Arbeitsrecht

Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wegen Veruntreuung von Verwarnungsgeldern

Aktenzeichen  16a D 13.2112

Datum:
28.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG BayDG Art. 11, Art. 14, Art. 19 Abs. 1, Art. 24 Abs. 3
StGB StGB § 20, § 21, § 260

 

Leitsatz

Die Entfernung eines Polizeibeamten aus dem Beamtenverhältnis bei einer Verurteilung wegen der Veruntreuung von Verwarnungsgeldern (§ 266 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung ist als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme geboten, wenn keine sog. “anerkannten” Milderungsgründe oder gleichwertige entlastende Umstände vorliegen und der Beamte durch dieses schwere Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherren und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. (redaktioneller Leitsatz)
Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit iSd § 21 StGB als Milderungsgrund liegt nicht vor, wenn der Beamte zwar an einer depressiven Störung leidet, diese Erkrankung aber die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit nicht einschränkt. Bei einer Verletzung leicht einsehbarer innerdienstlicher Kernpflichten durch ein Zugriffsdelikt wird eine Verminderung der Schuldfähigkeit auch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. (redaktioneller Leitsatz)
Die Einlassung, dienstlich anvertraute Gelder nicht dauerhaft entwendet, sondern dem Dienstherrn nur vorübergehende vorenthalten zu haben, führt zu keiner milderen Beurteilung. Denn der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder. Bei einer Veruntreuung von 985,- Euro greift auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache nicht ein. (redaktioneller Leitsatz)
Hinsichtlich des Milderungsgrundes einer überwundenen negativen Lebensphase bestehen Zweifel, wenn die negative Lebenssituation bereits länger andauerte. Abgesehen davon können im Rahme einer Verletzung des Kernbereichs dienstlicher Pflichten nur individuelle Extremsituationen entlastend sein. Hierfür reichen Belastungen durch den Tod der Großeltern, Depressionen oder finanzielle Schwierigkeiten nicht.  (redaktioneller Leitsatz)
Die vorübergehende Weiterbeschäftigung nach Aufdeckung des Dienstvergehens wirkt nicht mildernd auf das Disziplinarmaß. Für die Frage, ob der Beamten trotz des Dienstvergehens im Amt bleiben darf, ist es auch unerheblich, ob andere Einsatzmöglichkeiten für ihn bestehen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe

Entscheidungsgründe:
I. Der 19… geborene Beklagte beendete seine Schullaufbahn 1995 nach zwei Jahren Fachoberschule mit der Mittleren Reife. Zum 1. September 1995 trat er als Polizeimeisteranwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den Polizeidienst ein. Mit Wirkung zum 1. September 1996 wurde der Beklagte unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeioberwachtmeister und zum 1. März 1998 – nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Polizeivollzugsdienst mit der Gesamtprüfungsnote „befriedigend (3,04)“ – zum Polizeimeister ernannt. Am 30. April 2003 folgte die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und mit Wirkung vom 1. Mai 2003 die Ernennung zum Polizeiobermeister.
Der Beklagte ist ledig und hat keine Kinder. Aufgrund familiärer Schicksalsschläge (Tod beider Großeltern väterlicherseits) im Jahr 2005 kam es zu längeren, krankheitsbedingten Abwesenheiten des Beklagten. Im daraufhin beantragten Gesundheitszeugnis vom 17. Februar 2006 wurde von der Polizeiärztin Dr. K. eine Anpassungsstörung diagnostiziert. Der Beklagte sei polizeidienstfähig, vorübergehende therapeutische Maßnahmen würden jedoch empfohlen.
Der Beklagte bezieht monatliche Einkünfte aus der BesGr. A 8. Eine mit Verfügung vom 9. September 2011 angeordnete vorläufige Dienstenthebung und der damit verbundene Einbehalt der Bezüge von 35 Prozent wurden im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 9. Juli 2012 aufgehoben. Der Beklagte verrichtet seitdem Dienst im Polizeipräsidium O. – SG Einsatzzentrale/Lage.
In seiner letzten periodischen Beurteilung aus dem Jahr 2008 erhielt der Beklagte 6 Punkte.
II. Der Beklagte ist strafrechtlich wie folgt in Erscheinung getreten:
1. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts I. vom 12. Juli 2011, rechtskräftig seit 19. Juli 2011 (Az.: 7 C 11 Js 4820/11) wurde gegen den Beklagte wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.
Im Strafbefehl des Amtsgerichts I. wurden folgende Feststellungen getroffen:
„In Ihrer Eigenschaft als Polizeibeamter der Verkehrspolizeiinspektion I. waren sie unter anderem befugt und berechtigt, unter Verwendung von sog. Verwarnungsblöcken Verkehrsordnungswidrigkeiten durch Belegung der Betroffenen mit einer Barverwarnung zu ahnden. Wie Sie wussten, waren Sie auch verpflichtet, Verwarnungsgelder getrennt von Ihrem sonstigen Vermögen auf der Dienststelle zu verwahren und ordnungsgemäß abzurechnen. Zuletzt hatten Sie am 2. November 2010 bei dem zuständigen Beamten der Verkehrspolizeiinspektion I. die von Ihnen ausgesprochenen Verwarnungen abgerechnet. Infolge dessen erhielten Sie am 2. November 2010 zwei weitere Verwarnungsblöcke und zwar einen grünen Block für Verwarnungen bis 20,– € mit der Nummer 1000/03674 und einen roten für Verwarnungen von 25,– € bis 35,– € mit der Nummer 1000/09420. In der Folgezeit belegten Sie Betroffene wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Verwarnungsgeldern in Höhe von insgesamt 985,– Euro. Diese Verwarnungsgelder hätten am 25. März 2011 abgerechnet werden sollen. Entgegen der Ihnen bekannten Verpflichtung, Verwarnungsgelder ordnungsgemäß abzurechnen, verbrauchten Sie das Geld zu nicht bekannten Zeitpunkten für andere Zwecke ohne dienstlichen Anlass. Jedenfalls waren Sie am 25. März 2011 nicht mehr im Besitz der Verwarnungsgelder in Höhe von 985,00 €.“
2. Soweit gegen den Beklagten wegen Verdachts des Kennzeichenmissbrauchs ermittelt wurde, wurde von der Verfolgung vorläufig nach § 154 Abs. 1 StPO abgesehen.
Gegenstand des Vorwurfs war ein Vorfall vom 11. März 2001:
Der Beklagte sei mit der Aufnahme einer Strafanzeige gegen den italienischen Staatsbürger L. C. betraut gewesen. Herr L. C. habe am 11. März 2011 ein in Deutschland erworbenes Fahrzeug mit einem italienischen Händlerkennzeichen nach Italien ausgeführt. Für die Überführung sei nach geltender Rechtslage ein deutsches Ausfuhrkennzeichen erforderlich. Herr L. C. sei nicht berechtigt gewesen, den Pkw mit diesem Kennzeichen in Deutschland zu führen. Die Staatsanwaltschaft I. habe nach telefonischer Rücksprache eine Beschuldigtenvernehmung und die Benennung eines Zustellbevollmächtigten für Herrn L. C. gefordert. Nach der Aufnahme der Anzeige habe der Beklagte jedoch Herrn L. C. mit dem Hinweis entlassen, dass er seine Fahrt fortsetzen könne. Wahrheitswidrig habe der Beklagte in der Vorgangskurzauskunft des IGVP vermerkt, dass dies nach telefonischer Rücksprache mit der Jour-Staatsanwältin geschehen sei. Die Staatsanwältin habe jedoch keineswegs die Weiterfahrt genehmigt, sondern lediglich angemerkt, dass weitere Maßnahmen präventiv-polizeilich seien. Auch insoweit habe der Beklagte ein schweres innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Der Vortrag des Beklagten, dass die Jour-Staatsanwältin nach einer weiteren telefonischen Rücksprache die Weiterfahrt des Herrn L. C. gestattet habe, träfe nicht zu, wie sich aus der Stellungnahme des Polizeipräsidiums O. vom 22. März 2011 ergebe. Ausweislich dieser Niederschrift habe die telefonische Rückfrage bei der Jour-Staatsanwältin ergeben, dass diese eine Weiterfahrt keinesfalls genehmigt habe.
III. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt wurde gegen den Beklagten mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 18. Mai 2011 wegen des Verstoßes gegen die Pflicht, die Gesetze einzuhalten und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten ein Disziplinarverfahren gemäß Art. 19 Abs. 1 Bayerisches Disziplinargesetz – BayDG – eingeleitet und im Hinblick auf die laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gemäß Art. 24 Abs. 3 BayDG ausgesetzt. Bereits mit Verfügung vom 25. März 2011 war gegenüber dem Beklagten ein für sofort vollziehbar erklärtes Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ausgesprochen und ihm gleichzeitig für sämtliche Diensträume des Polizeipräsidiums O. Hausverbot in Form eines Betretungsverbots erteilt worden. Mit Verfügung vom 9. September 2011 wurde der Beklagte vorläufig des Dienstes enthoben und 35 Prozent seiner Dienstbezüge sowie die jährliche Sonderzuwendung einbehalten. Nach Abschluss des Strafverfahrens mit seit 19. Juli 2011 rechtskräftigem Strafbefehl wurde das Disziplinarverfahren mit Verfügung vom 10. Oktober 2011 fortgesetzt.
Mit Schreiben vom 23. Dezember 2011 legte der Beklagte ein privatärztliches Attest von PD Dr. S. (Klinikum I.) vom 25. November 2011 vor. Aus den Angaben des Beklagten zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme im Klinikum I. am 25. März 2011 sei hervorgegangen, dass er bereits seit mehreren Wochen an einer schweren depressiven Episode gelitten habe und ausgeprägte Antriebsstörungen bei ihm bestünden. Vor der stationären Aufnahme sei der Beklagte durch eine massive depressive Symptomatik so stark beeinträchtigt gewesen, dass er glaubhaft mit den Regelungen seiner alltäglichen Angelegenheiten überfordert gewesen sei. In diesem Zusammenhang habe er sich möglicherweise nicht mehr anders zu helfen gewusst, als die Unterschlagungen vorzunehmen. Er habe offensichtlich keine großen Mühen auf die Verdunkelung seiner Taten gelegt und die entsprechenden Quittungen weiter aufbewahrt. Dies passe zu dem Zustand eines an sich von der Situation überforderten, schwer depressiven Menschen.
Zu einer daraufhin angeordneten amtsärztlichen Untersuchung beim Ärztlichen Dienst der Polizei am 8. Februar 2012 ist der Beklagte ohne Angabe von Gründen nicht erschienen.
Mit Schreiben vom 21. Februar 2012 wurde dem Beklagten die Gelegenheit zur abschließenden Äußerung und zur Beteiligungsmöglichkeit des Personalrats gegeben. Hiervon machte er keinen Gebrauch.
IV. Am 6. Mai 2012 erhob das Polizeipräsidium M. Klage beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Grundlage hierfür sei im Wesentlichen die im Strafbefehl vorgeworfene Untreue. Die dort festgestellten Tatsachen würden das Disziplinargericht zwar nicht binden, ihnen komme aber erhebliche Indizwirkung zu. Zudem habe der Beklagte die Untreue auch eingeräumt. Auf das vorgelegte Attest des Klinikums I. lasse sich eine verminderte Schuldfähigkeit nicht stützen. Zudem werde dem Beklagten auch der Kennzeichenmissbrauch vom 11. März 2011 zum Vorwurf gemacht. Insgesamt habe der Beklagte deshalb gegen seine Pflicht, sich mit vollem Einsatz seinem Beruf zu widmen und den dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten, verstoßen. Schließlich habe er sich auch nicht achtungs- und vertrauenswürdig verhalten. Auch die Sachbehandlung des Vorgangs betreffend Herrn L. C. sei Ausdruck einer schlampigen, unmotivierten Diensthandhabung. Insoweit habe der Beklagte seiner Pflicht zu einem vollen persönlichen Einsatz im Beruf nicht entsprochen.
In der mündlichen Verhandlung am 6. Juli 2012 vor dem Verwaltungsgericht räumte der Beklagte die ihm zur Last gelegte Veruntreuung von Verwarngeldern ein. Im Hinblick auf den ebenfalls zum Vorwurf gemachten Kennzeichenmissbrauch gab er an, dass er die zuständige Staatsanwältin so verstanden habe, dass er den italienischen Fahrer weiterfahren lassen könne. Sein Dienstgruppenleiter R. und er seien im Übrigen der Auffassung gewesen, dass es unverhältnismäßig gewesen sei, den Italiener bis Montag in I. festzuhalten, um ein Kennzeichen zu bekommen. Der Beklagte erklärte, dass er das Dienstvergehen in einer Phase der psychischen Überforderung begangen habe. Am 25. März 2011 habe er sich dann in das Klinikum I. zur psychiatrischen Behandlung begeben. Nunmehr habe er die Schwierigkeiten in seinem privaten Bereich beseitigt, und würde voll motiviert und leistungsbereit seinen Dienstpflichten nachkommen. Die Vorsitzende gab anschließend zu bedenken, ob es nicht Sinn mache, dem Beklagten eine letzte Chance einzuräumen, seine nunmehr gefundene Motivation und seinen behaupteten Leistungswillen unter Beweis zu stellen. Erforderlich sei es, die Suspendierung aufzuheben und das Ruhen des Disziplinarverfahren zu beantragen. Daraufhin erklärte der Klägervertreter die Aufhebung der Suspendierung mit Wirkung vom 9. Juli 2012. Nach übereinstimmenden Anträgen wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 6. Juli 2013 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.
Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 11. Juli 2012 wurde im Hinblick auf die Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2012, erneut eine amtsärztliche Untersuchung zur Klärung der Frage, ob der Beamte zum Tatzeitpunkt vermindert schuldfähig war, angeordnet. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 wurde eine solche verminderte Schuldfähigkeit von der zuständigen Polizeiärztin Dr. K. – Fachärztin für Psychiatrie – ausgeschlossen. Die vom Beklagten angegebene psychische Problematik sei nach gutachterlicher Beurteilung für die gegenständlichen Verfehlungen nicht ausschlaggebend. Es ergebe sich hieraus keine eingeschränkte disziplinarrechtliche Vorwerfbarkeit. Der Beklagte habe anlässlich der Begutachtung durch die Polizeiärztin erklärt, dass ihm vollkommen klar gewesen sei, dass seine Handlungsweise unrechtmäßig gewesen sei. Er habe „vorgehabt“, das Geld später wieder zurückzugeben, sobald er seine finanziellen Probleme „irgendwann wieder auf die Reihe kriegen“ würde.
Mit Schreiben des Klägers vom 11. April 2013 wurde ein Persönlichkeitsbild des Beklagten vorgelegt.
Mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2013, aufgrund mündlicher Verhandlung vom gleichen Tag, wurde der Beklagte wegen eines Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die dem Beklagten zur Last gelegten Dienstvergehen stünden zur Überzeugung des Gerichts fest und rechtfertigten die verhängte Disziplinarmaßnahme. Der Beklagte habe im vorliegenden Fall 985,– € veruntreut. Er habe damit gegen seine elementare Dienstpflicht verstoßen, korrekt und redlich mit dienstlich anvertrautem Geld umzugehen. Verletzte ein zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten eingesetzter Polizeibeamter selbst durch eine vorsätzliche Tat die Strafgesetze, habe er im Kernbereich polizeilicher Dienstpflichten versagt und damit durch sein Verhalten die Vertrauensgrundlage zum Dienstherrn und zur Öffentlichkeit zerstört. Auch die fehlerhafte, weisungswidrige Sachbehandlung des Vorgangs gegen den italienischen Staatsbürger L.C. stelle eine Verletzung des achtungs- und vertrauenswürdigen Verhaltens des Beklagten im innerdienstlichen Bereich dar. Entgegen seiner Pflicht, Straftaten zu verfolgen, habe er die Weiterfahrt des L.C. ohne gültiges Kennzeichen nicht unterbunden und habe damit seinen Dienstpflichten, insbesondere der Weisung der Staatsanwältin nicht genügt. Die Untersuchung durch die Polizeiärztin unter Verwendung der vom Beklagten vorgelegten Atteste über seine Behandlung im Klinikum I. habe ergeben, dass weder eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit noch eine eingeschränkte Steuerungsfähigkeit beim Beklagten bestanden habe. Anlässlich der Untersuchung bei der Polizeiärztin habe er auch eingeräumt, dass ihm seine unrechtmäßige Handlungsweise vollkommen klar gewesen sei. Weitere Milderungsgründe, wie z. B. Geringwertigkeit des veruntreuten Betrages oder freiwillige Offenbarung lägen beim Beklagten nicht vor. Eine unverschuldete wirtschaftliche Notlage habe beim Beklagten ebenfalls nicht bestanden. Er habe zwar dargelegt, dass die Veruntreuung erfolgte, weil seine Scheckkarte eingezogen gewesen sei und er über keinerlei Barmittel mehr verfügt habe, dies sei aber nicht unverschuldet, sondern auf einen seine finanziellen Möglichkeiten übersteigenden Lebenswandel zurück zu führen. Von einer körperlichen oder psychischen Ausnahmesituation sei ebenfalls nicht auszugehen. Wie der Beklagte selbst gegenüber der Polizeiärztin geäußert habe, sei ihm klar gewesen, dass er eine strafbare Handlung begangen habe. Das Gericht sehe deshalb das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn und zur Allgemeinheit als irreparabel zerstört an.
Der Beklagte hat gegen dieses Urteil, zugestellt am 3. September 2013, am 1. Oktober 2013 Berufung eingelegt und beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2013 auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen und die Klage auf Entfernung aus dem Dienst abzuweisen.
Das verwaltungsgerichtliche Urteil weise Verfahrens- und Beweiswürdigungsfehler auf. Das polizeiärztliche Gutachten vom 26. Juli 2012 sei während der Zeit des Ruhens des Verfahrens erstellt worden, woraus sich schließen lasse, dass der Sachverhalt nicht hinlänglich ausermittelt gewesen sei. Dies stelle einen wesentlichen Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens dar. Dennoch habe das Gericht dieses Gutachten zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht. Zur Klärung der Widersprüche des polizeilichen Gutachtens zu den Feststellungen des Klinikums I. vom 25. November 2011, die zeitnah im Anschluss an die Behandlung des Beklagten erfolgt seien, hätte das Gericht weitere Beweise zur Frage der Schuldfähigkeit bzw. zur Frage der auszusprechenden Disziplinarmaßnahme erheben müssen, z. B. in Form der Einvernahme der damaligen Behandler. Das polizeiliche Gutachten könne jedenfalls auch inhaltlich nicht verwertet werden. Aus den Feststellungen des Klinikums I. ergebe sich unstreitig, dass beim Beklagten eine schwere depressive Episode vorgelegen habe. Vor der stationären Aufnahme sei er durch eine massive depressive Symptomatik so stark beeinträchtigt gewesen, dass er glaubhaft mit den Regelungen seiner alltäglichen Angelegenheit überfordert gewesen sei. Dies ergebe sich aus dem Attest von PD Dr. S. vom 25. November 2011. Dieses Attest stelle eine krankhafte seelische Störung im Sinne von § 20 StGB fest, zumindest aber eine vergleichbare Funktionsbeeinträchtigung. Hiermit habe sich das Gericht nicht auseinander gesetzt, sondern sich ausschließlich auf das polizeiärztliche Gutachten vom 26. Juli 2012 gestützt, das auf den Feststellungen zum Erstellungszeitpunkt basiere und weder auf die Ausführungen des Klinikums I. eingehe noch die Frage beantworte, ob eine psychische Problematik ausschlaggebend für die Verfehlungen des Beamten gewesen sei und sich daraus eine eingeschränkte disziplinarrechtliche Vorwerfbarkeit ergebe. Dem Gutachten lasse sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen die Sachverständige zu ihrem Ergebnis gekommen sei. Das polizeiärztliche Gutachten zitiere lediglich aus den Arztberichten, setze sich aber mit diesen nicht inhaltlich auseinander. Der Milderungsgrund der existenziellen wirtschaftlichen Notlage sei zu Unrecht verneint worden, weil es nach der Rechtsprechung nicht darauf ankomme, ob der Beamte unverschuldet in die Notlage gekommen sei. Die Zugriffshandlungen des Beklagten seien als Entgleisung während einer psychisch depressiven Erkrankungsphase zu sehen, die mittlerweile überwunden sei. Das Vertrauen in die Amtsführung des Beklagten sei noch nicht endgültig zerstört. Dies ergebe sich auch aus der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2012, in der dem Beklagten sowohl vom Gericht als auch vom Kläger eine Bewährungsmöglichkeit eingeräumt worden sei, die er ausweislich der Stellungnahmen über sein dienstliches Verhalten während dieser Bewährungszeit auch positiv gestaltet habe. Es sei deshalb die Prognose gerechtfertigt, dass es dem Beklagten auf Dauer gelingen werde, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, zumal ärztlicherseits bestätigt werde, dass sich die psychische Erkrankung erheblich gebessert und der Beklagte auch seine wirtschaftlichen Verhältnisse geordnet habe.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Verhängung der konkreten Disziplinarmaßnahme werde in das Ermessen des Gerichts gestellt. Der Aussetzung des Verfahrens in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2012 habe man nur deshalb zugestimmt, weil die Frage der Schuldfähigkeit des Beklagten noch nicht ausreichend geklärt schien. Schließlich sei der Beklagte zu dem eigens hierfür anberaumten Gutachtertermin beim polizeiärztlichen Dienst ohne weitere Erklärung nicht erschienen. Im Rahmen dieser Klärung sei auch gleichzeitig die Überprüfung seiner Dienstfähigkeit (Polizeidienstfähigkeit) nach Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung erfolgt. Dies sei in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2012 auch so angekündigt worden, die erneute Anfrage beim polizeiärztlichen Dienst im Hinblick auf die Vorwerfbarkeit sei deshalb keineswegs überraschend. Mit Schreiben vom 30. Juli 2012 habe die Polizeiärztin mitgeteilt, dass der Beklagte im Tatzeitraum weder vermindert schuldfähig gewesen sei noch ihm aus fachärztlich psychiatrischer Sicht Milderungsgründe zuerkannt werden könnten. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei deshalb nicht zu beanstanden. Die polizeiärztliche Gutachterin habe sich sowohl mit dem Attest des PD Dr. S. vom 25. November 2011 als auch mit den Berichten des Klinikums I. auseinandergesetzt. Es gäbe keinen Grund an der Sachkompetenz und Objektivität der Gutachterin zu zweifeln. Nach zweifelsfreier Feststellung der Schuld sei nach Wiederaufnahme des Verfahrens von einer erneuten Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen abgesehen worden. Der Beklagte sei aber von Seiten seines Dienstvorgesetzten ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass an der Disziplinarklage auf Entfernung aus dem Dienst festgehalten werde. Die dienstliche Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung ändere nichts an einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.
Mit Beschluss vom 12. März 2015 hat der Senat die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet zu den Fragen,
– ob bei dem Beklagten in dem für die Veruntreuung der eingenommenen Verwarnungsgelder in Frage kommenden Zeitraum vom 2. November 2010 bis 25. März 2011 mindestens eines der in § 20 StGB genannten Krankheitsbilder vorgelegen hat und deswegen seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit ausgeschlossen oder erheblich vermindert war (§§ 20, 21 StGB) und
– falls ja, ob dieses erfolgreich behandelt wurde und ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden bzw.
– falls nein, ob der Zustand des Beklagten in diesem Zeitraum der erheblich verminderten Schuldfähigkeit nahe kam und er diese schwierige Lebensphase nunmehr vollständig überwunden hat, so dass ähnliche Pflichtverstöße nicht mehr eintreten werden.
Laut Gutachten von Prof. Dr. W. vom 6. Oktober 2015 wurde festgestellt, dass beim Beklagten im fraglichen Zeitraum eine schwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung (ICD 10: F33.2) und damit nach der Definition von § 20 StGB eine krankhafte seelische Störung vorgelegen habe. Trotz dieser Erkrankung bestünden im vorliegenden Fall aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Minderung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit. Diese sei zwar grundsätzlich bei diesem Krankheitsbild nicht typisch, jedoch in Einzelfällen mit besonders schwer ausgeprägter Symptomatik durchaus denkbar. Ein solcher Schweregrad sei jedoch vorliegend nicht nachgewiesen, zumal der Proband im o.g. Zeitraum seine Arbeitsfähigkeit voll aufrechterhalten habe, durchgehend berufstätig gewesen sei und seinen Alltag, wenn auch mit Einschränkungen bewerkstelligt habe. Mangels Dokumentation der ambulanten Arztkontakte bei Prof. Dr. G., bei dem sich der Beklagte bis Mai 2010 in ärztlicher Behandlung befunden habe, könne das Vorliegen einer schweren depressiven Symptomatik lediglich zum Zeitpunkt der stationär-/psychiatrischen Aufnahme im Klinikum I. am 25. März 2011 als aus ärztlicher Sicht gesichert angesehen werden. Der Verlauf und der Schweregrad der depressiven Erkrankung könne somit vor diesem Zeitpunkt nicht objektiviert werden. Die Einschätzung des Klinikums I. (PD Dr. S.), die depressive Erkrankung habe zum Zeitpunkt der Aufnahme bereits seit mehreren Wochen bestanden, beruhe ausschließlich auf den Angaben des Beklagten. Es erscheine deswegen durchaus möglich und plausibel, dass sich die depressive Symptomatik im relevanten Ausmaß erst als Folge der psychosozialen Belastung durch die Aufdeckung der Untreue entwickelt habe und nicht in umgekehrter zeitlicher und kausaler Reihenfolge.
Mit Schriftsatz vom 12. November 2015 lässt der Beklagte geltend machen, dass die fehlende Dokumentation der ambulanten Arztkontakte im Zeitraum Januar bis Mai 2010 bei Prof. Dr. G. nicht zu seinen Lasten gehen könne. Dieser habe ihm wegen des erheblichen Schweregrads seiner seelischen Störung dringend einen mehrwöchigen Klinikaufenthalt in B., Kompetenzzentrum für Psychosomatik und Psychotherapie, angeraten. Die Behandlung dort sei letztlich an der fehlenden Kostenübernahme durch die Krankenkasse gescheitert. Der Beklagte habe seiner Erinnerung nach seiner Dienststelle in der Zeit Anfang/Mitte 2010 ein ärztliches Attest des Prof. Dr. G. übergeben, in dem ihm eine schwere seelische Störung bescheinigt worden sei. Gleichzeitig sei er erinnerlich in dieser Zeit für ca. 2 bis 3 Wochen aus diesem Grund krankgeschrieben worden. Diese Unterlagen müssten dem Kläger auch vorliegen. Er habe deshalb seinen Dienstgeschäften aufgrund seiner seelischen Störung nicht ohne Einschränkungen nachgehen können.
Mit Schreiben vom 28. Juni 2016 teilte der Kläger mit, dass für den Zeitraum Anfang/Mitte 2010 keine weiteren ärztlichen Gutachten vorlägen, insbesondere nicht das mit Schriftsatz vom 12. November 2015 genannte Attest des Prof. Dr. G.. Die Beihilfeakten aus dem Jahr 2010 sind laut Mitteilung des Landesamtes für Finanzen vom 28. Juni 2016 ebenfalls nicht mehr verfügbar.
Der Senat hat am 28. September 2016 mündlich zur Sache verhandelt. Hierzu wird auf die Niederschrift verwiesen. In der mündlichen Verhandlung wurde dem Senat ein weiteres Persönlichkeitsbild des Beklagten vom 12. September 2016 übergeben.
V. Ergänzend wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen. Dem Senat haben diesbezüglich die Strafakten der Staatsanwaltschaft I., die Disziplinarakten des Polizeipräsidiums M. sowie die Personalakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) verhängt.
I. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat – keine Mängel auf. Zwar hat der Beklagte im Berufungsverfahren verspätet (vgl. Art. 53 Abs. 1 BayDG) geltend gemacht, die Disziplinarbehörde habe den Sachverhalt nicht hinlänglich ausermittelt. Diese Rüge greift aber schon deshalb nicht durch, weil der Beklagte vor Erhebung der Disziplinarklage zur angeordneten Untersuchung nicht erschienen ist. Jedenfalls ist dieser etwaige Mangel im Berufungsverfahren durch die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens geheilt worden (vgl. Köhler in Hummel/Köhler/Mayer/Baunack, BDG, 6. Auflage 2016, § 55 BDG Rn. 11 zur vergleichbaren Regelung im Bundesdisziplinargesetz)
II. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts I. vom 12. Juli 2011 (Az.: 7 Cs 11 Js 4820/11), mit dem gegen den Beklagten wegen Veruntreuung von Verwarnungsgelder gemäß § 266 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf Bewährung verhängt wurde, sind zwar nicht bindend (Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG), der Senat kann sie dennoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seinem Urteil ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen. Der Beklagte hat in vollem Umfang eingeräumt, dass er Verwarnungsgelder von insgesamt 985,- €, die er auf zwei am 2. November 2010 an ihn ausgehändigten Verwarnungsblöcken der Nummern 1000/03674 (grün; Verwarnungen bis 20,- €) und 1000/09420 (rot; Verwarnungen von 25,- € bis 30;- €) eingenommen hat, zu einem nicht bekannten Zeitpunkt für nicht dienstliche Zwecke (z. B. Tanken, Einkauf von Lebensmittel ) verbraucht hat und so diese am 25. März 2011 nicht abrechnen konnte. Er hat damit dienstlich anvertrautes Geld gemäß § 266 StGB veruntreut. Weitere Ermittlungen waren insoweit nicht veranlasst.
