Arbeitsrecht

Geschäftswertbeschwerde

Aktenzeichen  31 Wx 303/15

Datum:
8.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GKG GKG § 25 Abs. 2 S. 3 Alt. 1, § 63
GNotKG GNotKG § 136 Nr. 2
KostO KostO § 31 Abs. 1 S. 3

 

Leitsatz

1 Eine „anderweitige Erledigung des Verfahrens“ im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 3 KostO liegt vor, wenn die zu einem einheitlichen Verfahren oder Vorgang zusammengefasste gerichtliche Tätigkeit, die erforderlich ist, um das Geschäfts insgesamt auszuführen, endgültig abgeschlossen ist. Maßgebend ist insofern nicht der Instanzenzug, sondern das ganze Verfahren als solches. Ein Erbscheinsverfahren findet (erst) durch die Vollzugshandlung der Erteilung des Erbscheins seine Erledigung. (redaktioneller Leitsatz)
2 § 31 Abs. 1 S. 3 Alt. 1 KostO stellt ausdrücklich auf die Rechtskraft „in der Hauptsache“ ab. Insofern trägt die Formulierung (auch) dem Umstand Rechnung, dass in speziellen Fällen trotz Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache die Kostenentscheidung als solche anfechtbar ist (vgl. § 99 Abs. 2 ZPO). Demgemäß ist auch bei anderweitiger Erledigung des Verfahrens der Eintritt der Rechtskraft von Nebenentscheidungen für den Fristbeginn unmaßgeblich. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

4 T 1048/13 2014-01-27 Bes LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

Die Beschwerde gegen Ziffer 2 des Beschlusses des Landgerichts Traunstein vom 27.01.2014 wird verworfen.

