Aktenzeichen W 1 K 20.2026
Leitsatz
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 14.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2020 und des Änderungsbescheides vom 04.01.2020 verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von 17,85 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage.
II. Von den Kosten des Verfahrens hat der Kläger 40 v.H. und der Beklagte 60 v.H. zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die nach wohlwollender Auslegung als Verpflichtungsklage im Sinne einer Versagungsgegenklage zulässige Klage ist nur teilweise begründet, insoweit die Beihilfe für die Fahrten zu den Facharztterminen am 26.06.2020, 29.06.2020 und 02.02.2020 nicht als beihilfefähig anerkannt wurden; dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung der Parkkosten, so dass die Klage im Übrigen abzuweisen war.
1. Nach Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG werden Beihilfeleistungen zu den nachgewiesenen medizinisch notwendigen und angemessenen Aufwendungen in Krankheits-, Geburts- und Pflegefällen und zur Gesundheitsvorsorge der Beamtinnen und Beamten sowie deren berücksichtigungsfähiger Angehöriger nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Art. 96 Abs. 5 Satz 1 BayBG (Bayerische Beihilfeverordnung – BayBhV) gewährt.
1.2 Hinsichtlich der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Fahrten bestimmt § 26 Satz 1 BayBhV, dass Fahrtkosten zu einer ambulanten Behandlung sowie zu einer vor- oder nachstationären Behandlung, zur Durchführung einer ambulanten Operation im Krankenhaus oder in einer Facharztpraxis beihilfefähig sind, wenn dadurch eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Behandlung vermieden oder verkürzt wird oder diese nicht durchführbar ist, wie zu einer stationären Krankenhausbehandlung bis zu einer Höhe von 200 EUR (§ 26 Satz 1 Nr. 4 BayBhV). Aufwendungen für Fahrten zu ambulanten Behandlungen sind in besonderen Ausnahmefällen nach vorheriger Genehmigung der Festsetzungsstelle beihilfefähig (§ 26 Satz 1 Nr. 5 BayBhV).
Vorliegend hat das Landesamt den Kläger Beihilfe für Fahrtaufwendungen anlässlich der Operationen am 24.06.2020 und am 30.06.2020 sowie für die ambulanten Behandlungen am 25.06.2020 und 01.07.2020 nach § 26 S.1 Nr. 4 BayBhV in Übereinstimmung mit der Kommentarliteratur (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Anm. 3.3 zu § 26 BayBhV, Stand November 2018) gewährt. Zwar kann aus dem Wortlaut dieser Norm nicht entnommen werden, dass auch Fahrtkosten anlässlich Nachuntersuchungen zu ambulanten Operationen beihilfeberechtigt sein sollen, da dort nur die Fahrten zu nachstationären Behandlungen aufgeführt sind, doch ist nach dem Sinn- und Zweck der Vorschrift davon auszugehen, dass ambulante Operationen den stationär durchgeführten Operationen im Hinblick auf die Fahrtkosten gleichgestellt werden sollen, so dass auch die Fahrten zur Nachbehandlung bei ambulanten Operationen als von § 26 S.1 Nr. 4 BayBhV mit umfasst anzusehen sind. Dass die noch zu beurteilenden Fahrten zu ambulanten Behandlungen am 26.06.2020, 29.06.2020 und 02.07.2020 der Nachuntersuchung anlässlich der Augenoperationen dienten und nicht der Anpassung einer neuen Brille ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem engen zeitlichen Zusammenhang und der Tatsache, dass auch am 14.07.2020 eine weitere ambulante Untersuchung des Klägers erfolgte, für die Fahrtkosten nicht beantragt wurde und in der ebenso wie an den hier fraglichen Tagen u.a. eine Refraktionsbestimmung durchgeführt wurde. Hätten die Refraktionsbestimmungen am 26.06.2020, 29.06.2020 und 02.07.2020 lediglich der Anpassung einer neuen Brille gedient, wäre die Untersuchung am 14.07.2020 nicht mehr notwendig gewesen. Vielmehr spricht der Gesamtzusammenhang dafür, dass der Augenarzt die Untersuchungen am 26.06.2020, 29.06.2020 und 02.07.2020 als nachoperative Maßnahme für erforderlich hielt, so dass insoweit auch Fahrtkosten zu gewähren sind.
1.3 Dagegen sind die vom Kläger geltend gemachten Parkgebühren nicht beihilfefähig. Parkgebühren können nach dem Bayerischen Reisekostengesetz nur als Nebenkosten gemäß Art. 12 BayRKG erstattet werden. Auf diese Rechtsnorm verweist § 26 S. 2 Nr. 3 BayBhV jedoch gerade nicht. Zudem setzt eine Erstattung von Parkgebühren auf der Grundlade des Art. 12 BayRKG voraus, dass das private eigene Kraftfahrzeug aus triftigen Gründen benutzt worden ist (Ziffer 12.2 VV-BayRKG; VG Bayreuth, U.v. 28.8.2009 – B 5 K 08.958 – juris Rn. 35; VG Ansbach, U.v. 07.05.2020 – AN 1 K 18.02169, AN 1 K 18.02208 – juri-Rn. 208 ff.). Das Vorliegen triftiger Gründe begründet zugleich einen Anspruch auf Gewährung der sogenannten „großen Wegstreckenentschädigung“ nach Art. 6 Abs. 1 BayRKG mit einem Kilometersatz für PKW in Höhe vom 0,35 EUR/km.
Im Beihilferecht wird durch die Verweisung des § 26 S. 2 Nr. 3 BayBhV auf Art. 6 Abs. 6 BayRKG jedoch nur die sogenannte „kleine Wegstreckenentschädigung“ (Kilometersatz in Höhe von 0,25 EUR/km) gewährt. Dies schließt es aus, bei der Abrechnung von Fahrtkosten für die ambulante Behandlung zusätzlich „triftige Gründe“ geltend zu machen, um so eine höhere Fahrtkostenerstattung bzw. zusätzlich die Erstattung von Parkgebühren als Nebenkosten zu erreichen (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2009 – 3 ZB 08.135 – juris Rn. 5; VG Lüneburg, U.v. 11.12.2002 – 1 A 230/01 – juris zum Beihilferecht; VG Ansbach, U.v. 07.05.2020, a.a.O. zum Unfallrecht).
Über die Beihilfevorschriften hinausgehende Ansprüche auf Erstattung seiner Parkkosten stehen dem Kläger nicht zu. Die Beihilfevorschriften konkretisieren grundsätzlich abschließend die Fürsorgepflicht in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen. Deshalb lässt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 10.6.1999, 2 C 29/88) ein Beihilfeanspruch regelmäßig nicht unmittelbar aus der dem Dienstherrn gegenüber dem Beamten gemäß § 78 BBG (vgl. auch § 45 BeamtStG) obliegenden Fürsorgepflicht herleiten, soweit die Beihilfevorschriften für bestimmte Aufwendungen die Beihilfefähigkeit beschränken oder ausschließen. Unmittelbar auf den verfassungsrechtlich (Art. 33 Abs. 5 GG) vorgegebenen Grundsatz der Fürsorge kann ein Anspruch nur ausnahmsweise gestützt werden, wenn die Fürsorgepflicht andernfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Die Fürsorgepflicht verpflichtet den Dienstherrn nicht, zu jeglichen Aufwendungen, die aus Anlass einer Krankheit oder Behinderung entstehen, Beihilfen zu gewähren. Der Ausschluss des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung von Parkaufwendungen im Zusammenhang mit Fahrten zu ambulanten Behandlungen nach den Beihilfevorschriften ist deshalb hinzunehmen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Eine die Fürsorgepflicht tangierende besondere Härte des Beihilfeausschlusses ist vorliegend angesichts der Höhe der geltend gemachten Fahrtkosten weder ersichtlich noch vom Kläger substantiiert im Einzelnen vorgetragen.
2. Die Kostentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.