Arbeitsrecht

Bürokostenentschädigung für Gerichtsvollzieher, maßgebliches Bezugsjahr für die Berechnung der Jahresdurchschnittsbelastung, Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für die Vergütung von Überstunden der Bürokraft, Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für die Anfertigung von verfahrensbezogenen Mehrfertigungen nach KV 700 GvKostG

Aktenzeichen  W 1 K 20.2214

Datum:
27.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22932
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BKEntschV-G § 2 Abs. 1
BKEntschV-G § 3
BKEntschV-G § 4
GVO § 34 Abs. 5
GVO § 56
GVO § 7 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 3. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landgerichts Würzburg vom 28. Dezember 2020 verpflichtet, dem Kläger eine weitere Aufwandsentschädigung für Personal-kosten in Höhe von 2.028,17 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und der Beklagte jeweils zur Hälfte.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheits-leistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Aufwandsentschädigung für Personalkosten in Höhe von 2.028,17 EUR. Hinsichtlich der insoweit erfolgten Teilablehnung der Erstattung der nachgewiesenen Personalkosten ist der Bescheid vom 3. März 2017 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Hinsichtlich der Sachkosten für die Anfertigung verfahrensbezogener kostenpflichtiger Mehrfertigungen (abgeleitet aus Nr. 700 KV-GvKostG) steht dem Kläger jedoch kein weitergehender Aufwandsentschädigungsanspruch zu. Diesbezüglich ist der Bescheid des Beklagten vom 3. März 2017 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
I.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung weiterer Personalkosten in Höhe von 2.028,17 EUR nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV.
1. Die Erstattungsfähigkeit der vom Kläger nachgewiesenen Personalkosten wurde vom Beklagten fehlerhaft auf einen Jahreshöchstbetrag von 21.207,24 EUR (12 x 1.767,27 EUR) begrenzt.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV hat ein vollzeitbeschäftigter Gerichtsvollzieher einen Anspruch auf Erstattung notwendiger und angemessener Aufwendungen für die Beschäftigung von Büropersonal auf der Grundlage von Arbeits-, Dienst oder Werkverträgen bis zur Höhe eines Betrags, der einem halben Monatsentgelt nach der Entgeltgruppe 5 Entwicklungsstufe 6 des jeweils zum 1. Januar des Kalenderjahres geltenden Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder zuzüglich zu entrichtender Sozial- und gesetzlicher Unfallversicherungsbeiträge sowie einer tariflichen hälftigen Jahressonderzahlung. Dieser in § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV genannte Höchstbetrag kommt nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV dann zur Anwendung, wenn die durchschnittliche individuelle Arbeitsbelastung des Gerichtsvollziehers nicht niedriger als 80 Prozent und nicht höher als 120 Prozent liegt. Liegt die Arbeitsbelastung über 120 Prozent, so ist je angefangene 10 Prozentpunkte eine Erhöhung um jeweils 10 Prozent vorzunehmen.
Hinsichtlich der Berechnung des Höchstbetrags schreibt § 3 Abs. 2 Satz 2 BKEntschV-GV vor, dass für das laufende Kalenderjahr die Jahresdurchschnittsbelastung des Vorjahres maßgeblich ist. Dies mag zwar zunächst nahelegen, dass – wie vom Beklagten bisher auch im Rahmen der endgültigen Festsetzung der Bürokostenentschädigung praktiziert – für die Festsetzung der Bürokostenentschädigung für das Jahr 2016 die Jahresdurchschnittsbelastung des Jahres 2015 maßgeblich ist. Dagegen spricht jedoch bei genauer Betrachtung der Wortlaut der Vorschrift, der ausdrücklich die Formulierung „für das laufende Kalenderjahr“ verwendet. In Zusammenschau mit der Regelung des § 4 BKEntschV-GV ist vielmehr zu differenzieren zwischen der vorläufigen Errechnung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV und der endgültigen Festsetzung nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV. Die vorläufige Errechnung der Bürokostenentschädigung für das Jahr 2016 erfolgt bereits zu Beginn des Jahres 2016. Der Gerichtsvollzieher ist nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV berechtigt, diese vorläufig errechneten Entschädigungsbeträge von den vereinnahmten Gebühren einzubehalten. Unter Anwendung des Wortlauts von § 3 Abs. 2 Satz 2 BKEntschV-GV ist dabei 2016 als das laufende Kalenderjahr und 2015 als das Vorjahr einzustufen. Die vorläufige Errechnung der Bürokostenentschädigung für das Jahr 2016 erfolgt damit auf Basis der Belastung im Jahr 2015. Die endgültige Festsetzung der Entschädigungsbeträge nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV erfolgt dagegen erst nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres. D.h. die endgültigen Erstattungsbeträge für das Jahr 2016 werden im Jahr 2017 festgesetzt. Als laufendes Kalenderjahr ist daher das Jahr 2017, als Vorjahr – und damit für die Bestimmung der Belastung maßgebliches Jahr – das Jahr 2016 heranzuziehen. Diese Auslegung erscheint auch sachgerecht. Für die vorläufige Errechnung muss bereits rein aus Praktikabilitätsgründen auf das Jahr 2015 zurückgegriffen werden, da sich zu Beginn des Jahres 2016 die Durchschnittsbelastung für das Jahr 2016 noch gar nicht bestimmen lässt, der Gerichtsvollzieher aber gleichzeitig schon Entschädigungsbeträge von den vereinnahmten Gebühren einbehalten dürfen soll, um nicht in Vorleistung treten zu müssen. Die endgültige Festsetzung für das Jahr 2016 hat hingegen auf der Grundlage der Belastung im Jahr 2016 zu erfolgen, dies allein bereits aufgrund des der Systematik der Bürokostenentschädigung zugrundeliegenden Grundsatzes, dass die Personalkosten realitätsnah zu erstatten sind. Die Notwendigkeit und Angemessenheit der Aufwendungen, die § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV zur Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit macht, lässt sich jedoch nur dann wirklich realitätsnah bestimmen, wenn hierfür auch die Belastung des in Rede stehenden Entschädigungszeitraums herangezogen wird. Dies spiegelt sich wider im Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 2 BKEntschV-GV, der ausdrücklich die Formulierung „laufende[s] Kalenderjahr“ verwendet. Hätte der Normgeber beabsichtigt, sowohl für die vorläufige als auch für die endgültige Festsetzung jeweils das Jahr 2015 heranzuziehen, hätte statt des Begriffes „laufend“ vielmehr die Formulierung „für jedes Kalenderjahr“ verwendet werden müssen, wie dies beispielsweise in § 4 BKEntschV-GV der Fall ist (BayVGH, B.v. 24.1.2020 – 3 ZB 18.1243 – juris, Rn. 10).
Im Falle des Klägers war vorliegend der monatliche Höchstbetrag von 1.767,27 EUR gem. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV um 10 Prozent zu erhöhen, da seine Belastung im hier maßgeblichen Jahr 2016 bei durchschnittlich 124 Prozent lag. Es ergibt sich damit ein monatlicher Höchstbetrag von 1.944,00 EUR (gerundet von 1.943,997 EUR) und ein Jahreshöchstbetrag von 23.328,00 EUR. Die vom Kläger geltend gemachten weiteren Personalkosten in Höhe von 2.028,17 EUR überschreiten diesen Höchstbetrag nicht (21.207,24 EUR + 2.028,17 EUR = 23.235,41 EUR).
2. Diese Aufwendungen sind dem Kläger auch auf Grundlage eines Arbeitsvertrages entstanden und wurden von ihm entsprechend nachgewiesen. Dies betrifft insbesondere auch die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für die Vergütung von Überstunden der Bürokraft.
Die Ablehnung der Erstattung von Personalaufwendungen für die Vergütung von Überstunden durch den Beklagten erweist sich als rechtswidrig. Der Beklagte hatte dem Kläger mitgeteilt, eine Erstattung der diesbezüglichen Personalaufwendungen komme nicht in Betracht, da der vorgelegte Arbeitsvertrag eine Vergütung der Überstunden erst im letzten Quartal eines jeden Jahres vorsehe. Personalkosten seien nur dann erstattungsfähig, wenn sie auf der Grundlage eines Arbeits-, Dienst- oder Werkvertrages erfolgten, denn für den Dienstherrn müsse jederzeit genau absehbar sein, welche exakten monatlichen Beträge an die Bürokraft zu zahlen seien. Der Nachweis über die monatliche Höhe sei – auch mit Hinblick auf § 34 Abs. 5 GVO – bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrags zu erbringen. Lediglich Belege über die tatsächlich geleisteten Zahlungen seien erst für die endgültige Festsetzung vorzulegen. Einer Änderung der Arbeitsbelastung müsse durch Anpassung des Arbeitsvertrags oder Einstellung einer weiteren Bürokraft Rechnung getragen werden, was dem Dienstherrn nach § 34 Abs. 5 GVO anzuzeigen sei.
Für die vom Beklagten vertretene Auffassung besteht indes keine rechtliche Grundlage. Zwar ist dem Beklagten insofern zuzustimmen, als dass § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV vorsieht, dass nur solche Personalaufwendungen erstattungsfähig sind, die auf der Grundlage eines Arbeits-, Dienst- oder Werkvertrages erfolgen. Diesen Anforderungen ist der Kläger jedoch nachgekommen. Auch die von ihm geltend gemachten Aufwendungen für die Vergütung von Überstunden erfolgten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags, denn jedenfalls mit der im Mai 2016 vorgenommenen Ergänzung des Arbeitsvertrags vom Februar 2016 waren die Modalitäten für die Vergütung von Überstunden arbeitsvertraglich vollumfänglich geregelt. Insbesondere ist darin vorgesehen, dass die Vergütung von Überstunden zu einem Stundenlohn von 16,68 EUR erfolgt. Lediglich die Anzahl der tatsächlich anfallenden Überstunden ergibt sich – denknotwendig – nicht aus dem Arbeitsvertrag. Auch in der BKEntschV-GV findet die vom Beklagten vertretene Auffassung keine Stütze. § 3 Abs. 3 BKEntSchV-GV schreibt weder eine bestimmte Art noch einen festen Zeitpunkt für das Erbringen der Nachweise vor. Die Begründung der BKEntschV-GV spricht vielmehr sogar gegen die vom Beklagten vertretene Auffassung. Dort wird ausgeführt: „Für den Abschluss des Beschäftigungsverhältnisses und das auf dieser Grundlage gezahlte Entgelt sind geeignete Belege vorzulegen. […] Der Nachweis ist spätestens für die endgültige Festsetzung der Bürokostenentschädigung durch die Dienstbehörde nach § 4 Abs. 2 zu erbringen.“ Hinsichtlich des Zeitpunktes, zu dem der Nachweis zu erbringen ist, erfolgt hier gerade keine Differenzierung zwischen dem Abschluss des Arbeitsverhältnisses und dem geleisteten Entgelt.
