Arbeitsrecht

Anerkennung als Facharzt

Aktenzeichen  W 10 K 19.1422

Datum:
15.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14400
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HKaG Art. 29 Abs. 1, Art. 33 Abs. 1 S. 1 u. 2, Art. 35 Abs. 2 S. 1 Nrn. 3 u. 6
WBO § 10, § 11, § 12 Abs. 1
WBO 2012 Abschn. B Nr. 13.1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, mit welcher der Kläger die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihn zur Facharztprüfung zuzulassen, sowie hilfsweise die Feststellung, dass die in Afghanistan absolvierten Weiterbildungsinhalte und Weiterbildungszeiten als gleichwertig anzuerkennen sind, hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klage ist zulässig.
a) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nach entsprechender Beratung durch das Gericht (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) den mit der Klageerhebung am 22. Oktober 2019 angekündigten Klageantrag dahingehend präzisiert, dass er im Hauptantrag die Verpflichtung begehrt, ihn nach § 12 Abs. 1 der Weiterbildungsordnung der Beklagten vom 24. April 2004 in der am 1. Mai 2020 in Kraft getretenen Fassung (WBO) zur Facharztprüfung zuzulassen. Dem ursprünglichen Verpflichtungsbegehren auf Anerkennung der Facharztbezeichnung Innere Medizin stand entgegen, dass der Kläger die nach § 11 WBO vorgeschriebene Facharztprüfung noch nicht abgelegt hat. Insoweit fehlte die Klagebefugnis, weil die Möglichkeit einer Verletzung in subjektiven Rechten im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gegeben war. Der Kläger ist nicht nach § 19 Abs. 1 WBO i.V.m. Art. 33 Abs. 4 und 5 Satz 7 des Heilberufe-Kammergesetzes (HKaG) vom Erfordernis der Facharztprüfung (Fachgespräch) befreit, weil die vorgelegten afghanischen Bescheinigungen keine Weiterbildungsnachweise i.S. des § 18 Abs. 1 WBO darstellen, welche eine Facharztprüfung ersetzen. Ein solcher Weiterbildungsnachweis ist ein fachbezogenes Diplom, fachbezogenes Prüfungszeugnis oder ein sonstiger fachlicher Ausbildungsnachweis, d.h. ein Nachweis, der eine abgeschlossene Weiterbildung feststellt und bescheinigt, nicht dagegen nur einzelne absolvierte Abschnitte eines Weiterbildungsganges. Diese Definition steht im Einklang mit der Definition des Ausbildungsnachweises in Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c i.V.m. Abs. 3 und Art. 10 Buchstaben b und g der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Berufsqualifikationsrichtlinie, RL 2005/36/EG).
b) Im Hilfsantrag begehrt der Kläger gemäß § 43 Abs. 1 VwGO die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, die in den vorgelegten Bescheinigungen des afghanischen Gesundheitsministeriums bescheinigten Weiterbildungszeiten in Afghanistan gemäß Art. 33 Abs. 4 Satz 2 und 3 HKaG, § 10 Satz 1 WBO als gleichwertig anzuerkennen.
2. Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet, weil der Kläger keinen Anspruch auf Zulassung zur Facharztprüfung nach § 12 Abs. 1 WBO hat und deshalb der Ablehnungsbescheid vom 24. Juni 2019 sowie der Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2019 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen, §§ 79 Abs. 1 Nr. 1, 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO.
a) Die Rechtsgrundlagen für die Anerkennung einer Facharztbezeichnung ergeben sich aus Art. 29 Abs. 1, 33 Abs. 1 i.V.m. Art. 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 6 HKaG sowie § 2 Abs. 1 Satz 1, 1. Spiegelstrich, Satz 3 und 4 i.V.m. §§ 4, 10 und 11 WBO. Bei der Facharztbezeichnung Innere Medizin handelt es sich um eine Gebietsbezeichnung i.S. von Art. 27 HKaG i.V.m. § 2 Abs. 1 1. Spiegelstrich, Abs. 2, § 3 Abs. 1 und Abschnitt B Nr. 13.1 WBO. Die Berechtigung zum Führen der Facharztbezeichnung setzt gemäß Art. 29 Abs. 1 Satz 1 HKaG die Anerkennung derselben durch die Beklagte voraus, welche gemäß Art. 29 Abs. 1 Satz 2 und Art. 33 Abs. 1 Satz 2 HKaG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 11 WBO nach dem Nachweis der fachlichen Kompetenz und erfolgreicher Facharztprüfung gemäß §§ 12 ff. WBO erfolgt.
Die Zulassung zur Facharztprüfung setzt gemäß § 12 Abs. 1 WBO nicht nur voraus, dass die inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen der WBO an den Erwerb der vorgeschriebenen Facharztkompetenz erfüllt sind, sondern auch, dass dies durch Zeugnisse und Nachweise einschließlich der Dokumentationen nach § 8 Abs. 3 WBO belegt ist. Da der Kläger einen Teil seiner Facharztweiterbildung bei nicht gemäß § 5 WBO einschlägig zugelassenen Weiterbildern bzw. in einem Drittstaat (Afghanistan) absolviert hat, kann er die einschlägigen fachlichen Kompetenzen nur auf der Grundlage einer Anerkennung als gleichwertig gemäß Art. 33 Abs. 4 Satz 2, 3 HKaG i.V.m. § 10 Satz 1 WBO erreichen. Die Anerkennung einer abweichenden Weiterbildung als gleichwertig setzt gemäß § 10 WBO voraus, dass die inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen der Weiterbildungsordnung, Abschnitt B Nr. 13.1, erfüllt sind (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2013 – 7 ZB 13.1677 – Rn. 10, 12 m.w.N.; VG Ansbach, U.v. 16.4.2018 – AN 4 K 17.01003 – juris Rn. 37). Auch dies setzt die Vorlage entsprechender aussagekräftiger Belege in der Form von Zeugnissen oder anderen Nachweisen voraus. Entgegen dem Wortlaut („kann“) des § 10 Satz 1 WBO handelt es sich hinsichtlich der Rechtsfolge der Anerkennung nicht um eine Ermessensentscheidung. Vielmehr ist die Entscheidung der Beklagten, ob die vorgelegten Zeugnisse und Bescheinigungen zum Nachweis der fachlichen Kompetenz ausreichen und ob auf dieser Grundlage eine Anerkennung als gleichwertig erfolgt, vom Gericht voll überprüfbar (vgl. VG Hamburg, U.v. 4.6.2014 – 17 K 534/13 – juris; Grünewald, DÖV 2012, 185/187). Dies folgt aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, welches Berufsausübungsregelungen wie die hier vorgeschriebene Gleichwertigkeitsprüfung unter den Vorbehalt stellt, dass sie durch einen legitimen Gemeinwohlzweck gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Liegen die Anerkennungsvoraussetzungen vor, besteht im Hinblick auf die Schutzzwecke, denen sie dienen, kein Bedürfnis für eine Ermessensausübung der Beklagten mehr.
b) Gemessen daran hat der Kläger keine abgeschlossene und i.S. des § 10 WBO gleichwertige abweichende Weiterbildung in der Facharztkompetenz Innere Medizin nachgewiesen. Die Beklagte geht im Ergebnis zu Recht davon aus, dass die vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten für die Facharztbezeichnung Innere Medizin gemäß Abschnitt B Nr. 13.1 durch den Kläger nicht vollumfänglich nachgewiesen wurden. Vom Kläger unstreitig erfüllt ist zwar die 36-monatige Basisweiterbildung im Fachgebiet Innere Medizin. Dagegen sind von den erforderlichen 24 Monaten zum Erwerb der internistischen Facharztkompetenz noch 8,27 Monate Innere Medizin und 6 Monate internistische Intensivmedizin zwischen den Beteiligten streitig.
