Verwaltungsrecht

Unbegründete Verfassungsbeschwerde betreffend Ausbildung zum Rechtspflegeranwärter

Aktenzeichen  Vf. 87-VI-19

Datum:
7.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38291
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 94 Abs. 2, Art. 101, Art. 116, Art. 128 Abs. 1
VfGHG Art. 51 Abs. 2 S. 1
ZAPO/RPfl § 14 Abs. 1

 

Leitsatz

Unbegründete Verfassungsbeschwerde gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit der Ausbildung des Beschwerdeführers zum Rechtspflegeranwärter. (Rn. 14 – 21)
Ein uneingeschränktes Recht auf eine zumindest einmalige Wiederholung eines Ausbildungsabschnitts im Vorbereitungsdienst für die Rechtspflegerlaufbahn lässt sich nicht damit begründen, dass das Bestehen dieses Ausbildungsabschnitts Voraussetzung für das Erreichen des Eingangsamtes dieser Laufbahn ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 K 15.5531 2017-11-14 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 14. November 2017 Az. M 5 K 15.5531, mit dem die Klage des Beschwerdeführers auf Zulassung zur Wiederholung des fachtheoretischen Ausbildungsabschnitts I als Rechtspflegeranwärter und Aufhebung seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf abgewiesen wurde, sowie gegen die Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen diese Entscheidung durch den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Juli 2019 Az. 3 ZB 18.220.
1. Der Beschwerdeführer wurde mit Wirkung vom 1. September 2014 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Rechtspflegeranwärter bei einem Arbeitsgericht ernannt. Er begann die Rechtspflegerausbildung an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern (jetzt: Hochschule für den öffentlichen Dienst in Bayern). Im Rahmen des fachtheoretischen Studienabschnitts I waren als Leistungsnachweise insgesamt zwölf je fünfstündige Klausuren zu fertigen. Außerdem war eine pro Anwärter mindestens 20 Minuten dauernde mündliche Prüfung mit dem Stellenwert einer Klausur abzulegen. Die maximal erreichbare Einzelbewertung betrug 15 Punkte. Leistungen von 1 bis 3 Punkten wurden als mangelhaft bewertet. Der Beschwerdeführer nahm krankheitsbedingt nur an elf der zwölf Klausuren teil und erzielte daraus in der Zwischenbewertung insgesamt 31 Punkte (2 x 5 Punkte, 1 x 4 Punkte, 3 x 3 Punkte, 3 x 2 Punkte, 2 x 1 Punkt). In der mündlichen Bewertung erreichte er 10 Punkte.
Das Gesamtergebnis von 41 Punkten wurde auf einer Notenskala von 1 bis 6 mit der Gesamtnote 5 (mangelhaft) bewertet.
a) Mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Genehmigung zur Wiederholung des fachtheoretischen Studienabschnitts I mit der Begründung, bei dem von ihm erzielten Gesamtpunktedurchschnitt (3,42) eröffne die Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Rechtspfleger (ZAPO/RPfl) eine Wiederholungsmöglichkeit. Diesen Antrag lehnte der Präsident des Landesarbeitsgerichts mit Bescheid vom 12. November 2015 unter Hinweis auf § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl ab (Nr. 1 des Bescheids) und verfügte zugleich die Entlassung des Beschwerdeführers aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf mit Ablauf des 31. Dezember 2015 (Nr. 2 des Bescheids).
Die hiergegen erhobene Klage des Beschwerdeführers wies das Verwaltungsgericht München mit dem angegriffenen Urteil vom 14. November 2017 ab. Die Entlassungsverfügung sei rechtmäßig, da der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf Wiederholung des Ausbildungsabschnitts I habe. Er erfülle die Voraussetzungen von § 14 Abs. 1 Satz 3 ZAPO/RPfl in der zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung vom 19. November 2012, der eine Wiederholung der Prüfung nur in einem hier nicht vorliegenden Ausnahmefall zulasse; er sei in 73% der mitgeschriebenen Klausuren schlechter als „ausreichend“ bewertet worden. Auch wenn der gesamte § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl nicht gänzlich stringent sein sollte und das Verhältnis der Sätze 2 und 3 zueinander strittig sei, lägen jedenfalls die Voraussetzungen des Satzes 3 der Vorschrift vor, wonach die Sätze 1 und 2 auch gälten, wenn in einem fachtheoretischen Studienabschnitt mehr als die Hälfte der Klausuren schlechter als mit „ausreichend“ bewertet worden seien. Der Verweis zu Beginn von § 14 Abs. 1 Satz 3 ZAPO/PRfl – „Sätze 1 und 2 gelten auch“ – sei so zu verstehen, dass eine Wiederholung möglich sei, wenn aufgrund der bisherigen Leistungen ein erfolgreiches Absolvieren des betreffenden Ausbildungsabschnitts zu erwarten sei (insoweit Satz 1), was aber grundsätzlich nicht der Fall sein solle (insoweit Satz 2), wenn die Umstände des Satzes 3 vorlägen. Aus § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl ergebe sich insoweit ein intendiertes Ermessen dahingehend, dass in den letztgenannten Fällen eine Wiederholungsmöglichkeit grundsätzlich ausscheide. Lediglich in Ausnahmefällen könne dann eine Wiederholung zugelassen werden.
b) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts lehnte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 31. Juli 2019, den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 8. August 2019, ab. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer zeige keine durchgreifenden Zweifel an dem angefochtenen Urteil auf, die seinem Zulassungsantrag zum Erfolg verhelfen könnten. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils sei insbesondere nicht deshalb ernstlich zweifelhaft, weil die Vorschrift, nach der das Verwaltungsgericht eine Wiederholung der nicht bestandenen Prüfung versagt habe (§ 14 Abs. 1 Satz 3 ZAPO/RPfl), wegen Verstoßes gegen das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit und Klarheit einer Norm unwirksam wäre. Der Senat könne insbesondere der Bewertung des Beschwerdeführers nicht beitreten, der Regelungsgehalt von § 14 Abs. 1 Satz 3 ZAPO/RPfl betreffe allein das Bestehen der Prüfung, nicht jedoch die Frage, ob eine Wiederholung im Fall des Nichtbestehens eines Studienabschnitts zulässig sei. Die einzig sinnvolle und dem Wortlaut, dem Zweck und insbesondere dem Sachzusammenhang der Vorschrift entsprechende Auslegung des Satzes 3 sei diejenige, die ihm auch das Verwaltungsgericht gegeben habe. Danach sei im Fall des Nichtbestehens eines Studienabschnitts – wie hier wegen einer schlechter als mit „ausreichend“ bewerteten Gesamtleistung – eine Wiederholungsmöglichkeit nur eröffnet, wenn aufgrund der bisherigen Leistungen „zu erwarten ist, dass der zu wiederholende Ausbildungsabschnitt erfolgreich absolviert wird“ (Satz 1). Die damit geforderte Prognose über einen künftig erfolgreichen Ausbildungsverlauf sei Dreh- und Angelpunkt einer jeden Zulassung der Wiederholung. Satz 2 der Vorschrift benenne explizit einen Sachverhalt, in dem aufgrund der bis dahin gezeigten Leistungen des Anwärters grundsätzlich nicht von einer positiven Prognose für den weiteren Ausbildungsverlauf ausgegangen und daher auch keine Möglichkeit zur Wiederholung gegeben werden könne. Schließlich erweitere Satz 3 zusätzlich die in Satz 2 genannte Rechtsfolge („Dies ist grundsätzlich nicht der Fall …“) auf die Fälle, in denen der Anwärter – wie hier der Beschwerdeführer – mehr als die Hälfte der Klausuren nicht bestanden und damit in besonders vielen Rechtsgebieten keine ausreichende Leistung erbracht habe. Dieser Umstand rechtfertige es, für die weitere Ausbildung von einer (grundsätzlich) negativen Prognose auszugehen und eine Wiederholungsmöglichkeit zu versagen. Dem Dienstherrn könne nicht zugemutet werden, ein Beamtenverhältnis auf Widerruf, das aller Voraussicht nach ohne erfolgreichen Abschluss bleiben werde, auch dann noch aufrechtzuerhalten, wenn sich eine entsprechende Prognose ergebe. Nach diesem Verständnis des Normgefüges stünden Satz 2 und Satz 3 eigenständig nebeneinander. Die Eingangsformulierung in Satz 3 („Sätze 1 und 2 gelten auch“) sei dementsprechend so zu verstehen: „Auf Grund der bisherigen Leistung ist grundsätzlich auch dann nicht zu erwarten, dass der zu wiederholende Ausbildungsabschnitt erfolgreich absolviert wird, wenn in einem fachtheoretischen Studienabschnitt, ohne Fachstudium III, mehr als die Hälfte der Klausuren schlechter als mit ausreichend bewertet wurde“.