Auch der Verweis auf § 34 Abs. 5 GVO vermag zu keiner anderen Bewertung zu führen. Zum einen handelt es sich bei der Gerichtsvollzieherordnung um keine gesetzliche Regelung, sondern um eine bloße Verwaltungsvorschrift, die lediglich über Art. 3 Abs. 1 GG durch Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einheitlicher Verwaltungspraxis Außenwirkung entfalten kann. Zum anderen trifft § 34 Abs. 5 GVO zum Bereich der Bürokostenentschädigung und etwaigen dort geltenden Nachweispflichten gerade keine Aussage. Vielmehr decken die Regelungen unterschiedliche Bereiche ab. Sinn und Zweck des § 34 GVO ist es zu gewährleisten, dass Büroangestellte des Gerichtsvollziehers die erforderliche Eignung aufweisen und sorgfältig arbeiten, und dem Dienstherrn durch die Anzeigepflicht diesbezüglich auch eine gewisse Kontrollmöglichkeit einzuräumen. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Bürokraft zwar in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zum Gerichtsvollzieher persönlich und gerade nicht zum Dienstherrn steht, jedoch durch ihre Tätigkeit zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben beiträgt. Weiterhin setzt § 34 Abs. 5 Satz 2 Nr. 5 GVO sogar voraus, dass der Gerichtsvollzieher mit seiner Bürokraft auch Vereinbarungen zur Vergütung von Überstunden treffen kann, was der Auffassung der Beklagten entgegensteht, es sei stets eine Änderung des Arbeitsvertrags vorzunehmen.
Der Erstattungsfähigkeit der Überstundenvergütung steht auch kein schutzwürdiges Interesse des Dienstherrn entgegen. Die monatliche Vergütung sowie die für Überstunden zu zahlende Vergütung müssen aus dem Arbeitsvertrag ersichtlich sein. Ein darüber hinausgehendes Bedürfnis des Dienstherrn, bereits im Vorfeld zu wissen, welche genauen Beträge monatlich an die Bürokraft gezahlt werden, besteht dagegen nicht. Dem Interesse des Dienstherrn, abschätzen zu können, in welcher Höhe Erstattungsbeträge an den Gerichtsvollzieher zu zahlen sind, und nicht mit unerwartet hohen Personalausgaben konfrontiert zu werden, wird bereits durch die Höchstbetragsregelung des § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV hinreichend Rechnung getragen.
Nicht zuletzt wäre auch die vom Beklagten vertretene Auffassung, eine Anpassung des Arbeitsvertrags sei vorrangig vor der Vergütung von Überstunden, in der Praxis kaum praktikabel. Die vom Kläger in den Arbeitsvertrag aufgenommene Klausel sollte gerade nicht dazu dienen, einer generellen Erhöhung der Arbeitsbelastung Rechnung zu tragen, sondern vielmehr die über ein Jahr hinweg auftretenden Schwankungen in der Arbeitsbelastung aufzufangen. Diesen im Verlauf eines Jahres natürlich auftretenden Schwankungen kann schwerlich durch eine ständige, unter Umständen dann sogar monatlich erforderliche Anpassung des Arbeitsvertrages Rechnung getragen werden.
Nachdem sich auch die für geleistete Überstunden gezahlte Vergütung grundsätzlich als erstattungsfähig erweist, kann es für die Erstattungspflicht des Beklagten weiterhin keinen Unterschied machen, ob die Überstundenvergütung monatlich oder am Ende des Jahres ausgezahlt wird. Ohnehin wendet der Beklagte in ständiger Verwaltungspraxis den sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschVG-GV ergebenden Höchstbetrag als Jahreshöchstbetrag an. Vor dem Hintergrund, dass maßgeblich für die Berechnung des Höchstbetrags die Jahresdurchschnittsbelastung und gerade nicht die monatliche Belastung ist, entspricht diese Handhabung auch am besten dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn es erschiene zweckwidrig, einerseits eine Jahresdurchschnittsbelastung heranzuziehen, die sich gerade daraus ergibt, dass die Belastung in einigen Monaten darüber und in anderen darunter liegt, andererseits durch eine monatsweise Betrachtung der Personalkosten es dem Gerichtsvollzieher zu verwehren, den ihm aufgrund seiner Jahresdurchschnittsbelastung zustehenden Betrag voll auszuschöpfen. Dies zugrunde gelegt steht der Erstattungsfähigkeit der Überstundenvergütung, die vom Kläger jeweils im Monat November ausgezahlt wird, nicht entgegen, dass der Kläger dadurch im November den Betrag von 1.944,00 EUR überschreitet, solange die insgesamt getätigten Personalkosten den Jahreshöchstbetrag von 23.328,00 EUR nicht überschreiten.
3. Soweit der Kläger schriftsätzlich zunächst vorgetragen hatte, der Beklagte führe fehlerhaft eine quartalsweise Abrechnung durch, erweist sich dieser Einwand nicht als durchgreifend. Denn im Festsetzungsbescheid listete der Beklagte die nachgewiesenen Personalkosten zunächst zwar quartalsweise auf, wendete den sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BKEntschV-GV ergebenden Höchstbetrag jedoch als Jahreshöchstbetrag an. Der Kläger hat daher an diesem Einwand in der mündlichen Verhandlung auch nicht weiter festgehalten.
II.
Hinsichtlich der geltend gemachten Sachkosten in Höhe von 70 vom Hundert der nach Nr. 700 KV-GvKostG vereinnahmten Dokumentenpauschale von 3.031,82 EUR erweist sich die Klage dagegen als unbegründet. Diesbezüglich steht dem Kläger kein weitergehender Erstattungsanspruch zu. Der Bescheid vom 3. März 2017 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Ein weitergehender Erstattungsanspruch ergibt sich nicht aus § 2 BKEntschVG. Im Gegensatz zu Personalkosten werden die Sachkosten dem Gerichtsvollzieher ohne Nachweis der tatsächlich getätigten Aufwendungen in Form einer Sachkostenpauschale erstattet. Die sich aus § 2 Abs. 1 BKEntschV-GV ergebende Sachkostenpauschale wurde für den Kläger mit Bescheid vom 3. März 2017 auch in voller Höhe von 11.052,40 EUR festgesetzt. Einen Antrag auf Erstattung höherer Sachkosten nach § 2 Abs. 2 BKEntschV-GV, die entsprechend nachzuweisen wären, hat der Kläger nicht gestellt.
Ein Anspruch auf die Erstattung der Dokumentenpauschale ergibt sich auch nicht aus § 56 Abs. 1 GVO. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine Verwaltungsvorschrift handelt, die selbst unmittelbar keinen Anspruch verleihen kann, sondern lediglich über Art. 3 Abs. 1 GG durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einheitlicher Verwaltungspraxis Rechte des Klägers begründen kann, handelt es sich hierbei auch nicht um eine materielle Anspruchsgrundlage. Die Vorschrift selbst bestimmt nicht, welchen Gebührenanteile und Auslagen dem Gerichtsvollzieher zustehen sollen, sondern regelt lediglich das Verfahren zur Festsetzung der Entschädigung. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenspiel mit § 7 GVO. So regelt § 7 Abs. 2 GVO, dass dem Gerichtsvollzieher als Entschädigung für den Aufwand bei der Erledigung der Aufträge die von ihm vereinnahmten Auslagen gemäß Nummer 701 bis 716 KV-GvKostG überlassen werden. Anknüpfend daran regelt § 7 Abs. 4 GVO, dass die Gebührenanteile und Entschädigungen sowie die aus der Landeskasse zu ersetzenden Beträge nach § 56 GVO festgesetzt werden (vgl. OLG Frankfurt, B.v. 9.8.2017 – 18 W 15/16 – juris, Rn. 9 hinsichtlich der inhaltsgleichen hessischen Regelung).
Bei Zusammenschau der Regelung des § 7 Abs. 2 GVO sowie der Begründung der Bürokostenentschädigungsverordnung spricht einiges dafür, dass die Kosten für die Anfertigung von verfahrensbezogenen Mehrfertigungen nach Nr. 700 KV-GvKostG mit der Sachkostenpauschale nach der BKEntschV-GV abgegolten sind. In der Begründung zu § 2 BKEntschV-GV wird die Regelung des § 7 Abs. 2 GVO aufgegriffen und ausgeführt, dass als Ersatz für den bei Erledigung der Zwangsvollstreckungsaufgaben anfallenden Aufwand wie insbesondere Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, Vordruckauslagen, Fahrtkosten u.a. dem Gerichtsvollzieher die von ihm erhobenen Auslagen nach Nrn. 701 – 713 KV-GvKostG überlassen würden. Diese Aufwendungen seien daher nicht Bestandteil der Bürokostenentschädigung. Im Umkehrschluss lässt sich daraus folgen, dass dies gerade nicht für Auslagen nach Nr. 700 KV-GvKostG gelten soll und diese somit von der Sachkostenpauschale der BKEntschV-GV abgedeckt werden sollen. Hierfür spricht auch, dass bei der bayernweit durchgeführten Erhebung zur Ermittlung der durchschnittlichen jährlichen Sachkosten eines Gerichtsvollzieherbüros auch die Kosten für Druckerpatronen, Toner und Papier abgefragt werden, denn es sind gerade in erster Linie solche Druckkosten, die einem Gerichtsvollzieher bei der Anfertigung von verfahrensbezogenen Mehrfertigungen entstehen. Allerdings besteht hierbei insofern ein gewisser Systembruch, als auch die Auslagen nach der Nr. 716 KV-GvKostG, die gerade nicht Gegenstand der Bürokostenentschädigung sind, Druckkosten beispielsweise für die Herstellung von Formularen umfassen können (Hartmann, Kostengesetze, 43. Aufl. 2013, 716 KVGv, Rn. 10).
Letztlich kann jedoch offen bleiben, ob die Sachkostenpauschale nach § 2 Abs. 1 BKEntschV-GV auch die Kosten für die Anfertigung von Mehrfertigungen nach Nr. 700 KV-GvKostG abdeckt, da ein weitergehender Erstattungsanspruch des Klägers im vorliegenden Verfahren in jedem Falle nicht gegeben ist. Vertritt man die Auffassung, dass die Auslagen nach Nr. 700 KV-GvKostG nicht Gegenstand der Sachkostenpauschale der BKEntschV seien, so besteht nach derzeitiger Rechtslage keine Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Aufwendungen für die Anfertigung von verfahrensbezogenen Mehrfertigungen. Eine Rechtsverletzung des Klägers liegt jedoch erst dann vor, wenn die fehlende Erstattung sich so weitreichend auswirkt, dass eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Gebots amtsangemessener Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG besteht. Dies wäre dann der Fall, wenn die dem Kläger zur Verfügung gestellten Erstattungsbeträge nicht ausreichen würden, um die bei ihm tatsächlich anfallenden notwendigen Sachkosten zu decken und er diese mithin auf eigene Kosten bestreiten müsste (BVerwG, U.v.19.8.2004 – 2 C 41/03 – juris, Rn. 10; BayVGH, B.v. 16.10.2006 – 3 N 03.1683 – juris, Rn. 57). Eine solche Verletzung des Grundsatzes amtsangemessener Alimentation hat der Kläger jedoch weder dargelegt noch geltend gemacht.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
IV.
Die Berufung war nach § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, da sie die in der Rechtsprechung bisher nicht geklärte, aber klärungsfähige und klärungsbedürftige fallübergreifende Rechtsfrage aufwirft, ob § 3 Abs. 2 Satz 2 BKEntschV-GV dahingehend auszulegen ist, dass für die endgültige Festsetzung der Bürokostenentschädigung gem. § 4 Abs. 2 Satz 1 BKEntschV-GV nach Ablauf des Kalenderjahres die durchschnittliche Belastung in dem Jahr maßgeblich ist, für das die Bürokostenentschädigung festgesetzt werden soll. Die Beantwortung dieser Frage war für die Kammer entscheidungserheblich, da allein aufgrund ihrer Bejahung der Klage teilweise stattgegeben wurde.


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