Arbeitsrecht

Erfolglose Richterablehnung wegen unterbliebener Terminsverlegung

Aktenzeichen  B 8 K 19.31478

Datum:
21.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42690
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 54 Abs. 1
ZPO § 42 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Alleine der Umstand, dass eine auch den Kläger betreffende Rechtsfrage diskutiert bzw. in neueren Entscheidungen behandelt wird, rechtfertigt nicht die Annahme, bei dem Asylrecht handele es sich um eine Spezialmaterie. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine kurzfristige Mandatierung stellt für sich alleine keinen erheblichen Grund für eine Terminverlegung dar. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag auf Ablehnung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht … wegen Besorgnis der Befangenheit wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt durch seinen Prozessbevollmächtigten die Ablehnung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht … wegen Besorgnis der Befangenheit.
Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … wurde mit Beschluss des Gerichts vom 31.05.2021 zur Einzelrichterin bestimmt. Sie verfügte eine Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 21.07.2021 um 12:00 Uhr. Diese Ladung mit Schreiben vom 22.06.2021 ging dem Prozessbevollmächtigten ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 05.07.2021 zu. Mit Schreiben vom 05.07.2021 teilte er mit, den Kläger nicht mehr anwaltlich zu vertreten.
Mit Schriftsatz vom 16.07.2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am gleichen Tag, gab der Rechtsanwalt an, den Kläger wieder zu vertreten; gleichzeitig beantragte er, den Termin zu verlegen, weil er am gleichen Tag bereits am 03.05.2021 für einen anderen Termin vor der Strafkammer des Landgerichts … am 21.07.2021 um 12:00 Uhr geladen worden sei. Die entsprechende Ladung war beigefügt.
Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … lehnte den Verlegungsantrag mit Schreiben vom 19.07.2021 ab und führte zur Begründung aus, es sei den Bevollmächtigten und seiner Mandantschaft zumutbar, sich in der mündlichen Verhandlung am 21.07.2021 von einem Kanzleikollegen oder einen Unterbevollmächtigten vertreten zu lassen. Weder handele es sich beim Asylrecht um eine Spezialmaterie noch bestehe – aufgrund des bisherigen Tätigwerdens im hiesigen Verfahren – ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Kläger. Zudem habe der Bevollmächtigte das Mandat erst am 15.07.2021 und damit zu einer Zeit wieder aufgenommen, zu der der Termin zur mündlichen Verhandlung schon festgestanden habe.
Am 20.07.2021 ging per Telefax um 12:52 Uhr bei Gericht ein Schriftsatz von Rechtsanwalt … ein, worin er die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnte. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es liege offensichtlich ein ausreichend gewichtiger und ausreichend glaubhaft gemachter Terminverlegungsgrund vor, sodass die Zurückweisung des Antrags für den Kläger unzumutbar sei, sein Grundrecht auf rechtliches Gehör verletze und sich aus der Ablehnung der Terminverlegung der Eindruck einer sachwidrigen Benachteiligung aufdränge. Die dem Terminverlegungsgesuch zugrundeliegende Terminkollision sei glaubhaft gemacht. Der Rechtsanwalt … sei alleinbevollmächtigt. Dies ergebe sich aus der Vollmacht und könne auch nicht durch die Pluralform in der Klageerhebung oder dem Briefkopf entkräftet werden. Die Anwaltskanzlei … und … sei eine reine Bürogemeinschaft. Eine Unterbevollmächtigung könne aufgrund der Kurzfristigkeit aus allgemeiner Lebenserfahrung nicht zustande kommen. Zudem treffe es im hiesigen Fall nicht zu, dass es sich beim Asylrecht um keine Spezialmaterie handle. In der vorliegenden Konstellation eines jungen ledigen afghanischen Staatsangehörigen sei die Kenntnis der derzeit kontrovers diskutierten Lage zur Feststellung etwaiger Abschiebungsverbote in Anbetracht der Rechtsprechung des VGH BW (Az. A 11 S 2042/20), des VG München (M 24 K 17.30570 und M 6 K 20.32191) und des Gutachtens der Sachverständigen …, sowie der neuesten Rechtsprechung des EuGH (U.v. 10.06.2021 – C 901/19) unabdingbar. Es sei nicht nachvollziehbar, wie man sich diese aktuellen Entwicklungen in der Rechtsprechung als nicht aufs Asylrecht spezialisierter Rechtsanwalt geschweige denn als juristischer Laie, um den es sich beim Kläger persönlich handele, innerhalb weniger Tage aneignen und damit sachgerecht gegenüber dem Verwaltungsgericht Bayreuth – unter Umständen mit Anbringung von Beweisanträgen – agieren solle. Angesichts der nicht einfach gelagerten Konstellation könne der Kläger nicht darauf verwiesen werden, statt eines informierten und eingearbeiteten Rechtsanwaltes seines Vertrauens durch einen anderen Rechtsanwalt vertreten zu werden. Die Ausführungen dazu, dass die Mandatierung erst am 15.07.2021 und damit zu einer Zeit erfolgte, zu der zum hiesigen Termin bereits geladen worden war, stehe der Annahme eines erheblichen Grundes nicht entgegen. Die Ladung zum kollidierenden Termin am Landgericht Nürnberg-Fürth datiere auf den 03.05.2021. Am 03.05.2021 sei auch das elektronische Empfangsbekenntnis an das Landgericht Nürnberg-Fürth durch den Unterfertigenden versandt worden. Die Ladung zum hiesigen Termin sei mit Schreiben vom 22.06.2021 erfolgt.
Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … legte das Ablehnungsgesuch samt einer dienstlichen Stellungnahme am 20.07.2021 der zuständigen (Befangenheits-)Kammer vor. Sie führte in ihrer dienstlichen Stellungnahme u.a. aus, dass kein allgemeiner Grundsatz existiere, wonach ein Beteiligter immer durch den von ihm ausgewählten Bevollmächtigten persönlich vertreten werden müsse und nicht durch einen anderen (mit-)bevollmächtigten Sozius vertreten werden könne. Die Streitsache stelle sich vorliegend auch nicht als außergewöhnlich schwierig dar, so dass auch ein Rechtsanwalt ohne spezielle Kenntnisse im Asylrecht die Terminvertretung übernehmen könne. Besondere rechtliche Schwierigkeiten seien nicht vorhanden. Die besonderen Verhältnisse in Afghanistan sowie die aktuelle Entwicklung seien ihr umfassend bekannt und würden unvoreingenommen gewürdigt werden. Die Gründe für ein Abschiebungshindernis hinsichtlich Afghanistan könne der Kläger im Wesentlichen selbst durch die Schilderung individueller Umstände in der mündlichen Verhandlung darlegen, so dass insofern sein rechtliches Gehör gewahrt werde. Dass das Vorbringen des Klägers sorgfältig geprüft werde, lasse sich auch der umfangreichen Erkenntnismittelliste entnehmen. Bereits von Amts wegen seien ihr die Entscheidungen anderer Obergerichte bekannt und Gegenstand ihrer Entscheidung.
Da der Prozessbevollmächtigte eigenen Angaben zufolge das Mandat am 15.07.2021 in Kenntnis dessen, dass er bei der Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung am 21.07.2021 verhindert sein würde, wiederaufgenommen habe, habe ihm vom 15.07.2021 bis zum 21.07.2021 ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, sich um eine Vertretung zu bemühen.
Ein besonderes Vertrauensverhältnis des Prozessbevollmächtigten zum Kläger sei nicht erkennbar, zumal seit der Anhörung zum beabsichtigen Widerrufsverfahren am 31.05.2019 weder im Verfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, noch im bisherigen gerichtlichen Verfahren eine inhaltliche Äußerung zur Sache durch ihn erfolgt sei. Der Bevollmächtigte habe sich erstmalig im Schriftsatz vom 20.07.2021 inhaltlich geäußert, als er u.a. auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg und die Covid-19-Pandemie verwies.
Die Befangenheitskammer veranlasste, dass die dienstliche Stellungnahme den Beteiligten per Fax mit der Möglichkeit zur Äußerung vor der Entscheidung über den Befangenheitsantrag bis zum 20.07.2021, 17:30 Uhr (Eingang bei Gericht) übermittelt wurde. Stellungnahmen hierzu gingen nicht ein.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag auf Ablehnung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht … wegen Besorgnis der Befangenheit, über den gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne die Mitwirkung des abgelehnten Richters zu entscheiden ist, hat keinen Erfolg.
1. Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht dagegen, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an seiner Unparteilichkeit zu zweifeln. Kriterium für die Unparteilichkeit des Richters ist die Gleichbehandlung der Parteien. Der Ablehnung setzt er sich aus, wenn er, ohne Stütze im Verfahrensrecht, die Äquidistanz zu den Parteien aufgibt und sich zum Berater einer Seite macht. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr. vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2017 – 9 A 16.16 – juris).
2. Hieran gemessen ergeben sich keine Gründe für ein Misstrauen im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO, die bei objektiver Betrachtung eine Ablehnung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht … wegen Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen.
Eine Besorgnis der Befangenheit lässt sich weder aus der Führung des vorbereitenden Verfahrens durch die Richterin noch aus ihren schriftlichen Äußerungen herleiten. Auch sonst sind keine Gründe ersichtlich, die eine Ablehnung rechtfertigen könnten. Der Terminverlegungsantrag wurde mangels glaubhaft gemachten erheblichen Grundes abgelehnt. Dies erfolgte nach Überzeugung der Befangenheitskammer auf Grundlage in der Rechtsprechung anerkannter sachlicher Gründe. Die Argumentation, mit der die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … den Verlegungsantrag abgelehnt hat, ist rechtlich vertretbar und lässt keinen Rückschluss auf eine Befangenheit zu.
2.1 Grundsätzlich ist eine Terminierung in erster Linie notwendigen organisatorischen Voraussetzungen, wie Verfügbarkeit des Sitzungssaales und Dolmetschers, geschuldet und liegt im Ermessen des zuständigen Richters (Kopp/Schenke, Kommentar zur VwGO, 24. Auflage 2018, § 102 Rn. 1024). Die Terminierung selbst als auch die Ablehnung einer Terminverlegung allein bieten grundsätzlich keinen Anlass, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln, denn sie steht mit der materiellen Sachentscheidung regelmäßig in keinem Zusammenhang.
2.2 Soweit die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ausgeführt hat, eine Vertretung durch einen Kanzleikollegen oder einen Unterbevollmächtigten sei zumutbar und deshalb kein erheblicher Grund im Sinne des § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO gegeben, lässt dies nicht den Schluss zu, dass sie voreingenommen oder parteiisch agieren würde.
Die Frage der Zumutbarkeit der Vertretung durch einen Kanzleikollegen oder Unterbevollmächtigten bei Verhinderung des Prozessbevollmächtigten betrifft ein gängiges und in der Rechtsprechung anerkanntes Kriterium zur Konkretisierung eines erheblichen Grundes. Bei Sozietäten haben die Beteiligten regelmäßig keinen Anspruch auf eine Terminsvertretung durch den sachbearbeitenden Prozessbevollmächtigten, sondern können darauf verwiesen werden, sich im Termin durch andere der Sozietät angehörende Anwälte vertreten zu lassen (BVerwG, B.v. 19.5.1998 – 7 B 95/98 – juris).
2.2.1 Die Frage der Vertretung durch einen Anwalt einer Sozietät konnte sich die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Terminverlegungsantrag durchaus stellen, da die Ansicht vertretbar erscheint, dass die Kanzlei nach außen wie eine GbR auftritt und sich damit z.B. möglicherweise einer Außenhaftung aussetzen könnte (vgl. zur persönlichen Haftung freier Mitarbeiter einer Scheinsozietät, OLG Hamm, U.v. 28.09.2010 – 28 U 238/09 -, juris). Ursprünglich haben sich – wie den Formulierungen zu entnehmen – beide Anwälte bei der Vertretung des Klägers angezeigt. Hierzu sei zusätzlich erwähnt, dass die Kanzlei … weder auf ihren Briefköpfen (auf denen beide Anwälte ausgewiesen werden) noch auch auf ihrer Internetpräsenz (http://www…..de/; letzter Zugriff am 20.07.2021) einen Hinweis auf eine Bürogemeinschaft enthält. Vielmehr beschreiben sich die beiden Anwälte jeweils als „Mitgründer“ der Kanzlei und werben mit „unserer Kanzlei“, „unseren Mandanten“ und der „Kombination“ verschiedener Fähigkeiten.
Eine Vollmacht (im Innenverhältnis) war zum Zeitpunkt der Entscheidung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht … im Verfahren nicht vorgelegt. Ein Verweis auf eine nach außen als GbR auftretende Sozietät kann deshalb zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung nicht sachfremd gewesen sein oder unangemessenes Verhalten nahelegen.
Im Übrigen ist nicht abschließend plausibel gemacht, wie sich der Prozessbevollmächtigte auf eine Vollmacht aus dem Jahr 2019 berufen will, da er das Mandat Anfang Juli 2021 niedergelegt hatte, bevor er es am 15.07.2021 wiederaufgenommen hat.
2.2.2 Die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … hat zur Begründung sachlich allgemein ausgeführt, dass Asylrecht keine Spezialmaterie sei, was als Rechtsstandpunkt vertretbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.06.2018 – 20 ZB 18.31009). Dies lässt nicht auf sachfremde oder unvertretbare Behandlung des Verfahrens schließen.
Anhaltspunkte dafür, dass Art und Schwierigkeit des Asylverfahrens des Klägers es zwingend geboten hätten, dass gerade der bisherige Sachbearbeiter auch an der mündlichen Verhandlung teilnehmen muss, wurden nicht ausreichend substantiiert vorgetragen. Insbesondere ist der Prozessstoff übersichtlich und der Aktenumfang des vorliegenden Asylverfahrens durchschnittlich. Besondere Sach- oder Verfahrensfragen sind mit der mündlichen Asylverhandlung nicht verbunden. In besonders gelagerten Fällen kann zwar ein spezielles Vertrauensverhältnis zwischen dem bevollmächtigten Rechtsanwalt und seiner Mandantschaft die Verweisung auf eine Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt unzumutbar machen. Dies setzt aber voraus, dass die erheblichen Gründe i.S.d. § 227 ZPO für eine persönliche Terminwahrnehmung durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt dargelegt werden, das besondere Interesse des Bevollmächtigten an einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung dem Gericht somit unter substantiierter Darlegung der Gründe offensichtlich gemacht wird (vgl. zu diesen Anforderung für eine Terminverlegung wegen Verhinderung der Partei trotz anwaltschaftlicher Vertretung: BVerwG B. v. 30.08.1982, DÖV 1982, 247; v. 14.12.1990, NJW 1991, 2097). Hieran fehlt es aber, wenn wie hier im Verlegungsantrag weder ein besonderes Vertrauensverhältnis näher substantiiert dargelegt wird, noch sonstige Ausführungen zur Notwendigkeit der persönlichen Anwesenheit des Bevollmächtigten im Termin gegeben werden (vgl. BayVGH, B. v. 10.08.2000 – 19 ZB 98.30134 -, juris). Zudem umfasst die vom Kläger erteilte Prozessvollmacht ausdrücklich auch die Befugnis, die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen, also Untervollmacht zu erteilen, so dass die Terminwahrnehmung auch durch einen Unterbevollmächtigten erfolgen kann.
Alleine der Umstand, dass eine auch den Kläger betreffende Rechtsfrage diskutiert bzw. in neueren Entscheidungen behandelt wird, rechtfertigt noch nicht die Annahme, die zuständige Einzelrichterin würde sich bei einem allgemeinen Verweis darauf, dass das Asylrecht keine Spezialmaterie darstelle von sachfremden Erwägungen leiten lassen, oder dem Kläger rechtliches Gehör abschneiden. Nachdem die von Rechtsanwalt H. angeführten Aspekte in der für das hiesige Gericht maßgeblichen obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere durch das Urteil des BayVGH vom 07.06.2021 – 13a B 21.30342 – juris (vgl. auch OVG Hamburg U.v. 25.03.2021 – 1 Bf 388/19.A – juris) aufgearbeitet wurden, ist eine solche Wertung auch unter Berücksichtigung des Einzelfalls vertretbar und nicht sachfremd. In dem genannten Urteil wurden die von Rechtsanwalt … angeführte Entscheidung des VGH BW und das Gutachten von Frau … umfangreich abgehandelt. Die tatsächlichen Umstände, die für die rechtliche Würdigung notwendig sind, kann der Kläger, wie in der dienstlichen Stellungnahme vertretbar ausgeführt, selbst darlegen. Dieser Verweis auf die Möglichkeit, durch eigene Darlegungen rechtliches Gehör zu erlangen, nimmt zudem Bezug auf die Rechtsprechung des BayVGH (BayVGH, B.v. 01.02.2018 – 20 ZB 17.30794 – juris Rn. 4), sodass er nicht sachfremd ist. Durch die eingeführte Erkenntnismittelliste ist außerdem deutlich geworden, dass zur aktuellen Sach- und Rechtslage, wie notwendig von Amts wegen durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht …, entsprechende Erkundigungen eingeholt werden.
Ferner hat die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … angeführt, dass aufgrund des bisherigen Tätigwerdens von Rechtsanwalt … im hiesigen Verfahren ein besonderes Vertrauensverhältnis zum Kläger nicht dargelegt worden sei und die äußeren Umstände eher dagegen sprächen. Diese Bewertung erscheint ohne weiteres nachvollziehbar und lässt sie nicht als befangen erscheinen, denn Herr … war bereits im vorhergehenden behördlichen Asylverfahren bevollmächtigt und hat weder dort noch im gerichtlichen Verfahren umfangreich in der Sache vorgetragen.
