Arbeitsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag gegen Ablehnung von Wohngeld

Aktenzeichen  12 ZB 20.3055

Datum:
11.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 161
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Wer eine Sozialleistung wie Wohngeld beantragt, ist verpflichtet, bei der Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mitzuwirken und alle Tatsachen zu benennen und alle Unterlagen vorzulegen, die für die Entscheidung über den Antrag erheblich sind; es geht daher zu Lasten des Antragstellers, wenn es seine Angaben nicht ermöglichen, eine Gegenüberstellung der Ausgaben für den Lebensbedarf des Antragshaushalts und der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Einnahmen durchzuführen. (Rn. 2 – 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 12 K 19.405 2020-10-20 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem die Klägerin sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 20. Oktober 2020 wendet und ihr Begehren weiterverfolgt, unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids des Landratsamts Cham vom 19. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken vom 12. Februar 2019 die Gewährung von Wohngeld in Form eines Lastenzuschusses für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis 31. Dezember 2018 zu erwirken, bleibt ohne Erfolg. Zulassungsgründe liegen – soweit überhaupt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt – nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Die angefochtene Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die angefochtenen Bescheide jedenfalls im Ergebnis rechtmäßig sind und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzen. Die Klägerin besitzt keinen Anspruch auf Gewährung von Wohngeld, weil sie die einen solchen Anspruch begründenden Umstände, insbesondere das der Berechnung zugrunde zulegende Einkommen auch im Berufungszulassungsverfahren nicht plausibel dargelegt hat.
a) Wer eine Sozialleistung wie Wohngeld beantragt, ist verpflichtet, bei der Klärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts mitzuwirken und alle Tatsachen zu benennen und alle Unterlagen vorzulegen, die für die Entscheidung über den Antrag erheblich sind. Die Höhe des wohngeldrechtlich anzusetzenden Einkommens sowie die Höhe evtl. vorhandenen Vermögens gehören zu den Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Wohngeld. Die Wohngeldbehörden haben im Rahmen der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen die Plausibilität der vom Antragsteller gemachten Angaben zu seinem Einkommen zu prüfen. Zu diesem Zweck sind insbesondere die Kosten der Lebenshaltung des Wohngeldantragstellers den Einnahmen gegenüberzustellen, die ihm nach seinen eigenen Angaben zur Verfügung stehen oder nachgewiesen sind. Wenn den Angaben eines Antragstellers trotz der gebotenen Ermittlungsbemühungen nicht nachvollziehbar entnommen werden kann, mit welchen Mitteln er seinen Lebensunterhalt finanziert, so fehlt es an einer hinreichenden Grundlage für die im Antragszeitpunkt zu treffende Prognose der zu erwartenden Einkünfte. Nach den allgemeinen Regeln der materiellen Beweislast ist dann der Wohngeldantrag abzulehnen, d.h. die Nichtaufklärbarkeit der für die Bewilligung erheblichen Umstände geht zulasten desjenigen, der die Sozialleistung begehrt (vgl. Stadler/Gutekunst/Dietrich/Bräuer/Wiedmann, WoGG, Stand: April 2017, § 15 Rn. 31 ff.; siehe auch BayVGH, B.v. 20.5.2003 – 9 C 03.1051 – juris, Rn. 16; VG München, B.v. 6.10.2008 – M 22 K0 08.1795 – juris, Rn. 20).
b) Gemessen an diesem Maßstab ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben der Klägerin es nicht ermöglichen, überhaupt eine Gegenüberstellung der Ausgaben der Rechtsmittelführerin für den Lebensbedarf des Antragshaushalts und der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Einnahmen durchzuführen.
So hat die Klägerin einerseits angegeben, dass ihr Sohn F. sein Einkommen aus dem bis zum 3. Juli 2018 bestehenden Ausbildungsverhältnis (726,67 € monatlich; ab August Arbeitslosengeld i.H.v. 497,40 € monatlich) fast vollständig selbst verbrauche, andererseits jedoch geltend gemacht, dass das Einkommen des Sohnes aus diesem Ausbildungsverhältnis dem Haushalt zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung gestanden habe und zusammen mit dem für den Sohn gewährten Kindergeld (194 € monatlich), den Mieteinnahmen in Höhe von 180 € monatlich und einem von der Schwester gewährten Darlehen (250 € monatlich) das gesamte Haushaltseinkommen dargestellt habe. Dies ist – wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat – zutiefst widersprüchlich, denn hätte im Wesentlichen tatsächlich nur das Einkommen des Sohnes als Haushaltseinkommen zur Verfügung gestanden, so hätte der Sohn dies nicht nahezu vollständig selbst aufbrauchen können.
