Arbeitsrecht

Bundsverwaltungsgericht, Dauerhafte Pflegebedürftigkeit, Amtsangemessenheit, Beihilfefähige Aufwendungen, Beihilferecht, Beihilfeberechtigte, Beihilferegelungen, Beihilfeanspruch, Beihilfefähigkeit, Beihilfesystem, Beihilfevorschriften, Amtsangemessene Alimentation, Beamtenrechtliche Fürsorgepflicht, Allgemeine Fürsorgepflicht, Fürsorgepflicht des Dienstherrn, Widerspruchsverfahren, Verwaltungsgerichte, Zumutbare Eigenvorsorge, Bundeseisenbahnvermögen, Sozialhilfeträger

Aktenzeichen  AN 18 K 18.01835

Datum:
19.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 6138
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 5
BBG § 78
BEZNG § 14
BBhV § 2 Abs. 4

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Aufgrund des durch Schriftsätze vom 18. und 19. Januar 2021 erklärten Verzichts der Beteiligten konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung, § 101 Abs. 2 VwGO, und aufgrund des Übertragungsbeschlusses der Kammer vom 18. März 2021 durch die Einzelrichterin gemäß § 6 VwGO entschieden werden.
Die Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet, weil die angefochtenen Bescheide vom 6. und 7. März 2018 rechtmäßig sind und den Kläger daher nicht in eigenen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat zudem keinen über die angefochtenen Bescheide hinausgehenden Anspruch auf Gewährung einer sog. ergänzenden Beihilfe, § 113 Abs. 5 VwGO.
A.
Gegenstand der vorliegenden Klage sind nach Auslegung des Klageschriftsatzes und des weiteren Vorbringens des Klägervertreters (§ 88 VwGO) die Bescheide der Beklagten vom 6. und 7. März 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. August 2018.
Deren Aufhebung allein würde dem eigentlichen klägerischen Begehren, „den Kläger rückwirkend ab Antragstellung amtsangemessen zu alimentieren“, jedoch nicht entsprechen. Vielmehr geht es ausweislich der Klagebegründung darum, die ergänzende Beihilfe, die in den Bescheiden vom 6. März 2018 auf 54,93 EUR (für den Behandlungszeitraum vom 1. bis 31. Januar 2018) und vom 7. März 2018 auf 152,09 EUR (für den Behandlungszeitraum vom 1. bis 28. Februar 2018) festgesetzt wurde, in einer Höhe aufzustocken, welche einer aus Klägersicht amtsangemessenen Alimentation entsprechen würde.
Aus den Schriftsätzen der Klägerseite ergibt sich nicht, welcher Betrag dies sein müsste. Das Gericht hat in diesem Zusammenhang – durch richterlichen Hinweis vom 02. Februar 2021 – auf eine Präzisierung hingewirkt. Eine solche ist zwar nicht erfolgt, die etwaige Frage der Bestimmtheit der Klageforderung kann jedoch letztlich offenbleiben. Denn die von der Beklagten festgesetzte ergänzende Beihilfe ist, jedenfalls soweit sie Gegenstand der Klage ist, rechtmäßig, ein – wie auch immer zu beziffernder – Anspruch auf eine höhere Beihilfe besteht nicht, so dass eine Rechtsverletzung des Klägers unter keinem Gesichtspunkt gegeben ist.
Der Klägervertreter hat in seinem Schriftsatz vom 9. Februar 2021 an das Gericht nicht eindeutig klargestellt, ob der von ihm im Klageschriftsatz mit Datum vom 11. Juli 2018 bezeichnete Bescheid (gemeint ist jedoch der Bescheid vom 11. Mai 2018, Anlage 7 der Klageschrift) streitgegenständlich ist. Er hat lediglich mitgeteilt, dass seitens der Beklagten keine Notwendigkeit gesehen werde, gegen jeden Erstattungsbescheid mit dem Widerspruchsverfahren vorzugehen, da sich die Beklagte an die Rechtsprechung im hiesigen Verfahren halten werde (Bl. 149 der Gerichtsakte). Aufgrund dessen geht das Gericht davon aus, dass tatsächlich nur die Bescheide vom 6. und 7. März 2018 streitgegenständlich sein sollen, zumal der Klageantrag den Bescheid vom 11. Mai 2018 in gestaltende Beziehung zu den Bescheiden vom 6. und 7. März 2018 setzt („in der Fassung des weiteren Bescheids vom 11. Juli 2018“), obwohl diese dadurch gar nicht verändert worden sind (ergänzende Beihilfe auf 0,00 EUR festgesetzt, kein Behandlungszeitraum genannt).