2.3 Auch die Frage des Verschuldens im Zusammenhang mit der Verschaffung rechtlichen Gehörs für den Kläger ist ein sachliches Kriterium zur Bestimmung eines erheblichen Grundes. So ist die mangelnde Vorbereitung eines Verfahrensbeteiligten nicht als erheblicher Grund nach § 227 Abs. 1 Satz 2 ZPO anzusehen, wenn sie dies nicht genügend entschuldigt ist. Dies hat die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … ohne offensichtliche Fehler oder Anzeichen der Willkür im Ergebnis verneint.
Mit dem Zugang der Ladung am 05.07.2021 ist es dem Kläger möglich gewesen, sich um eine ausreichende Vertretung zur Befriedigung seines rechtlichen Gehörs zu bemühen. Schon zu diesem Zeitpunkt, der mit der Mandatsniederlegung einherging, war klar, dass eine Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes … problematisch sein würde, da er einerseits das Mandat niedergelegt hatte und andererseits schon zu diesem Zeitpunkt die weitere kollidierende Ladung erhalten hatte. Der Kläger hätte folglich schon am 05.07.2021 erkennen können, dass eine Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes notwendig ist. Erst am 15.07.2021 entschied er sich aber für die Bevollmächtigung des bisherigen Rechtsanwaltes, der zum Termin der mündlichen Verhandlung verhindert ist. Hinsichtlich einer neuen kurzfristigen Mandatierung ist anerkannt, dass dies alleine grundsätzlich keinen erheblichen Grund für eine Terminverlegung darstellt (BeckOK ZPO/Jaspersen ZPO § 227 Rn. 10; LSG BW U.v. 21.04.2016 – L 6 VE 294/14 – juris).
Wenn im Zeitpunkt der Mandatierung schon feststeht, dass keiner der Anwälte aus einer Sozietät zum Termin der mündlichen Verhandlung erscheinen kann, kann darüber hinaus ebenfalls kein erheblicher Grund für eine Terminänderung vorliegen (VG Augsburg U.v. 24.04.2018 – Au 8 K 17.1646 – juris). Die Wiederaufnahme des Mandates am 15.07.2021 erfolgte in Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis beider Ladungstermine. Zudem wäre es auch noch zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen, einen Unterbevollmächtigten zu beauftragen und entsprechend einzuweisen.
Alleine die erneute Vertretungsanzeige durch den früheren Bevollmächtigten weniger als eine Woche vor der mündlichen Verhandlung erklärt nicht, weshalb es dem Kläger nicht in Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung möglich gewesen wäre, einen anderen vertretungsbereiten und verfügbaren Bevollmächtigten zu finden, um sich in der mündlichen Verhandlung ausreichendes rechtliches Gehör zu verschaffen. Dass er genau auf den Anwalt zurückkommt, der bereits bei Ladung und Niederlegung des Mandats Kenntnis von der Verhinderung an dem Termin gehabt haben muss, kann den Umstand nachträglich nicht beseitigen, dass zur Suche eines Bevollmächtigten sowohl nach Erhalt der Ladung als auch seit Niederlegung des Mandats noch ausreichend Zeit und Gelegenheit bestanden hat. Weder im Terminverlegungsantrag noch im Befangenheitsverfahren, hat der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter hierzu nähere Angaben gemacht, die erläutern würden, dass der Kläger unverschuldet an der Vorbereitung gehindert wäre. Daher scheint die Bewertung der Vorsitzenden Richterin am Verwaltungsgericht … hierzu auch nicht offensichtlich fehlerhaft oder willkürlich.
Dass der Prozessbevollmächtigte die Voraussetzungen zum Vorliegen eines „erheblichen Grundes“ im Sinne von § 227 Abs. 1 ZPO nach seiner rechtlichen Auffassung bejaht, reicht nicht aus, um eine Befangenheit der entscheidenden Einzelrichterin über den Terminverlegungsantrag zu begründen. Die Entscheidung beruhte auf sachlichen Gründen, die wie ausgeführt, keinen Anhaltspunkt für eine sachfremde oder unvertretbare Behandlung des Verfahrens durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht … geben.
Das Ablehnungsgesuch ist vor diesem Hintergrund insgesamt nicht begründet und daher abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO).


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