Arbeitsrecht

Entfernung eines Polizeibeamten aus dem Dienst

Aktenzeichen  16a D 14.938

Datum:
20.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 45997
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewSchG §§ 1, 4
StGB §§ 223 I, 246 I, II, 303
BayDG Art. 11, 14, 25, 55, 63
BeamtStG §§ 33 I 3, 47 I 2

 

Leitsatz

1 Im Hinblick auf die Aufgabe der Polizei, Straftaten zu verhüten, und die auch in der öffentlichen Wahrnehmung bestehende besondere Vertrauens- und Garantenstellung der Polizei, wird das für den Beruf erforderliche Vetrauen bei (außerdienstlichen) Körperverletzungsdelikten oder Verstößen gegen das Gewaltschutzgesetz in besonderem Maße verletzt, so dass die Entfernung aus dem Dienst gerechfertigt sein kann. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Beamter, der eine dienstlich anvertraute Fundsache unterschlägt, die zudem als Beweismittel zur Aufklärung einer Staftat in Betracht kommt, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflicht und zerstört das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses erforderliche Vertrauen. (redaktioneller Leitsatz)
3 Von einem Polizeibeamten als Berufswaffenträger ist im sensiblen Bereich des Waffenrechts ein hohes Verantwortungsbewusstsein zu erwarten, das durch den fahrlässigen Munitionsbesitz in Frage gestellt wird. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 12b D 12.1465 2013-12-02 Ent VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (Art. 11 BayDG) verhängt.
I. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht – wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat – keine Mängel auf. Solche sind auch vom Beklagten im Berufungsverfahren nicht geltend gemacht worden.
II. Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Berufungsgerichts erwiesen. Die tatsachlichen Feststellungen im rechtskräftigen Berufungsurteil des Landgerichts Sch. vom 24. Mai 2011 sind gemäß Art. 63 Abs. 1, 55, 25 Abs. 1 BayDG bindend und können ohne nochmalige Prüfung dem Urteil zugrunde gelegt werden. Der Beklagte ist danach schuldig der veruntreuenden Unterschlagung und Körperverletzung einschließlich des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz. Zudem wird ihm zu Recht ein fahrlässiger unerlaubter Munitionsbesitz zur Last gelegt. Der Munitionsbesitz wurde vom Beklagten eingeräumt. Bei pflichtgemäßem Verhalten hätte er erkennen können und müssen, dass er nicht über die erforderliche Erlaubnis verfügte.
Auf die dem Beklagten darüber hinaus vorgeworfenen zwei Körperverletzungshandlungen (s. Abschnitt II Ziff. 2.1) und die Sachbeschädigung (s. Abschnitt II Ziff. 2.2.), die im Laufe des Strafverfahren eingestellt wurden, kommt es vorliegend nach Auffassung des Senats nicht an, so dass diese gemäß Art. 21 Abs. 2 Satz 1, 54 Satz 1, 63 Abs. 1 Satz 1 BayDG aus dem Verfahren ausgeschieden werden. Sie fallen für die Art und Höhe der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht.
III.Der Beklagte hat durch sein Verhalten gegen seine Pflichten verstoßen, die Gesetze zu beachten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG i. V. m. §§ 246 Abs. 1 und 2 StGB, § 52 Abs. 3 Nr. 2b, Abs. 4 WaffG), sein Amt uneigennützig wahrzunehmen (§ 34 Satz 2 BeamtStG), dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten Folge zu leisten (§ 35 BeamtStG i. V. m. der Dienstanweisung der PI N. … zur Behandlung von Verwahrstücken bei der Bayerischen Polizei) und sich dem Beruf entsprechend achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Er hat damit ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen (§ 47 Abs. 1 BeamtStG), bei dem hinsichtlich der außerhalb seines Dienstes begangenen Körperverletzung, des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz und des fahrlässigen Munitionsbesitzes die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG erfüllt sind. Das außerdienstliche Verhalten ist in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen in eine für sein Amt oder das Ansehen des Beamtenstatus bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Im Hinblick auf das Körperverletzungsdelikt und den Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz ist zu berücksichtigen, dass es gerade Aufgabe von Polizeibeamten ist, Straftaten zu verhüten, aufzuklären und zu verfolgen. Sie genießen daher in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung. Dieses berufserforderliche Vertrauen wird in besonderem Maße beeinträchtigt, wenn Polizeibeamte selbst erhebliche Vorsatzstraftaten begehen, unabhängig davon, ob der Polizeibeamte auf seinem konkreten Dienstposten gerade mit der Verfolgung solcher Delikte betraut war (BVerwG – U. v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 22, 23). Im Hinblick auf den fahrlässigen Munitionsbesitz ist gerade von einem Polizeibeamten als Berufswaffenträger im hochsensiblen Bereich des Waffenrechts ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein zu erwarten.
IV. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat – auch unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbilds des Beklagten und seines bisherigen dienstlichen Verhaltens – darüber hinaus die Folge, dass der Beklagte das Vertrauen sowohl des Dienstherrn als auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Unter diesen Voraussetzungen ist aber nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.
Der Senat folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 29.5.2008 – 2 C 59/07 – juris) zu § 13 BDG (BayVGH U. v. 23.9.2009 – 16a D 07.2355 – juris; U. v. 15.2.2012 – 16a D 10.1974; U. v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904, Rn. 82, 83 – jeweils in juris).
1. Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst im Einzelfall bemessungsrelevante Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 18).
Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B. v. 11.2.2014 – 2 B 37/12 – juris Rn. 20; B. v. 25.5.2012 – 2 B 133.11 – juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen), insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (BVerwG, U. v. 29.5.2008 – 2 C 59.07 – juris).
Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es – etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweicht (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 14).
Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 15).
Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Hierbei können die in der disziplinarrechtlichen Rechtsprechung für bestimmte Fallgruppen herausgearbeitete Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 a. a. O. Rn. 20).
2. Fallen einem Beamten – wie hier – mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U. v. 13.7.2011 – 16a D 09.3127 – juris), also vorliegend nach der innerdienstlichen veruntreuenden Unterschlagung, die ein Zugriffsdelikt darstellt.
Ein Beamter begeht ein Zugriffsdelikt, wenn er auf Bargeld oder gleichgestellte Werte zugreift, die ihm dienstlich anvertraut oder zugänglich sind. Die Einstufung als Zugriffsdelikt hängt nicht von der strafrechtlichen Beurteilung ab. Es kommt also nicht darauf an, ob ein Beamter dienstliche Gelder oder Güter z. B. durch Betrug, Diebstahl, Untreue oder Unterschlagung erlangt hat (BVerwG, U. v. 8.4.2003 – 1 D 27/02; U. v. 23.2.2012 – 2 B 143/11; BayVGH, U. v. 9.12.2015 – 16b D 14.642 – jeweils in juris).
Die Zueignung der beiden verbliebenen „Geldbündel“ ist somit disziplinar nach den Grundsätzen zu werten, die für den Zugriff auf dienstlich anvertrautes oder zugängliches Gut gelten (BVerwG, U. v. 17.3. 1976 – 1 D 7.76; U. v. 21.7.1977 – 1 D 90.76; U. v. 13.10.1978 – 1 D 67.77; U. v. 28.11.1990 – 1 D 19.90; U. v. 27.1.1999 – 1 D 10.98 – jeweils in juris). Ein Beamter, der eine ihm dienstlich anvertraute Fundsache unterschlägt, die zudem auch als Beweismittel im Rahmen der Aufklärung einer Straftat in Frage kommt, versagt im Kernbereich seiner Dienstpflichten und zerstört in der Regel das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in seine Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit (BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 38.10 – juris Rn. 12). Im Umgang mit öffentlichem und amtlich anvertrautem Gut ist die Verwaltung auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten in hohem Maße angewiesen, weil eine lückenlose Kontrolle eines jeden Beamten nicht möglich ist. Wer daher diese unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, muss nach ständiger Rechtsprechung der Disziplinargerichte grundsätzlich mit der Auflösung seines Beamtenverhältnisses rechnen (BVerwG, U. v. 4.7.2000 – 1 D 33/99 – juris Rn. 14), so dass in diesen Fällen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich Ausgangspunkt der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ist.