aa) Zu Recht hat die Beklagte die Zeit in der Chirurgie vom 19. November 1997 bis 18. April 1998 nicht, die Zeit vom 1. September 2000 bis 16. November 2008 nur im Umfang von zwölf Monaten als stationäre Basisweiterbildung Innere Medizin und die Zeit vom 1. April 2011 bis 3. November 2014 nur im Umfang von 2,58 Monaten auf die stationäre Basisweiterbildung angerechnet. Dies hat der Kläger nach ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung letztlich auch nicht mehr in Frage gestellt.
(1) Zu Recht wurden Zeiten in der Chirurgie nicht auf die Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin angerechnet, da es sich nicht um einen vorgesehenen Weiterbildungsinhalt nach Abschnitt B Nr. 13.1 WBO handelt.
(2) Des Weiteren hat die Beklagte zu Recht die Anrechnung der bei Dr. W. und dessen Nachfolger, Dr. K.-A. absolvierten Zeiten vom 1. September 2000 bis 16. November 2008 nur im Umfang von zwölf Monaten angerechnet, weil die beteiligten Ärzte jeweils nur über eine zwölfmonatige Weiterbildungsbefugnis gemäß Art. 31 Abs. 4 HKaG i.V.m. §§ 5 Abs. 5, 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 WBO verfügten. Die Weiterbildungsbefugnis wird jeweils für einen bestimmten Zeitraum nach strukturellen Kriterien erteilt, welche die Weiterbildungsstätte nach Art. 31 Abs. 4 HKaG i.V.m. § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 2 WBO erfüllen muss. Ihre Erteilung im konkreten Umfang hängt somit von der jeweiligen Weiterbildungsstätte ab, an welcher der jeweilige Weiterbilder tätig ist. In diesem Sinne ist die Weiterbildungsbefugnis nicht nur personen-, sondern auch betriebsbezogen. Ein Wechsel der Person des Weiterbilders während der Weiterbildung an einer Weiterbildungsstätte kann deshalb ohne Wechsel der Abteilung, in der die Weiterbildung absolviert wird, oder Veränderungen der erteilten Weiterbildungsbefugnis nicht zu einer Erweiterung des anerkennungsfähigen zeitlichen Umfangs der Weiterbildung führen (ebenso VG Regensburg, U.v. 13.9.2018 – RO 5 K 16.330, Urteilsabdruck S. 8 f).
(3) Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Vorgehensweise der Beklagten, von dem Zeitraum 1. April 2011 bis 3. November 2014 (insgesamt 42,54 Monate in Teilzeit im Reha-Zentrum B. K.) nur 2,58 Monate auf die stationäre Basisweiterbildung des Klägers anzurechnen, weil für den restlichen Zeitabschnitt der Basisweiterbildung bereits 24 Monate ausgeschöpft wurden. Denn dem Kläger wurden insoweit 21,42 Monate bei Dr. K. und 2,58 Monate bei Dr. Sch. angerechnet. Damit hat der Kläger den erforderlichen Zeitumfang der Basisweiterbildung von 36 Monate erfüllt. Die überschießenden Zeiträume an derselben Weiterbildungsstätte und bei demselben Weiterbilder kann der Kläger nun nicht gewissermaßen in Zeiten der Facharztkompetenz (internistische Intensivmedizin) umwidmen. Vielmehr hätte dies zumindest einen Wechsel der Abteilung innerhalb der Weiterbildungsstätte oder des befugten Weiterbilders erfordert. Der Weiterbilder Dr. Sch. am Reha-Zentrum B. K. hat des Weiteren auch keine internistischen intensivmedizinischen Tätigkeiten des Klägers an dieser Weiterbildungsstätte bescheinigt.
bb) Des Weiteren ist auch die Begründung der Beklagten nachvollziehbar, dass sie die von Dr. Kie. bescheinigten Punktionen nicht angerechnet hat, weil dieser Arzt lediglich über eine Weiterbildungsbefugnis in der Basisweiterbildung in Chirurgie verfüge, nicht aber für die Facharztbezeichnung Innere Medizin. Der Kläger hat dies nicht bestritten. Ein nicht weiterbildungsbefugter Weiterbilder kann aber eine entsprechende Weiterbildung nicht bescheinigen. Es kann offenbleiben, ob auf eine einschlägige Weiterbildungsbefugnis des weiterbildenden Arztes für die Anerkennung der Gleichwertigkeit der ausgestellten Nachweise nach § 10 WBO im Einzelfall verzichtet werden kann, sofern er die entsprechende fachliche Qualifikation besitzt (so VG Ansbach, U.v. 16.4.2018 – AN 4 K 17.1003 – Rn. 37 f mit Verweis auf BayVGH, B.v. 20.11.2013 – 7 ZB 13.1677; anderer Ansicht: VG Regensburg, U.v. 13.9.2018 – RO 5 K 16.330, Urteilsabdruck S. 11). Denn der bescheinigende Arzt ist ausweislich des Klinikstempels Chirurg, Orthopäde und Unfallchirurg und damit kein Internist. Eine strukturierte Weiterbildung, wie sie für die Anerkennung als gleichwertig erforderlich ist (siehe dazu sogleich cc)), kann aber – unabhängig vom Vorliegen einer Weiterbildungsbefugnis – ein Arzt, der selbst nicht über die einschlägige Facharztbezeichnung oder Zusatzbezeichnung verfügt, nicht vermitteln (§ 5 Abs. 2 WBO). Denn es geht bei der Weiterbildung zum Facharzt auf einem bestimmten Gebiet oder für eine Zusatzbezeichnung nicht lediglich um die Vermittlung praktischer Kompetenzen. Vielmehr müssen diese in einer Weise vermittelt werden, welche die Einbettung in die (auch theoretischen) Zusammenhänge des jeweiligen Gebietes oder Teilgebietes, für welches die Facharztanerkennung bzw. die Zusatzbezeichnung begehrt wird, berücksichtigt.
cc) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, die in Afghanistan absolvierten Zeiten als gleichwertige Weiterbildungszeiten für die Facharztkompetenz Innere Medizin gemäß § 10 WBO anzuerkennen und auf die noch fehlenden Zeiten der Facharztkompetenz (8,27 Monate Innere Medizin und 6 Monate internistische Intensivmedizin) anzurechnen. Insoweit ist es unbehelflich, dass der Kläger anbietet, die von der Beklagten geforderten endoskopischen Untersuchungen nachzuweisen. Wie die Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung zu Recht ausgeführt hat, geht es darum, dass schon die vom afghanischen Gesundheitsministerium bescheinigten Zeiten nicht nach § 10 Satz 1 WBO angerechnet werden können. Dem Nachweis der einschlägigen Weiterbildungszeiten kommt aber, wie § 10 Satz 1 WBO deutlich macht, ein eigenes Gewicht neben den Weiterbildungsinhalten zu.