B.
Die so verstandene Klage gegen die Bescheide vom 6. und 7. März 2018 ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO im Sinne einer Bescheidungsklage unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zulässig. Eine Feststellungsklage wäre hingegen aufgrund deren Subsidiarität gegenüber Gestaltungs- und Leistungsklagen unzulässig, § 43 Abs. 2 VwGO.
Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet, weil der Kläger keinen über die angefochtenen Bescheide vom 6. und 7. März 2018 hinausgehenden Anspruch auf Festsetzung einer höheren ergänzenden Beihilfe hat und schon von daher nicht in eigenen Rechten verletzt sein kann, § 113 Abs. 5 VwGO.
I.
Die Beklagte ist passivlegitimiert, § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Zusammenführung und Neugliederung der Bundeseisenbahnen (Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz – BEZNG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, ber. S. 2439) (FNA 931-4) in der Fassung des Zweiten Gesetzes über die weitere Bereinigung von Bundesrecht vom 8. 7. 2016, Art. 109 (BGBl. I S. 1594).
II.
Der Anspruch des Klägers auf ergänzende Beihilfe ergibt sich aus § 14 BEZNG i.V.m. den „Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen bei dauernder Pflegebedürftigkeit“ (BEV-RiPfl).
§ 14 Abs. 1 BEZNG bestimmt: „Die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten als betriebliche Sozialeinrichtung der Deutschen Bundesbahn im Sinne des § 27 des Bundesbahngesetzes ist mit Inkrafttreten dieses Gesetzes in ihrem Bestand geschlossen und wird mit dem Ziel der Abwicklung in der bestehenden Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Maßgabe von Satzung und Tarif weitergeführt.“
1. Für den Kläger gilt nicht die Bundesbeihilfeverordnung 2009 (BBhV), welche auf der Grundlage des § 80 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) erlassen worden ist. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 4 BBhV, wonach „diejenigen Beamtinnen und Beamten des Bundeseisenbahnvermögens, die zum Zeitpunkt der Zusammenführung der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn Beamtinnen oder Beamte der Deutschen Bundesbahn waren“, nicht beihilfeberechtigt nach dieser Verordnung sind. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass der Kläger unter den Personenkreis des § 2 Abs. 4 BBhV fällt.
2. Der Kläger hat einen aus der allgemeinen beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 78 BBG) resultierenden Anspruch auf „ergänzende Beihilfe“. Dem hat die Beklagte durch die richtige Anwendung der – nur als Verwaltungsvorschrift und nicht als Parlamentsgesetz ausgestalteten – „Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen bei dauernder Pflegebedürftigkeit“ (BEV-RiPfl) ausreichend Rechnung getragen.
2.1 Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v.17.6.2004, 2 C 50/02, juris und U.v.28.5.2008, 2 C 24/07, juris) zu den früheren Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für Beihilfen, welche nunmehr durch die Bundesbeihilfeverordnung auf der Grundlage des § 80 BBG ersetzt worden sind, steht der Anwendung der hier streitgegenständlichen BEV-RiPfl nicht entgegen.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte für die Regelung der Beihilfe der Bundesbeamten den Erlass eines Parlamentsgesetzes verlangt, um auf diese Weise dem grundsätzlichen Vorbehalt des Gesetzes zu entsprechen: „(…) Nach diesem Verfassungsgrundsatz, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen System des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ergibt, sind die grundlegenden Entscheidungen in wesentlichen Regelungsbereichen durch Parlamentsgesetz zu treffen. Für das Beamtenverhältnis ist daher die Regelungsform des Gesetzes typisch und sachgerecht (BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 – 2 BvR 513/73, 2 BvR 558/74 – BVerfGE 52, 303 ; BVerwG, Urteil vom 26. November 1992 – BVerwG 2 C 11.92 – BVerwGE 91, 200 ). Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gilt auch für das Beihilferecht (Urteile vom 17. Juni 2004 a.a.O. und vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung des Bundesverwaltungsgerichts vorgesehen; vgl. auch Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ). Die Verantwortung des Dienstherrn bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit des Beihilfeberechtigten und seiner Angehörigen bedarf vor allem wegen der Bedeutung für die Betroffenen, aber auch wegen des Wechselbezuges mit der dem Gesetzesvorbehalt unterliegenden Besoldung und Versorgung der normativen Ordnung (Urteil vom 17. Juni 2004 a.a.O.).“ (BVerwG, U.v. 28.5.2008, 2 C 24/07, Rn. 10, juris)