Dem Beklagten wurde im Rahmen eines dienstlichen Einsatzes eine teilweise verrottete Plastiktüte mit vier Bündeln Geldscheine übergeben. Die Geldscheine waren ebenfalls bereits teilweise verrottet und hafteten innerhalb der Bündel stark aneinander, waren aber eindeutig als D-Mark-Geldscheine zu erkennen. Der Beklagte nahm als Sachbearbeiter den Sachverhalt auf und verpackte zunächst zwei Geldbündel auf der Dienststelle einzeln in Beweismitteltüten, um sie der Kriminalpolizei Sch. zuzuleiten, wo die weiteren Ermittlungen durchgeführt werden sollten. Kurz vor Dienstschluss bemerkte er, wohl als er die Tüte entsorgen wollte, dass sich darin noch zwei weitere Geldbündel befanden. Er verpackte diese in einen neutralen Umschlag und nahm sie mit nach Hause, um sie für sich zu behalten. Er wusste, dass er dazu nicht berechtigt war, weil das Geld ihm nicht zustand und ihm zudem in seiner Eigenschaft als Polizeibeamter übergeben worden war, damit es erforderlichenfalls als Beweismittel zur Verfügung stehen würde. Er rechnete zumindest damit, dass die Geldbündel noch einen erheblichen Wert hatten, ohne dass er diesen genau abschätzen konnte. Auf eine Bereicherungsabsicht kommt es insofern nicht an. Aufgrund der Schwere des Dienstvergehens ist hier die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis Richtschnur für die Maßnahmebestimmung.
3. Von der disziplinaren Höchstmaßnahme muss zugunsten einer weniger strengen Disziplinarmaßnahme abgesehen werden, wenn ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund vorliegt. Diese erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen – auch einer etwa verminderten Schuldfähigkeit – Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann. Zum anderen erfassen sie ein tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor drohender Entdeckung. Auch der Milderungsgrund der Geringwertigkeit kann dazu führen, dass im Hinblick darauf, dass durch das Dienstvergehen nur ein geringer Schaden entstanden ist, von der Höchstmaßnahme abgesehen werden muss (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 38/10 – juris Rn. 13).
Entlastungsgründe können sich aus allen Umständen ergeben, selbst wenn keiner der vorrangig zu prüfenden anerkannten Milderungsgründe vorliegt. Sie müssen in ihrer Gesamtheit aber geeignet sein, die Schwere des Pflichtenverstoßes erheblich herabzusetzen. Generell gilt, dass das Gewicht der Entlastungsgründe umso größer sein muss, je schwerer das Zugriffsdelikt aufgrund der Schadenshöhe, der Anzahl und Häufigkeit der Zugriffshandlungen, der Begehung von „Begleitdelikten“ und anderen belastenden Gesichtspunkten im Einzelfall wiegt. Sie sind bereits dann mit einzubeziehen, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen sprechen. Erforderlich ist stets eine Prognoseentscheidung zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung auf Grundlage aller im Einzelfall be- und entlastenden Umstände (BVerwG, U. v. 6.6.2007 – 1D 2.06 – juris). Bei schweren Dienstvergehen stellt sich dann vorrangig die Frage, ob der Beamte nach seiner gesamten Persönlichkeit noch im Beamtenverhältnis tragbar ist.
Die bei Zugriffsdelikten vorrangig in den Blick zu nehmenden anerkannten Milderungsgründe führen vorliegend zu keiner anderen Bewertung der durch den Beklagten verübten Dienstpflichtverletzung.
3.1 Dem Gesichtspunkt der Geringwertigkeit des veruntreuten Betrags kommt im vorliegenden Fall keine Bedeutung zu. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem Zugriffsdelikt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur indiziert, wenn der Wert des unterschlagenen Gegenstands die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigt (BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 38.10; B. v. 26.3.2014 – 2 B 100/13 – jeweils in juris), wobei die Schwelle hierfür bei 50,- Euro (BVerwG, U. v. 23.2.2012 a. a. O.; BVerwG, B. v. 22.9.2006 – 2 B 52.06), bei einmaligem Fehlverhalten bei 200,- Euro anzusetzen ist (BVerwG, B. v. 23.2.2012 – 2 B 143.11. – juris). Diese Grenzen sind vorliegend bei weitem überschritten. Der Wert der unterschlagenen Geldbündel beläuft sich auf 11.810,84 Euro.
3.2 Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass der grundsätzlich zur Verhängung der Höchstmaßnahme führende Vertrauensbruch dadurch gemindert wurde, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um sofort „einsetzbares“ Geld, sondern um ein Konglomerat verrotteter Geldscheine gehandelt hat, deren Wert bzw. „Einsetzbarkeit“ erst nach umfassender Untersuchung durch die Deutsche Bundesbank festgestellt werden konnte. Der Beklagte hat selbst eingeräumt, dass es sich für ihn erkennbar um echtes Geld gehandelt hat, das aus seiner Sicht auch eine weitere Sachbehandlung erfordert hätte. Wäre er nicht dieser Auffassung gewesen, hätte er die Tüte einfach insgesamt – wie von ihm wohl ursprünglich auch beabsichtigt – im Abfallcontainer entsorgt. Dies hat der Beklagte aber gerade nicht getan, sondern die Geldbündel neu verpackt und mit nach Hause genommen. Aufgrund des Umfangs der Bündel konnte der Beklagte zur Überzeugung des Senats auch davon ausgehen, dass diese eine nicht unerhebliche Anzahl an DM-Scheinen umfassten, auch wenn der endgültige Wert aufgrund des Zustands der Scheine nicht erkennbar gewesen sein mag. Als Polizist muss er gewusst haben, dass von der Deutschen Bundesbank in solchen Fällen Ersatz geleistet wird.
3.3 Die Voraussetzungen einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB liegen ebenfalls nicht vor. Ist – wie hier – die Frage der Schuldunfähigkeit mit bindender Wirkung im Strafurteil verneint worden, bleibt es Sache des erkennenden Gerichts, für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme festzustellen, ob ein Fall verminderter Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB gegeben ist und welchen Grad die Minderung gegebenenfalls erreicht. Auf Feststellungen, die für diese Frage Bedeutung haben, erstreckt sich die Bindungswirkung eines Strafurteils nicht (vgl. BVerwG, U. v. 29.5.2008 – 2 C 59.07 – juris).
Eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne von § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.5.2008 – 2 C 59.07 – juris. m. w. N.). Angesichts dessen wird eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit bei Zugriffsdelikten und diesen gleichgestellten Delikten nur in Ausnahmefällen erreicht werden (BVerwG, U. v. 3.5.2007 – 2 C 30/05 – juris Rn. 36). Gerade bei der Verletzung einer leicht einsehbaren innerdienstlichen Kernpflicht muss nämlich von dem Beamten im Hinblick auf die Bedeutung dieser Pflicht für das öffentlichrechtliche Dienst- und Treueverhältnis erwartet werden, dass er trotz der verminderten Schuldfähigkeit noch genügend Widerstandskraft gegen eine Verletzung dieser Pflicht im Dienst aufbringt. Die Erheblichkeitsschwelle liegt in solchen Fällen also höher als bei anderen Pflichtverletzungen (OVG Lüneburg, U. v. 22.3.2016 – 3 LD 1/14 – juris Rn. 100)
Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Fähigkeit des Beamten, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB erheblich gemindert war, so muss das Verwaltungsgericht die Frage einer Minderung der Schuldfähigkeit des Beamten aufklären (BVerwG, Beschluss vom 28.1.2015 – 2 B 15.14 – juris Rn. 18). Gegebenenfalls muss also geklärt werden, ob der Beamte im Tatzeitraum an einer seelischen Störung im Sinne von § 20 StGB gelitten hat, die seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, vermindert hat. Hierfür bedarf es in der Regel besonderer medizinischer Sachkunde. Erst wenn die seelische Störung und ihr Schweregrad feststehen oder entsprechende Beeinträchtigungen nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ nicht ausgeschlossen werden können, kann beurteilt werden, ob die Voraussetzung für eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorliegen. Denn von den Auswirkungen der krankhaften seelischen Störung auf die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit in Bezug auf das Verhalten des Beamten hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit im Sinne von § 21 StGB ab.
Aufgrund des gesamten Verhaltens des Beklagten zum Zeitpunkt der Tatbegehung am 28. Mai 2008 bestanden durchaus Anhaltpunkte für das Vorliegen einer erheblichen Gesundheitsstörung. Aus dem im Rahmen des strafrechtlichen Berufungsverfahrens eingeholten psychiatrischen Sachverständigengutachtens vom 3. März 2011 ergibt sich auf S. 29, dass aus forensischpsychiatrischer Sicht empfohlen wird, aufgrund einer mittelgradigen bis schweren depressiven Symptomatik im Rahmen einer Anpassungsstörung und der dadurch bedingten erheblichen Steuerungsmängel von einer verminderten Schuldfähigkeit gemäß § 21 StGB auszugehen. Die depressive Anpassungsstörung des Beklagten habe im Juni 2008 letztlich auch zu einer stationären Behandlung geführt. Tatsächlich war der Beklagte vom 20. Juni bis 21. Juli 2008 zwangsweise, vom 22. Juli bis 13. August 2008 freiwillig in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Als Grund hierfür wird auch aus psychiatrischer Sicht die zu diesem Zeitpunkt schon länger bestehende Ehekrise des Beklagten genannt, die am 25. Mai 2008 zunächst darin gipfelte, dass der Beklagte Kenntnis vom Ehebruch seiner Ehefrau im Wintergarten des gemeinsam bewohnten Hauses erhielt. Das Gutachten weist auf S. 25 ausdrücklich darauf hin, dass der Beklagte im Rahmen des Ehekonfliktes nicht in der Lage war, ohne entsprechende therapeutische Hilfe adäquate Coping-Mechanismen zu entwickeln, um mit den subjektiv kränkenden Erlebnissen umzugehen. So sei es zu körperlichen Übergriffen gekommen. Für diese – letztendlich in der Folgezeit gegen die Ehefrau oder ihr Auto gerichteten Straftaten (Körperverletzungen und Sachbeschädigung) einschließlich des Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz – mag deshalb im Sinne einer Klammerwirkung eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit vorgelegen haben, der Senat ist jedoch zur Auffassung gelangt, dass dies gerade nicht für das innerdienstliche Zugriffsdelikt der veruntreuenden Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 und 2 StGB gilt. Zwar wird von Beklagtenseite darauf hingewiesen, dass das psychiatrische Gutachten bestätigt habe, der Beklagte sei nach der Kenntnis vom Ehebruch seiner Frau außer Rand und Band geraten. Dabei habe sich der erlittene Schock nicht abgebaut, sondern sich der Leidensdruck im Laufe der Zeit erhöht. Hier ist jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass das psychiatrische Gutachten ausdrücklich darauf hinweist, dass die angesprochenen impulsiven Züge, die zu den körperlichen Übergriffen im Hinblick auf die Ehefrau geführt haben, nicht im beruflichen Bereich zu erkennen gewesen sind (vgl. S. 27 des Gutachtens vom 3. März 2011). Zum anderen ist nicht von der Hand zu weisen, dass weder von Kläger- noch von Beklagtenseite im gesamten Zeitraum anderweitiges dienstliches Fehlverhalten oder Auswirkungen der Ehekrise auf den Dienst vorgetragen wurden oder in irgendeiner Form ersichtlich waren. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Ehekrise bestehenden Steuerungsmängel nicht oder zumindest nicht erheblich auf den dienstlichen Bereich übergegriffen haben. Auch der Beklagtenvortrag selbst vermag in dieser Hinsicht nicht zu überzeugen. Der Beklagte behauptete zunächst, er habe eher aus Versehen heraus bzw. aus Gedankenlosigkeit wegen hauptsächlicher Beschäftigung mit seinen Eheproblemen die Geldbündel mit nach Hause genommen, sodann, er habe die Geldbündel lediglich aus „Scham“ mitgenommen, um vor Kollegen nicht als unzuverlässiger Mitarbeiter dazustehen. Gegen beide Behauptungen spricht, dass der Beklagte den Behälter bzw. die Tüte, in dem neben sonstigem Unrat auch die beiden Geldbündel lagen, nicht einfach gedankenverloren mit nach Hause genommen oder einfach im Abfallcontainer entsorgt hat, sondern vielmehr zielgerichtet beide Geldpäckchen nach ihrer Entdeckung „herausfischte“, in ein neutrales Kuvert verpackte und mit nach Hause nahm. Soweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurde, der Beklagte habe am betreffenden Tag schnellstmöglich nach Hause gewollt, um die Situation mit seiner Frau