Dem ist die anwaltlich vertretene Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Vor allem fehlt jeder Nachweis dafür, dass das Einkommen des Sohnes tatsächlich in voller Höhe bzw. zumindest zum weitaus überwiegenden Teil dem Lebensunterhalt der Familie diente und die Klägerin darüber hinaus in dem von ihr betriebenen „Gardinengeschäft“ kein weiteres Einkommen generierte.
Insoweit hat die Klägerin in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung für das Jahr 2017 zwar einen steuerlichen Verlust in Höhe von 9.373,39 € deklariert, jedoch bei erwirtschafteten Einnahmen von (lediglich) 6.689,07 €, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie Waren im Umfang von 7.593,05 € bezogen. Die Belastbarkeit der genannten Zahlen begegnet daher – wovon das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht ausgegangen ist – erheblichen Zweifeln. Kein Inhaber eines „schlecht laufenden Geschäfts“ wird mehr Geld für Rohmaterialien ausgeben, als er überhaupt Einnahmen erzielt.
Die Widersprüche und Zweifel setzen sich darüber hinaus auch in den vorgelegten Kassenbüchern fort. Diese weisen nahezu ausschließlich Ausgaben, aber keine Kundeneinnahmen aus. Wie die Klägerin ihre hohen Verluste finanziert und daneben auch noch ihren Lebensunterhalt bestreitet, die Verbindlichkeiten für das Eigenheim (rd. 250 € Zins u. Tilgung monatlich) bedient und darüber hinaus auch noch den sich im Studium befindenden Sohn D. unterstützt, will sich dem Senat deshalb nicht erschließen, selbst wenn man von einer äußerst sparsamen Lebensführung ausgeht.
Nimmt man, wie von der Klägerin vorgetragen an, dass der Sohn F. sein Einkommen – die Weitergabe eines konkreten Betrages für Kost und Logis an die Klägerin ist nicht dargelegt – im Wesentlichen für sich selbst verbraucht, und geht man weiter davon aus, dass die Zuwendungen der Schwester gerade einmal die monatlichen Verbindlichkeiten für das Eigenheim decken, so verblieben der Klägerin nur das Kindergeld (194 €) und die Mieteinnahmen (180 €), mithin insgesamt ein Betrag von lediglich 374 € monatlich, um den gesamten Barbedarf des Haushalts, einschließlich Versicherungen, Heizkosten, Wasser, Strom etc. sowie sonstiger weiterer Fixkosten, insbesondere für die KFZ-Nutzung, zu decken. Dies erscheint selbst bei äußerster Einschränkung aller sonstigen Bedürfnisse nicht mehr realistisch, zumal die Klägerin auch nicht vorgetragen hat, dass sie jeden Monat erhebliche Beträge aus angespartem Vermögen „zuschießt“.
In Kenntnis der Annahmen des Verwaltungsgerichts hätte es deshalb den Bevollmächtigten der Klägerin oblegen, spätestens im Berufungszulassungsverfahren eine detaillierte Aufstellung der tatsächlichen monatlichen Einnahmen und Ausgaben der Klägerin zu übermitteln und die dort genannten Beträge durch eidesstattliche Versicherungen Dritter glaubhaft zu machen, wie § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dies verlangt (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 208 u. § 124 Rn. 91). Daran fehlt es. Die Ausführungen erschöpfen sich in einer Stellungnahme zu Einzelfragen und Rechnungsposten, ohne die tatsächliche Einnahmen- und Ausgabenseite der Klägerin plausibel darzulegen und durch entsprechende Erklärungen Dritter zu untermauern.
2. Ebenso wenig ist die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Der Angriff der Rechtsmittelführerin auf die angefochtene Entscheidung gibt keinen begründeten Anlass zu Zweifeln an deren Richtigkeit, die sich nicht ohne weiteres bereits im Berufungszulassungsverfahren hätten klären lassen und deshalb die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Die Bevollmächtigten der Klägerin sind der ihnen in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO auferlegten Darlegungslast nicht nachgekommen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb abzulehnen. Damit wird die angefochtene Entscheidung rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 i.V.m. § 188 Satz 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben