Arbeitsrecht

Bonuszahlung im Bankgewerbe – Zielvereinbarung – Bonusvolumen – Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage

Aktenzeichen  10 AZR 620/11

Datum:
17.10.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 305 BGB
§ 305c Abs 1 BGB
§ 307 Abs 2 Nr 1 BGB
§ 315 BGB
Spruchkörper:
10. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Frankfurt, 1. September 2010, Az: 6 Ca 7073/09, Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 23. Mai 2011, Az: 7 Sa 1556/10, Urteil

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 23. Mai 2011 – 7 Sa 1556/10 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten um eine Bonuszahlung für das Jahr 2008.
2
Der Kläger war seit dem 1. Juli 1988 bei der D AG beschäftigt, zuletzt als Referatsleiter im Bereich „Communication and Marketing, Policies & Guidelines“. Seit dem 1. April 2009 befand sich der Kläger in der passiven Phase der Altersteilzeit.
3
Mit Wirkung zum 11. Mai 2009 wurde die D AG auf die Beklagte verschmolzen.
4
Die Grundlage des Arbeitsverhältnisses bildete der Arbeitsvertrag vom 29. März/11. April 1988. Dieser enthält unter anderem folgende Regelungen:
        
„2.     
Bezüge
        
        
Der Mitarbeiter erhält folgende Bezüge, durch die zugleich eventuelle Ansprüche auf Sozialzulagen und Mehrarbeitsvergütung abgegolten sind:
        
        
a)    
Gehalt
        
        
        
…       
        
        
b)    
Gratifikation
        
        
        
Eine jährliche Abschlussgratifikation, die aus einem garantierten Betrag in Höhe eines Monatsgehaltes (Basis Dezember) und einer zusätzlichen Vergütung besteht, die unter Berücksichtigung der Ertragslage der Bank individuell nach Leistungsgesichtspunkten jährlich neu festgesetzt wird. Die Abrechnung erfolgt am ersten Arbeitstag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Bank.“
5
Am 27. März 2008 schlossen die Parteien eine Zielvereinbarung für das Geschäftsjahr 2008, in der die vom Kläger zu erreichenden Ziele in drei verschiedenen Bereichen (Unternehmensziele, vom Fachvorstand abgeleitete individuelle Ziele, sonstige individuelle Ziele) festgelegt wurden. Die Zielvereinbarung lautet auszugsweise:
        
„       
Ziele und Executive Bonus 2008
        
        
        
Zielvereinbarung und Zielerreichung – Seite 1
        
        
        
Bewertungszeitraum*
01.01.2008 – 31.12.2008
        
        
        
Name des Mitarbeiters*
        
        
        
K       
        
        
        
Position/Funktion des Mitarbeiters*
Beschäftigt seit
        
        
        
L3, Referatsleiter
07/1988
        
        
        
Name des Vorgesetzten*
        
        
        
A       
        
        
        
Name des nächsthöheren Vorgesetzten*
        
        
        
Dr. M 
        
        
        
Zielbonus in Euro p.a. *)**) 100 %
        
        
        
wird in einem separaten Schreiben mitgeteilt
        
        
        
…       
        
        
        
*) Pflichteingabe
        
        
        
**) Aus dem Zielbonus erwächst kein Rechtsanspruch
        
        
        
s.a. Terms & Conditions
        
        
        
…       
        
        
        
[ ]       
Ja, zusätzliche Dokumente (bitte beifügen)
        
        
        
[x]       
Ja, ich habe die Terms & Conditions zur Kenntnis genommen (abrufbar im Executive Net)
        
        
        
        
        
        
        
        
___________________________
___________________________
        
        
        
Datum, Unterschrift Mitarbeiter
Datum, Unterschrift Vorgesetzter
“       
6
Der Kläger unterzeichnete die Zielvereinbarung und bestätigte die Kenntnisnahme der „Terms & Conditions“ (im Folgenden: Bonusbedingungen) durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens. Handschriftlich setzte er neben das Kästchen ein Kreuz sowie unter das Formular ein weiteres Kreuz und den Zusatz:
        
„Zur Kenntnis genommen, jedoch vor Bekanntgabe des Zielbonus nicht akzeptiert.“
7
Die Bonusbedingungen enthalten unter anderem folgende Regelungen:
        
„1.     
Ziele und Berechtigte
        
In Ergänzung Ihres Dienstvertrags und der darin in Aussicht gestellten Leistungsgratifikation bzw. variablen Vergütung konkretisieren die Terms & Conditions zum Prozess ‚Ziele und Executive Bonus’ die hierfür erforderlichen Voraussetzungen.
        
…     
        
5.    
Rahmenbedingungen und Regelungen
        
»       
Die tatsächliche Auszahlung des Bonus setzt voraus, dass der Vorstand ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung stellt. Die Feststellung des Bonusvolumens bleibt weiterhin der Entscheidung des Vorstandes vorbehalten.“
8
Am 8. August 2008 fand eine Zwischenbeurteilung der Zielerreichung des Klägers (sog. mid-term review) statt.
9
Am 28. Oktober 2008 veröffentlichte die D AG im Intranet eine Mitteilung an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit folgendem Wortlaut:
        
„Bonusvolumen 2008
        
Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
        
wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass der Vorstand für das Kalenderjahr 2008 ein Bonusvolumen in Höhe von 100 % des Bonusvolumens 2007 – angepasst an den Mitarbeiterstand 2008 – pro Funktion und Division (exclusive DKIB Frontoffice) zugesagt hat.
        
Mit dieser Entscheidung verbunden ist der Dank für Ihr Engagement und Ihren Einsatz für unsere Bank im laufenden Jahr, auf den wir auch in Zukunft vertrauen.
        
Die Festsetzung der individuellen Bonusbeträge erfolgt wie in den vergangenen Jahren leistungsabhängig. Über die individuelle Bonusfestsetzung werden die Führungskräfte ihre Mitarbeiter rechtzeitig in einem persönlichen Gespräch informieren.
        
Die Auszahlung des Bonus erfolgt im Frühjahr 2009.
        
Ihr     
        
H       
W“    
10
Diese Mitteilung basierte auf einer Vorstandsentscheidung vom 2. Oktober 2008 und ist mit den Namen des damaligen Vorstandsvorsitzenden und des damaligen Personalvorstands unterzeichnet.
11
Zu Beginn des Jahres 2009 bat der Kläger um Mitteilung der Höhe seines Zielbonus für das Geschäftsjahr 2008. Mit E-Mail vom 16. Januar 2009 teilte ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger mit, dass sein Zielbonus auf 40.000,00 Euro festgesetzt worden sei.
12
Durch Mitarbeiterbrief vom 18. Februar 2009 wurde den Arbeitnehmern der Beklagten und der D AG durch die Vorstandsvorsitzenden der beiden Unternehmen mitgeteilt, dass es aufgrund der Ergebnissituation für das Jahr 2008 keinerlei Bonuszahlungen geben werde.
13
Im März 2009 erhielt der Kläger für das Geschäftsjahr 2008 eine Zahlung für besondere Belastung in Höhe von 4.348,00 Euro.
14
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für das Geschäftsjahr 2008 ein Bonus in Höhe von 40.000,00 Euro zustehe. Nach Abzug der bereits geleisteten Zahlung für besondere Belastung könne er von der Beklagten noch eine Zahlung in Höhe von 35.652,00 Euro verlangen. Die Zielvereinbarung sei trotz des handschriftlichen Zusatzes wirksam zustande gekommen. Er habe die in der Zielvereinbarung festgesetzten persönlichen Ziele zu 100 % erreicht. Der Mitteilung des Vorstands der D AG vom 28. Oktober 2008 sei die Zusage zu entnehmen, dass die in der Zielvereinbarung genannten Unternehmensziele zu 100 % erreicht worden seien. Ziff. 5 der Bonusbedingungen stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die Regelung benachteilige den Kläger unangemessen und sei deshalb unwirksam. Darüber hinaus sei die dort aufgestellte Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus auch erfüllt. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 habe der Vorstand der D AG ein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt.
15
Der Kläger hat beantragt,
        
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.652,00 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2009 zu zahlen.
16
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dass dem Kläger kein Bonusanspruch zustehe. Es unterliege bereits erheblichen Zweifeln, ob für das Jahr 2008 überhaupt eine wirksame Zielvereinbarung geschlossen worden sei. Ein Bonusanspruch bestehe jedenfalls deshalb nicht, weil die Beklagte entgegen Ziff. 5 der Bonusbedingungen kein ausreichendes Bonusvolumen zur Verfügung gestellt habe. Ziff. 5 der Bonusbedingungen sei wirksam. Durch die Mitteilung vom 28. Oktober 2008 habe der Vorstand sein Ermessen iSv. Ziff. 5 der Bonusbedingungen nicht ausgeübt. Die Mitteilung stelle lediglich eine unverbindliche Ankündigung eines möglichen Bonusvolumens an die gesamte Belegschaft dar. Für die Entscheidung im Februar 2009, keine Bonuszahlungen zu leisten, sei neben der öffentlichen Diskussion über Bonuszahlungen auch die Entwicklung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds von erheblicher Bedeutung gewesen. Die globale Finanzmarktkrise habe zum Ende des Jahres 2008 dramatische Höhepunkte erreicht. Die Kernkapitalquote der D AG habe sich in einem kritischen Bereich bewegt. Für das Geschäftsjahr 2008 sei ein negatives operatives Ergebnis in Höhe von 6,56 Mrd. Euro zu verzeichnen gewesen. Die Beklagte habe der D AG zusätzliches Kapital im Umfang von 4 Mrd. Euro zugeführt und habe selbst in zwei Tranchen 18,2 Mrd. Euro aus dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) in Anspruch genommen.
17
Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 23.625,00 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben