Arbeitsrecht

Festsetzung der Dringlichkeit für eine Sozialwohnung

Aktenzeichen  M 12 K 16.3180

Datum:
8.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayWoBindG BayWoBindG Art. 5

 

Leitsatz

1. Die Heranziehung einer Punktetabelle zur Vorentscheidung über den Grad der sozialen Dringlichkeit für eine neue Sozialwohnung ist ein geeignetes Mittel, um die Bewertung der sozialen Dringlichkeit transparent zu machen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen (ebenso VGH München BeckRS 1999, 26710). (redaktioneller Leitsatz)
2. Nur eine rechtswirksame Kündigung kann mit 74 Grundpunkten bewertet werden. Diese würden in den 80 Grundpunkten wegen Überbelegung aufgehen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 8. September 2016 entschieden werden, obwohl der Kläger hierzu nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde am 18. August 2016 form- und fristgerecht zur mündlichen Verhandlung geladen. In der Ladung wurde ferner darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Dringlichkeit (§ 113 Abs. 5 Satz 1, 114 Satz 1 VwGO). Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24. Juni 2016, mit dem der Kläger mit 89 Gesamtpunkten in Rangstufe I für eine öffentlich geförderte 3 ½ – Zimmerwohnung vorgemerkt wurde, erweist sich vielmehr als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist Art. 5 des Bayerischen Wohnungsbindungsgesetzes (BayWoBindG). Die Landeshauptstadt München gehört zu den Gebieten mit erhöhtem Wohnungsbedarf. Die Beklagte hat als zuständige Stelle in Bezug auf Sozialwohnungen nach Art. 5 Satz 2 BayWoBindG gegenüber den Verfügungsberechtigten ein Benennungsrecht. Bei der Benennung sind gemäß Art. 5 Satz 3 BayWoBindG insbesondere schwangere Frauen, Familien und andere Haushalte mit Kindern, junge Ehepaare, alleinstehende Elternteile mit Kindern, ältere Menschen und schwerbehinderte Menschen vorrangig zu berücksichtigen. Das Benennungsrecht ermächtigt die zuständige Behörde aus Gründen der Praktikabilität auch, vor der eigentlichen Benennung eine rechtlich verbindliche Vorentscheidung über die Voraussetzungen der Wohnberechtigung und über den Grad der sozialen Dringlichkeit zu treffen. Diese Vorentscheidung erfolgt durch Aufnahme in eine nach Dringlichkeitsstufen und Punkten differenzierende Vormerkkartei, wobei es sich um einen im Ermessen der Behörde stehenden Verwaltungsakt handelt (BayVGH vom 23.9.1987, DWW 1988, 55).
Zur gleichmäßigen Ermessensausübung hat die Beklagte eine Punktetabelle erstellt. Es handelt sich dabei um eine ermessensbindende interne Richtlinie, deren konsequente Anwendung dem Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht und die regelmäßig zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt. Diese Punktetabelle ist ein geeignetes Mittel, um die Bewertung der sozialen Dringlichkeit transparent zu machen und dem Grundsatz der Gleichbehandlung Rechnung zu tragen (BayVGH vom 14. 04. 1999 – 24 S 99.110).
Die Bewertung des vom Kläger vorgetragenen Lebenssachverhaltes mit 80 Grundpunkten ist vorliegend rechtlich nicht zu beanstanden. Die geltend gemachte Überbelegung wurde zu Recht mit 75 Grundpunkten eingestuft (4 Personen in 2 Räumen mit Küche). Da in der Familie Kinder leben, wurde die Überbelegung zu Recht gem. 3. der Punktetabelle mit dem nächsthöheren Wert der Überbelegungspunktetabelle bewertet, d. h. mit 80 Grundpunkten. Die Festsetzung einer höheren Grundpunktezahl scheidet im Vergleich zu anderen Wohnungsnotstandsfällen aus. Auch aufgrund des vorgelegten Vermieterschreibens vom …. März 2016 ist keine weitere Erhöhung der Grundpunktezahl vorzunehmen, da es sich dabei zum einen nicht um ein Kündigungsschreiben handelt, zum anderen selbst eine rechtswirksame Kündigung nur mit 74 Grundpunkten zu bewerten wäre, die in den 80 Grundpunkten wegen Überbelegung aufgehen würden.
Der Kläger hat zu Recht als Mitglied eines Haushalts mit Kindern zusätzlich 10% der Grundpunkte, also 8 Vorrangpunkte, erhalten und 1 Anwesenheitspunkt für die dreijährige Anwesenheit mit Hauptwohnsitz in München.
Die derzeitige Einstufung der Dringlichkeit des Antrags des Klägers mit insgesamt 89 Punkten ist daher rechtmäßig.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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