Arbeitsrecht

Bundesbeamtenrecht, Dienstvereinbarung zur Suchtprävention, Ehrenamt Ansprechpartnerin, Sucht, Ruhendstellung, Kein subjektives Recht auf (weitere) Ausübung des Ehrenamts, Unvereinbarkeit des Ehrenamts mit der Mitgliedschaft in der Personalvertretung

Aktenzeichen  6 CE 21.1985

Datum:
8.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2010
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BPersVG § 10
BPersVG a.F. § 73
BPersVG a.F. § 75 Abs. 3 Nr. 15

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 21b E 21.1647 2021-06-30 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 30. Juni 2021 – M 21b E 21.1647 – wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin steht als Regierungsdirektorin im Dienst der Antragsgegnerin. Sie ist beim Deutschen Patent- und Markenamt tätig.
Unter dem 23. Mai 2012 schlossen das Deutsche Patent- und Markenamt und dessen Gesamtpersonalrat eine Dienstvereinbarung zur Suchtprävention, zum Umgang mit suchtgefährdeten und -kranken Beschäftigten sowie suchtbedingten Auffälligkeiten. Die Dienstvereinbarung sieht u.a. die Bestellung von Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern Sucht vor.
Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2019 wurde die Antragstellerin unter Bezugnahme auf diese Dienstvereinbarung mit sofortiger Wirkung für die Dauer von vier Jahren zur Ansprechpartnerin Sucht im Deutschen Patent- und Markenamt bestellt.
Im März 2020 wurde die Antragstellerin in den Gesamtpersonalrat beim Deutschen Patent- und Markenamt gewählt.
Mit Schreiben vom 18. Februar 2021 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass ihre Tätigkeit als Ansprechpartnerin Sucht ab sofort bis auf Weiteres ruhe. Als Grund hierfür war der Antragstellerin zuvor mündlich der Interessenskonflikt zwischen ihrer Tätigkeit als Ansprechpartnerin Sucht und ihrer Personalratstätigkeit genannt worden.
Am 24. März 2021 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie ihr Ehrenamt als Ansprechpartnerin Sucht im Deutschen Patent- und Markenamt wieder ausführen zu lassen. Zur Begründung hat sie unter anderem ausgeführt, das Ruhendstellen ihrer Funktion als Ansprechpartnerin Sucht sei ein schwerer Eingriff in die gemäß § 4 Abs. 3 der Dienstvereinbarung zugesicherte behinderungsfreie Ausübung ihres Ehrenamts. Die nur mündlich geäußerten Bedenken seien nie konkret begründet worden. Außerdem sehe sie sich nach ihrer aufwändigen Ausbildung entgegen § 8 BPersVG aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Gesamtpersonalrat benachteiligt. Besonders schwerwiegend sei, dass nicht nur sie selbst, sondern auch die von ihr betreuten Beschäftigten, darunter ein suizidgefährdeter, geschädigt würden.
