Arbeitsrecht

Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung

Aktenzeichen  B 4 K 16.132

Datum:
16.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 161 Abs. 2, Abs. 3
AufenthG AufenthG § 61 Abs. 1 d
AsylG AsylG § 51
ZPO ZPO § 117 Abs. 4

 

Leitsatz

Die Kostenfolge des § 161 Abs. 3 VwGO ist nur anwendbar, wenn sich die Hauptsache dadurch erledigt, dass die Behörde nach Klageerhebung den Kläger antragsgemäß bescheidet. Erledigt sich der Rechtsstreit aufgrund eines anderen Ereignisses, so hat die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO zu ergehen (Anschluss an VGH München NJW 1974, 1347). (redaktioneller Leitsatz)
Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen des § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO hat das Gericht den bisherigen Sach- und Streitstand zugrunde zu legen und ist von der Verpflichtung entbunden, alle für eine abschließende Hauptsacheentscheidung sonst erforderlichen Feststellungen zu treffen und schwierige Rechtsfragen zu klären. (redaktioneller Leitsatz)
Einer Fristsetzung zur Nachreichung des amtlichen Vordrucks für einen Prozesskostenhilfeantrag bedarf es nicht, wenn ein anwaltlich vertretener Kläger bei Klageeinreichung angekündigt hatte, die Erklärung nachzureichen (Anschluss an VG München BeckRS 2016, 44812). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt … wird abgelehnt.
4. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

1. Nachdem die Beteiligten mit dem am 19.04.2016 und am 09.05.2016 bei Gericht eingegangenen Erklärungen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist durch Beschluss in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 VwGO das Verfahren einzustellen.
2. Gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten gegeneinander aufzuheben.
a) Eine Kostentragungspflicht des Beklagten ergibt sich nicht bereits aus § 161 Abs. 3 VwGO. Nach dieser Vorschrift fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte. Denn§ 161 Abs. 3 VwGO ist nur anwendbar, wenn sich die Hauptsache dadurch erledigt, dass die Behörde nach Klageerhebung den Kläger antragsgemäß bescheidet. Erledigt sich der Rechtsstreit aufgrund eines anderen Ereignisses, so hat die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu ergehen (BayVGH, B. v. 21.05.1974 – Nr. 45 VII 74 – NJW 1974, 1347/1348; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2015, § 161 VwGO Rn. 61).
Erledigendes Ereignis war hier die Zuweisungsentscheidung des Landes Berlin vom 15.04.2016. Mit seiner Klage begehrte der Kläger jedoch, den Beklagten bzw. seit der mit Schriftsatz vom 04.04.2016 beantragten Klageänderung, die Stadt Hof zu verpflichten, ihn umzuverteilen bzw. hilfsweise seinen Umverteilungsantrag vom 06.11.2014 zu bescheiden. Der Rechtsstreit hat sich damit nicht aufgrund einer nachträglichen Entscheidung des Beklagten noch der Stadt Hof, sondern aufgrund eines anderen Ereignisses, nämlich der Zuweisungsentscheidung des Landes Berlin, erledigt.
b) Bei der deshalb erforderlichen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage hat das Gericht den bisherigen Sach- und Streitstand zugrunde zu legen und ist von der Verpflichtung entbunden, allein im Hinblick auf die offene Kostenentscheidung alle für eine abschließende Hauptsacheentscheidung sonst erforderlichen Feststellungen zu treffen und schwierige Rechtsfragen zu klären (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, §161 Rn. 84-86).
Nach summarischer Prüfung erscheinen die Erfolgsaussichten der Klage aus rechtlichen Gründen offen. Denn der Kläger begehrte mit seiner Klage eine Entscheidung über seinen beim Beklagten gestellten Umverteilungsantrag vom 06.11.2014. Da sein Asylantrag zum diesem Zeitpunkt bereits unanfechtbar abgelehnt war und er im Besitz einer Duldung war, hätte das Gericht prüfen müssen, ob er sein Rechtsschutzziel auf dem Weg über eine Umverteilung gemäß § 51 AsylG oder nicht eher, insbesondere seit der der Neuregelung der ausländerrechtlichen Wohnsitzauflage in § 61 Abs. 1 d AufenthG zum 01.01.2015, über eine Änderung der Wohnsitzauflage hätte verfolgen müssen (gegen eine Umverteilung gemäß § 51 AsylG bei geduldeten Ausländern BayVGH, B. v. 01.09.2015 – 21 C 15.30131 – juris Rn. 7). Weiter wäre zu prüfen gewesen, ob die vom Kläger beantragte Änderung auf Seiten des Beklagten sachdienlich gewesen wäre und ob und ggf. wie es sich ausgewirkt hätte, dass der Kläger während des Gerichtsverfahrens am 19.11.2015 erneut einen Umverteilungsantrag gestellt hatte. Diese Rechtsfragen sind im Rahmen einer Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache nicht zu klären.
Unter Berücksichtigung der offenen Erfolgsaussichten entspricht eine Aufhebung der Kosten billigem Ermessen.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten des Klägers, über den gemäß § 87 a Abs. 1 Nr. 3 VwGO ebenfalls der Berichterstatter zu entscheiden hat, hat keinen Erfolg.
Denn Prozesskostenhilfe kann bereits aus formellen Gründen nicht gewährt werden. Gemäß § 117 Abs. 4 ZPO sind die für den Antrag eingeführten amtlichen Vordrucke zu verwenden. Verwendet der Antragsteller diesen Vordruck nicht und wird auch kein einziger Beleg für den Antrag vorgelegt, so ist der Antrag abzulehnen. Eine Fristsetzung zur Behebung des Mangels war nicht veranlasst, weil der anwaltlich vertretene Kläger bei Klageeinreichung angekündigt hatte, die Erklärung nachzureichen (VG München, B. v. 24.03.2016 – M 6 S 15.5804 – juris Rn.17 m. w. N.). Darüber hinaus kann der Kläger, nachdem das Verfahren nach den übereinstimmenden Erklärungen der Parteien in der Hauptsache erledigt und eingestellt wurde, also eine weitere Rechtsverfolgung nicht mehr beabsichtigt ist, nur dann rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe erhalten, wenn der Prozesskostenhilfeantrag rechtzeitig und vollständig vor dem Abschluss des Verfahrens gestellt wurde (BayVGH, B. v. 10.02.2016 – 10 C 15.849 – juris Rn.2). Ohne Vorlage der ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse oder wenigstens eines Beleges war der Antrag jedoch nicht vollständig gestellt.
Liegen somit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Absatz 1 Satz 1 ZPO nicht vor, scheidet auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO aus.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG ( Änderung der Auflage in einer Duldung ).


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