Arbeitsrecht

Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbeschluss

Aktenzeichen  M 19 M 18.31690

Datum:
30.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 50310
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 149 Abs. 1 S. 2, § 151, § 162 Abs. 2 S. 1, § 165

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. April 2018 wird geändert.
Nr. I erhält folgende Fassung:
“Die der Klägerin im Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht München entstandenen notwendigen Auslagen werden auf insgesamt 925,22 festgesetzt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Mit Urteil vom 10. Oktober 2017 (M 19 K 17.32223) hat das Verwaltungsgericht München den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 2. November 2016 in Nummern 1 und 3 bis 6 aufgehoben und die Antragstellerin verpflichtet, der Antragsgegnerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die Kosten hat es der Antragstellerin auferlegt.
Mit Antrag vom 9. Februar 2018 beantragten die Bevollmächtigten zu 2) Kostenfestsetzung. In dem Antrag enthalten war die Gebühr für eine “1/1 Geschäftsreise, Benutzung des eigenen Kfz, Nr. 7003 VV RVG, Kfz-Benutzung am 06.10.2017, 1200 km Hin- und Rückweg x 0,30 ?” i.H.v. 360 ? und für eine “1/1 Geschäftsreise, Tage- und Abwesenheitsgeld für mehr als 8 Stunden, Nr. 7005 Nr. 3 VV RVG” i.H.v. 70 ?, jeweils zzgl. 19% Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. April 2014 setzte die Kostenbeamtin die entstandenen notwendigen Auslagen im Hinblick auf die besondere Fachkunde der Bevollmächtigten in Bezug auf die Ahmadiyya-Gemeinde im beantragten Umfang auf insgesamt 1436,93 ? fest.
Mit Antrag vom 16. April 2018, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am Folgetag, beantragte die Antragstellerin die Entscheidung des Gerichts und die vorläufige Aussetzung der Vollziehung nach §§ 165 Satz 2, 151 Satz 3, 149 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Sie führte aus, die Reisekosten seien zu hoch festgesetzt worden und auf den Wert eines Rechtsanwalts, der im Gerichtsbezirk ansässig sei, zu kürzen.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte den Vorgang mit Schreiben vom 19. April 2018 dem Gericht zur Entscheidung vor. Die Parteien erhielten hierzu Gelegenheit zur Äußerung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen, auch im Klageverfahren M 19 K 17.32223.
II.
Zur Entscheidung über die vorliegende Kostenerinnerung ist im Rahmen der Annexzuständigkeit der auch für die Hauptsache zuständige Einzelrichter berufen.
Die Kostenerinnerung ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben (§§ 165, 151 VwGO).
Die Kostenerinnerung ist auch begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss erweist sich als unrichtig, soweit er die Fahrtkosten und das Tage- und Abwesenheitsgeld des auswärtigen Bevollmächtigten zu 2) als erstattungsfähig ansieht.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. 26.6.2015 – 4 M 15.1062 – juris Rn. 11 f. m.w.N.) führt zur Anerkennungsfähigkeit der Aufwendungen für einen auswärtigen Rechtsanwalt folgendes aus:
“Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Eine Einschränkung des Inhalts, dass Reisekosten eines nicht am Sitz des Gerichts tätigen oder wohnenden Rechtsanwalts nur erstattungsfähig seien, wenn seine Zuziehung notwendig war, kennt die VwGO nicht. Die für den Zivilprozess insoweit in § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO getroffene Regelung findet über § 173 VwGO keine Anwendung. Der Gesetzgeber wollte die Parteien im Verwaltungsprozess bei der Wahl eines Bevollmächtigten freier stellen . Allerdings wird in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines Anwalts zur Wahrnehmung eines gerichtlichen Termins unter dem Vorbehalt des § 162 Abs. 1 VwGO steht, wonach es sich um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Aufwendungen handeln muss (BVerwG a.a.O.). Der daraus herzuleitende Grundsatz der Kostenminimierung ist bei der Anwaltswahl mit der Folge zu beachten, dass ohne nähere Prüfung Reisekosten eines Rechtsanwalts nur dann voll zu erstatten sind, wenn er seine Kanzlei am Sitz oder im Bezirk des angerufenen Gerichts oder am Wohnsitz seines Mandanten oder in dessen Nähe hat. Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass der beauftragte Rechtsanwalt seine Kanzlei weder am Wohnsitz des Mandanten noch am Gerichtssitz hat, sind grundsätzlich nur bei Vorliegen besonderer Gründe erstattungsfähig. Dies kann der Fall sein, wenn der beauftragte Anwalt etwa über Spezialkenntnisse verfügt und der Streitfall Fachfragen aus diesem Fachgebiet von solcher Schwierigkeit aufwirft, dass ein verständiger Beteiligter die Zuziehung eines solchen Anwalts für ratsam erachten wird. Ein anderer Grund, der die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts rechtfertigen kann, ist ein bestehendes besonderes Vertrauensverhältnis zwischen dem Mandanten und dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt … Besondere Gründe, die die Einschaltung eines auswärtigen Rechtsanwalts in Gestalt der Klägerbevollmächtigten rechtfertigen, liegen hier nicht vor. Die durch dessen Einschaltung verursachten Mehrkosten sind deshalb nicht erstattungsfähig. Die Frage, ob die Bevollmächtigten der Klägerin besondere Fachkunde und Erfahrungen in Bezug auf die Ahmadiyya-Gemeinde besitzen, kann offen bleiben. Die vorliegende Klage warf hier jedenfalls keine materiellen Fragen von solcher Schwierigkeit auf, dass die Zuziehung dieser Bevollmächtigten erforderlich erschien. Entsprechend findet sich auch keine Äußerung der Bevollmächtigten in einem der vorgelegten Schriftsätze oder in der mündlichen Verhandlung zu einer sich gerade im Hinblick auf die Ahmadiyya-Gemeinde stellende Frage.
Ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und den Bevollmächtigten, das gerade ihre Einschaltung rechtfertigt, ist ebenfalls nicht ersichtlich und wurde von der Klagepartei auch nicht behauptet.
Infolge der vorliegenden Entscheidung besteht kein hinreichender Anlass mehr, die Vollziehung des Kostenfestsetzungsbeschlusses bis zur Entscheidung über die Erinnerung auszusetzen (§ 165 Satz 2 i.V.m. § 151 Satz 3, § 149 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Infolge der Erledigung des insoweit gestellten Antrags ist eine Tenorierung hierzu nicht veranlasst.
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b Asylgesetz – AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.


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