Verwaltungsrecht

Asylrecht – Folgeantrag, Heirat nach syrischem Recht; Syrien

Aktenzeichen  4 A 140/21

Datum:
26.4.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Halle (Saale) 4. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 26 Abs 1 AsylVfG 1992
§ 29 Abs 1 Nr 5 AsylVfG 1992
§ 71 AsylVfG 1992
§ 51 Abs 1 VwVfG
§ 26 Abs 1 AsylVfG 1992
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Spruchkörper:
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Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hat.
Der Bescheid des beklagten Bundesamtes vom 06. Juli 2020 (Az. 8156698) wird aufgehoben.
Die Klägerin trägt 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen die Entscheidung der Beklagten, ihren Asylantrag als unzulässig abzulehnen.
Die am 15. November 1991 geborene Klägerin ist syrische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Sie reiste im Jahr 2018 nach Deutschland ein und stellte einen Antrag auf Asyl, woraufhin die Beklagte mit Bescheid vom 23. Januar 2019 den subsidiären Schutzstatus zuerkannte und den Asylantrag im Übrigen ablehnte. Die Entscheidung wurde am 12. Februar 2019 bestandskräftig.
Am 23. Juni 2020 stellte die Klägerin einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, ihrem Ehemann sei mit Verpflichtungsbescheid vom 06. Mai 2020 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden, sodass sie nunmehr einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Wege des Familienasyls gem. § 26 Abs. 1, 2 AsylG habe.
Mit Bescheid vom 6. Juli 2020 lehnte die Beklagte den Folgeantrag als unzulässig ab. Eine für die Wiederaufnahme des Asylverfahrens erforderliche Änderung der Sach- und Rechtslage sei nicht ersichtlich. Soweit sich die Klägerin darauf berufe, ihrem Ehemann sei nunmehr die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden und ihr stehe diese im Zuge des Familienschutzes i.S.d. § 26 Abs. 1,2 AsylG ebenfalls zu, führe dies nicht zu einer geänderten Sachlage. Die Klägerin habe im Rahmen ihres Asylerstverfahrens sowohl eine Heiratsurkunde als auch eine Registrierung des Scharia-Gerichtes der Republik Libanon vom 16. Juli 2018 vorgelegt. Daraus gehe hervor, dass die Asylsuchende und ihr Ehemann seit dem 10. Januar 2012 nach Scharia-Recht ein rechtmäßiges Paar seien. Zudem habe sie im Rahmen der persönlichen Anhörung im Erstverfahren in Übereinstimmung mit ihrem Ehemann ausgeführt, dass eine Eheschließung erst im Libanon erfolgt sei. Somit habe die Ehe entgegen des Erfordernisses aus § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht bereits im Heimatland bestanden. Darüber hinaus sei eine Registrierung der Ehe in Syrien auch nicht nachgewiesen.
Die Klägerin hat am 20. Juli 2020 bei dem erkennenden Gericht Klage erhoben.
Sie legt zur Begründung ein Dokument einschließlich beglaubigter Übersetzung vor und macht hierzu geltend: Die am 10. Januar 2012 traditionell nach Scharia-Recht geschlossene und am 16. Juli 2018 beim Scharia-Gericht im Libanon registrierte Ehe sei nunmehr, am 10. September 2020, auch in Syrien registriert worden. Am 13. Oktober 2020 sei ein entsprechender Familienregisterauszug durch das Standesamt erstellt worden. In Syrien sei eine Mitwirkung des Staates für die Wirksamkeit der Eheschließung nicht erforderlich.
Der Kläger hat ursprünglich schriftsätzlich beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Flüchtling gem. § 3 AsylG anzuerkennen.
Mit Schriftsatz vom 21 Januar 2022 hat die Klägerin ihrer Klage begehren dahingehend geändert, dass nunmehr beantragt wird,
den Bescheid des Bundesamtes vom 6. Juli 2020 (Az. 8156698-1-475) aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid. Ergänzend führt sie aus, da die Ehe der Klägerin und ihres Ehemannes erst nachträglich im Libanon registriert worden sei, habe sie nicht bereits im Heimatland bestanden. Das habe die Klägerin im Asylerstverfahren selbst vorgetragen. Soweit die Klägerin nunmehr Dokumente über die nachträgliche Registrierung der bereits im Jahr 2012 in Syrien religiös geschlossenen Ehe vorlege, sei darauf hinzuweisen, dass es relativ leicht sei, an gefälschte Dokumente zu gelangen.
Wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge sowie die den Beteiligten vorab übersandte Erkenntnismittelliste Syrien verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

Die Kammer entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO). Die Entscheidung ergeht durch die mit Beschluss vom 22. November 2021 bestellte Einzelrichterin (§ 76 Abs. 1 AsylG).
Soweit die Klägerin ihr Klagebegehren mit Schriftsatz vom 21. Januar 2022 dahingehend geändert hat, dass nunmehr lediglich die Aufhebung des Bescheides des beklagten Bundesamtes vom 6. Juli 2020 begehrt wird, ist hierin hinsichtlich des darüberhinausgehenden Klageantrages, d. h. soweit ursprünglich begehrt wurde, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen, eine Klagerücknahme zu sehen. Das Verfahren ist insoweit einzustellen.
Die die danach noch zur Entscheidung stehende Klage hat Erfolg.
Die Anfechtungsklage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids hinsichtlich der Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens bei Folgeanträgen, die nach aktueller Rechtslage nach Inkrafttreten des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) als Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG i. V. m. § 71a Abs. 1 AsylG ergeht, ist die richtige Klageart (BVerwG, Urt. v. 14. Dezember 2016 – 1 C 4/16 –, juris).
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Beklagte durfte den Asylfolgeantrag der Klägerin nicht als unzulässig ablehnen, da die tatbestandlichen Voraussetzungen aus § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG nicht vorlagen.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn im Falle eines Folgeantrags nach § 71 AsylG oder eines Zweitantrags nach § 71a AsylG ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist. Der insoweit in Bezug genommene § 71 AsylG sieht wiederum in Abs. 1 S. 1 vor, dass ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen. Dies ist hier jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten der Fall. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Asylverfahrens nach § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG i. V. m. § 51 Abs. 1 – 3 VwVfG, der über § 1 VwVfG LSA Anwendung findet, liegen im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 AsylG) vor.
Nach § 51 Abs. 1 VwVfG setzt das Wiederaufgreifen des Verfahrens voraus, dass eine Änderung der Sach- oder Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen eingetreten ist (Nr. 1) oder neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (Nr. 3). Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außer Stande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG). Gemäß § 51 Abs. 3 VwVfG muss der Antrag binnen drei Monaten gestellt werden (S. 1). Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erlangt hat (S. 2).
Ein Wiederaufgreifensgrund im Sinne des § 51 Abs. 1 AsylG liegt hier vor, da sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sachlage nachträglich zugunsten der Klägerin geändert hat (Nr. 1). Insoweit ist ein schlüssiger Sachvortrag erforderlich, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zu einer Asylberechtigung oder zu einer Zuerkennung des internationalen Schutzes zu verhelfen. Es genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (BVerfG, Beschluss vom 03. März 2000 – 2 BvR 39/98 –, juris Rn. 32 m.w.N.). Eine Änderung der Sachlage ist in diesem Zusammenhang anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände so verändert haben, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung möglich erscheint (R./Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 71 AsylG, Rn. 24). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2019 wurde der Klägerin der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt. Mit Bescheid vom 06. Mai 2020 wurde dem Ehemann der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Hiermit ist ein Umstand eingetreten, nach dem es zureichend wahrscheinlich erscheint, dass die Klägerin im Wege des Familienflüchtlingsschutzes aus § 26 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Abs. 5 AsylG auf Antrag als Flüchtling anerkannt würde und es somit zu einer für sie vergleichsweise günstigeren Entscheidung käme. Diese Sachlagenänderung hat die Klägerin gegenüber der Beklagten auch schlüssig vorgetragen.
Ohne Erfolg macht die Beklagte insoweit geltend, eine Sachlagenänderung im o.g. Sinne liege bereits deshalb nicht vor, weil die Ehe der Klägerin und ihres Ehemannes entgegen des Erfordernisses aus § 26 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht bereits im Heimatland bestanden habe und eine Zuerkennung von Familienschutz nach § 26 AsylG schon deshalb nicht in Betracht komme.
Das Gericht geht nach der ergänzend im Klageverfahren vorgelegten Eheschließungsurkunde vom 23. September 2020 einschließlich der beglaubigten Übersetzung – vorbehaltlich der Echtheitsprüfung der vorgelegten Unterlagen – davon aus, dass die Klägerin einen Anspruch auf Zuerkennung von Familienasyl nach § 26 Abs. 1 und 5 AsylG hat. Ausweislich der vorgelegten Urkunde wurde die Ehe der Klägerin und ihres Ehemannes am 10. September 2020 registriert. Hierin wird als Datum der Eheschließung i.S.d. Art. 44 des syrischen Personalstatutsgesetzes der 10. Januar 2012 beurkundet. Ferner legte die Klägerin einen am 13. Oktober 2020 erstellten Auszug aus dem Familienregister syrischer Bürger vor, in welchem der Familienstand der Klägerin und ihres Ehemannes als verheiratet angegeben ist.
Zweifel am Beweiswert der von der Klägerin vorgelegten Urkunden sind zunächst weder substantiiert geltend gemacht noch sonst offensichtlich. Zwar muss davon ausgegangen werden, dass es in Syrien unschwer möglich ist, sich Dokumente jeder Art gegen Entgelt ausstellen zu lassen. Rechtsgüter wie die Sicherheit des Urkundenverkehrs sind im Kern unbekannt. Der syrische Rechtsalltag wird vielmehr weitgehend durch persönliche Beziehungen bestimmt. In der syrischen Verwaltung ist Korruption weit verbreitet. Da die Ausstellung von Dokumenten jeder Art durch Verwandtschaft, Freundschaft oder eine Geldzahlung beeinflussbar ist, gibt es keine Gewähr für den Inhalt echter Dokumente. Darüber hinaus existieren Fälscherringe, die jede Art von Dokumenten erstellen können (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 22. August 2017 – 17 K 8172/16.A – m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 08. Dezember 2014 – 10 K 4089/13 – m.w.N.; OVG Saarland, Urteil vom 03. Februar 2011 – 2 A 512/09 –; jeweils juris). Das rechtfertigt es jedoch nicht, die Echtheit des vorgelegten Dokumentes von vornherein auszuschließen. Die Beklagte begründet ihre Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Dokumente damit, dass die Klägerin in der Anhörung im Erstverfahren angegeben hätte, ihre Ehe sei im Libanon geschlossen worden. Ein entsprechendes Vorbringen ist dem vorliegenden Anhörungsprotokoll der Klägerin vom 03. Januar 2019 zwar auch zu entnehmen. Allerdings trug die Klägerin auch vor, dass sie und ihr Mann bereits in Syrien heiraten wollten, was aufgrund des Krieges nicht möglich gewesen sei. Deshalb hätten sie erst im Libanon geheiratet. Der Ehemann der Klägerin trug zu den Umständen der Heirat im Asylerstverfahren am 03. Januar 2019 ebenfalls vor, dass eine standesamtliche Trauung wegen des Krieges in Syrien erst im Libanon möglich gewesen sei, und zwar am 16. Juli 2018. Er trug jedoch zugleich vor, dass er und die Klägerin am 10. Januar 2012 in Syrien religiös geheiratet hätten. Dass die Klägerin die zunächst religiös in Syrien erfolgte Eheschließung in der Anhörung im Asylerstverfahren nicht erwähnt hatte, kann danach ohne weiteres auf dem Umstand beruhen, dass die Klägerin der Tatsache der zunächst religiös erfolgten Eheschließung damals keine im Asylverfahren relevante Bedeutung zugemessen hat, zumal dieser Umstand auch von ihrem Ehemann erst auf Nachfrage geschildert wurde und legt nicht ohne weiteres Zweifel an der Echtheit der im Nachhinein vorgelegten Unterlagen nahe. Danach ist vorbehaltlich einer Echtheitsprüfung der vorgelegten Urkunde davon auszugehen, dass die Ehe der Klägerin – wie nunmehr rückwirkend bestätigt – bereits in Syrien bestand und damit in Zusammenschau mit der an den Ehemann der Klägerin gerichteten Flüchtlingsanerkennung auch eine Änderung der Sachlage eingetreten ist, die sich möglicherweise zugunsten der Klägerin auswirkt.
Wer Ehegatte ist, bestimmt sich für unsere Rechtsordnung verbindlich nach dem Recht, das bei der Eheschließung gegolten hat. Mit “Ehe” ist in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Sprachgebrauch zunächst die mit Eheschließungswillen eingegangene, staatlich anerkannte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau gemeint, wobei sich die Gültigkeit der Eheschließung eines Flüchtlings nicht nach dem deutschen Familienrecht, sondern grundsätzlich nach dem Recht des Herkunftslandes richtet (vgl. Bodenbender in GK-AsylG, Kommentar, Loseblatt, 2008, § 26 Rn. 45 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1992 – 9 C 61.91 und VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Januar 1995 – A 12 S 64/92 – und OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05. Juli1993 – 13 A 10564/92; R. in R./Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 12. Auflage, 2018 § 26 Rn. 12 m. w. N.).
Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Internetauftritt des Max-Plancks-Instituts unter www.familienrecht-in-nahost.de steht zur Überzeugung der Vorsitzenden fest, dass es sich in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei der zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann geschlossenen Ehe um eine formgültig geschlossene staatliche Ehe handelt.
Nach den Ausführungen des Max-Planck-Instituts ist in Syrien eine Mitwirkung des Staates für die Wirksamkeit der Eheschließung nicht erforderlich. Vielmehr stellen die Eheschließung an sich und die Mitteilung bzw. Registrierung der Eheschließung bei Gericht oder einer anderen Behörde getrennte Vorgänge dar. Die Ehepartner sind grundsätzlich verpflichtet, dem Gericht die Eheschließung anzuzeigen. Dies kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen: Die Nupturienten zeigen entweder dem Gericht vorab an, dass sie die Ehe zu schließen beabsichtigen, oder sie lassen die Ehe nach der Trauung bei dem Gericht registrieren oder aber sie lassen die Eheschließung bzw. den Bestand durch das Gericht feststellen. Da eine Ehe grundsätzlich auch formlos zustande kommen kann, wird in der Praxis oftmals von einer vorherigen Anzeige der Eheabsicht bei Gericht abgesehen. Zudem können oder wollen die Nupturienten in vielen Fällen die erforderlichen Dokumente nicht beibringen. Die nachträgliche Registrierung der Eheschließung wird in das Geburtsregister eingetragen und an die Personenstandsbehörde weitergeleitet (Art. 45 Personenstatusgesetz) (vgl. insgesamt Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, www.familenrecht-in-nahost.de)
Vor diesem Hintergrund kann unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen grundsätzlich von einer wirksamen Eheschließung nach syrischem Recht ausgegangen werden, sodass der Klägerin ein Anspruch auf Familienasyl gem. § 26 Abs. 1 und Abs. 5 AsylG zustehen dürfte.
Damit ist auch ein Wiederaufgreifensgrund i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG gegeben, da die Möglichkeit einer für die Klägerin günstigeren Entscheidung besteht. Eine ggf. durchzuführende Echtheitsprüfung der vorgelegten Unterlagen bleibt dem danach durchzuführenden Asylverfahren vorbehalten.
Der Zulässigkeit des gestellten Asylfolgeantrags steht hier auch nicht eine etwaige Überschreitung der in § 51 Abs. 3 VwVfG ausgewiesenen dreimonatigen Antragsfrist entgegen, auf die § 71 Abs. 1 S. 1 AsylG im Wege der tatbestandlichen Verweisung ebenfalls Bezug nimmt. Auf die Frage, ob die Dreimonatsfrist in diesem Zusammenhang mit Unionsrecht vereinbar ist, kommt es dabei vorliegend nicht entscheidend an, da die Beklagte der Klägerin ein Fristversäumnis schon angesichts der innerhalb der Dreimonatsfrist erfolgten Folgeantragstellung entgegenhalten kann.
Die einheitlich zu treffende Kostenentscheidung in dem nach § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahren beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.


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