Gründe

I. Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Festsetzung des Geschäftswerts für das landgerichtliche Beschwerdeverfahren kann mit der Beschwerde im Sinne des § 31 Abs. 3 Satz 1 KostO i. V. m. § 136 Nr. 2 GNotKG angefochten werden. Diese ist aber nicht unbefristet, sondern muss vielmehr innerhalb der in § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO bestimmten Frist eingelegt werden. Die dort genannte Frist von sechs Monaten beginnt entweder mit Eintritt der formellen Rechtskraft in der Hauptsache oder mit anderweitiger Erledigung des Verfahrens.
1. Vorliegend bestimmt sich der Fristbeginn im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO nach deren 2. Alternative („anderweitige Erledigung des Verfahrens“), da keine der Rechtskraft zugängliche Entscheidung in der Hauptsache vorliegt. Der Beschwerdeführer hatte seine Beschwerde gegen den Vorbescheid des Nachlassgerichts zurückgenommen; eine formelle Rechtskraft trat bei Entscheidungen im Nachlassverfahren bis zum Inkrafttreten des FamFG nicht ein (vgl. § 21 FGG; Palandt/Edenhofer BGB 68. Auflage § 2359 Rn. 26).
a) Eine „anderweitige Erledigung des Verfahrens“ liegt vor, wenn die zu einem einheitlichen Verfahren oder Vorgang zusammengefasste gerichtliche Tätigkeit, die erforderlich ist, um das Geschäfts insgesamt auszuführen, endgültig abgeschlossen ist (Lappe in: Koritenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Auflage § 31 Rn. 53; § 15 Rn. 23). Maßgebend ist insofern nicht der Instanzenzug, sondern das ganze Verfahren als solches.
b) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war der von dem Beschwerdeführer erstrebte (Allein-)Erbschein. Dieses Erbscheinserteilungsverfahren endete insofern, als das Nachlassgericht nach Rücknahme seiner Beschwerde (in der er sich gegen den Vorbescheid des Nachlassgerichts vom 5.12.2012 wandte, in dem das Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge angekündigte und zugleich den Beschluss vom 6.12.2010 aufhob, in dem es entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers die Erteilung eines Erbscheins aufgrund testamentarischer Erbfolge angekündigt hatte) am 1.4.2014 den Erbschein erteilt hat, der gesetzliche Erbfolge ausweist. Mit der Erteilung des Erbscheins entfaltet dieser die Rechtswirkungen im Sinne der §§ 2365 ff. BGB, die erst durch ein neues Verfahren (Erbscheinseinziehungsverfahren im Sinne des § 2361 BGB) beseitigt werden können. Insofern findet das Erbscheinsverfahren (erst) durch die Vollzugshandlung der Erteilung des Erbscheins seine Erledigung (vgl. auch Gierl in: Burandt/Rojahn Erbrecht 2. Auflage § 2353 Rn. 105, 106). Demgemäß beginnt die sechsmonatige Frist im Sinne des § 31 Abs.1 Satz 3 KostO ab dem 1.4.2014 zu laufen.
c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist für den Beginn der Frist im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO unmaßgeblich, dass die Kostenentscheidung des Landgericht Traunstein in Ziff. 1 seines Beschlusses vom 27.01.2014 erst mit der Entscheidung des OLG München vom 8.9.2014 rechtskräftig geworden ist. Diese stellt lediglich eine Nebenentscheidung in dem Verfahren dar, an deren Rechtskrafteintritt nicht der Fristbeginn im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO geknüpft ist.
aa) Hinsichtlich des Verfahren betreffend die Festsetzung des Geschäftswerts hat das BayObLG bereits klargestellt, dass diese nicht zu dem Verfahren im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO gehört, da andernfalls die Intention des Gesetzgebers, das Rechtsmittel zu befristen, ins Leere liefe (vgl. BayObLGZ 2003, 87, 88).
Die gleichen Erwägungen treffen auch auf die Kostentscheidung zu, die wie die Festsetzung des Geschäftswerts eine Nebenentscheidung darstellt und die mit der Festsetzung des Geschäftswerts im Hinblick auf die Kostentragungslast der Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten (vgl. § 32 RVG) verbunden ist (vgl. auch Hartmann Kostengesetze 40. Auflage § 31 KostO Rn. 33).
bb) Dass die Nebenentscheidungen nach der Intention des Gesetzgebers gerade keinen Einfluss auf den Lauf der Frist haben, ergibt sich zudem aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 1 Satz 3 KostO.
Insoweit stellt § 31 Abs. 1 Satz 3 Alt. 1 KostO ausdrücklich auf die Rechtskraft „in der Hauptsache“ ab. Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber nach Art des Entscheidungsgegenstandes differenziert und gerade nicht auf die Rechtskraft der Entscheidung als solcher abstellt, die auch den Eintritt der Rechtskraft in Bezug auf die Kostenentscheidung miteinschließt. Bei einer anderen Auslegung der Formulierung wäre der Zusatz „in der Hauptsache“ unverständlich und überflüssig. Insofern trägt die Formulierung (auch) dem Umstand Rechnung, dass in speziellen Fällen trotz Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache die Kostenentscheidung als solche anfechtbar ist (vgl. § 99 Abs. 2 ZPO).
Demgemäß werden im Hinblick auf den Wortlaut der Vorschrift schon begrifflich nicht „Nebenforderungen und Kosten“ erfasst (a.A. Meyer GKG/FamGKG 15. Auflage § 63 GKG Rn. 35 unter Bezugnahme auf OLG Nürnberg AnwBl. 1981, 499, das jedoch in seiner Entscheidung inhaltlich nicht zum Begriff “Hauptsache“ Stellung nimmt).
cc) Der in § 31 Abs. 1 Satz 3 Alt. 2 KostO bestimmte Anknüpfungspunkt für den Fristbeginn stellt zu dem in Alt. 1 geregelten einen Auffangtatbestand dar („anderweitig“), so dass der Regelungsinhalt der Alt. 2 im Lichte der Alt. 1. zu bestimmen ist. Demgemäß ist auch bei anderweitiger Erledigung des Verfahrens der Eintritt der Rechtskraft von Nebenentscheidungen für den Fristbeginn unmaßgeblich, da ansonsten der Regelungsgehalt des Auffangtatbestands über den der Grundregelung hinausgehen würde.
cc) Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des OLG Rostock für den Fristbeginn bei Klagerücknahme (OLG Rostock MDR 1995, 212). Nach dessen Auffassung beginnt die Frist für eine Streitwertbeschwerde in diesem Fall erst mit der gerichtlichen Kostenentscheidung. Ausführungen, dass insofern die Rechtskraft der Kostenentscheidung maßgeblich ist, finden sich darin nicht. Sofern das OLG Düsseldorf betreffend eine Änderung des Gegenstandswerts für ein selbstständiges Beweisverfahren auf die im nachfolgenden Hauptprozess ergehende Kostengrundentscheidung abstellt, knüpft es ausdrücklich auf den Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung im Hauptsacheverfahren an (vgl. OLG Düsseldorf MDR 1997, 692), also an § 25 Abs. 2 Satz 3 Alt. 1 GKG a. F., wonach die Rechtskraft in der Hauptsache maßgebend ist.
Aus den Entscheidungen ergibt sich also lediglich, dass beide Gerichte auf den Erlass einer Kostenentscheidung für den Eintritt einer „anderweitigen Erledigung“ abstellen, nicht aber, dass sie die Auffassung vertreten, dass sie den Eintritt der Rechtskraft in Bezug auf die Kostenentscheidung für maßgeblich erachten.
dd) Die Einwände des Beschwerdeführers, dass es ihm gestattet sein müsse, zunächst die Kostengrundentscheidung abzuwarten, da ohne eine rechtskräftige Kostengrundentscheidung kein Anlass bestehe, sich gegen die Festsetzung des Geschäftswerts zu wehren, und es ihm aus Kostengesichtspunkten nicht zugemutet werden kann, seinen Anwalt mit der Einlegung einer Beschwerde gegen die Wertfestsetzung zu beauftragen, tragen nicht.
Die Höhe des Geschäftswert hat nach § 32 RVG unmittelbare Auswirkungen auf die Festsetzung der Gebühren des eigenen Verfahrensbevollmächtigten, so dass die Anfechtung eines als unzutreffend erkannten Geschäftswerts unabhängig von der Anordnung der Kostenerstattung geboten ist. Das Kostenrisiko ist im Hinblick auf § 31 Abs. 5 KostO reduziert, da das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden.
II. Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 31 Abs. 5 KostO).
III. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht gegeben (§ 31 Abs. 5 i. V. m. § 14 Abs. 4 Satz 3 KostO).


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