Zur Überzeugung des Gerichts steht ebenfalls fest, dass der Beklagte anlässlich der Aufnahme einer Strafanzeige am 11. März 2011 gegen den italienischen Staatsbürger L. C., diesen dienstpflichtwidrig die Fahrt mit dem Pkw hat fortsetzen lassen. Die zuständige Staatsanwältin hatte im Fall des Herrn L. C. die Durchführung einer Beschuldigtenvernehmung und Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten angeordnet, aber nach eigenem Bekunden keine Aussagen hinsichtlich der weiteren präventiv-polizeilichen Maßnahmen getroffen. Auf die Frage des Beklagten, ob der beschuldigte italienische Staatsbürger denn nun weiterfahren dürfe, habe sie den Beklagten darauf hingewiesen, dass dies eine präventiv-polizeiliche Fragestellung beträfe, die seitens der Polizei in eigener Zuständigkeit zu klären sei. Selbst wenn der Beklagte nach eigenem Vorbringen die Staatsanwältin so verstanden haben sollte, dass er Herrn L.C. (aus Sicht der Strafermittlungsbehörden) mit dem Auto weiter fahren lassen könne, hätte ihm bewusst sein müssen, dass er die Fortsetzung der Autofahrt präventiv-polizeilich hätte unterbinden müssen, um seinen Dienstpflichten zu genügen.
III. Der Beklagte hat durch sein Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen i. S. d. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen, weil er schuldhaft ihm obliegende Dienstpflichten verletzt hat. Er hat dadurch gegen seine Grundpflicht zur Achtung der Gesetze (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG, § 266 StGB) sowie gegen seine Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf (§ 34 Satz 1 BeamtStG), zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen. Soweit er die Verwarnungsgelder entgegen der bestehenden Weisungslage nicht ordnungsgemäß abgerechnet und abgeliefert hat, hat er auch gegen die Pflicht verstoßen, dienstliche Anordnungen seiner Vorgesetzten auszuführen sowie allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 Satz 2 BeamtStG). Soweit der Beklagte vorträgt, er habe es für unverhältnismäßig gehalten, den italienischen Staatsbürger L. C., der seinen 3-jährigen Sohn bei sich gehabt und dessen Frau mit einem neugeborenen Kind auf ihn in Italien gewartet hätte, über das Wochenende in I. festzuhalten, so kann ihn dieses Vorbringen nicht entlasten. Ein Festhalten des Herrn L. C. wäre nicht erforderlich gewesen, der Beklagte hätte lediglich dessen Weiterfahrt mit dem fraglichen Pkw ohne erforderliches Kennzeichen unterbinden müssen.
IV. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat – auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens – darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.
Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 – 2 C 59/07 – juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 – 16a D 07.2355 – juris; U. v. 15.2.2012 – 16a D 10.1974; U. v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904, Rn. 81; U. v. 11.5.2016 – 16a D 13.1540, Rn. 61 – jeweils in juris).
1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 18).
Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 10.12.2015 – 2 C 6/14 – juris Rn. 16; B. v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 – 2 B 133.11 – juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 – 2 C 59.07 – juris).
Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es – etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).
Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf ihren allgemeinen Status, ihren Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ihre konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).
Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeitete Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20).
2. Fallen einem Beamten – wie hier – mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 – 16a D 09.3127 – juris), also vorliegend nach der innerdienstlichen Veruntreuung von Verwarnungsgeldern.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Ein endgültiger Vertrauensverlust ist eingetreten, wenn aufgrund der Gesamtwürdigung der bedeutsamen Umstände der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig seinen Dienstpflichten nicht ordnungsgemäß nachkommen oder aufgrund seines Fehlverhaltens sei eine erhebliche, nicht wieder gut zu machende Ansehensbeeinträchtigung eingetreten (grundlegend BVerwG, U. v. 20.10.2005 – 2 C 12.04; U. v. 24.5.2007 – 2 C 28.06 – jeweils in juris).
Für einen Beamten, der auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut zugreift, also unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung (z. B. Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung) ein sog. „Zugriffsdelikt“ begeht, galt aufgrund der Rechtsprechung des erkennenden Senats und der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der Schwere dieser Dienstvergehen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich als Richtschnur für die Maßnahmebestimmung (BVerwG, U. v. 10.1.2007 – 1 D 15.05; U. v. 11.6.2002 – 1 D 31.01 – jeweils in juris). Hat sich der Beamte bei der Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit an Vermögenswerten vergriffen, die als dienstlich anvertraut seinem Gewahrsam unterliegen, ist ein solches Dienstvergehen regelmäßig geeignet, das Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit zu zerstören (BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 38.10 – juris). Da die Verwaltung im Umgang mit öffentlichem und amtlich anvertrautem Gut auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen ist und eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist, muss derjenige, der diese Vertrauensgrundlage zerstört, mit einer Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, B. v. 20.12.2011 – 2 B 64.11 – juris Rn. 11; BayVGH, U. v. 9.12.2015 – 16b D 14.642 – juris Rn. 40).
Ein solches Fehlverhalten im Kernbereich der dienstlichen Aufgaben als Polizeivollzugsbeamter liegt vorliegend in der innerdienstlich verübten Untreue. Der Beklagte hat ein schweres Dienstvergehen i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG begangen, indem er ihm dienstlich anvertraute Verwarnungsgelder in Höhe von 985,- € für sich verbraucht hat. In diesen Fällen der sog. „Zugriffsdelikte“, war bisher die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme. So auch im vorliegenden Fall des Beklagten.
Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 10. Dezember 2015 (Az. 2 C 6.14 – juris) nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass es seine bisherige Rechtsprechung zu den Zugriffsdelikten aufgebe; bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen sei vielmehr ebenfalls die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der gesetzlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen am gesetzlich bestimmten Strafrahmen geboten. Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleiste die Orientierung des Umfangs des Vertrauensverlustes am gesetzlichen Strafrahmen eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung der Dienstvergehen. Hiervon ausgehend ergibt sich im Fall des Beklagten keine abweichende Beurteilung:
Im Hinblick auf die vom Beklagten verwirklichte Untreue ist vorliegend grundsätzlich die volle Ausschöpfung des in Anlehnung an die abstrakte Strafandrohung gebildeten Orientierungsrahmens wegen der konkreten Umstände des Dienstvergehens geboten.
Gegen den Beklagten wurde mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts I. vom 12. Juli 2011 wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 9 Monaten verhängt. Der Strafrahmen des § 266 Abs.1 StGB reicht bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht (hier bis zu fünf Jahre), reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U. v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 20).
Vorliegend hat der Beklagte den Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten verletzt, als er dienstlich anvertrautes Geld für persönliche Belange verbrauchte. Der Senat geht davon aus, dass ein solches Verhalten grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauensverhältnis in unheilbarer Weise zu zerstören. Dienstherr und Allgemeinheit müssen sich im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auf die Ehrlichkeit der mit dienstlichen Geldern oder Gütern betrauten Beamten verlassen können.
3. Von der Höchstmaßnahme ist zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn ein – ursprünglich vom Bundesverwaltungsgericht zu den Zugriffsdelikten entwickelter – sog. „anerkannter“ Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen – auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit – Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris Rn. 13).
Diese Milderungsgründe stellen jedoch keinen abschließenden Kanon der bei Dienstvergehen berücksichtigungsfähigen Entlastungsgründe dar. Bei der prognostischen Frage, ob gegenüber einem Beamten aufgrund eines schweren Dienstvergehens ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist, gehören zur Prognosebasis außerdem alle für diese Einschätzung bedeutsamen belastenden und entlastenden Ermessensgesichtspunkte, die in eine Gesamtwürdigung einzubeziehen sind. Selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt, können entlastende Umstände gegeben sein, deren Gewicht in ihrer Gesamtheit dem Gewicht anerkannter Milderungsgründe vergleichbar ist. Entlastungsmomente können sich dabei aus allen denkbaren Umständen ergeben. Solche Umstände können das Absehen von der disziplinaren Höchstmaßnahme rechtfertigen, wenn sie in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes aufweisen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 – 1 D 2.06 – juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.
Der Beklagte kann sich vorliegend nicht mit Erfolg auf einen der „anerkannten“ Milderungsgründe berufen.
3.1 Der in der Rechtsprechung entwickelte „anerkannte“ Milderungsgrund der Geringwertigkeit der Sache kommt bei dem Beklagten nicht in Betracht. Ausgehend von der Rechtsprechung der Strafgerichte zu § 248 a StGB ist die Grenze zur Geringwertigkeit bei etwa 50,- Euro anzusetzen (BVerwG, U. v. 10.12.2015 a. a. O. Rn. 26; U. v. 25.7.2013 – 2 C 63.11 – Rn. 16), wobei bei einmaligem Fehlverhalten auch 200,- Euro als Grenze in Betracht kommen kann (BVerwG, B. v. 23.2.2012 – 2 B 143.11 – juris). Diese Grenzen sind vorliegend bei weitem überschritten.
3.2 Die Voraussetzungen einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB als weiterer „anerkannter“ Milderungsgrund liegen ebenfalls nicht vor. Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei der Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich” war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (BVerwG, U. v. 29.5.2008 – 2 C 59.07 – juris m. w. N.). Angesichts dessen wird eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit bei Zugriffsdelikten und diesen gleichgestellten Delikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U. v. 3.5.2007 – 2 C 30.05 – juris Rn. 36; BayVGH, U. v. 20.4.2016 – 16a D 14.938 – juris Rn. 66). Gerade bei der Verletzung einer leicht einsehbaren innerdienstlichen Kernpflicht muss nämlich von dem Beamten im Hinblick auf die Bedeutung dieser Pflicht für das öffentlich-rechtliche Dienst- und Treueverhältnis erwartet werden, dass er trotz der verminderten Schuldfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen eine Verletzung dieser Pflicht im Dienst aufbringt. Die Erheblichkeitsschwelle liegt in solchen Fällen also höher als bei anderen Pflichtverletzungen (OVG Lüneburg, U. v. 22.3.2016 – 3 LD 1/14 – juris Rn. 100).
Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Beamten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert war, so muss das Verwaltungsgericht die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären (BVerwG, B. v. 28.1.2015 – 2 B 15.14 – juris Rn. 18). Gegebenenfalls muss also geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Hierfür bedarf es in der Regel besonderer medizinischer Sachkunde. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder entsprechende Beeinträchtigungen nach dem Grundsatz „in dubio pro reo” nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzungen für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegen.
Der Senat geht vorliegend davon aus, dass beim Beklagten im fraglichen Zeitraum eine schwere depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung (ICD 10: F33.2) und damit nach der Definition des § 20 StGB eine krankhafte seelische Störung vorgelegen hat, diese psychische Erkrankung des Beklagten jedoch nicht im Sinne des § 21 StGB geeignet war, die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Beklagten zum Tatzeitpunkt einzuschränken. Er folgt insofern dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. W. vom 6. Oktober 2015, der sich mit dieser Frage dezidiert befasst und sie nachvollziehbar verneint hat.
Aufgrund des Vorbringens des Beklagten bestand zunächst hinreichender Anlass, der entscheidungserheblichen Frage der Verminderung der Schuldfähigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Handlungen nachzugehen. Im Rahmen des Disziplinarverfahrens legte der Beklagte ein privatärztliches Attest von PD Dr. S. (Klinikum I.) vor, wonach sich aus den Angaben des Beklagten im Zeitpunkt der Aufnahme im Klinikum I. am 25. März 2011 ergeben hätte, dass er bereits seit mehreren Wochen an einer schweren depressiven Episode gelitten habe, insbesondere ausgeprägte Antriebsstörungen bei ihm bestünden. Der Beklagte sei deshalb glaubhaft mit den Regelungen seiner alltäglichen Angelegenheiten überfordert gewesen. Möglicherweise habe er sich dann nicht mehr anders zu helfen gewusst, als die Unterschlagungen (Veruntreuungen) vorzunehmen. Im vom Senat im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholten Gutachten vom 6. Oktober 2015 wird jedoch von Prof. Dr. W. überzeugend dargelegt, dass im fraglichen Zeitraum zwar eine schwere depressive Episode vorgelegen hat, sich aber trotz der Erkrankung beim Beklagten keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Aufhebung oder Minderung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit ergeben. Ein solcher Schweregrad der Erkrankung, der in Einzelfällen mit besonders schwer ausgeprägter Symptomatik (z. B. Wahn, Stupor, Suizidalität) durchaus denkbar sei, sei vorliegend auch deshalb nicht anzunehmen, weil der Proband im fraglichen Zeitraum seine Arbeitsfähigkeit voll aufrechterhalten habe können, durchgehend berufstätig gewesen sei und seinen Alltag habe bewerkstelligen können. Soweit der Beklagte dies bestreitet, lassen sich hierfür keine Anhaltspunkte zum fraglichen Tatzeitpunkt (November 2010 – 25. März 2011) in seiner Krankenakte finden. Dienstunfähigkeitsbescheinigungen des Beklagten liegen lediglich für den 5. November 2010, den 6. Dezember 2010 und für den 18. – 23. Februar 2011 (6 Tage) vor. Ohne weitere Anhaltspunkte erachtet der Senat diesen Erkrankungszeitraum nicht für ausreichend, um die Einschätzung des Sachverständigen zu widerlegen, der Beklagte habe im fraglichen Zeitraum seine Arbeitsfähigkeit voll aufrechterhalten können.
Nach Aussage des gerichtlichen Sachverständigen ist mangels ärztlicher Dokumentation der ambulanten Arztkontakte bei Prof. Dr. G. das Vorliegen einer schweren depressiven Symptomatik lediglich zum Zeitpunkt der stationär-psychiatrischen Aufnahme im Klinikum I. am 25. März 2011 als aus ärztlicher Sicht gesichert anzusehen. Zugunsten des Beklagten geht der Senat allerdings davon aus, dass die schwere depressive Episode des Beklagten bereits im Zeitpunkt der ambulanten Behandlung durch Prof. Dr. G. vorgelegen hat (Januar bis Mai 2010), auch wenn eine diesbezügliche Krankenakte nicht vorgelegt werden konnte. Hierfür spricht auch, dass dieser dem Beklagten nach seinem eigenen Vorbringen dringend einen mehrwöchigen Klinikaufenthalt im Kompetenzzentrum für Psychosomatik und Psychotherapie in Bad Aussee angeraten habe. Allerdings lassen sich hieraus keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten zum Tatzeitpunkt entnehmen. Dies gilt auch für die Einschätzung von PD Dr. S. (Klinikum I.) vom 25. November 2011, die depressive Erkrankung des Beklagten habe bereits mehrere Wochen vor der Aufnahme in das Klinikum am 25. März 2011 bestanden. Wenn Dr. S. den Beklagten glaubhaft mit den Regelungen seiner alltäglichen Angelegenheiten überfordert sah, so dass sich dieser in diesem Zusammenhang möglicherweise nicht anders zu helfen gewusst habe, als die Unterschlagungen vorzunehmen, folgt er als behandelnder Arzt mit dieser Einschätzung allein den Angaben des Beklagten. Des Weiteren können auch die Ausführungen des Arztes, der Beklagte habe offensichtlich keine großen Mühen auf die Verdunkelung seiner Taten gelegt und die entsprechenden Quittungen weiterhin aufbewahrt, nicht überzeugen. Sie verkennen die diesbezüglichen Verwaltungsabläufe und lassen keinen Rückschluss auf eine verminderte Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten zu. Nach Auffassung des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. W. erscheint es durchaus möglich und plausibel, dass sich die depressive Symptomatik im relevanten Ausmaß erst als Folge der psychosozialen Belastung durch die Aufdeckung der Untreue entwickelt hat und nicht in umgekehrter zeitlicher und kausaler Reihenfolge. Gegen die Annahme einer verminderten Schuldfähigkeit spricht vorliegend zum einen, dass für eine besonders schwer ausgeprägte Symptomatik (Wahn, Stupor, Suizidalität) nichts ersichtlich ist, zum anderen aber auch die im Gutachten dokumentierte Aussage des Beklagten im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung vom 26. Juli 2012. Danach sei er sich vollkommen bewusst gewesen, dass seine Handlungsweise unrechtmäßig gewesen sei. Er habe aber „vorgehabt“, das Geld wieder zurückzugeben, sobald er seine finanziellen Probleme „irgendwann wieder auf die Reihe kriegen“ würde. Beim Beklagten fehlt es nach Überzeugung des Senats bereits an der verminderten Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Untreue. Auf die Frage der erheblich verminderten Schuldfähigkeit kommt es deshalb nicht an. Mangels Anhaltspunkten war eine solche deshalb auch nicht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ in die Gesamtwürdigung einzustellen.
3.3. Die nicht nach außen hin manifestierte – im Rahmen der polizeiärztlichen Untersuchung vom 26. Juli 2012 – geäußerte Absicht des Beklagten, sich die Gelder des Dienstherrn lediglich vorübergehend nutzbar zu machen und baldmöglichst zurückzuzahlen, führt nicht zu einer milderen Beurteilung. Ein Beamter ist nicht befugt, dienstlich anvertrautes Geld des Dienstherrn diesem auch nur vorübergehend vorzuenthalten, um es zunächst für eigene Zwecke einzusetzen (vgl. BVerwG, U. v. 14.10.1997 – 1 D 60/96 – juris Rn. 26). Die Einlassung, dass der Beklagte mit der Aneignung der Beträge keine endgültige Schädigung beabsichtige, reicht nicht aus, um von der Höchstmaßnahme absehen zu können, da Gelder des Dienstherrn nicht dazu bestimmt sind, dem Kreditbedürfnis der mit ihrer Verwaltung betrauten Beamten zu dienen (vgl. BVerwG, U. v. 8.6.1983 – 1 D 112/82 – juris Rn. 13). Der Vertrauensverlust ergibt sich nicht aus dem etwaigen Schaden, sondern aus der unzulässigen Verwendung dienstlich anvertrauter Gelder aus eigennützigen Gründen selbst (vgl. BVerwG, U. v. 15.8.1989 – 1 D 61/88 – juris Rn. 26; BayVGH, U. v. 29.7.2015 – 16b D 13.778 – juris Rn. 56).
3.4 Anlass für eine insgesamt günstige Prognose besteht auch nicht unter dem Aspekt einer überwundenen negativen Lebensphase. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Dabei müssen die negativen Lebensumstände eine schwerwiegende Ausnahmesituation begründen (BVerwG, U. v. 3.5.2007 – 2 C 9.06; U. v. 10.12.2015 a.a.O; B. v. 15.6.2016 – 2 B 49/15; BayVGH, U. v. 29.7.2015 a. a. O. – jeweils in juris). Die Überwindung einer im Zeitpunkt der Pflichtverletzung bestehenden negativen Lebensphase kann sich mildernd bei der Maßnahmebemessung auswirken, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die Lebenssituation des Beamten inzwischen gefestigt hat und er sich künftig pflichtgemäß verhalten wird. Erforderlich dabei ist, dass außergewöhnliche Verhältnisse zum Tatzeitpunkt vorlagen, die den Beklagten zeitweilig aus der Bahn geworfen haben. Hinzukommen muss, dass er die negative Lebensphase in der Folgezeit überwunden hat (BVerwG, B. v. 9.10.2014 – 2 B 60.14; B. v. 20.12.2013 – 2 B 35/13 – jeweils in juris).
Davon ausgehend, dass die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation begründen müssen, die über das hinausgeht, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann (BayVGH, U. v. 30.1.2013 – 16b D 12.71 – juris; U. v. 20.4.2016 a. a. O. Rn. 72), hat der Senat bereits erhebliche Zweifel, dass sich der Beklagte auf das Vorliegen einer solchen Phase berufen kann. Bereits 2005 kam es infolge des Todes beider Großeltern väterlicherseits zu psychischen Problemen des Beklagten verbunden mit erheblichen krankheitsbedingten Ausfallzeiten und einem Leistungsabfall (Beurteilung 2005: 3 Punkte). Anlässlich einer amtsärztlichen Untersuchung am 15. Februar 2006 wurde damals eine Anpassungsstörung festgestellt und dem Beklagten therapeutische Maßnahmen in Form einer (vorübergehenden) fachärztlichen oder psychologischen Betreuung empfohlen. Im Hinblick auf die sich in der Folgezeit entwickelnde depressive Symptomatik ist bei einem dann bestehenden Zeitrahmen von nahezu 5 Jahren bis zur Veruntreuung der Verwarnungsgelder wohl nicht mehr von einer „abgegrenzten Lebensphase“ auszugehen. Abgesehen davon können im Rahmen einer Verletzung des Kernbereichs der dienstlichen Pflichten nur individuelle Extremsituationen disziplinarisch relevant sein (BayVGH, U. v. 29.7.2015 – 16b D 13.778 – juris Rn. 65; U. v. 20.4.2016 a. a. O. Rn. 72). Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Beklagte aufgrund von außergewöhnlichen Umständen so „aus der Bahn geworfen“ war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten von ihm nicht mehr erwartet werden konnte, sieht der Senat weder im Hinblick auf den Tod der Großeltern 2005 noch aus der sich dann entwickelnden depressiven Symptomatik zum Tatzeitpunkt oder den finanziellen Schwierigkeiten beim Beklagten. Hiergegen spricht auch, dass das sonstige Verhalten des Beklagten zum Tatzeitpunkt in keiner Hinsicht auffällig gewesen ist (BVerwG, B. v. 15.6.2016 – 2 B 49/15).
3.5 Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“, „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ oder einer „einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat“ sind ebenfalls nicht ersichtlich. Der Senat zweifelt aufgrund des Vorbringens des Klägers bereits daran, dass überhaupt eine wirtschaftliche Notlage zum fraglichen Zeitpunkt vorgelegen hat. Unstreitig hat sich der Beklagte durch unwirtschaftliches Verhalten bzw. einen überzogenen Lebenswandel in einen finanziellen Engpass manövriert, eine „ausweglose“ Notlage sieht der Senat jedoch nicht als ausreichend dargelegt. Dagegen spricht auch, dass der Beklagte den veruntreuten Betrag sofort zurückbezahlen konnte, er seine finanziellen Verhältnisse – wenn auch mit Hilfestellung – schnell in den Griff bekam und so seinen laufenden Kredit in relativ kurzer Zeit deutlich reduzieren konnte. Allein der Umstand, dass die Bankkarte des Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt eingezogen war und er nicht über ausreichende Barmittel verfügte, erachtet der Senat nicht als ausreichend, um eine ausweglose wirtschaftliche Notlage anzunehmen.
3.6 Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Veruntreuung von Verwarnungsgeldern im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen ebenfalls nicht vor. In Betracht käme insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 – 16a D 09.2470; BVerwG, B. v. 28.8.2007 – 2 B 26.07 – jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall.
3.7 Auch die Aufhebung der Suspendierung und die Weiterbeschäftigung des Beklagten nach der ersten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 6. Juli 2012 kann nicht zur Milderung führen. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich die vorübergehende Weiterbeschäftigung nach Aufdeckung des Dienstvergehens nicht maßnahmemildernd auswirkt. Die Frage der weiteren Tragbarkeit eines Beamten ist von den Disziplinargerichten zu beurteilen, und die Weiterbeschäftigung kann auf Gründen (z. B. betriebswirtschaftlicher Art) beruhen, die disziplinarrechtlich nicht von Bedeutung sind (BVerwG, U. v. 25.11.1997 – 1 D 11/97 – juris Rn. 23). Soweit der Kläger insoweit ausführt, dass die Aufhebung der Suspendierung erfolgte, um im Nachgang zur mündlichen Verhandlung die dort erstmals zur Sprache gekommene depressive Episode in ihren gesundheitlichen Auswirkungen und sich daraus ergebende Milderungsgründe abklären zu können, der Beklagte jedoch von Seiten des Dienstherrn darauf hingewiesen worden sei, dass gleichwohl grundsätzlich an der Klage auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis festgehalten werde, so ist dies nicht zu beanstanden. Der eingetretene Ansehens- und Vertrauensverlust wird dadurch nicht nachträglich beseitigt. Er besteht auch unabhängig davon fort, ob der Beamte eventuell in Zukunft auf Dauer anderweitig außerhalb des Sachgebiets Einsatzzentrale eingesetzt werden kann. Denn die Prüfung, ob der eines Dienstvergehens schuldige Beamte im Beamtenverhältnis verbleiben darf, hat sich auf sein Amt als Ganzes und nicht nur auf einen begrenzten Tätigkeitsbereich (Amt im funktionellen Sinn) zu beziehen. Das Disziplinargericht kann einer Behörde nicht eine eingeschränkte Verwendung eines disziplinär in Erscheinung getretenen Beamten vorschreiben (BVerwG, U. v. 22.5.1996 – 1 D 72/95 – juris Rn. 19).
4. Bei der gebotenen gesamtprognostischen Betrachtung sind sonstige durchgreifende Entlastungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, ebenfalls nicht zu erkennen. Weitere Milderungsgründe, die zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen wären und die über den Kreis der so genannten „anerkannten Milderungsgründe“ hinausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 6/14 – juris Rn. 36), sind nicht ersichtlich. Zugunsten des Beklagten ist seine bisherige straf- und disziplinarrechtliche Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Angesichts der Schwere des Dienstvergehens führt dies jedoch nicht zu einer durchgreifenden Milderung. Die dienstlichen Beurteilungen des Beklagten bewegen sich eher am unteren Rand. Besondere Umstände, welche die Persönlichkeit des Beklagten in ein positives Licht setzen könnten, liegen auch nicht in Anbetracht der weiteren, dem Gericht vorgelegten Persönlichkeitsbilder des Beklagten, zuletzt vom 12. September 2016, vor. Zwar sieht der Senat durchaus, dass sich der Beklagte im Rahmen seiner Möglichkeit bemüht, seinen Dienstpflichten nachzukommen, die Persönlichkeitsbilder erweisen sich jedoch in ihrer Bewertung des Beklagten nicht als uneingeschränkt positiv. So wird z. B. auch nach 4-jähriger ausschließlicher Tätigkeit im Bereich der Notrufannahme und der Funkdisposition in der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums O. im Persönlichkeitsbild vom 12. September 2016 aufgeführt, dass er bei der erforderlichen Anhäufung von mehreren Tätigkeiten ein geringes Defizit habe oder die Prioriäten noch nicht ganz sicher bzw. zielführend setze. Seine Dienstplanung erweise sich als ein wenig überdurchschnittlich „freizeitorientiert“. Auch wenn sich der Beklagte im Vergleich zu den früheren Leistungsbewertungen gesteigert hat, ist dies allein nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann (BayVGH, U. v. 29.7.2015 – 16b D 14.1328 – juris Rn. 40; U. v. 9.12.2015 – 16b D 14.642 – juris Rn. 55). Zulasten des Beklagten ist die weitere Dienstpflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Kennzeichenmissbrauch zu berücksichtigen. Ähnlich wie die Umstände um den letztendlich nicht verwirklichten Kuraufenthalt im April 2010, zeigt dieser, dass der Beklagte im Grundsatz über eine äußerst lasche Dienstauffassung verfügt und es mit den Vorschriften nicht so genau nimmt. Damals hatte er seiner Dienststelle mitgeteilt, dass er ab dem 12. April 2010 für mindestens 4 Wochen einen Kuraufenthalt in einer psychosomatischen Fachklinik antreten werde. Tatsächlich wurde dieser von ihm jedoch mangels Kostenübernahme durch die Krankenkasse niemals angetreten. Gleichwohl erschien der Beklagte ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zum Dienst. Erst am 7. Mai 2010 nahm er nach ausdrücklicher Aufforderung seinen Dienst wieder auf, nachdem er zufällig tags zuvor von Kollegen an seinem Wohnort gesehen wurde. Dass sich an dieser laschen Dienstauffassung im Grundsatz auch nach der aufgedeckten Untreue des Beklagten nichts geändert hat, ergibt sich für den Senat auch aus der Leistungsbewertung vom 18. Juni 2013 und der Stellungnahme des Beklagten vom 21. Juni 2013. Obwohl er über eindeutige Hinweise eines Kollegen verfügte, dass er nach einem sechswöchigen Erholungsurlaub seinen Dienst nicht erst wunschgemäß am 30. Mai 2013 würde antreten können, sondern bereits am 29. Mai 2013 zum Frühdienst eingeteilt war, versäumte er es gleichwohl, sich in der Dienststelle nach seinem Dienstplan zu erkundigen und nahm in der Folge in Kauf, seinen Dienst nicht ordnungsgemäß anzutreten.
Im Rahmen der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist deshalb nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.
Die Entfernung der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen.
Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlich-rechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 – 1 D 2.03 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 Abs. 1 VwGO).


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