat (vgl. S. 2, 7, 8, 10 und 12 des Urteils), weder vorgelegt noch im Einzelnen wiedergegeben werden. Damit ist der Inhalt des angegriffenen Urteils unvollständig dargelegt, weil es ohne Rückgriff auf die Akten (des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes) nicht überprüft werden kann.
(2) Unabhängig davon hat der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde in Bezug auf die Rüge einer Verletzung des Grundrechts auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) nicht im dargelegten Sinn substanziiert.
(a) Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV gewährleistet zum einen, dass die Zuständigkeit des Gerichts rechtssatzmäßig festgelegt sein muss. Das Recht auf den gesetzlichen Richter untersagt zum andern jede willkürliche Verschiebung von richterlichen Zuständigkeiten innerhalb der Justiz. Es darf kein anderer als der Richter tätig werden und entscheiden, der nach den allgemeinen Normen und in den Geschäftsverteilungsplänen dafür vorgesehen ist (VerfGH vom 14.7.2014 BayVBl 2015, 102; vom 18.11.2014 – Vf. 64-VI-14 – juris Rn. 34, jeweils m. w. N.). Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV kann auch dadurch berührt sein, dass ein Gericht im erstinstanzlichen Verfahren ein Rechtsmittel nicht zulässt und dadurch die Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz verhindert. Eine Grundrechtsverletzung kommt insoweit jedoch nur in Betracht, wenn einer Partei der gesetzliche Richter durch eine willkürliche, offensichtlich unhaltbare Entscheidung entzogen wird (VerfGH vom 29.9.1989 VerfGHE 42, 122/129 f.; vom 14.7.1998 VerfGHE 51, 126/128; vom 13.7.2010 VerfGHE 63, 119/126; BVerfG vom 17.12.2002 FamRZ 2003, 589; vom 7.1.2004 BVerfGK 2, 202).
(b) Inwieweit gegen diese Maßstäbe dadurch verstoßen werden könnte, dass ein Gericht in den Gründen seiner Entscheidung teilweise auf andere Entscheidungen Bezug nimmt, ist nicht plausibel. Den beanstandeten Bezugnahmen steht insbesondere § 117 VwGO nicht entgegen; vielmehr ist es schon einfachrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Gericht zur Darlegung der maßgeblichen tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen auf andere Entscheidungen Bezug nimmt, die den Beteiligten bekannt sind oder von denen diese ohne Schwierigkeit Kenntnis nehmen können (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 117 Rn. 16). Das Fachgericht macht sich dadurch nämlich die Entscheidung, auf die es verweist, zu eigen.
(3) Ebenso wenig hat der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) substanziiert dargelegt.
(a) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör hat eine zweifache Ausprägung. Zum einen untersagt es dem Gericht, seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.10.1993 VerfGHE 46, 293/296; vom 6.4.2001 VerfGHE 54, 29/31; vom 22.3.2012 – Vf. 50-VI-11 – juris Rn. 22). Zum anderen gibt es den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrensoder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 31.3.2008 VerfGHE 61, 66/70; vom 26.1.2010 VerfGHE 63, 10/13; vom 19.7.2013 – Vf. 88-VI-12 -juris Rn. 19; vom 7.10.2014 – Vf. 110-VI-13 – juris Rn. 17; vom 9.1.2015 Vf. 1-VI-14 – juris Rn. 22).
Auch aus der Ablehnung eines entscheidungserheblichen Beweisantrags, mit dem sich das Gericht befasst hat, kann sich ein Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV ergeben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die Anwendung und Handhabung des Prozessrechts durch das Gericht in einer Weise erfolgt, die unter Berücksichtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unvertretbar ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.4.2005 VerfGHE 58, 108/111; vom 19.8.2010 BayVBl 2010, 733; vom 25.5.2011 NJW-RR 2011, 1209/1210; vom 29.5.2012 – Vf. 116-VI-11 – juris Rn. 27). Ob ein Beweisthema entscheidungserheblich ist, obliegt dabei der materiellrechtlichen Einschätzung des zur Entscheidung berufenen Gerichts, welche verfassungsrechtlich nur daraufhin überprüfbar ist, ob sie gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV) verstößt (VerfGH vom 29.5.2012 – Vf. 116-VI 11 – juris Rn. 29; Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 91 Rn. 56).
(b) Mit der Rüge des Beschwerdeführers, das Verwaltungsgericht habe von ihm „angebotene […] Beweise, insbesondere die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens […] in verfassungsrechtlich erheblicher Weise missachtet“, wird eine mögliche Gehörsverletzung nicht schlüssig aufgezeigt. Der Beschwerdeführer legt weder dar, welche Beweise wann und zu welchem Beweisthema genau angeboten worden seien, noch erläutert er, inwieweit solche Beweisangebote nach der Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich gewesen wären. Auch trägt er nicht vor, dass er im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht einen förmlichen Beweisantrag im Sinn des § 86 Abs. 2 VwGO gestellt hätte. Aus den Aktenvorgängen ist dies ebenso wenig ersichtlich. Damit hat der Beschwerdeführer aber nicht alles unternommen, um das Gericht zu veranlassen, vor Erlass der Sachentscheidung Überlegungen über die Entscheidungserheblichkeit eines Beweisantrags im Sinn seiner Rüge anzustellen (vgl. BVerwG vom 16.3.1994 NVwZ 1994, 1095). Ein Beteiligter ist indes zur Abwehr einer Gehörsverletzung verpflichtet, von sich aus alle prozessualen Möglichkeiten auszuschöpfen, um sich das rechtliche Gehör zu verschaffen und eine Schmälerung dieses Rechts zu verhindern (vgl. VerfGH vom 15.7.2005 VerfGHE 58, 178/181; vom 5.12.2006 VerfGHE 59, 232/237; vom 18.3.2010 VerfGHE 63, 39/50). Damit ist eine Gehörsverletzung nicht ansatzweise erkennbar.
cc) Die Angriffe gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 31. August 2015 scheitern ebenfalls an der mangelnden Substanziierung der Rügen.
Die Ausführung, auch der Verwaltungsgerichtshof habe verkannt, dass ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre, und (deshalb) „in einer das Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzenden Weise das Rechtsmittel des Beschwerdeführers zurückgewiesen“, zeigt die Möglichkeit einer Verletzung des Art. 91 Abs. 1 BV nicht auf. Der Verwaltungsgerichtshof hatte nicht per se die Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu überprüfen, sondern am Maßstab des § 124 Abs. 2 sowie des § 124 a Abs. 4 und 5 VwGO darüber zu befinden, ob die Berufung überhaupt zuzulassen war. Der Beschwerdeführer hätte also vortragen müssen, welchen konkreten Vortrag in Bezug auf einen Berufungszulas-sungsgrund der Verwaltungsgerichtshof in entscheidungserheblicher Weise übergangen habe. Dazu hätte näher ausgeführt werden müssen, welcher der insgesamt fünf Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO aufgrund welcher Umstände im Einzelnen in Betracht gekommen wäre. Allein die Behauptung, auch der Verwaltungsgerichtshof habe einen Umstand in derselben Weise verkannt wie das Erstgericht, kann die Rüge einer Gehörsverletzung von vornherein nicht tragen.
Der weitere, unklare Vortrag, es sei „insbesondere zu berücksichtigen, dass das Berufungsgericht selbst erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der dienstlichen Anordnung hatte, da es in den Entscheidungsgründen diese Anordnung gerade noch als rechtmäßig erachtete“, ändert nichts an der mangelnden Substanziierung der Grundrechtsrügen.
4. Eine Beweisaufnahme nach Art. 23 VfGHG durch den Verfassungsgerichtshof entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers kommt nicht in Betracht. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, im Verfassungsbeschwerdeverfahren Beweise zu erheben, um den der fachgerichtlichen Entscheidung im Ausgangsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt zu klären.
IV.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Minusstunden im Sommerloch: Was ist erlaubt?

In vielen Branchen ist das Sommerloch sehr präsent. Doch wie ist das eigentlich bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell, wenn durch weniger Arbeit Minusstunden entstehen? Wir erklären, was zulässig ist und was nicht erlaubt ist.
Mehr lesen