Arbeitsrecht

Anmeldung der Eheschließung

Aktenzeichen  UR III 1/19

Datum:
26.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53879
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Weiden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
PStG § 11 Abs. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 2 S. 1
PStV § 1 Abs. 1 S. 2
FamFG § 30 Abs. 1 und Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Das Standesamt der Stadt Weiden i.d.OPf. wird angewiesen, die Mitwirkung an der Eheschließung des Beteiligten A A F, geboren am 00.00.1998, und der Beteiligten S M K B, geboren am 00.00.1985, nicht mit der Begründung abzulehnen, dass die Identität des Beteiligten A A F nicht geklärt sei.
2. Von der Erhebung der gerichtlichen Kosten des Verfahrens wird abgesehen. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt

Gründe

I.
Der somalische Staatsangehörige A A F und die deutsche Staatsangehörige S M K B meldeten am 09.11.2018 beim Standesamt der Stadt Weiden i.d.OPf. die Eheschließung an. Zugleich beantragte der beteiligte A F die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses.
Während die Beteiligte B alle für die Anmeldung der Eheschließung nach § 11 Abs. 2 PStG erforderlichen öffentlichen Urkunden vorlegen konnte, konnte sich der Beteiligte A F nur mit einem Reiseausweis für Ausländer, ausgestellt am 12.10.2017 und gültig bis 11.01.2020, und einem Aufenthaltstitel gem. § 25 Abs. 3 AufenthG, gültig ebenfalls bis 11.01.2020, ausweisen.
Ein einschränkender Vermerk, dass die Personenstandsdaten des Inhabers auf eigenen Angaben beruhen, ist in dem Reiseausweis nicht enthalten.
Weiterhin legte der beteiligte A F eine Bescheinigung der somalischen Botschaft Berlin vom 22.10.2018 vor, nach der er somalischer Staatsangehöriger ist.
Am 09.11.2018 versicherte der Beteiligte A F beim Standesamt der Stadt Weiden i.d.OPf an Eides statt, dass er noch ledig sei und dass seine Eltern und Geschwister noch in Somalia lebten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindliche Versicherung an Eides Statt (Bl. 10) Bezug genommen.
Mit Urkunde vom 06.12.2018 befreite der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg den Beteiligten A F von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses (§ 1309 Abs. 2 BGB). Die Befreiung gilt für die Dauer von 6 Monaten.
Das Standesamt der Stadt Weiden i.d.OPf. hat vorliegend Zweifel, ob es an der Eheschließung mitwirken darf, und hat sich mit Schreiben vom 30.01.2019, eingegangen bei Gericht am 04.02.2019, an das Gericht gewandt mit der Bitte um Prüfung, ob die angemeldete Eheschließung trotz ungeklärter Identität des somalischen Verlobten vorgenommen werden kann. Es handelt sich hierbei um eine Zweifelsvorlage gem. § 49 Abs. 2 PStG.
Die weiteren Beteiligten wurden zunächst schriftlich angehört. Das Gericht hat zudem am 25.04.2019 die Beteiligten B und A F persönlich angehört und in diesem Termin den Beteiligten A F förmlich als Beteiligten vernommen (§§ 51 Abs. 1 S. 1 PStG, 30 FamFG, 445 ZPO). Zu diesem Termin war auch das Standesamt der Stadt Weiden i d.OPf geladen. Wegen des Ergebnisses wird auf den Anhörungsvermerk vom 25.04.2019 Bezug genommen.
Dem Standesamt Weiden wurde Gelegenheit zur Stellungnahme zum Ergebnis des Anhörungstermins gegeben. Eine Stellungnahme hierzu ist nicht erfolgt.
II.
Das Amtsgericht Weiden i.d.OPf. ist für die Entscheidung der Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG sachlich und örtlich zuständig, § 50 PStG.
Gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 PStG haben die Beteiligten bei der Anmeldung der Eheschließung ihren Personenstand durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Der Personenstand umfasst Daten wie Geburt, Eheschließung, Begründung einer Lebenspartnerschaft und Tod und die damit in Verbindung stehenden familien- und namensrechtlichen Tatsachen (§ 1 Abs. 1 S. 2 PStV).
Der Nachweis des Personenstandes hat gem. § 9 Abs. 1 PStG grundsätzlich durch Personenstandsurkunden oder sonstige öffentliche Urkunden zu erfolgen. Kann dieser Nachweis nicht durch geeignete Urkunden erbracht werden, weil deren Beschaffung nur mit erheblichen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist, so können als Beurkundungsgrundlage auch andere Urkunden dienen (§ 9 Abs. 2 S. 1 PStG). Sind auch diese Urkunden nicht einfacher zu beschaffen, so kann der Standesbeamte eine eidesstattliche Versicherung des Betroffenen oder anderer Personen verlangen und abnehmen (§ 9 Abs. 2 S. 2 PStG).
Das gerichtliche Verfahren unterliegt gem. §§ 49, 51 Abs. 1 S. 1 PStG, 26 FamFG dem Amtsermittlungsgrundsatz. Das Gericht hat vorliegend eigenständig zu überprüfen, ob der beteiligte A F seine Identität nachgewiesen hat.
Das Gericht darf und muss sich bei der Prüfung, ob eine Behauptung wahr oder nicht wahr ist, mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der etwaigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Musielak/Voit/Foerste, 16. Aufl. 2019, ZPO § 286 Rn. Randnummer 19).
Nach diesem Maßstab hat der Beteiligte A F hat zur Überzeugung des Gerichts seine Identität nachgewiesen.
Das Gericht geht zunächst in Übereinstimmung mit dem Standesamt der Stadt Weiden i.d.OPf. und den weiteren Beteiligten davon aus, dass es dem Beteiligten A F aufgrund der politischen Lage in Somalia nicht möglich ist, seine Identität bzw. seinen Personenstand durch einen somalischen Reisepass, eine somalische Geburtsurkunde oder andere durch somalische Behörden ausgestellte öffentliche Urkunden nachzuweisen. Alle nach dem 31.01.1991 ausgestellten somalischen Reisepässe oder Ersatzpapiere werden im Bundesgebiet nicht anerkannt. Die somalische Botschaft in Deutschland hat mit Schreiben vom 22.10.2018 bestätigt, dass der Beteiligte A F somalischer Staatsangehöriger ist, aber darauf hingewiesen, dass es der Botschaft derzeit nicht möglich sei, Nationalpässe auszustellen.
Der Beteiligte A F ist jedoch Inhaber eines deutschen Reiseausweises für Ausländer, ausgestellt von der Stadt Weiden – Ausländerbehörde – am 12.10.2017 uns gültig bis 11.01.2020, der nicht mit einem einschränkenden Vermerk, dass die Personenstandsdaten des Inhabers auf eigenen Angaben beruhen, versehen ist.
Der ohne diesen einschränkenden Zusatz ausgestellte Reiseausweis für Ausländer stellt ein zum Nachweis der Identität des Inhabers grundsätzlich geeignetes Beweismittel dar (BGH, Beschluss vom 17.05.2017, XII ZB 126/15).
Diesen Reiseausweis hat der Beteiligte A F bei der Anmeldung der Eheschließung auch vorgelegt.
Dieser Reiseausweis reicht als alleiniges Beweismittel aber regelmäßig nicht aus und vermag eine eigene Aufklärung des Gerichts nicht zu ersetzen, da die üblicherweise vorzulegenden Urkunden fehlen. Das Gericht hat daher weitere Aufklärungen durchzuführen, die näheren Aufschluss über die Richtigkeit der Personenstandsangaben geben und dem Gericht einen eigenen unmittelbaren Eindruck vermitteln können (BGB a.a.O.)
Das Gericht hat vorliegend den Beteiligten A F als Beteiligten förmlich eidlich vernommen (§§ 30 Abs. 1 und Abs. 3 FamFG, 445 ff. ZPO). Der beteiligte A F hat bei seiner Vernehmung aus Sicht des Gerichts glaubhaft angegeben, er sei am 00.00.1998 in Salahley/Somalia geboren. Der Ort schreibe sich eigentlich richtig Salaxley. Diese Daten seien ihm nur von seiner Mutter und seinen Angehörigen her bekannt. Er sei subjektiv aber davon überzeugt, dass der Geburtstag und der Geburtsort zutreffend seien. An Salahley habe er selbst keine Erinnerung. Solange er sich erinnern könne, habe er immer in Qoryoley gelebt. Dies sei auch sein Wohnort bis zu seiner Ausreise aus Somalia gewesen. Er gehe selbst davon aus, dass zu der Tatsache seiner Geburt in Somalia keinerlei amtlichen Dokumente existieren. Er könne sich nur an ein Impfbuch erinnern, das auf seinen Namen ausgestellt gewesen sei.
Der Familienname A F stelle eine Namenskette dar, die sich aus seinem Vaternamen A und seinem Großvaternamen F zusammensetze.
Die korrekte Schreibweise nach lateinischen Alphabet, das auch in Somalia gebräuchlich sei, sei eigentlich wie folgt Der Vorname A „C“ und der Nachname A „C“ und F „F“. Die Schreibweise, wie sie auch in seinem Reisepass enthalten ist, sei aber phonetisch korrekt.
Er habe mit S B jetzt in Deutschland vor einem Imam die Ehe nach islamischen Recht geschlossen. Zuvor sei er nicht verheiratet gewesen und habe auch keine Lebenspartnerschaft geschlossen.
Die Beteiligte B hat zudem bei ihrer formlosen Anhörung angegeben, sie habe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass mit den Personendaten des Beteiligten A etwas nicht stimmen könnte. Sie habe noch nie einen anderen Namen oder andere Daten gehört. Er werde auch von seinen Freunden hier mit diesem Namen genannt. Er telefoniere mit Familienangehörigen, auch von seinen Angehörigen werde er nur mit diesem Namen genannt. Sie selbst sei sich sicher, dass er der sei, für den er sich ausgibt. Sonst würde sie ihn nicht heiraten. Sie habe keinerlei Grund, daran zu zweifeln, dass die Personendaten so richtig sind.
Insgesamt verbleiben für das Gericht keine vernünftig begründbaren – behebbaren – Zweifel an den Behauptungen des beteiligten A zu seiner Identität und seinem Personenstand. Höhere Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu stellen, würde im Hinblick auf die unstreitigen Zustände im Herkunftsland des beteiligten A der durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Beteiligten A und B zur Eheschließung nicht mehr gerecht (s. in einem ähnlich gelagerten Fall OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.12.2017, I-3 Wx 232/16).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 51 Abs. 1 S. 1 und S. 2 PStG, 81 FamFG, die Festsetzung des Verfahrenswertes auf den §§ 2 Nr. 14, 36 Abs. 3 GNotKG.


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