II.
1. Mit seiner am 8. Oktober 2019 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer Verletzungen seiner Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) und seines Rechts auf Ausbildungsfreiheit (Art. 128 Abs. 1 BV).
Die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs verletzten den Beschwerdeführer in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit. Aus Art. 101 BV lasse sich zwar kein Recht herleiten, eine Prüfung, die den Weg zur Aufnahme eines Berufs eröffne, unbegrenzt oft zu wiederholen. Wenn sich mit hinreichender Sicherheit ersehen lasse, dass ein Bewerber nicht geeignet sei, den dem Zweck der Abschlussprüfung entsprechenden Anforderungen zu genügen, könne sein Ausschluss vom weiteren Prüfungsverfahren nicht als unzumutbare, unverhältnismäßige Beschränkung der Handlungs- und Berufsfreiheit aufgefasst werden. Etwas anderes müsse jedoch gelten, wenn ein Prüfungsteilnehmer eine Prüfung bzw. einen Ausbildungsabschnitt nur einmal nicht bestanden habe. Das Recht zur einmaligen Wiederholung einer nicht bestandenen Prüfung bzw. eines nicht bestandenen Ausbildungsabschnitts sei nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82) geboten. Der Ausschluss des Rechts zur einmaligen Wiederholung einer Prüfung sei zumindest bei Prüfungen, die Qualifikationsvoraussetzung für die Ausübung eines Berufs seien, nicht mit dem Grundsatz der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) sowie dem Recht auf Ausbildungsfreiheit (Art. 128 Abs. 1 BV) vereinbar. Dies hätten das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof verkannt. Bei Beachtung der Ausstrahlungswirkung dieser Grundrechte auf die Anwendung des einfachen Rechts hätten sie nicht zu dem gefundenen Ergebnis gelangen können.
Das Verwaltungsgericht und der Verwaltungsgerichtshof hätten weiter verkannt, dass § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl zumindest auch einer Auslegung zugänglich sei, wonach der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Wiederholung des Prüfungsabschnitts habe, und dass dieser verfassungskonformen Auslegung der Vorzug zu geben sei. Nach dieser Auslegung regelten Satz 1 und Satz 3 des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl nur, wann ein Ausbildungsabschnitt nicht bestanden sei, und verwiesen sodann zur Frage, wann ein Ausbildungsabschnitt wiederholt werden könne, ausdrücklich auf Satz 2; nur Satz 2 gebe sodann Auskunft darüber, wann eine Wiederholung möglich sei, wobei Satz 2 dies im Rahmen eines negativen Umkehrschlusses formuliere, nämlich: „Wiederholen kann jeder, dem die Wiederholung nicht – wie folgt – verwehrt ist: Die Wiederholung ist verwehrt, wenn weniger als ein Viertel der Klausuren mit mindestens ‚ausreichend‘ bewertet wurden und die durchschnittliche Gesamtleistung (= mündliche und schriftliche Ergebnisse zusammengefasst) unter 2,5 Punkten liegt.“
Selbst wenn man dieser Normauslegung nicht folge, lasse § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl jedenfalls Spielraum für mehrere Auslegungsmöglichkeiten. So hätten die Verwaltungsgerichte in dem ihn betreffenden Verfahren die Auffassung vertreten, Satz 3 der Vorschrift sei so zu verstehen, dass eine Wiederholung nur möglich sei, wenn aufgrund der bisherigen Leistungen ein erfolgreiches Absolvieren des betreffenden Ausbildungsabschnitts zu erwarten sei, was aber grundsätzlich nicht der Fall sein solle, wenn die Umstände des Satzes 3 vorlägen. Da die angegriffene Vorschrift zumindest auch einer Auslegung zugänglich sei, wonach der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Wiederholung des Prüfungsabschnitts habe, sei dieser verfassungskonformen Auslegung der Vorzug zu geben.
2. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration hält in Abstimmung mit dem Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales sowie dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, soweit die Verletzung eines Bildungs- und Ausbildungsgrundrechts aus Art. 128 Abs. 1 BV geltend gemacht wird und soweit sie sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs richtet. Art. 128 Abs. 1 BV enthalte kein rügefähiges Grundrecht; hinsichtlich der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, der die Anwendung von Bundesrecht zugrunde liege, werde kein Verstoß gegen das Willkürverbot oder Verfahrensgrundrechte, die hier allein Prüfungsmaßstab sein könnten, geltend gemacht. Im Übrigen sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet, da die vom Verwaltungsgericht München angenommene Einschränkung der Wiederholungsmöglichkeit im Rahmen des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl keine Verletzung des Art. 101 BV darstelle.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
Sie ist mit der Rüge einer Verletzung der Handlungs- und Berufsfreiheit (Art. 101 BV) zulässig erhoben. Der Beschwerdeführer hat hinreichend substanziiert dargelegt, inwiefern die angegriffenen Entscheidungen seiner Ansicht nach seine Handlungs- und Berufsfreiheit verletzen (Art. 51 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VfGHG). Er rügt insoweit im Wesentlichen, der durch die Gerichte mit ihrer – seiner Auffassung nach nicht verfassungskonformen – Auslegung des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl bewirkte Ausschluss des Rechts auf Wiederholung eines nicht bestandenen Ausbildungsabschnitts sei zumindest bei Prüfungen, die Qualifikationsvoraussetzung für die Ausübung eines Berufs seien, unverhältnismäßig und mit dem Grundsatz der allgemeinen Handlungs- bzw. Berufsfreiheit unvereinbar. Dieses Vorbringen lässt eine Verletzung des Art. 101 BV jedenfalls möglich erscheinen. Daher bedarf auch die umstrittene Frage, ob der ebenfalls als verletzt gerügte Art. 128 Abs. 1 BV (Ausbildungsanspruch entsprechend der erkennbaren Fähigkeiten und inneren Berufung) ein Grundrecht gewährt oder lediglich einen objektiven Programmsatz enthält (vgl. dazu VerfGH vom 28.10.1960 VerfGHE 13, 141/146; vom 24.8.2020 BayVBl 2020, 842 Rn. 28; vom 26.2.2021 BayVBl 2021, 336 Rn. 32; vom 8.7.2021 – Vf. 47-VI-19 – juris Rn. 23; Geis in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 128 Rn. 2 ff.; Möstl in Lindner/Möstl/ Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 128 Rn. 5), keiner Entscheidung.
IV.
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts, das den maßgeblichen Prüfungsgegenstand bildet (vgl. nachfolgend unter 1.), verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten (vgl. nachfolgend unter 2.). Die Auslegung des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl durch das Verwaltungsgericht (und den Verwaltungsgerichtshof) steht in Einklang mit den für das Berufsbeamtentum geltenden speziellen Verfassungsbestimmungen in Art. 94 Abs. 2, Art. 116 BV sowie – unterstellt, dass deren Anwendungsbereich neben den eben genannten speziellen Verfassungsbestimmungen eröffnet ist – auch mit den Rechten der allgemeinen Handlungs- und Berufsfreiheit (Art. 101 BV) und der Ausbildungsfreiheit (Art. 128 Abs. 1 BV).
1. Maßgeblicher Prüfungsgegenstand ist das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts. Zwar ist wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) Beschwerdegegenstand immer die letztinstanzliche Entscheidung, auch wenn die Entscheidungen der vorausgegangenen Instanzen in die Verfassungsbeschwerde mit einbezogen werden können. Wendet sich der Beschwerdeführer aber – wie hier – gegen das inhaltliche Ergebnis des fachgerichtlichen Ausgangsverfahrens, ist diejenige im Instanzenzug letzte Entscheidung maßgeblich, die eine umfassende materielle Prüfung vornimmt und damit die vom Beschwerdeführer beanstandete Beschwer enthält. Befasst sich das Rechtsmittelgericht, wie hier der Verwaltungsgerichtshof, nicht mehr (vollumfänglich) mit der materiellen Rechtslage, sondern nur noch mit der Zulassungsfähigkeit des Rechtsmittels, kommt es daher auf die letzte Sachentscheidung an, durch die die Klage des Beschwerdeführers abgewiesen wurde (VerfGH vom 30.6.2020 BayVBl 2020, 701 Rn. 23 m. w. N.; vom 25.5.2021 – Vf. 38-VI-20 – juris Rn. 32), hier also auf diejenige des Verwaltungsgerichts.
2. Das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem die Klage auf Wiederholung des fachtheoretischen Studienabschnitts I und gegen die Entlassungsverfügung abgewiesen wurde, verletzt den Beschwerdeführer nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten.
Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen vom Beschwerdeführer bezeichnete Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein in zulässiger Weise als verletzt gerügtes subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Hinsichtlich der Anwendung von Landesrecht, wie hier der Bestimmungen der Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Rechtspfleger, ist zu prüfen, ob maßgebende Rechtssätze der Bayerischen Verfassung außer Acht gelassen wurden. Letzteres ist der Fall, wenn das Gericht den Wertgehalt einer ein subjektives Recht verbürgenden Norm der Bayerischen Verfassung und ihre in das einfache Recht hineinwirkende Bedeutung – ihre Ausstrahlungswirkung – verkannt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.2.2015 VerfGHE 68, 10 Rn. 57; vom 24.5.2019 NVwZ-RR 2019, 881 Rn. 43 m. w. N.; BayVBl 2020, 701 Rn. 23).
Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist das Urteil des Verwaltungsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Gericht hat bei Auslegung und Anwendung des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden § 14 Abs. 1 der vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erlassenen Zulassungs-, Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Rechtspfleger (ZAPO/RPfl) vom 19. November 2012 (GVBl S. 595, BayRS 2038- 3-3-9-J), die durch § 1 Nr. 113 der Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286) geändert worden und mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten ist, den Wertgehalt der allgemeinen Handlungs- und Berufsfreiheit (Art. 101 BV) sowie der Ausbildungsfreiheit (Art. 128 Abs. 1 BV) und ihre in das einfache Recht hineinwirkende Bedeutung nicht verkannt – unterstellt, dass deren Anwendungsbereich neben den für das Berufsbeamtentum geltenden speziellen Verfassungsbestimmungen in Art. 94 Abs. 2, Art. 116 BV eröffnet ist und Art. 128 Abs. 1 BV Grundrechtsqualität hat.
a) Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26. Februar 2021 Vf. 16-VII-19 (BayVBl 2021, 336) die Popularklage des Beschwerdeführers gegen § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl abgewiesen, weil die Norm verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei. Er hat dabei die Auslegung des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl durch das Verwaltungsgericht (und den Verwaltungsgerichtshof) bestätigt (vgl. nachfolgend unter aa)), den so ermittelten Regelungsgehalt des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl als mit dem Leistungsgrundsatz (für Prüfungen) der Art. 94 Abs. 2, Art. 116 BV sowie der allgemeinen Handlungs- und Berufsfreiheit (Art. 101 BV) und der Ausbildungsfreiheit (Art. 128 Abs. 1 BV) – unterstellt, dass deren Anwendungsbereich neben Art. 94 Abs. 2, Art. 116 BV eröffnet ist – vereinbar angesehen (vgl. nachfolgend unter bb)) und die vom damaligen Antragsteller und jetzigen Beschwerdeführer für notwendig erachtete verfassungskonforme Auslegung verworfen (vgl. nachfolgend unter cc)). Aus den gleichen Gründen, auf die Bezug genommen wird, ist der Beschwerdeführer durch das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt.
aa) Zur Auslegung des von ihm als hinreichend bestimmt gewerteten § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl hat der Verfassungsgerichtshof wie folgt ausgeführt und damit die diesbezügliche Auslegung durch das Verwaltungsgericht (und den Verwaltungsgerichtshof) bestätigt (VerfGH BayVBl 2021, 336 Rn. 40 f.):
40 Der Normgeber wollte mit der in § 14 Abs. 1 Satz 1 ZAPO/RPfl getroffenen Bestimmung die Wiederholung eines Studienabschnitts ausschließen, wenn aufgrund der bisherigen Leistungen nicht zu erwarten war, dass der zu wiederholende Ausbildungsabschnitt erfolgreich absolviert würde. Wann diese negative Prognose grundsätzlich begründet sein sollte, beschreiben die Sätze 2 und 3. Dabei wird in Satz 2 auf die Zahl der nicht bestandenen Klausuren in Kombination mit der Durchschnittspunktzahl aller Leistungsnachweise, in Satz 3 allein auf die Zahl der nicht bestandenen Klausuren abgestellt. Keine hinreichende Gewähr für eine erfolgreiche Wiederholung bietet demnach grundsätzlich, wer in dem betreffenden fachtheoretischen Studienabschnitt entweder weniger als ein Viertel der Klausuren bestanden und eine Durchschnittspunktzahl aller Leistungsnachweise von weniger als 2,50 erreicht hat (Satz 2) oder wer in einem fachtheoretischen Studienabschnitt ohne Fachstudium III in mehr als der Hälfte der Klausuren eine schlechtere Bewertung als „ausreichend“ erzielt hat (Satz 3).
41 Die vom Antragsteller vertretene Auslegung des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl, wonach dessen Satz 3 ausschließlich das Bestehen oder Nichtbestehen regle, nicht aber die Frage betreffe, unter welchen Voraussetzungen der Ausbildungsabschnitt wiederholt werden könne, liegt demgegenüber fern. Der Bezugnahme auf Satz 2 ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die in Satz 3 beschriebene Konstellation („Hälfte-Klausel“) den Kreis der in Satz 2 beschriebenen Fälle erweitert, in denen regelmäßig nicht von einer erfolgreichen Wiederholung des Ausbildungsabschnitts ausgegangen werden kann. Hätte der Verordnungsgeber tatsächlich beabsichtigt, in § 14 Abs. 1 Satz 3 ZAPO/RPfl ausschließlich einen weiteren Fall des Nichtbestehens zu normieren, so hätte es nahegelegen, dies einheitlich im Zusammenhang des Satzes 1 zu tun, statt in den Sätzen 1 und 3 unterschiedliche Fallkonstellationen des Nichtbestehens zu regeln, dazwischen jedoch mit Satz 2 eine Bestimmung einzufügen, die nur Beschränkungen der Wiederholungsmöglichkeit enthält.
bb) Den so ermittelten Regelungsgehalt des § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl hat der Verfassungsgerichtshof als mit dem Leistungsgrundsatz (für Prüfungen) der Art. 94 Abs. 2, Art. 116 BV, der, soweit die persönliche Rechtsstellung des Beamten betroffen ist, subjektivrechtlichen Charakter hat, vereinbar angesehen, da die dort normierten Einschränkungen der Möglichkeit, einen Ausbildungsabschnitt zu wiederholen, weder den Grundsatz der Chancengleichheit verletzt noch die Betroffenen unverhältnismäßig belastet hätten. Ein uneingeschränktes Recht auf eine zumindest einmalige Wiederholung eines Ausbildungsabschnitts im Vorbereitungsdienst für die Rechtspflegerlaufbahn lasse sich nicht damit begründen, dass das Bestehen dieses Ausbildungsabschnitts Voraussetzung für das Erreichen des Eingangsamtes dieser Laufbahn ist (VerfGH BayVBl 2021, 336 Rn. 42 ff./50 ff.). Soweit der Antragsteller (und jetzige Beschwerdeführer) der Meinung sei, es sei verfassungsrechtlich geboten, eine nicht bestandene Prüfung mindestens einmal wiederholen zu können, lasse sich dies auch nicht aus der von ihm in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 1989 (NVwZ 1989, 850 ff.) herleiten. Zwar führe das Bundesverfassungsgericht darin (a. a. O., S. 854) u. a. aus, ein Ausschluss jeder Wiederholungsmöglichkeit könnte verfassungsrechtliche Probleme aufwerfen; jedenfalls eine Regelung, die zwei Wiederholungen und damit insgesamt drei Prüfungsversuche zulasse, schränke die Prüfungsvoraussetzungen und damit den Berufszugang nicht unverhältnismäßig ein. Dem lasse sich aber – so der Verfassungsgerichtshof – schon nicht entnehmen, inwieweit der Ausschluss einer Wiederholungsmöglichkeit in einer konkreten Fallgestaltung tatsächlich verfassungsrechtliche Probleme aufwerfe und die Verfassungswidrigkeit der entsprechenden Vorschrift zur Folge habe. Vor allem aber lasse der Antragsteller (und jetzige Beschwerdeführer) außer Betracht, dass § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl eine Wiederholung des Ausbildungsabschnitts nicht generell ausschließe (VerfGH BayVBl 2021, 336 Rn. 62).
Dabei konnte der Verfassungsgerichtshof dahinstehen lassen, ob über die für das Berufsbeamtentum geltenden speziellen Verfassungsbestimmungen in Art. 94 Abs. 2, Art. 116 BV hinaus der Anwendungsbereich der allgemeinen Handlungsund Berufsfreiheit (Art. 101 BV) sowie der Ausbildungsfreiheit (Art. 128 Abs. 1 BV) eröffnet war, da der Popularklage auch insoweit aus den dargelegten Gründen der Erfolg versagt geblieben wäre (VerfGH BayVBl 2021, 336 Rn. 63).
cc) Da der Verfassungsgerichtshof die in § 14 Abs. 1 ZAPO/RPfl enthaltenen Regelungen zur Wiederholung von Ausbildungsabschnitten mit dem von ihm festgestellten Inhalt für verfassungsgemäß erachtet hat, hat er auch keinen Raum für die vom Antragsteller (und jetzigem Beschwerdeführer) für erforderlich gehaltene verfassungskonforme Auslegung gesehen (VerfGH BayVBl 2021, 336 Rn. 64 m. w. N.).
b) An der vorgenannten Rechtsprechung hält der Verfassungsgerichtshof fest. Andere durchgreifende Einwände des Beschwerdeführers im hiesigen Verfahren jenseits der Auslegung oder Gültigkeit der Norm liegen nicht vor.
V.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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