Arbeitsrecht

Antrag auf Rücknahme der beantragten Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung

Aktenzeichen  RO 1 K 14.1423

Datum:
3.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG BeamtStG § 44 Abs. 1
BBG BBG § 47, § 48, § 91 Abs. 3 S. 2
BayBG BayBG § 91 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

1 Die Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung ist rechtswidrig, wenn die personalbearbeitende Stelle ihre Fürsorgepflicht dadurch verletzt, dass sie nicht erkennt, wenn ein Beamter einen Antrag auf Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung stellt, obwohl er dienstunfähig ist. (Rn. 23 und 56) (redaktioneller Leitsatz)
2 Das Nichtvorhandensein der von dem Beamten begehrten Stelle ist ein zu beachtender dienstlicher Belang, der der Rückkehr von der Teilzeit- in die Vollzeitbeschäftigung entgegensteht. (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist hinsichtlich der Anfechtung der Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung und der Ablehnung des Übergangs zur Vollzeitbeschäftigung, zumindest für die Zeit bis zum Eintritt in den Ruhestand, zulässig.
Die Klage ist aber unbegründet, da weder die Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung, noch die Ablehnung des Übergangs zur Vollzeitbeschäftigung rechtswidrig waren und die Beklagte nicht verpflichtet war, der Klägerin Vollzeitbeschäftigung zu gewähren, § 113 Abs. 1, 5 VwGO.
1. Die Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung entsprach dem Antrag der Klägerin, den sie durch Telefax ihrer Rechtsanwältin vom 17.9.2013 gestellt hat. Der Wunsch auf Teilzeitbeschäftigung lag somit schon vor dem Personalgespräch am 19.9.2013 bei der Beklagten vor.
Vor der Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung mit Schreiben vom 1.10.2013 musste es sich der Beklagten auch nicht aufdrängen, dass die beantragte Teilzeitbeschäftigung nicht dem tatsächlichen Willen der Klägerin entsprach. Das ergibt sich insbesondere nicht aus der nach Angaben der Klägerin beim Personalgespräch am 19.9.2013 geäußerten Auffassung, sie sei nicht dienstfähig.
Insbesondere bei psychischen Erkrankungen kommt es häufig vor, dass der/die Betroffene die Schwere der Krankheit selbst nicht richtig einschätzen kann. Genauso wie Erkrankungen unterschätzt werden, der Beamte arbeiten will, wegen tatsächlich bestehender „dauernder Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten“, somit einer „Dienstunfähigkeit“ nach § 44 Abs. 1 BeamtStG, aber in den Ruhestand versetzt werden muss, halten sich andere Beamte für dauerhaft nicht dienstfähig, obwohl sie nach einer Krankheitsphase wieder arbeiten können. Der Arbeitgeber kann zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Bundesbeamten eine ärztliche Untersuchung durch einen Amtsarzt, §§ 47, 48 BBG, veranlassen. Dies erfolgt bei der Beklagten durch ihren Ärztlichen Dienst.
Nachdem die Klägerin in den Jahren 2008 bis 2011 nur gelegentliche Erkrankungen hatte, war sie ab 2012 auch vermehrt stationär in Behandlung. Aus der in dieser Zeit bestehenden Arbeitsunfähigkeit kann aber nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden, dass sie dienstunfähig, also dauernd zur Erfüllung der Dienstpflichten unfähig war. Dies gilt insbesondere auch für die Zeit des Personalgesprächs vom 19.9.2013 bis zur Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung vom 1.10.2013. Es mag zwar sein, dass sich die Klägerin selbst für dienstunfähig hielt und auch beim Personalgespräch ihre Bedenken äußerte, den dienstlichen Tätigkeiten nicht nachkommen zu können. Dies führte aber nicht dazu, dass die Beklagte oder auch der Ärztliche Dienst von einer für weitere Untersuchungen erforderlichen Wahrscheinlichkeit der Dienstunfähigkeit ausgehen konnte oder musste. Kurz vor dem Personalgespräch hat die Klägerin durch ihre Rechtsanwältin selbst den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt und im Personalgespräch die Wiedereingliederungsmaßnahme vorgeschlagen. Wäre ihr Arzt Dr. … zu dieser Zeit von einer Dienstunfähigkeit der Klägerin ausgegangen, hätte er nicht den Wiedereingliederungsplan mit der Anmerkung der erwarteten vollen Dienstfähigkeit zum 1.11.2013 aufgestellt. Aufgrund dieses Wiedereingliederungsplans konnte die Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin nicht dienstunfähig war. Es brauchten aufgrund dieses Wiedereingliederungsplans ohne weiteres Vorbringen der Klägerin auch keine Nachfragen bei den die Klägerin behandelnden Ärzten und keine weiteren Untersuchungen seitens des Ärztlichen Dienstes erfolgen. Der rechtskundig vertretenen Klägerin war es insbesondere zuzumuten, die Gründe für die von ihr angenommenen Dienstunfähigkeit zu nennen und gegebenenfalls ärztliche Atteste vorzulegen. Nicht ausreichend für eine Rechtswidrigkeit der Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung war insbesondere die Feststellung durch Frau Medizinaldirektorin …, die Klägerin sei nicht dienstunfähig.
Soweit die Klägerin nach Urteilsfällung noch umfangreiche Unterlagen mit Telefax vom 3.2.2016, 16.11 Uhr, vorlegte, konnten diese zwar nicht mehr berücksichtigt werden, es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Auswertung dieser Unterlagen auch nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte. Sollten die Angaben der Klägerin in der mit diesem Telefax vorgelegten Dienstaufsichtsbeschwerde vom 22.1./26.8.2014 zutreffen, hätte das beschriebene Verhalten der Medizinaldirektorin … dennoch nicht zu einer Rechtswidrigkeit der Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung führen können. Maßgeblich ist allein, dass nach dem vorgelegten Wiedereingliederungsplan des Dr. … davon ausgegangen werden konnte, dass keine Dienstunfähigkeit vorlag.
Die weiterhin vorgelegten Atteste des Dr. … vom 9.10.2014 stammen aus einer Zeit, in der die Feststellung der Dienstunfähigkeit mit der Ruhestandsversetzung zum 31.1.2015 schon unmittelbar bevorstand. Das Attest des Bezirksklinikums … vom 20.3.2015 wurde sogar erst nach der Ruhestandsversetzung erstellt.
Nachdem somit zum Zeitpunkt der Genehmigung der Teilzeitarbeit kein hinreichender Anhaltspunkt für die Beklagte vorlag, dass sie trotz der Beantragung durch die Klägerin aus Gründen der Fürsorge nicht hätte erteilt werden dürfen, war die Genehmigung vom 1.10.2013 rechtmäßig.
Anhaltspunkte für einen Willensmangel entsprechend §§ 119, 123 BGB sind nicht gegeben. Vielmehr hat sich die Klägerin von einer Rechtsanwältin vertreten lassen, die ihr auch die Folgen ihrer Erklärungen erläutert hat. In der Klageschrift wurde zudem ausdrücklich erklärt, dass die Klägerin erst bei Beendigung des Wiedereingliederungsversuchs erkannt habe, dass sie dienstunfähig sei.
2. Die Klägerin hatte auch keinen Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung und Übergang zur Vollzeitbeschäftigung, § 91 Abs. 3 Satz 2 BayBG. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin nach ihrer Ruhestandsversetzung einen Anspruch noch geltend machen könnte oder ob diesbezüglich das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist.
Dem Antrag der Klägerin auf Rücknahme der Genehmigung der Teilzeitbeschäftigung mit Schreiben vom 10.11.2015 war nur zu entnehmen, dass die Untersuchung durch Frau Medizinaldirektorin … fehlerhaft gewesen sein soll, weil sie zur Arbeitsaufnahme gedrängt worden sei, „obwohl ich noch krank war“. Abgesehen davon, dass der ausdrückliche und ausführliche Hinweis im Wiedereingliederungsplan vom 2.10.2013, dass die Klägerin krankgeschrieben bleibt, die Arbeitsaufnahme freiwillig ist und die Klägerin ohne besondere rechtliche Regelung dem Dienst fernbleiben darf, kein Drängen zur Arbeit darstellt, konnte die Beklagte auch aufgrund dieses Schreibens nicht von einer (dauerhaften) Dienstunfähigkeit ausgehen. Allein aus diesem Grunde war die Ablehnung des Übergangs zur Vollzeitbeschäftigung nach § 91 Abs. 3 Satz 2 BayBG bereits rechtmäßig, da ein statusrechtlich relevanter Wechsel von Teilzeitzu Vollzeitbeschäftigung nicht von einer vorübergehenden Erkrankung abhängig zu machen ist. Die Beklagte hatte sich auch nicht durch die Rückgängigmachung der Teilzeitbeschäftigung vom 1.5.2013 bis 30.4.2014 durch Schreiben vom 4.6.2013 dahingehend gebunden, dass auch die zweite Teilzeitgenehmigung wieder zurückzunehmen gewesen wäre. Insbesondere standen der Rücknahme der zweiten Teilzeitbeschäftigung dienstliche Belange entgegen. Während zur Zeit der Rücknahme der ersten Teilzeitgenehmigung sowohl eine Teilzeitals auch eine Vollzeitstelle vorhanden waren, ein Wechsel damit möglich war, war vor dem Antrag der Klägerin auf Rücknahme der zweiten Teilzeitgenehmigung die Vollzeitstelle am 21.10.2013 vergeben worden. Das Nichtvorhandensein der von der Klägerin begehrten Stelle ist ein zu beachtender dienstlicher Belang, der der Rückkehr der Klägerin in die Vollzeitbeschäftigung entgegenstand.
Auch die Vergabe einer Vollzeitstelle in … war der Beklagten nicht möglich, da nach den glaubhaften Darstellungen in der mündlichen Verhandlung aufgrund umfangreicher Umstrukturierungsmaßnahmen zahlreiche Beamte bereits vorrangige Versetzungsanträge gestellt hatten.
Im Hinblick auf die im Schriftsatz vom 2.2.2016 genannte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt.v. 16.10.2008, 2 C 15.07, juris) ergibt sich auch keine andere Beurteilung. Im Wesentlichen bezieht sich diese Entscheidung auf die Problematik, dass bei Teilzeitarbeit im Blockmodell die Freistellung von der Arbeitsleistung durch im Verhältnis zum Teilzeitgehalt erhöhte Arbeitsleistung in der Ansparphase „erkauft“ werden muss. Stellt sich dann nach einem erheblichen Teil der Ansparphase oder im ersten Teil der Freistellungsphase heraus, dass das mit der Freistellungsphase angestrebte Ziel aufgrund von dauerhafter Erkrankung oder Einschränkung der Arbeitsfähigkeit nicht erreicht werden kann, bestehen berechtigte Interessen des Beamten, die zu einer Verpflichtung des Dienstherrn führen können, auch rückwirkend den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zuzulassen. Ein derartiges besonderes Interesse an dem Wechsel in die Vollzeitbeschäftigung hatte die Klägerin aber nicht, da sie während ihrer Teilzeitbeschäftigung keine Mehrarbeit, sondern überhaupt keine Arbeitsleistung erbracht hat. Dies gilt zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Beklagte festgestellt hat, dass die Klägerin dienstunfähig war. Da nach diesem Zeitpunkt die Klägerin kurzfristig in den Ruhestand versetzt wurde, ergeben sich auch diesbezüglich keine Ansprüche auf Übergang zur Vollzeitbeschäftigung.
3. Die Klage war somit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
Die Zulassung der Berufung war nicht veranlasst.


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