Für den vorliegenden Fall eines Bundeseisenbahnbeamten steht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht entgegen. Denn insoweit ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger gerade nicht unter die nunmehr für Bundesbeamte geltende BBhV fällt, sondern kraft des § 14 BEZNG der Krankenversorgung der Bahnbeamten (KVB). Zu diesem Sonderfall enthalten die beiden oben zitierten Urteile des BVerwG jedoch keine unmittelbare Aussage. Zum anderen ist der Kreis der Beamten, die unter das Versorgungsregime des § 14 BEZNG fallen, wesentlich kleiner und – anders als der Kreis der unter die BBhV fallenden Beamten – abgeschlossen, da es insoweit nur noch um die Versorgung derjenigen Beamten geht, die dem Personenkreis des § 2 Abs. 4 BBhV zuzuordnen sind. Dieser Personenkreis wächst nicht, bleibt auch nicht konstant, sondern schrumpft, weswegen ihm bei Weitem nicht dieselbe quantitative Bedeutung wie den Bundesbeamten zukommt. Von daher stellt sich bereits die Frage, ob der Parlamentsvorbehalt hier überhaupt zum Tragen kommt.
Der Beklagtenvertreter hat sich in diesem Zusammenhang zu Recht auf den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Juli 2017 berufen, dessen Ausführungen in einem vergleichbaren Fall eines ehemaligen Bundesbahnbeamten sich auch das hier erkennende Gericht anschließt:
„Der Rückgriff auf die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 78 BBG) ist nicht etwa geboten, weil die BEV-RiPfl lediglich als Verwaltungsvorschrift und nicht als Verordnung auf gesetzlicher Grundlage ergangen ist. Der Anwendbarkeit der Ziff. 6.12.193 RiPfl 2012 steht nicht entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 17. Juni 2004 (- 2 C 50/02 -, juris) und Urteil vom 28. Mai 2008 (- 2 C 24/07 -, juris) entschieden hat, dass die früheren Beihilfevorschriften des Bundes (BhV) in Form der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen dem Gesetzesvorbehalt nicht genügen. Wegen der außergewöhnlichen Bedeutung der näheren Ausgestaltung der Fürsorge in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen seien im Sinne des Parlamentsvorbehalts die tragenden Strukturprinzipien gesetzlich zu regeln. Es kann offenbleiben, ob dies gleichermaßen für die im Bereich der Bundesbahnbeamten erlassenen Beihilfevorschriften gilt. Die Frage könnte sich stellen, weil die Krankenversorgung der Bahnbeamten eine gesetzliche Grundlage in § 14 BEZNG findet und in der Satzung der KVB näher ausgestaltet wird. Wegen der nach Privatisierung der Bahn stetig zurückgehenden Zahl der Bahnbeamten könnte geschlussfolgert werden, dass es der RiPfl an der überragenden Bedeutung fehlt, die das Bundesverwaltungsgericht den für die Bundesbeamten (aber u. a. nicht für die Bahnbeamten) maßgeblichen Beihilferegelungen in der BhV beigemessen hat. Im Weiteren wäre in diesem Zusammenhang auch einzustellen, dass die RiPfl die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen wegen dauernder Pflegebedürftigkeit in entsprechender Anwendung der Bestimmungen der aufgrund des § 80 BBG erlassen BBhV regelt (siehe I. Allgemeines RiPfl 2012 und 2010) und die hier angewandte Ziff. 6.12.1 bis 3 BEV-RiPfl 2012 inhaltlich den Regelungen in § 39 Abs. 1 – 3 BBhV in der ab 20. September 2012 geltenden Fassung entspricht.“ (…) „Das Bundesverwaltungsgericht hielt es für nicht vertretbar, Beihilfeansprüche lediglich nach den abstrakt gehaltenen Kriterien der Notwendigkeit und Angemessenheit zu beschränken und sämtliche bereits vorhandene und – abgesehen vom Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt – mit dem höherrangigen Recht prinzipiell vereinbaren Regelungen der BhV über einzelne Leistungen sowie deren Beschränkung auszuschließen und ein Leistungsvakuum entstehen zu lassen. Auf diese Weise sei gewährleistet, dass die Leistungen im Fall der Krankheit und Pflegebedürftigkeit nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht würden, unter der Voraussetzung, dass es inhaltlich keinen Anlass zu Beanstandungen gebe und im zugestandenen Übergangszeitraum keine neuen Leistungsausschlüsse im Wege weiterer Hinweise oder Erlasse ergingen (BVerwG, Urteile vom 17. Juni 2004 und 28. Mai 2008, jeweils a. a. O.). Auch die BEV-RiPfl geben ein solches einheitliches Handlungsprogramm, das mit der zum 1. Oktober 2012 erfolgten Änderung in Ziff. 6.12. keine Leistungsbeschränkungen, sondern eine Erweiterung der Beihilfefähigkeit der pflegebedingten Aufwendungen gebracht hat.“ (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, B.v. 31.7.2017 – 1 A 658/16 -, Rn. 32, juris)
Nach Auffassung des hier erkennenden Gerichts kommt es auch vorliegend nicht entscheidungserheblich darauf an, dass die BEV-RiPfl kein Parlamentsgesetz darstellt. Denn zum einen entspricht die hier anzuwendende BEV-RiPfl in ihrer Leistungssystematik und den im Ergebnis zu zahlenden Beihilfen der – aufgrund der nachträglich eingefügten Ermächtigungsgrundlage in § 80 BBG erlassenen – BBhV, auf deren Grundlage der Kläger demnach nicht bessergestellt wäre. Für den Kläger resultiert also aus dem Rückgriff auf die – dem beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzip – entsprechende BEV-RiPfl kein Nachteil, der etwa zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG führen würde. Zum anderen ergibt sich auch aus den allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen, auf die jedoch im Falle der Nichtanwendbarkeit der BEV-RiPfl zurückzugreifen wäre, wie die allgemeine Fürsorgepflicht der Beklagten gegenüber ihren Beamten oder etwa, wie vom Kläger herangezogen, aus der Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation kein Anspruch auf eine höhere ergänzende Beihilfe.
2.2 Die hier inmitten stehende Regelung in Ziff. 6.12.2 der BEV-RiPfl, gültig ab 1. Januar 2017, hinsichtlich der Aufwendungen für Pflegeleistungen, die über die nach Ziff. 6.12.1 beihilfefähigen Aufwendungen hinausgehen, entspricht der für Bundesbeamte in § 39 BBhV erlassenen Vorschrift.
So heißt es in § 39 Abs. 2 BBhV im Wesentlichen wortgleich:
„1Rechnet die Pflegeeinrichtung monatlich ab, so sind auf besonderen Antrag Aufwendungen für Pflegeleistungen, die über die nach Absatz 1 beihilfefähigen Aufwendungen hinausgehen, sowie für Verpflegung und Unterkunft einschließlich der Investitionskosten beihilfefähig, sofern von den durchschnittlichen monatlichen nach Absatz 3 maßgeblichen Einnahmen höchstens ein Betrag in Höhe der Summe der folgenden monatlichen Beträge verbleibt:
1.
8 Prozent des Grundgehalts der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für jede beihilfeberechtigte und jede berücksichtigungsfähige Person sowie für jede Ehegattin oder jeden Ehegatten oder für jede Lebenspartnerin oder jeden Lebenspartner, für die oder den ein Anspruch nach Absatz 1 oder nach § 43 Absatz 1, 2 und 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
2.
30 Prozent des Grundgehalts der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für eine beihilfeberechtigte Person sowie für eine Ehegattin oder einen Ehegatten oder für eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner, für die oder den kein Anspruch nach Absatz 1 oder nach § 43 Absatz 1, 2 und 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht,
3.
3 Prozent des Grundgehalts der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für jedes berücksichtigungsfähige Kind, für das kein Anspruch auf Beihilfe nach Absatz 1 oder nach § 43 Absatz 1, 2 und 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch besteht, und
4.
3 Prozent des Grundgehalts der letzten Besoldungsgruppe für die beihilfeberechtigte Person.“
Auch die Höhe der Zuschüsse zu den Pflegekosten, je nach Pflegegrad, entspricht exakt den über § 39 Abs. 1 Satz 3 BBhV in § 43 Abs. 2 SGB XI festgesetzten Pauschalbeträgen.
2.3 Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf der Grundlage der Ziff. 6.12.2 BEV-RiPfl richtig berechnet. Insoweit wurden seitens der Klage keine – hinreichend konkreten und substantiierten – Einwände erhoben. Die von der Beklagten vorgelegten Berechnungen für die angefochtenen Bescheide vom 6. und 7. März 2018 (Bl. 58 der Gerichtsakte „Berechnung der ergänzenden Beihilfe 01/2018“ und Bl. 61 der Gerichtsakte „Berechnung der ergänzenden Beihilfe 02/2018“) sind schlüssig und nachvollziehbar. Die Berechnungsgrundlagen und die Ergebnisse sind nach Auffassung der Einzelrichterin korrekt:
So wurden zunächst von den monatlich abgerechneten Heimkosten in Höhe von 3.787,17 EUR und 3.884,33 EUR (abzüglich der Position „Inkontinenz“ in Höhe von jeweils 30 EUR, was von der Klage nicht beanstandet wurde) Pauschalbeträge in Höhe von 1.775 EUR abgezogen (6.12.1 BEV-RiPfl entsprechend § 39 Abs. 1 Satz 3 BBhV i.V.m. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB XI). Dies entspricht dem Pauschalbetrag für Pflegegrad 4, der für den Kläger unstreitig anzuwenden ist (in den vorgelegten Berechnungen ist von Pflegegrad 5 die Rede, wenngleich der korrekte Pauschalbetrag angesetzt worden ist). Gemäß Ziff. 6.12.1 (entspricht § 39 Abs. 2 BBhV) sind die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für Betreuung sowie Aufwendungen für medizinische Behandlungspflege zuschussfähig (2.661,75 EUR gemäß der den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegenden Rechnungen der Pflegeeinrichtung). Davon wurde jeweils der Pauschalbetrag in Höhe von 1775 EUR abgezogen, wonach sich ein Restbetrag von 886,75 EUR für den Kläger ergibt zuzüglich der Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investition in Höhe von 1095,42. Vom durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkommen des Klägers (2459,52 EUR), hinsichtlich dessen Zweifel an der richtigen Berechnung seitens des Klägers weder vorgetragen wurden noch für das Gericht nicht ersichtlich sind, ist demnach ein Betrag von 1.982,17 EUR (Januar 2018) bzw. 2.079,33 EUR (Februar 2018) abzuziehen, woraus sich ein verbleibendes Einkommen von 477,35 EUR (Januar 2018) und 380,19 EUR (Februar 2018) errechnet.
Gemäß Ziff. 6.12.2 Nr. 1 BEV-RiPfl (entspricht § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBhV) sind derartige „Aufwendungen für Pflegeleistungen, die über die nach Ziffer 6.12.1 beihilfefähigen Aufwendungen hinausgehen, Verpflegung und Unterkunft einschließlich der Investitionskosten“ auf besonderen Antrag beihilfefähig, „soweit die Pflegeeinrichtung monatlich abrechnet und von den durchschnittlichen monatlichen Einnahmen nach Ziffer 6.12.3 nicht mindestens ein Betrag in Höhe der Summe der folgenden monatlichen Beträge verbleibt:
1. 8% des Grundgehaltes der Stufe 8 der Besoldungsgruppe A 13 für (…) jeden Anspruchsberechtigten (…), für (…) den ein Anspruch nach Ziffer 6.12.1 oder § 43 SGB XI besteht,
(…) und
4. 3% des Grundgehalts der letzten Besoldungsgruppe für (…) den Anspruchsberechtigten“.
Aus der Besoldungstabelle für die Beamten des Bundes, gültig vom 1. Februar 2017 bis 28. Februar 2018 (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/beamte/bund/a/2017?id=beamte-bund-2017& matrix=1, zuletzt abgerufen am 20. Februar 2021), ergibt sich ein Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 der Stufe 8 in Höhe von 5.341,39 EUR, wovon die Beklagte mit 421,31 EUR die 8% richtig ermittelt hat. Zuzüglich 3% aus dem Grundgehalt des Klägers (3.498,92 EUR, A9, Stufe 8) in Höhe von 104.96 EUR müssten dem Kläger in den hier streitgegenständlichen Abrechnungsmonaten Januar und Februar 2018 jeweils 532,28 EUR verbleiben. Die von der Beklagten jeweils korrekt ermittelte Differenz zum tatsächlich verbleibendem Einkommen bildet die sog. ergänzende Beihilfe.
3. Der Kläger hat keinen über die angefochtenen Bescheide hinausgehenden Anspruch auf ergänzende Beihilfe.
Ein solcher ergibt sich nicht aus der allgemeinen beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht, Art. 33 Abs. 5 GG, § 78 BBG, da durch Ziffer 6.12.2 eine Art Härtefallregelung Eingang in das durch Versorgung durch den Dienstherrn und Eigenvorsorge durch den Beamten gekennzeichnete Beihilfesystem gefunden hat. Dementsprechend wird in den BEV-RiPfl unter Ziffer 1.1 auf folgendes hingewiesen: „1. Mit der Bezuschussung von Pflegeleistungen erfüllt der Dienstherr die den Anspruchsberechtigten gegenüber bestehende beamtenrechtliche und soziale Verpflichtung, sich an den Pflegekosten zu beteiligen, der durch die Eigenvorsorge nicht gedeckt wird. Diese verlangt jedoch keine lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen.“
Insoweit ist im Falle des Klägers zunächst entscheidungserheblich zu berücksichtigen, dass dieser vollstationär gepflegt wird und demnach die Kosten für Verpflegung und Unterbringung weitgehend von der Abrechnung der Pflegeeinrichtung abgedeckt sind. Welcher „weitere Lebensunterhalt des Klägers“ von dem ihm verbleibenden Teil des Gehalts zuzüglich der gewährten ergänzenden Beihilfe nicht gedeckt wird, wird nicht einmal ansatzweise – hinreichend konkret und substantiiert – vorgetragen.
Insoweit wird letztlich nur auf die durch den Bezirk … zusätzlich gewährten Sozialleistungen verwiesen. Dabei handelt es sich ausweislich des vorgelegten Bescheids vom 12. Dezember 2018 um „Hilfe zur Pflege“ und um einen „Barbetrag zur persönlichen Verfügung“ (Bl. 68 ff. der Gerichtsakte). Durch Bescheid vom 12. Dezember 2019 wurde zudem ein monatliches Wohngeld in Höhe von 106 EUR bewilligt (Bl. 130 ff. der Gerichtsakte).
Aus der Tatsache, dass der Kläger etwa einen Anspruch nach § 61 SGB XII auf Hilfe zur Pflege hat, kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die angefochtenen Bescheide rechtswidrig wären, weil sie gegen das beamtenrechtliche Fürsorgeprinzip verstoßen würden. So ist dieses nicht geeignet, den Beamten in sämtlichen Lebenslagen aus sich heraus voll umfänglich abzusichern, ohne auf private Zusatzversicherungen oder etwa wie vorliegend auf andere öffentlich-rechtliche bzw. sozialversicherungsrechtliche Möglichkeiten der Hilfe zurück greifen zu müssen.
Zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn hat das Bundesverwaltungsgericht folgenden Zusammenhang mit der Beihilfegewährung beschrieben: „Sie ergänzt die ebenfalls durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Alimentationspflicht des Dienstherrn. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten können. Dies ist auf der Grundlage des gegenwärtig praktizierten ‚Mischsystems‘ zu beurteilen, in dem zur Eigenvorsorge der Beamten durch Abschluss einer auf die Beihilfevorschriften abgestimmten Versicherung die ergänzende Beihilfegewährung tritt. Die verfassungsrechtliche Fürsorgepflicht verlangt weder, dass Aufwendungen der Beamten in Krankheitsfällen durch Leistungen einer beihilfekonformen Krankenversicherung und ergänzende Beihilfen vollständig gedeckt werden, noch, dass die von der Beihilfe nicht erfassten Kosten in vollem Umfang versicherbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. November 2002 – 2 BvR 1053/98 – BVerfGE 106, 225 ; BVerwG, Urteile vom 3. Juli 2003 – BVerwG 2 C 36.02 – BVerwGE 118, 277 = Buchholz 237.6 § 87c NdsLBG Nr. 1 S. 5, vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – BVerwGE 131, 20 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94 S. 27, vom 28. Mai 2008 – BVerwG 2 C 24.07 – Buchholz 232 § 79 BBG Nr. 126 Rn. 22 und vom 26. Juni 2008 – BVerwG 2 C 2.07 – BVerwGE 131, 234 Rn. 13 = Buchholz 270 § 6 BhV Nr. 17)“ (BVerwG, Urteil vom 05. Mai 2010 – 2 C 12/10 -, Rn. 13, juris).
Diesen Ausführungen schließt sich das hier erkennende Gericht an, zumal seitens des Klägers nicht dargelegt wurde, weshalb die gewährte – und grundsätzlich dem Fürsorgeprinzip entsprechende – ergänzende Beihilfe nicht ausreicht, um den Lebensunterhalt des Klägers zu bestreiten. Nicht dargetan wurde im Übrigen auch, ob und inwieweit die Ehefrau des Klägers mit ihrem Einkommen und ihren Ausgaben etwa für die gemeinsame Wohnung, Fahrten zum Heim des Klägers o.ä. einbezogen werden soll.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Klägervertreter herangezogenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 2012 (2 C 24.10 – juris). Denn auch hier setzt das Bundesverwaltungsgericht voraus, dass der Beamte, dessen Dienstherr die Versorgung seiner Beamten innerhalb eines sog. Mischsystems aus Für- und Eigenvorsorge geregelt hat, grundsätzlich auch zur Eigenvorsorge im Hinblick auf zukünftig etwa erhöhte finanzielle Belastungen aufgrund von Pflegebedürftigkeit verpflichtet ist. In dem zugrundeliegenden Fall, den das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, ging es jedoch um eine im Jahr 2018 geborene Witwe eines Beamten, die im Jahr 1994, als die Versicherungspflicht für Beamte im Hinblick auf das Risiko der Pflegebedürftigkeit eingeführt wurde, bereits nicht mehr versicherbar war. Dies ist im Falle des Klägers jedoch ersichtlich nicht der Fall.
Hinzu kommt, dass die Klage jegliche Darlegung etwaiger Kosten des Lebensunterhalts, die auch unter Berücksichtigung der bewilligten ergänzenden Beihilfe nicht von den Versorgungsbezügen des Klägers gedeckt werden können, vermissen lässt. Trotz entsprechendem richterlichem Hinweis ist eine Präzisierung bzw. Konkretisierung nicht erfolgt. Da der Kläger jedoch einen Anspruch auf weitergehende ergänzende Beihilfe geltend macht, obliegt ihm insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Die Vorlage des Sozialhilfebescheids genügt insoweit nicht, da die dort mitgeteilten Daten zwar anspruchsbegründend, was das Sozialhilfeverfahren angeht, sein mögen, diese jedoch im vorliegenden Verfahren nicht den erforderlichen verfahrenserheblichen Konkretisierungsgrad erreichen bzw. – zumal ohne nähere Erläuterung – nicht zwingend zu einem hier streitgegenständlichen weitergehenden Anspruch führen können.
Dass dem Kläger und seiner Ehefrau Sozialhilfeleistungen vom Bezirk … und von der Stadt … bewilligt worden sind, bindet die Beklagte im Übrigen nicht. Ob die Voraussetzungen für einen Regress vorliegen, wie der Klägervertreter meint, ist vorliegend nicht streitgegenständlich und für die hier zur Entscheidung stehende Frage eines weitergehenden Anspruchs auf ergänzende Beihilfe nicht maßgeblich. Eine Schlussfolgerung dergestalt, dass die Beklagte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht etwa verpflichtet wäre, einen Anspruch auf Sozialhilfe in der Person des Klägers oder seiner Ehefrau zu verhindern und ihm im Hinblick darauf höhere Versorgungsbezüge zu gewähren oder die ergänzende Beihilfe entsprechend zu erhöhen, lässt sich aus Art. 33 Abs. 5 GG gerade nicht ableiten.
4. Nach alledem hat der Kläger unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf eine höhere ergänzende Beihilfe, so dass die Klage daher abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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