(1) Die vorgelegten Bescheinigungen des afghanischen Gesundheitsministeriums vom 15. Juli 2015 und 17. August 2015 (Anlage 11 zu Bl. 8 der Akte) sind, wie die Beklagte zu Recht feststellt, zum Nachweis einer gemäß § 10 WBO gleichwertigen Weiterbildung in der Facharztkompetenz Innere Medizin nicht geeignet. Dagegen spricht schon der in der mündlichen Verhandlung von der Beklagten angesprochene und vom Kläger eingeräumte Umstand, dass die Bescheinigungen 24 bzw. 26 Jahre nach Abschluss der bescheinigten Tätigkeiten ausgestellt wurden, obwohl das afghanische Gesundheitsministerium dem Kläger mit einer weiteren Bescheinigung vom 15. Januar 2017 bestätigt hat, dass einschlägige Unterlagen nur für einen Zeitraum von 20 Jahren aufbewahrt würden (vgl. Bescheinigung vom 15.1.2017, Anlage zu Bl. 27 der Akte). Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, auf welcher tatsächlichen Grundlage das afghanische Gesundheitsministerium Tätigkeiten bescheinigen kann, welche mehr als 20 Jahre zurückliegen, obwohl einschlägige Unterlagen, aus denen dies festgestellt werden könnte, nicht mehr vorhanden sind. Diese Ungereimtheit konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht ausräumen. Vielmehr hat er hierzu die Auffassung vertreten, es handele sich um ein Problem des afghanischen Gesundheitsministeriums, wie die Bescheinigungen zustande gekommen seien (S. 2 des Protokolls).
(2) Die genannten Bescheinigungen können jedoch auch inhaltlich nicht zum Nachweis einer gleichwertigen Weiterbildung i.S. des § 10 WBO dienen, da aus ihnen nicht der genaue Ablauf der Weiterbildung, d.h. die Struktur, die Art und Umfang der theoretischen Unterweisung der Weiterbildung vor Ausführung der praktischen Tätigkeiten hervorgeht. Vielmehr handelt es sich um Nachweise einer bloßen Berufspraxis des Klägers. Daran ändern auch die erwähnten Fachsitzungen nichts, da nicht überprüfbar ist, inwieweit diese einer theoretischen Ausbildung begleitend zur praktischen Berufstätigkeit entsprochen haben. Bloße Berufspraxis reicht jedoch nach dem Wortlaut wie auch nach dem Sinn und Zweck der einschlägigen Vorschriften der Art. 30 und 31 HKaG sowie des § 1 WBO nicht aus, um eine gleichwertige Weiterbildung i.S. des § 10 WBO nachzuweisen. Erforderlich für die Anerkennung einer Facharztausbildung ist vielmehr eine strukturierte Weiterbildung mit theoretischer Unterweisung und praktischer Anwendung (BayVGH, B.v. 20.11.2013 – 7 ZB 13.1677 – juris Rn. 11 ff. m.w.N.; VG Ansbach, U.v. 16.4.2018 – AN 4 K 17.1003 – juris Rn. 36; OVG NW, B.v. 16.9.2014 – 13 A 636/12 – Rn. 43 ff.; B.v. 30.8.2013 – 13 A 2254/12 – juris; B.v. 12.2.2013 – 13 A 2815/11 – juris; VG Saarland, U.v. 9.12.2014 – 1 K 518/13 – juris). Insoweit hat sich die Beklagte, wie von den Vorschriften über die Weiterbildung in Art. 30 und 31 HKaG intendiert, für den Nachweis einer strukturierten Weiterbildung und nicht lediglich für eine Überprüfung des Ausbildungsstandes als Voraussetzung der Anerkennung als gleichwertig nach § 10 WBO entschieden (vgl. OVG NW, B.v. 16.9.2014 – 13 A 636/12 – Rn. 85 zur WBO in Nordrhein-Westfalen).
(3) Unklar bleibt in diesem Zusammenhang auch, an welche Voraussetzungen die Weiterbildungsbefugnis der genannten Ärzte in Afghanistan geknüpft war; aus der vorgelegten Bescheinigung des afghanischen Gesundheitsministeriums vom 15. Januar 2017 (Anlage zu Bl. 27 der Akte) gehen die einschlägigen Anforderungen nicht hervor. Vor diesem Hintergrund kann nicht nachvollzogen werden, ob die vom Kläger absolvierten Zeiten und Inhalte mit den von der Weiterbildungsordnung geforderten fachlichen Inhalten vergleichbar sind.