Mit Beschluss vom 30. Juni 2021 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Vorliegend sei nicht davon auszugehen, dass der Antragstellerin ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere Nachteile drohten. Die Antragstellerin laufe gerade nicht Gefahr, einen endgültigen Rechtsnachteil zu erleiden. Ihr Ehrenamt sei lediglich ruhend gestellt worden. Auch aus den von der Antragstellerin befürchteten Nachteilen für die von ihr betreuten Personen ergebe sich kein Anordnungsgrund. Die Antragsgegnerin habe unwidersprochen vorgetragen, dass weiterhin drei Ansprechpartner Sucht für den Standort M. bestellt und aktiv seien und dass zudem für die Antragstellerin die Möglichkeit bestünde, besonders schutzwürdigen Betroffenen weiterhin als sonstige Person des Vertrauens unterstützend zur Seite zu stehen. Unabhängig davon sei auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht oder ersichtlich. Ein solcher ergebe sich weder aus einer Verletzung des Art. 33 Abs. 2 GG noch lasse er sich aus § 4 der Dienstvereinbarung Sucht herleiten. Die Regelungen in der Dienstvereinbarung, insbesondere in deren § 4, dienten erkennbar der Sicherstellung eines einwandfreien und reibungslosen Funktionsablaufs innerhalb der Gesamtorganisation und damit der Wahrung öffentlicher Interessen. Der Ansprechpartner Sucht sei nicht als Repräsentant eines mit den Interessen der Dienststelle kollidierenden Fremdinteresses konzipiert. Anhand der Dienstvereinbarung Sucht sei insbesondere nichts dafür ersichtlich, dass er mit wehrfähigen Rechtspositionen habe ausgestattet werden sollen. Darüber hinaus wäre die Ruhendstellung der Tätigkeit der Antragstellerin als Ansprechpartnerin Sucht selbst dann nicht zu beanstanden, wenn man unterstellte, dass mit dieser Funktion wehrfähige Rechtspositionen einhergingen. Eine Ruhendstellung müsse auch ohne ausdrückliche Regelung in der Dienstvereinbarung jedenfalls aus einem sachlichen oder wichtigen Grund möglich sein. Das Vorliegen eines solchen Grundes habe die Antragsgegnerin im Gerichtsverfahren nachvollziehbar dargelegt. Die Gefahr einer Interessenkollision erschließe sich ohne weiteres.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Rechtsschutzbegehren nunmehr mit dem Antrag weiterverfolgt, die Antragsgegnerin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 30. Juni 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Antragstellerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem Hauptsachverfahren weiterhin das Ehrenamt der Ansprechpartnerin Sucht im Deutschen Patent- und Markenamt ausüben zu lassen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Die Gründe, die mit der Beschwerde fristgerecht dargelegt worden sind und auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i.V.m. Satz 1 und Satz 3 VwGO), rechtfertigen es nicht, dem mit dem Rechtsmittel weiter verfolgten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu entsprechen. Ob die mit Schriftsatz vom 20. Januar 2022 vorgebrachten Gründe fristgerecht dargelegt worden sind, braucht nicht entschieden zu werden, da sie jedenfalls in der Sache zu keinem anderen Ergebnis führen können.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Derartige Anordnungen, die – wie hier – durch vorläufige Befriedigung des erhobenen Anspruchs vor Klageerhebung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumindest in zeitlicher Hinsicht vorwegnehmen, setzen voraus, dass die Vorwegnahme der Hauptsache zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, um andernfalls zu erwartende schwere und unzumutbare Nachteile oder Schäden von der Antragstellerin abzuwenden (Anordnungsgrund), und dass ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg in der Hauptsache spricht (Anordnungsanspruch). Beides ist von der Antragstellerin nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen (BayVGH, B.v. 17.4.2018 – 6 CE 18.468 – juris Rn. 10).
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht worden ist. Die in der Beschwerdeschrift hiergegen erhobenen Einwendungen überzeugen nicht.
Soweit die Antragstellerin vorbringt, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass es sich bei dem Ehrenamt Ansprechpartner Sucht um eine für die Dauer von vier Jahren und damit zeitlich befristet übertragene Tätigkeit handle, so dass davon auszugehen sei, dass sie das mit Ablauf des 5. Juni 2023 endende Ehrenamt selbst bei einem Erfolg in der Hauptsache nur noch für einen Bruchteil des Vier-Jahres-Zeitraums werde ausüben können, räumt sie – zu Recht – selbst ein, dass der Zeitverlust allein keinen Anordnungsgrund zu begründen vermag. Soweit sie sich darauf beruft, dass ihr ohne Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung die bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen „wesentlichen ideellen Nachteile“ drohten – gemeint sind offenbar die (im Umfang von ca. 150 Stunden) bereits investierte Zeit in ihre Ausbildung und der Wegfall der vom Dienstherrn bisher gewährten unterstützenden Maßnahmen in Form von Fortbildung, Supervision und Freistellung – genügt dies nicht, um die qualifiziert hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds im Fall der Vorwegnahme der Hauptsache zu erfüllen. Die von der Antragstellerin bereits abgeschlossene Ausbildung vermag schon deshalb keinen Anordnungsgrund zu begründen, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit die erworbene Zusatzqualifikation einen Nachteil oder Schaden darstellen soll. Die hierin bereits investierte Zeit lässt sich auch im Wege einer einstweiligen Anordnung nicht mehr ausgleichen. Dass die Antragstellerin von ihrer Zusatzausbildung derzeit keinen Gebrauch machen kann, stellt ebenso wenig einen schweren und unzumutbaren Nachteil für sie dar wie der Umstand, dass ihr als sonstiger Person des Vertrauens – sollte sie von dieser Möglichkeit der Unterstützung der bisher von ihr Betreuten Gebrauch machen – die nach der Dienstvereinbarung (allein) für die Ansprechpartner Sucht vorgesehen unterstützende Maßnahmen des Dienstherrn (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 4, Abs. 4, Abs. 5 Satz 2) nicht mehr zur Verfügung stehen. Soweit die Antragstellerin unter Vorlage des Aufrufs zur Interessensbekundung vom 18. Januar 2022 vorbringt, am Standort M. seien nicht mehr ausreichend viele Ansprechpartner Sucht tätig, vermag dies einen Anordnungsgrund nicht zu begründen. Inwieweit das Fehlen einer ausreichenden Zahl an Ansprechpartnern Sucht – laut Dienstvereinbarung sind für den Standort M. drei Ansprechpartner vorgesehen – zu schweren und unzumutbaren Nachteilen für die Antragstellerin führen soll, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Auf die den Suchtkranken oder -gefährdeten – und damit Dritten – eventuell drohenden Nachteile kann sich die Antragstellerin mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht berufen.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung auch deshalb zu Recht abgelehnt, weil ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden ist. Die Rechtsauffassung des Gerichts, ein Anspruch der Antragstellerin lasse sich weder aus Art. 33 Abs. 2 GG noch aus der Dienstvereinbarung herleiten, ist nicht zu beanstanden. Auf die Frage, ob die Antragstellerin lediglich aus einem – aus ihrer Sicht nicht vorliegenden – wichtigen oder dringenden Grund an der Ausübung des ihr übertragenen Ehrenamts gehindert werden kann oder ob hierfür das Vorliegen eines – von ihr letztlich nicht in Abrede gestellten – sachlichen Grundes ausreichend ist, kommt es daher nicht entscheidungserheblich an.
Das Amt der Ansprechpartner Sucht im Deutschen Patent- und Markenamt ist – anders als etwa dasjenige der Gleichstellungsbeauftragten im Sinn der § 19 ff. des Gesetzes für die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung und in den Gerichten des Bundes (Bundesgleichstellungsgesetzes – BGleiG) – nicht gesetzlich geregelt, sondern Gegenstand einer zwischen der Antragsgegnerin und der Personalvertretung geschlossenen Dienstvereinbarung.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 dieser Dienstvereinbarung werden die Ansprechpartner Sucht von der Amtsleitung im Einvernehmen mit der Personalvertretung für die Dauer von vier Jahren bestellt. Sie stehen neben den im Deutschen Patent- und Markenamt tätigen Sozialberatungen, der Betriebspsychologin bzw. dem Betriebspsychologen und der Betriebsärztin bzw. dem Betriebsarzt als ehrenamtliche Ansprechpartner zur Verfügung (§ 4 Abs. 1 Satz 2). Aufgabe der Ansprechpartner Sucht ist es, von einer Suchtproblematik betroffene Beschäftigte zu beraten und zu betreuen; außerdem beraten sie Führungskräfte sowie Kolleginnen und Kollegen und geben ihnen Hilfestellung bei suchtmittelbedingten Problemen und Konflikten (§ 4 Abs. 2 Satz 1). Die Ansprechpartner Sucht sind bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht weisungsgebunden (§ 4 Abs. 3 Satz 1). Sie dürfen in der Erfüllung ihres Ehrenamtes nicht behindert und benachteiligt werden (§ 4 Abs. 3 Satz 2). Gemäß § 4 Abs. 7 können sie jederzeit von ihrer Funktion zurücktreten.
Ob diese Regelungen der auf § 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 75 Abs. 3 Nr. 15 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) a.F. (entspricht § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 1 Nr. 18 BPersVG in der Fassung des Gesetzes vom 9.6.2021, BGBl. I S. 1614) gestützten Dienstvereinbarung ein subjektives Recht des Inhabers des Ehrenamtes Ansprechpartner Sucht im Sinn eines einklagbaren Anspruchs auf Ausübung dieses Ehrenamtes begründen, ist in der Dienstvereinbarung nicht ausdrücklich geregelt und daher im Wege der Auslegung zu ermitteln (vgl. VGH BW, U.v. 9.3.2004 – 4 S 675/02 – juris Rn. 16, OVG SH, U.v. 14.2.2019 – 2 LB 98/18 – juris Rn. 23 zur Frage der Klagebefugnis einer nach Landesrecht bestellten Frauenvertreterin bzw. Gleichstellungsbeauftragten).
Einigkeit besteht im Grundsatz darüber, dass es sich bei Dienstvereinbarungen um normativ wirkende Regelungen handelt. Regelungen in Dienstvereinbarungen können dabei sowohl Inhalts- als auch Organisationsnormen enthalten. Inhaltsnormen sind solche Regelungen, die unmittelbar auf die Beschäftigungsverhältnisse der von der Dienstvereinbarung erfassten Beschäftigten einwirken sollen. Dagegen sollen Organisationsnormen keine normative Wirkung für die Beschäftigten haben, sondern Organisationsfragen mit verbindlicher Wirkung zwischen Personalvertretung und Dienststelle regeln (vgl. zum Ganzen Ricken in BeckOK, BPersVG, 7. Ed. Stand 1.10.2021, § 63 Rn. 6f.). Gegenstand der streitgegenständlichen Dienstvereinbarung ist entsprechend der von den Parteien der Dienstvereinbarung ausdrücklich herangezogenen Rechtsgrundlage die „Regelung der Ordnung in der Dienststelle und des Verhaltens der Beschäftigten“ (§ 73 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 75 Abs. 3 Nr. 15 BPersVG a.F.). Dieser einheitliche Tatbestand umfasst die Gesamtheit der Regelungen, die einen störungsfreien, reibungslosen Ablauf des Lebens in einer Dienststelle gewährleisten sollen (BVerwG, B.v. 5.10.1989 – 6 P 7/88 – juris Rn. 13; Else in BeckOK, BPersVG, a.a.O. § 80 Rn. 61). Bereits die herangezogene Rechtsgrundlage spricht somit dafür, dass die Regelungen in der Dienstvereinbarung, insbesondere diejenigen in § 4 über das Ehrenamt Ansprechpartner Sucht, wie vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, primär der Sicherstellung eines einwandfreien und reibungslosen Funktionsablaufs innerhalb der Gesamtorganisation, mithin der Wahrung öffentlicher Interessen und nicht der Begründung subjektiver Rechte der mit der Suchtberatung Beauftragten – wie hier der Antragstellerin als Inhaberin des Ehrenamts Ansprechpartnerin Sucht – dienen sollen.
Dass die Dienstvereinbarung nicht subjektive Rechte der Ansprechpartner Sucht begründen will, sondern primär der Erfüllung der Fürsorgeplicht des Dienstherrn und der Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs bezweckt, lässt sich aber vor allem auch den in der Präambel allgemein umschriebenen sowie in § 2 näher dargelegten Zielen entnehmen. So heißt es in der Präambel unter anderem, die Prävention von Suchtkrankheiten und die Hilfe für suchtgefährdete und suchtkranke Beschäftigte gehöre in besonderem Maße zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Eine wirksame Suchtprävention solle erreicht werden, indem einerseits konkrete Angebote und Maßnahmen zur Aufklärung, Vorbeugung, Schulung und Hilfe erfolgten, andererseits klar der Handlungswillen des Dienstherrn aufgezeigt werde, dienst- und arbeitsrechtliche Konsequenzen einzuleiten, wenn die Angebote abgelehnt würden und mögliche Suchtprobleme Arbeitsleistung und -verhalten beeinträchtigten. Dementsprechend regelt die Dienstvereinbarung in ihrem § 1 (Gegenstand und Geltungsbereich) ein für alle Beschäftigte in gleicher Weise festgelegtes Vorgehen (5-Stufen-Plan), um konkrete Hilfsangebote bei Gefährdung durch Suchtmittel, bei Missbrauch von Suchtmitteln sowie bei einer Suchtmittelabhängigkeit aufzuzeigen und zugleich die gegebenenfalls eintretenden Konsequenzen für das Dienst- oder Beschäftigungsverhältnis deutlich zu machen. Als Ziele der Dienstvereinbarung werden in § 2 genannt, den Beschäftigten, die Suchtprobleme haben, rechtzeitig geeignete Hilfen aufzuzeigen, den Führungskräften, Personalverantwortlichen und Interessenvertretungen Richtlinien und Handlungsvorlagen für die Bewältigung suchtspezifischer Probleme und Konflikte an die Hand zu geben, den Suchtgefahren durch geeignete Maßnahmen vorzubeugen, um die Gesundheit, die sozialen Bezüge und die Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten, die Sicherheit am Arbeitsplatz zu gewährleisten und zu erhöhen sowie einen reibungslosen Dienstbetrieb zu gewährleisten. All diesen Regelungen ist gemein, dass die Suchtprävention und die Hilfe für suchtgefährdete und suchtkranke Beschäftigte als Ausfluss der Fürsorgepflicht des Dienstherrn letztlich im öffentlichen Interesse an der Gewährleistung eines funktionsfähigen Dienstbetriebs erfolgt. Anhaltspunkte dafür, dass darüber hinaus auch subjektive Rechte begründet werden sollen, lassen sich hingegen nicht entnehmen. Nichts anderes kann daher für die in § 4 geregelte Schaffung des Ehrenamts der Ansprechpartner Sucht gelten.
Soweit die Beschwerde vorbringt, die Parteien der Dienstvereinbarung hätten mit der Weisungsfreiheit (§ 4 Abs. 3 Satz 1 der Dienstvereinbarung), dem Behinderungs- und Benachteiligungsverbot (§ 4 Abs. 3 Satz 2) und der einseitigen Rücktrittsmöglichkeit (§ 4 Abs. 7) zum Ausdruck gebracht, dass die Ansprechpartner Sucht gegenüber den übrigen Dienststellenangehörigen eine starke Position einnehmen und gegenüber kollidierenden Partikularinteressen innerhalb der Dienststelle besonders geschützt sein sollen, vermag sie damit nicht durchzudringen. Eine wehrfähige Position im Sinn eines einklagbaren Rechts der Antragstellerin auf Ausübung der ihr einmal übertragenen Funktion wird ihr damit nicht eingeräumt. Zwar ist den oben genannten Regelungen in § 4 zu entnehmen, dass die Ansprechpartner Sucht in der Ausübung ihres Amtes sachlich unabhängig sein sollen. Die Beratung und Betreuung von Suchtkranken und Suchtgefährdeten ist in besonderem Maße vom Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen diesen und dem jeweiligen Ansprechpartner Sucht abhängig. Die in § 4 Abs. 3 enthaltenen Regelungen, insbesondere die Weisungsfreiheit und das Benachteiligungsverbot stellen sicher, dass Beratung und Betreuung durch die Ansprechpartner Sucht möglichst unvoreingenommen und unbeeinflusst von Meinungen und Interessen Dritter, insbesondere Vorgesetzter, erfolgen kann, und dienen damit primär dazu, Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen die Suchtberatung und -betreuung gelingen kann. Die Absicherung des Ehrenamts gegenüber der potentiellen Einflussnahme Dritter dient also dem Interesse an einer erfolgversprechenden Suchtberatung und -betreuung und damit letztlich dem Interesse des Dienstherrn an der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht sowie dem Interesse an der Sicherstellung eines einwandfreien und reibungslosen Funktionsablaufs innerhalb der Dienststelle, mithin der Wahrung öffentlicher Interessen, nicht hingegen dem subjektiven Interesse des mit der Suchtberatung beauftragten Beschäftigten an der Ausübung seines Amtes. Auch aus der jederzeitigen einseitigen Rücktrittsmöglichkeit der Ansprechpartner Sucht (§ 4 Abs. 7) folgt nichts anderes. Auf den ersten Blick ließe sich diese Norm zwar dahingehend interpretieren, nur der Ansprechpartner Sucht, nicht aber der Dienstherr, sei berechtigt, das Ehrenamt niederzulegen oder zu beenden. Der Senat geht jedoch angesichts der bereits dargelegten Zielsetzung der Dienstvereinbarung – jedenfalls bei summarischer Prüfung im Eilverfahren – davon aus, dass diese Vorschrift (allein) dazu dient, dem Ansprechpartner Sucht zu ermöglichen, das ihm übertragene Amt angesichts der besonderen Herausforderungen und Belastungen, die die Suchtberatung mit sich bringen kann, jederzeit und ohne Angabe von Gründen niederzulegen, nicht aber, ihm darüber hinaus gleichsam „Kündigungsschutz“, mithin Schutz vor der Ruhendstellung oder vorzeitigen Beendigung seines Amtes zu gewähren. Ein Anspruch auf Ausübung des Ehrenamts für eine volle Amtszeit von vier Jahren lässt sich daher auch aus der (einseitigen) Rücktrittsmöglichkeit nicht herleiten.
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, die Funktion der Ansprechpartner Sucht sei nicht, Entscheidungen der Dienststelle umzusetzen, sondern kooperative Lösungen unter Hinzuziehung der divergierenden Interessen zu entwickeln, und daraus folgert, den Ansprechpartnern Sucht sei damit eine eigenständige Rechtsposition gegenüber dem faktischen oder rechtlichen Entzug des Ehrenamts eingeräumt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wie oben bereits dargelegt, dient die den Ansprechpartnern Sucht in § 4 Abs. 3 der Dienstvereinbarung garantierte sachliche Unabhängigkeit allein der im öffentlichen Interesse liegenden Sicherstellung einer erfolgversprechenden Suchtberatung, nicht aber dem individuellen Schutz des Ansprechpartners Sucht vor der Ruhendstellung oder Beendigung seines Ehrenamts.
Ein Anspruch der Antragstellerin auf weitere Ausübung ihres Ehrenamts lässt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 10 BPersVG herleiten.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, es liege auf der Hand, dass bei der Annahme einer Unvereinbarkeit bestimmter Tätigkeiten – wie hier als Ansprechpartnerin Sucht – mit einem Personalratsmandat stets eine Benachteiligung des Personalratsmitglieds zu befürchten sei, da diesem zumindest Handlungsoptionen vorenthalten würden, die anderen Beschäftigten offen stünden. Die Handhabung durch die Antragsgegnerin führe dazu, dass Personalratsmitglieder davon absehen werden, sich für das Ehrenamt Ansprechpartner Sucht zu bewerben, oder halte bereits als Ansprechpartner Sucht fungierende Beschäftigte davon ab, für ein Personalratsmandat zu kandidieren. Insofern sei ihre Situation vergleichbar mit derjenigen, die § 55 Abs. 2 BPersVG regle.
Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, handelt es sich vorliegend nicht um eine – gemäß § 109 Abs. 1 BPersVG den Fachkammern oder -senaten zugewiesene – personalvertretungsrechtliche Streitigkeit im Sinn des § 108 Abs. 1 BPersVG, sondern eine beamtenrechtliche Streitigkeit. Der von der Antragstellerin gerügte Verstoß gegen § 10 bzw. § 55 Abs. 2 BPersVG ist jedoch gleichwohl zu prüfen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 83 Satz 1 VwGO; vgl. auch BVerwG, B.v. 28.9.2010 – 1 WB 41/09 – juris Rn. 49).
Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor. Gemäß § 10 Satz 1 BPersVG dürfen zwar Personen, die Aufgaben oder Befugnisse nach diesem Gesetz wahrnehmen, dabei nicht behindert und deswegen nicht benachteiligt oder begünstigt werden. Zweck dieser Norm ist es insbesondere, die innere und äußere Unabhängigkeit der Personalratsmitglieder zu gewährleisten (BVerwG, U.v. 21.9.2006 – 2 C 13/05 – juris Rn. 13; Sauerland in BeckOK, BPersVG, 7. Ed. 1.10.2021, § 10 Rn. 1). Eine Benachteiligung ist aber nur dann verboten, wenn sie in ursächlichem Zusammenhang mit der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben und Befugnisse steht und nicht aus sachlichen Gründen erfolgt (BVerwG, B.v. 1.2.2010 – 6 PB 36/09 – juris Rn. 5; Trebe in Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, 5. Aufl. 2020, § 8 Rn. 21 m.w.N.). Die Antragsgegnerin hat nach ihren von der Antragstellerin insoweit nicht angegriffenen Ausführungen das Ehrenamt als Ansprechpartnerin Sucht zum Zweck der Vermeidung von (möglichen) Interessenskollisionen mit der Personalratstätigkeit ruhend gestellt. Die (angebliche) Benachteiligung erfolgt mithin – wie vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommen – aus einem sachlichen Grund. Dass die (abstrakte) Gefahr einer Interessenskollision nicht unbegründet ist, hat die Antragsgegnerin bereits umfangreich und insoweit unwidersprochen dargelegt und zeigt im Übrigen auch der Vergleich mit der Position der Gleichstellungsbeauftragten im Sinn des Bundesgleichstellungsgesetzes. Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 BGleiG setzt die Bestellung zu Gleichstellungsbeauftragten voraus, dass die gewählten Beschäftigten weder dem Personalrat noch der Schwerbehindertenvertretung angehören, um Interessenskollisionen, die sich hieraus ergeben können, von vornherein auszuschließen (so die Begründung des Gesetzgebers, vgl. BT-Drs. 18/3784, S. 97 zu § 20 BGleiG n.F., BT-Drs. 14/5679, S. 27 zu § 16 BGleiG a.F.). Erfolgt aber die gesetzlich vorgesehene (§ 20 Abs. 1 Satz 1 BGleiG) oder – wie hier – in einem Einzelfall ausgesprochene Unvereinbarkeit des Amts der Gleichstellungs- oder Suchtbeauftragten mit der gleichzeitigen Mitgliedschaft in der Personalvertretung zu dem (legitimen) Zweck des Ausschlusses von Interessenskollisionen und damit letztlich zur Wahrung der Unabhängigkeit der jeweiligen Amtsinhaber, so kann darin auch kein Verstoß gegen das – demselben Zweck dienende – Benachteiligungsverbot des § 10 BPersVG liegen. Dementsprechend scheidet auch ein Verstoß gegen die – gegenüber § 10 BPersVG speziellere – Vorschrift des § 55 Abs. 2 BPersVG aus. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin in ihrem aktuellen Aufruf zur Interessensbekundung nicht ausdrücklich auf die Unvereinbarkeit des Ehrenamts Ansprechpartner Sucht mit der Mitgliedschaft in der Personalvertretung hinweist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Es erscheint nicht als ausgeschlossen, dass die Erteilung eines derartigen Hinweises schlicht übersehen wurde oder erst im Laufe des weiteren Verfahrens vorgesehen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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