Arbeitsrecht

Kein Mindesthonorar in Höhe gesetzlicher Gebühren für anwaltliche Beratung

Aktenzeichen  1 HK O 1187/14

Datum:
13.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 149040
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 10, § 34

 

Leitsatz

1 Die anwaltliche Tätigkeit beschränkt sich auf eine Beratung iSv § 34 RVG, wenn der Rechtsanwalt nur im Innenverhältnis tätig wird und keine Vertretung des Mandanten nach außen erfolgt. Nicht erfasst sind Außenkontakte, mit denen bloß Informationen eingeholt oder Rückfragen gestellt werden. (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Gebührenvereinbarung (§ 34 RVG) kann auch die Abrechnung nach Gegenstandswert oder eine Kombination aus Stundenhonorar und wertabhängiger Berechnung vorsehen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Sieht die Honorarvereinbarung mit einem Rechtsanwalt vor, dass der Auftraggeber mindestens den Betrag der gesetzlichen Gebühren schuldet, so greift diese Regelung nicht ein, wenn für die anwaltliche Tätigkeit keine gesetzlichen Gebühren vorgesehen sind, sondern eine Gebührenvereinbarung gemäß § 34 RVG zu schließen ist. (Rn. 27 – 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 51.025,42 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist derzeit nicht begründet, da keine ordnungsgemäße Abrechnung des Anwaltshonorars erfolgte (§ 10 RVG).
1. Zwischen den Parteien bestand ein Mandatsverhältnis aufgrund dessen die Klägerin Leistungen für die Beklagte hinsichtlich des Mietverhältnisses auf dem Grundstück der Beklagten und des geplanten Verkaufes des Grundstückes zunächst an die G. GmbH und dann an die E. GmbH erbracht wurden. Die Klägerin hat daher grundsätzlich einen Anspruch auf ein vertraglich vereinbartes oder gesetzliches Honorar für ihre Leistungen. Dieser Anspruch ist jedoch nicht derzeit nicht fällig, die Klägerin hat ihre Leistungen nicht ordnungsgemäß entsprechend der Honorarvereinbarung zwischen den Parteien abgerechnet hat.
Die Honorarrechnung der Klägerin wurde auf der Grundlage von Gegenstandswerten für die jeweiligen Beratungsleistungen erstellt. Aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vergütungsvereinbarung hat die Abrechnung jedoch aufgrund der vereinbarten Stundenhonorare zu erfolgen.
2. Zwischen den Parteien wurde wirksam eine Stundenhonorarvereinbarung für die Leistungen der Klägerin vereinbart. Die Klägerin hat dazu der Beklagten mit Schreiben vom 04.06.2013 eine Gebührenvereinbarung übersandt, die seitens der Beklagten durch deren Geschäftsführer unterzeichnet wurde. Die Klägerin hat nochmals mit Schreiben vom 04.06.2013 darauf hingewiesen, dass eine weitere Tätigkeit nur auf Grundlage der Gebührenvereinbarung möglich sei. In beiden Schreiben wurde der Umfang der Tätigkeit als Grund für die Gebührenvereinbarung genannt.
Die Klägerin war auch aufgrund der Regelung des § 34 RVG gehalten eine Gebührenvereinbarung abzuschließen. § 34 RVG enthält keinen eigenen Gebührentatbestand. Die Vorschrift greift ein, wenn die anwaltliche Tätigkeit in einem Rat oder in einer Beratung besteht. Es handelt sich dabei in der Regel um einen Werkvertrag. Ohne den Abschluss einer Gebührenvereinbarung wären die Gebühren anhand der gesetzlichen Regelungen des BGB zu ermitteln. Für eine anwaltliche Tätigkeit, die in einem Rat oder einer Beratung besteht, sieht das RVG keine eigenen Gebührentatbestände vor.
Zur Abgrenzung ist dabei zu prüfen, ob der Rechtsanwalt nur im Innenverhältnis tätig wird, d.h. wenn keine Vertretung des Mandanten nach außen erfolgt. Nicht erfasst werden dabei Außenkontakte die in einer bloßen Einholung von Informationen oder in Stellung von Rückfragen bestehen.
Soweit die Klägerin ein Honorar für die Tätigkeit in Bezug auf den geplanten Kaufvertrag mit der E. GmbH geltend macht, kam es zu keinerlei Außenkontakten. In Bezug auf den geplanten Kaufvertrag der G. GmbH ist durch die Klägerin ein Schreiben an die Rechtsanwältin der Gegenseite erfolgt. Bei dem kurzen Schreiben vom 30.09.2013 an die Rechtsanwältin XY, Vertreterin der G. GmbH, wurde lediglich der Sachstand zusammengefasst und darauf hingewiesen, dass der Abbruch der Vertragsverhandlungen durch die G. GmbH zu einem Schaden bei der Beklagten führt und eine entsprechende Schadensersatzforderung ausdrücklich vorbehalten werden muss. Eine konkrete Geltendmachung von Ansprüchen oder die Aufforderung an die Firma G. GmbH zur Abgabe von Erklärungen ist in dem genannten Schreiben nicht erfolgt.
Dies bedeutet, dass die Leistungen der Klägerin gegenüber der Beklagten sich auf Rat und Beratung beschränkten. Ein gesetzlicher Gebührentatbestand nach dem RVG besteht für diese Leistung – wie ausgeführt, daher nicht.
3. Eine Abrechnung der Leistungen der Klägerin nach dem Gegenstandswert ist nicht möglich.
Seitens der Klägerin wurde im Rahmen der Anmeldung der Beklagten bei der Klägerin auf § 49 b Abs. 5 RVG und die Abrechnung nach dem Gegenstandswert hingewiesen. Dies ergibt sich aus der vorgelegten und von der Beklagten gezeichneten „Mandatsauftrag und Mandatsbedingungenvergütungsvereinbarung“ (Anlage K 3). Die einvernommenen Zeugen haben hinsichtlich einer Aufklärung über die Gebühren keine konkreten Angaben machen können. Die einvernommenen Zeuginnen seitens der Klägerin, die die Erfassung der Beklagten vorgenommen haben, haben erklärt, dass sie keine konkreten Erinnerungen mehr haben. Die Zeugin S. hat angegeben, sie könne nur aufgrund der Eintragungen im System erkennen, dass sie die Erfassung vorgenommen habe. Weitere konkrete Erinnerungen habe sie nicht. Eine explizite Aufklärung über Gebühren, über das was in der Vergütungsvereinbarung enthalten ist, erfolge durch sie nicht. Auch die Zeugin N. hat hierzu keine weiteren eigenen konkreten Erinnerungen. Sie konnte sich nur auf das berufen was üblich sei. Der Zeuge Rechtsanwalt W., der damals bei der Klägerin tätig war und die Mandantengespräche führte, hat angegeben, er habe keine Kenntnisse mehr, ob über ein Honorar gesprochen wurde. Dies erfolge normalerweise am Empfang. Nur Stundenvereinbarungen werden beim Rechtsanwalt unterschrieben. Er habe jedoch keine Erinnerung mehr, ob die konkrete Vereinbarung bei ihm unterschrieben wurde.
Auch im Rahmen einer Gebührenvereinbarung wäre es grundsätzlich möglich, eine Honorarvereinbarung aufgrund von Gegenstandswerten zu vereinbaren. Es kann auch eine Kombination aus Stundenhonorar und Gegenstandswertberechnung erfolgen. Dies ist in der Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien vom 04.06.2013 jedoch nicht erfolgt. Der Text der Vereinbarung sieht ausdrücklich vor, dass die Vergütung nach einem Honorar pro angefallener Arbeitsstunde eines Rechtsanwalts zu zahlen ist, jedoch mindestens den Betrag der gesetzlichen Gebühren. Auf den Gegenstandswert wird im Rahmen dieser Vereinbarung nicht mehr verwiesen.
Die Alternative, „mindestens die gesetzlichen Gebühren“ aus der Honorarvereinbarung ist hier jedoch nicht anzuwenden.
Die gesetzlichen Gebühren berechnen sich vorliegend nicht aus dem Gegenstandswert, da – wie bereits ausgeführt – für diese Tätigkeit keine gesetzlichen Gebühren vorgesehen sind und der Rechtsanwalt angehalten ist gemäß § 34 RVG eine Gebührenvereinbarung zu treffen. Ohne die Honorarvereinbarung wären die Leistungen nach den Regelungen des BGB abzurechnen. Dies müsste auch auf Basis des tatsächlichen Umfangs der Leistung und der „üblichen“ Vergütung erfolgen. Die Bedingung „jedoch mindestens der Betrag der gesetzlichen Gebühren“ kann daher nicht eintreten. Eine Leistung der Klägerin, die die gesetzlichen Gebühren nach dem RVG auslösen würde, erfolgte – wie ausgeführt – nicht.
Eine ausdrückliche Vereinbarung, dass eine Honorarberechnung aufgrund des Gegenstandswertes das Mindesthonorar sein sollte, wurde nicht geschlossen. Auch wenn ein Hinweis in der ursprünglichen Honorarvereinbarung auf den Gegenstandswert erfolgte, bedeutet dies für die in der Folgezeit geschlossene Honorarvereinbarung nicht, dass dies Gegenstand der Vereinbarung wäre. Die Beklagte musste aufgrund des Wortlautes der Honorarvereinbarung nicht davon ausgehen, dass der Gegenstandswert für die Honorarberechnung heranzuziehen war. Auf Veranlassung wurde eine neue Honorarvereinbarung zwischen den Parteien geschlossen. Der Klägerin wäre daher verwehrt, wahlweise zwischen den der Honorarvereinbarung und der und der ursprünglichen, bei dem Erstgespräch, vorgesehenen Abrechnungsmethode zu wechseln.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


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