(4) Die genannten Mängel der afghanischen Bescheinigungen können auch nicht dadurch geheilt werden, dass der Weiterbilder Dr. Sch. aufgrund eigener Beobachtungen der klägerischen Arbeit die Gleichwertigkeit der afghanischen „Weiterbildung“ bescheinigt hat. Zur Feststellung der Gleichwertigkeit einer abweichenden Weiterbildung sind nach Art. 33 Abs. 1 und 2 HKaG i.V.m. § 12 Abs. 1 WBO die Beklagte und die von ihr beteiligten Fachberater berufen. Des Weiteren sieht § 10 WBO für die Feststellung der Gleichwertigkeit ein eigenes Verfahren mit Überprüfung der vorgelegten Zeugnisse und Nachweise vor. Dieses kann nicht durch ein vom Kläger vorgelegtes (bestenfalls als solches zu bewertendes) Privatgutachten ersetzt werden, welches zudem erkennbar nicht auf einer eigenen inhaltlichen Überprüfung der vorgelegten Bescheinigungen beruht.
(5) Da den Kläger die materielle Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Anerkennung als gleichwertig gemäß § 10 WBO trifft, geht die Unmöglichkeit, entsprechende Unterlagen zu beschaffen, zu seinen Lasten. Die genannten Anforderungen sind auch nicht unverhältnismäßig bzw. unzumutbar, weil der Kläger die Möglichkeit hatte, die fehlenden Weiterbildungszeiten in der Zwischenzeit nachzuholen.
c) Die einschlägigen Satzungsbestimmungen der Weiterbildungsordnung der Beklagten sind zur Überzeugung des Gerichts wirksam, was der Kläger auch nicht in Frage stellt.
aa) Die Satzungsbestimmungen sind von der Ermächtigungsgrundlage in Art. 35 Abs. 2 Nr. 3 und 6 HKaG gedeckt, die ihrerseits jedenfalls insoweit dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entspricht (vgl. BVerfG, B.v. 9.5.1972 – 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64, Facharzt-Beschluss – juris). Denn das HKaG regelt als förmliches Landesgesetz in Art. 29 die Anerkennungsvoraussetzungen, in Art. 30 die Art und Weise der Weiterbildung, deren Mindestdauer und Regelhöchstdauer sowie deren Umfang und daneben auch nicht anrechnungsfähige Zeiten und Inhalte sowie in Art. 33 Abs. 1 und 2 das Anerkennungsverfahren und damit die – im vorliegenden Fall – relevanten „statusbildenden Formen“ der Facharztanerkennung zumindest in ihren Grundzügen, wie es das Bundesverfassungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehaltes verlangt. Auf weitere Regelungen des HKaG kommt es vorliegend nicht an.
bb) Des Weiteren bestehen keine Zweifel an der Übereinstimmung der WBO der Beklagten mit höherrangigem Recht. Insbesondere verstößt diese nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Bei den einschlägigen Regelungen über die Voraussetzungen einer Facharztanerkennung, insbesondere der Gleichwertigkeitsprüfung, handelt es sich um Berufsausübungsregelungen i.S. der 3-Stufen-Theorie des Bundesverfassungsgerichtes zum Gesetzesvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG. Zwar kommt der Facharztanerkennung auch dann, wenn man den Facharzt nicht als einen eigenständigen Beruf i.S. des Art. 12 Abs. 1 GG ansieht, im Hinblick auf die fachliche Kompetenz, das Ansehen und die finanziellen Vorzüge eine erhebliche Bedeutung zu. Dieser Aspekt rückt die Entscheidung eines Arztes, sich dieser Tätigkeit zu widmen, in die Nähe einer Berufswahlentscheidung (BVerfG, a.a.O., Rn. 112). Da somit die Voraussetzungen der Facharztanerkennung in ihrer Intensität einer Zugangsregelung angenähert sind, müssen die rechtfertigenden Gründe dafür umso gewichtiger sein (BVerfG, a.a.O., Rn. 112, 129; OVG NW, B.v. 16.9.2014 – 13 A 636/12 – juris Rn. 49, 61 ff.; VG Münster, U.v. 13.2.2009 –10 K 746/08 – juris Rn. 14 ff.; VG Würzburg, U.v. 24.6.2013 – W 7 K 13.199 – juris). Die legitimen Allgemeinwohlinteressen, deren Schutz die einschlägigen Berufsausübungsregelungen dienen, sind zum einen die Qualität der Facharztausbildung im Interesse des Gesundheitsschutzes der Patienten, zum anderen auch die Chancengleichheit der Ärzte im beruflichen Wettbewerb. Zum Schutze dieser Gemeinwohlinteressen sind die Vorschriften der Weiterbildungsordnung geeignet und auch erforderlich. Da § 10 WBO die Möglichkeit der Anerkennung abweichender Weiterbildungen als gleichwertig vorsieht und diese in Anlehnung an die fachlichen Anforderungen des Abschnitts B der Weiterbildungsordnung gemäß § 10 Satz 2 WBO auch nicht an unangemessen hohe Voraussetzungen knüpft, sind die Regelungen auch verhältnismäßig im engeren Sinne (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2013 – 7 ZB 13.1677 – juris Rn. 15). Des Weiteren liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 der Bayerischen Verfassung vor. Die Differenzierung zwischen Bewerbern, welche ihre Weiterbildung entsprechend der WBO der Beklagten absolviert haben, und solchen mit einer abweichenden Weiterbildung, gegebenenfalls in einem Drittstaat, ist im Hinblick auf die obengenannten Schutzgüter sachlich gerechtfertigt und im Übrigen auch nicht unverhältnismäßig.
cc) Die Kammer hat schließlich auch keine Bedenken gegen die Ausübung des Normsetzungsermessens der Beklagten. Die einschlägigen Regelungen sind, wie dargelegt, sachlich gerechtfertigt und vertretbar, ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist nicht ersichtlich (vgl. zu diesem Maßstab: Schmidt-Aßmann in Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 217, 217a; Ossenbühl in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III § 66 Rn. 46 ff.).
d) Ohne dass es entscheidungserheblich auf diese Frage ankäme, vermag die Kammer der Beklagten jedoch nicht darin zu folgen, dass es für die Anerkennung von Weiterbildungszeiten, welche während des Approbationsverfahrens absolviert wurden, auf die Rechtmäßigkeit der Anerkennung der ärztlichen Grundausbildung im Drittstaat als gleichwertig i.S. des § 3 Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 2 Sätze 2 bis 6, 8 und 9 der Bundesärzteordnung (BÄO) durch die Approbationsbehörde ankomme. Eine solche Einschränkung lässt sich weder aus dem HKaG noch aus der WBO ableiten. Soweit die Beklagte nicht ohnehin an die – durch Verwaltungsakt erfolgende – Approbation bzw. positive Feststellung der Gleichwertigkeit der in einem Drittstaat absolvierten ärztlichen Grundausbildung im Approbationsverfahren nach § 3 Abs. 2, 3 BÄO gebunden ist, müsste sie nach der Rechtsauffassung der Kammer gegebenenfalls eigenständig die Anerkennungsfähigkeit der absolvierten Zeiten nach den Vorschriften der WBO prüfen. Denn die Bestimmungen der WBO, insbesondere deren § 10, verfolgen erkennbar einen anderen Zweck als die genannten Bestimmungen des § 3 Abs. 2, 3 BÄO.
3. Da die vorgelegten Bescheinigungen über die in Afghanistan absolvierten Zeiten, wie ausgeführt, nicht zur Anerkennung als gleichwertig gemäß § 10 WBO führen können, ist auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag gemäß § 43 Abs. 1 VwGO unbegründet.
4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO vollumfänglich abzuweisen.
5. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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