zu klären, so dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Geldscheine nach ihrer Entdeckung am Abfallcontainer nochmals (in sein Büro) zurückzutragen, gegebenenfalls habe er sie am nächsten Tag zurückgeben und die Angelegenheit weiterbearbeiten wollen, so widerspricht diese Aussage dem ursprünglich unter anderem genannten Motiv, sich nicht als unzuverlässiger Mitarbeiter vor den Kollegen präsentieren zu müssen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum der Kläger am 28. Mai 2008 – also drei Tage nach der Entdeckung des Ehebruchs – schnellstmöglich zur Klärung der ehelichen Situation nach Hause musste. Konkret wurde hierzu nichts vorgetragen. Objektiv hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Zeit bestanden, den Vorfall anzusprechen. Auch hat sich der Leidensdruck nach Aussage des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erst nach und nach aufgebaut, so wie es dem Wesen einer Anpassungsstörung entspricht. Nach Ablauf von drei Tagen konnte hier noch nicht von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit ausgegangen werden. Insgesamt war der Vortrag des Beklagten – auch unter Berücksichtigung des psychiatrischen Gutachtens vom 3. März 2011 – nicht geeignet, den Senat davon zu überzeugen, dass dem Beklagten wegen seines Zustands ein innerdienstliches normgemäßes Verhalten so wesentlich erschwert war, dass das Recht diesen Umstand bei der Durchsetzung seiner Verhaltenserwartung nicht mehr übergehen durfte (Schönke/Schröder, StGB, 29. Auflage 2014, § 21 Rn. 5). Im Hinblick auf das schwerwiegende innerdienstliche Delikt der veruntreuenden Unterschlagung, mit der der Beklagte zudem in Kauf nahm, Beweismittel der Aufklärung einer potentiellen Straftat zu entziehen, ist – gerade mit Blick auf die für Kernpflichtverletzungen geltenden erhöhten Anforderungen – nicht von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit auszugehen. Gleiches gilt nach Auffassung des Senats auch für den fahrlässigen unerlaubten Munitionsbesitz über mehrere Jahre.
3.4 Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer sog. anerkannter Milderungsgründe wie „Handeln in einer unverschuldeten ausweglosen wirtschaftlichen Notlage“ oder das „Vorliegen einer schockartigen psychischen Ausnahmesituation“ bestehen nicht. Für Ersteres liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, für Letzteres fehlt es bereits an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Schock (Kenntnis vom Ehebruch der Ehefrau) und der Tathandlung. Nach eigenem Vorbringen des Beklagten sollte mit der Mitnahme der Geldbündel seine fehlerhafte Sachbearbeitung vertuscht werden.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist auch nicht von einer einmaligen persönlichkeitsfremden Augenblickstat auszugehen. Eine entsprechende persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat liegt vor, wenn der Beamte spontan, ohne hinreichende Überlegung, gleichsam kurzschlussartig eine Kassenverfehlung begeht, weil er unter Einfluss eines von außen auf seine Willensbildung einwirkenden Ereignisses in eine Versuchungssituation geraten ist (BVerwG, U. v. 11.6.2002 – 1 D 31/01 – juris Rn. 19; Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand Oktober 2007, MatR II/Rn. 324 c). Auch diese Voraussetzungen sind mit dem Beklagtenvorbringen und dem zielgerichteten Umverpacken der Geldbündel nicht in Einklang zu bringen.
Sonstige Verhaltensweisen mit noch günstigen Persönlichkeitsprognosen, welche grundsätzlich geeignet sind, bei einem Beamten, welcher durch die Verwirklichung eines Zugriffsdelikts dienstlich im Kernbereich versagt hat, noch einen Rest an Vertrauen anzunehmen, liegen ebenfalls nicht vor. In Betracht käme insoweit, dass ein Beamter vor Aufdeckung der Tat diese umfassend offenbart und/oder den Schaden wieder gutmacht (BayVGH, U. v. 27.10.2010 – 16a D 09.2470; BVerwG, B. v. 28.8.2007 – 2 B 26.07 – jeweils in juris). Dies ist hier jeweils nicht der Fall, obwohl der Beklagte über einen langen Zeitraum die Möglichkeit gehabt hätte, das Geld noch abzugeben und einer korrekten Sachbehandlung zuzuführen.
4. Bei der gebotenen gesamtprognostischen Betrachtung sind sonstige durchgreifende Entlastungsgründe, die ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten, ebenfalls nicht zu erkennen. Weitere Milderungsgründe, die zugunsten des Beklagten berücksichtigt werden könnten und die über den Kreis der so genannten „anerkannten Milderungsgründe“ hinausgehen (vgl. BVerwG, U. v. 23.2.2012 – 2 C 6/14 – juris Rn. 36), sind nicht ersichtlich. Insbesondere kommt auch nicht die Überwindung einer negativen Lebensphase in Betracht. Dieser Milderungsgrund betrifft Dienstvergehen, die nicht der Persönlichkeit des Beamten entspringen, sondern in Umständen zu suchen sind, die vorübergehend auf ihn eingewirkt haben. Zu prüfen ist, ob das jeweilige Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild übereinstimmt oder aber als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder in einer Ausnahmesituation davon abweicht. Auch müssen die negativen Lebensumstände eine gravierende Ausnahmesituation begründen, die über das hinausgeht, was an familiären und finanziellen Schwierigkeiten grundsätzlich jeden treffen kann (BayVGH, U. v. 30.1.2013 – 16b D 12.71 – juris). Vor dem Hintergrund, dass ein Zugriffsdelikt in der Regel die Entfernung aus dem Dienst nach sich zieht, sind im Übrigen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer disziplinarrechtlich relevanten negativen Lebensphase nur in individuellen Extremsituationen erfüllt (BayVGH, U. v. 23.7.2014 – 16b D 11.601 – juris Rn. 57; U. v. 29.7.2015 – 16b D 13.778 – juris Rn. 65), die nach Auffassung des Senats hier nicht vorliegen. Davon abgesehen mag die negative Lebensphase im Hinblick auf seine damalige Ehefrau zwar als überwunden angesehen werden, so dass in diesem Zusammenhang mit Übergriffen bzw. Straftaten nicht mehr zu rechnen ist. Nach Auffassung des Senats wirkten sich aber etwaige, aufgrund der ehelichen Krise des Beklagten bestehende Steuerungsmängel nicht auf den dienstlichen Bereich aus bzw. waren auch nicht geeignet, den fahrlässigen, unerlaubten Munitionsbesitz (§ 52 Abs. 3 Nr. 2b, Abs. 4 WaffG) zu rechtfertigen, so dass die Überwindung einer negativen Lebensphase hier keine Rückschlüsse darauf zulässt, ob generell vom Beklagten nunmehr ein gesetzeskonformes Verhalten erwartet werden kann.
Der Beamte ist weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet. Zu seinen Gunsten spricht auch seine lange und bis auf eine Missbilligung im Jahr 2008 beanstandungsfreie Dienstausübung. Bei der Schwere des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens, das neben der veruntreuenden Unterschlagung auch ein Körperverletzungsdelikt gegen die Ehefrau (wohl im Zustand der erheblich verminderten Schuldfähigkeit) und einen unerlaubten Munitionsbesitz umfasst, können jedoch weder die guten dienstlichen Leistungen noch die Tatsache, dass der Beklagte straf- und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet ist, zur Verhängung einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen das normale Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass bei einem Beamten, der das in ihn gesetzte Vertrauen von Grund auf erschüttert hat, von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden kann (BayVGH, U. v. 29.7.2015 – 16b D 14.1328 – juris Rn. 40). Zulasten des Beklagten ist hierbei zu werten, dass er mit dem Zugriffsdelikt auch in Kauf nahm, wichtige Beweismittel der Ermittlungsarbeit zu entziehen. Der fahrlässige unerlaubte Munitionsbesitz ist durchaus geeignet, die dienstliche Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition in Zweifel zu ziehen, so dass im Rahmen der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände nach Überzeugung des Senats die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis angemessen, aber auch geboten ist. Die Schwere des Dienstvergehens und das festgestellte Persönlichkeitsbild des Beamten führen zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit.
Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatgebot folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Einzelnen staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Darüber hinaus darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den von den Betroffenen hinzunehmenden Einbußen stehen.
Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels Milderungsgründen das Vertrauen zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. So verhält es sich regelmäßig bei Kernpflichtverletzungen durch Zugriffsdelikte von Beamten. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehenden Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Dienst als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem daher als für alle öffentlichrechtlichen und privaten Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Rechtsfolge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BVerwG, U. v. 14.10.2003 – 1D 2.03 – juris).
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i. V. m. 154 Abs. 2 VwGO.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG, Art. 3 BayDG i. V. m. § 116 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben