Verwaltungsrecht

Beseitigungsanordnung

Aktenzeichen  15 ZB 21.2854

Datum:
15.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6520
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO Art. 76 S. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RN 6 K 20.1379 2021-06-15 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen eine von der Beklagten erlassene Beseitigungsanordnung (Bescheid vom 7.7.2020 über die Beseitigung einer „Werbeanlage in Form von drei Auslegern“ an einem Gebäude des Klägers „im denkmalgeschützten Ensemblebereich und im Geltungsbereich der Werbeanlagesatzung“ der Beklagten).
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die auf Aufhebung des Bescheids vom 7. Juli 2020 gerichtete Klage mit Urteil vom 15. Juli 2021 abgewiesen. Die nicht genehmigte (neu errichtete) Werbeanlage (= drei „Nasenschilder“) sei materiell rechtswidrig und nicht genehmigungsfähig. Sie verstoße gegen die Werbeanlagesatzung der Beklagten. Die Erteilung einer Abweichung hiervon scheide aus. Die Ermessensentscheidung der Beklagten, die Beseitigung der Nasenschilder anzuordnen, sei nicht zu beanstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger im Wesentlichen unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vorbringens geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Rechtssache weise außerdem besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Werbeanlagensatzung sei hinsichtlich ihres räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt. Der denkmalgeschützte Ensemblebereich, in dem sich das Gebäude des Klägers befinde (Altstadt), sei zudem „unverhältnismäßig groß“. Eine „generalisierende Regelung für Werbeanlagen“ setze eine „gewisse Homogenität des zu schützenden Bereichs voraus“. Eine solche Homogenität lasse sich in diesem Ensemblebereich jedoch nicht feststellen. Die streitgegenständlichen Nasenschilder seien auch materiell nicht zu beanstanden. Sie fügten sich in die Umgebung ein. Der Kläger habe jedenfalls Anspruch auf eine Abweichung von der Werbeanlagensatzung, weil es sich um einen atypischen Fall – sowohl im Hinblick auf die gebotene Beleuchtung als auch die Platzierung und die Anzahl der übereinander angebrachten Schilder, die auf im Gebäude befindliche Gewerbebetriebe hinwiesen – handele. Die Beklagte habe ihr Ermessen falsch ausgeübt. Die Beseitigungsanordnung verstoße auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Ein milderes Mittel sei „die Beseitigung nur des höchsten Schildes“ gewesen. Außerdem liege ein „Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vor“, weil die Beklagte gegen andere „Schwarzbauten“ nicht in gleicher Weise vorgehe und „in den umliegenden Straßen eine Vielzahl unzulässiger Nasenschilder“ hänge. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Bevollmächtigten des Klägers vom 14. Dezember 2021 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. An der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beseitigungsanordnung (Art. 76 Satz 1 BayBO) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Senat folgt den ausführlichen Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren zu bemerken:
a) Die Einwände des Klägers gegen die Wirksamkeit der Werbeanlagensatzung der Beklagten greifen nicht durch.
Die Beklagte hat die auf Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO gestützte Satzung – wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat – aus ortsgestalterischen Gründen (u.a.) zum Schutz des Stadtbildes und der unter Denkmalschutz stehenden Ensembles erlassen. Sie hat die im Einzelnen geschützten Teilbereiche des Stadtgebiets in § 1 der Satzung ausführlich beschrieben und mit Anlagen („Stadtplanausschnitt Ensemble und Innenstadtbereich“) näher dargestellt. Die Satzung enthält Binnendifferenzierungen (§ 1 Abs. 1: Geschütztes Stadtgebiet und § 1 Abs. 2: Besonders geschütztes Gebiet) und daran anknüpfende detaillierte Regelungen über die für Werbeanlagen jeweils geltenden Beschränkungen (§ 3: Beschränkungen für das geschützte Gebiet gemäß § 1 Abs. 1; § 4: Weitergehende Beschränkungen für das besonders geschützte Gebiet nach § 1 Abs. 2). Die streitgegenständliche Werbeanlage (drei Nasenschilder) befindet sich – wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist – an einem Gebäude innerhalb des denkmalgeschützten Ensembles „Altstadt“ und damit eindeutig innerhalb des in § 1 Abs. 1 Buchst. a der Satzung beschriebenen und im „Stadtplanausschnitt“ dargestellten räumlichen Geltungsbereichs der Satzung. Zweifel an der Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Geltungsbereiches der Satzung bestehen entgegen der Ansicht des Klägers daher nicht. Ob Zweifel daran bestehen – wie der Kläger vorträgt -, dass andere Ensemblebereiche (Ensemble „Hals“ und Ensemble „Dr.-von-Pichler Platz“) ebenso eindeutig in den räumlichen Geltungsbereich der Satzung einbezogen sind oder nicht, ist für die gerichtliche Entscheidung hier unerheblich.
Der denkmalgeschützte Ensemblebereich, in dem sich das Gebäude des Klägers befindet (Altstadt), ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht „unverhältnismäßig groß“ und – wie das Verwaltungsgericht ebenfalls ausgeführt hat – hinreichend homogen. Die Werbeanlagensatzung beabsichtigt – wie sich aus ihrer Präambel ergibt – die unter Denkmalschutz stehenden Ensembles „vor störenden Einwirkungen durch zu viele und aufdringliche Werbeanlagen zu bewahren“. Werbeanlagen müssen danach (u.a.) „in Form, Material, Größe, Ausführung und Farbe harmonisch auf die Abmessung und den Stil des Gebäudes, an dem sie angebracht werden, abgestimmt werden und dem Charakter des Straßenbildes entsprechend gestaltet sein“. Die in § 3 der Satzung (für das geschützte Gebiet gemäß § 1 Abs. 1 der Satzung) vorgesehenen Beschränkungen für Werbeanlagen widersprechen weder der genannten Zweckbestimmung der Satzung noch greifen sie unverhältnismäßig in Rechte der betroffenen Eigentümer oder Gewerbetreibende ein.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers sind die streitgegenständlichen Nasenschilder („Leuchtkästen“) materiell rechtswidrig, weil sie einzelnen Beschränkungen der Werbeanlagensatzung widersprechen. Sie sind – wie das Verwaltungsgericht festgestellt hat – unzulässig, weil sie innerhalb des Ensemblebereichs „oberhalb der Brüstung der Fenster des 1. Obergeschosses“ (§ 3 Nr. 6 der Satzung) angebracht sind und als Nasenschilder entgegen § 3 Nr. 17 der Satzung insgesamt leuchten. Das Verwaltungsgericht hat im Übrigen die Frage offengelassen, ob es sich – was zu verneinen sein dürfte – bei den streitgegenständlichen „Nasenschildern“ überhaupt um „kunsthandwerklich und architektonisch gut gestaltete Ausleger“ handelt, wie dies § 3 Nr. 17 der Satzung verlangt.
c) Ebenso hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Abweichung von der Werbeanlagensatzung (§ 5 der Satzung). Das Interesse des Klägers, die Nasenschilder wegen der beworbenen Gewerbebetriebe (Nachtklub bzw. Restaurant) zu beleuchten und übereinander (oberhalb der Brüstung der Fenster des 1. Obergeschosses) zu platzieren, begründet weder einen „atypischen Fall“ noch ist es sonst geeignet, eine Abweichung von den Bestimmungen der Werbeanlagensatzung zu rechtfertigen.
d) Die Beklagte hat schließlich entgegen der Ansicht des Klägers ihr Ermessen bei Erlass der streitgegenständlichen Beseitigungsanordnung auch nicht fehlerhaft ausgeübt. Die Beseitigungsanordnung verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil „die Beseitigung nur des höchsten Schildes“ im Hinblick auf den dann unverändert bestehenden Verstoß der verbleibenden Nasenschilder gegen die genannten Bestimmungen der Werbeanlagensatzung nicht ausreichend gewesen wäre. Ebenso liegt kein „Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vor“, wenn die Beklagte die vom Kläger neu errichteten Nasenschilder zum Anlass für ein behördliches Eingreifen nimmt und die seit längerer Zeit bestehenden – aus Sicht des Klägers ebenfalls unzulässigen – Nasenschilder in den „umliegenden Straßen“ (noch) unbeanstandet lässt, weil jedenfalls bei einer Änderung der bestehenden Verhältnisse das öffentliche Interesse am „Erhalt des schützenswerten Orts- und Straßenbildes“ zu Recht – wie die Beklagte in ihrem angefochtenen Bescheid ausgeführt hat – das Interesse des Werbetreibenden auf „Verbesserung der Auffindbarkeit“ und „Erregung der Aufmerksamkeit“ überwiegt.
2. Die Rechtssache weist nach alledem keine – vom Kläger auch nicht näher substantiierten – besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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