Arbeitsrecht

Leistungen, Versorgung, Arzt, Bescheid, Quartal, Gemeinschaftspraxis, Honoraranspruch, Honorarbescheid, Arztgruppe, Festsetzung, Vergleich, Fachgruppe, Anpassung, Klage, sachlicher Grund

Aktenzeichen  S 43 KA 259/15

Datum:
30.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 164644
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Honorarbescheid zum Quartal 1/14 vom 18.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2015 und der Bescheid der Beklagten vom 13.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.02.2015 sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Festsetzung der Obergrenze für 1/14 auf € 46.303,99 ist rechtmäßig.
Die Rechtmäßigkeit der RLV-Berechnung, wie sie die Beklagte in den angegriffenen Entscheidungen vollzieht, wird vom Bundessozialgericht grundsätzlich nicht beanstandet.
Dies gilt zunächst angesichts der Urteile des BSG vom 11.12.2013, AZ: B 6 KA 4/13 R und B 6 KA 6/13 R, die der Klage aus dem Verfahren zum Quartal 1/09, zitiert im diesbezüglichen Urteil des 12.Senats des Bayerischen Landessozialgerichts AZ: L 12 KA 49/14 bekannt sind.
Darüber hinaus ist der ab dem 01.01.2013 geltende HVM der Beklagten in seiner Grundstruktur bzw. seinen Vorgaben zur Berechnung der Vergütung auch nicht zu beanstanden, vgl. Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11.05.2016, AZ: L 12 KA 39/15. Unter Fortgeltung der Systematik einer Obergrenze aus RLV und QZV wurden die Anzahl der Leistungsfonds erweitert und feste Fachgruppenfonds eingeführt (vgl. Urteil des 12.Senats, Seite 41 ff, aao).
Die Beklagte verstößt auch hinsichtlich der unterschiedlichen Vergütung von Hausärzten und Fachärzten nicht gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit oder gegen den Grundsatz einer angemessenen Vergütung.
Die Festlegung der Honorarverteilung für den hausärztlichen Bereich in Abschnitt B Nr.4 und für den fachärztlichen Bereich in Abschnitt B Nr. 6 ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Dies entspricht den KBV-Vorgaben gemäß § 87b Absatz 4 SGB V.
Zutreffend weist die Beklagte in ihrer Erwiderung darauf hin, dass hausärztlicher und fachärztlicher Bereich entsprechend der gesetzlichen Regelung zwei strikt voneinander zu trennende Vergütungsbereiche sind. Diese gesetzlich vorgegebene Trennung der Versorgungsbereiche in § 73 Absatz 1 SGB V liegen die Ziele einer Stärkung der Funktion der Hausärzte, der Begrenzung der ständigen Zunahme spezieller fachärztlicher Leistungen und der Beseitigung ökonomischer Fehlentwicklungen zugrunde (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.2011, B 6 KA 31/10 R, dokumentiert bei juris, RN 23). Bereits darin ist ein gewichtiger Unterschied zu sehen, der eine ungleiche Behandlung rechtfertigt. Über einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung von Ärzten und Arztgruppen ohne Unterschied von Gewicht hinaus nennt die Klage keinerlei rechtliche Grundlage, aus der die Klägerin Anspruch auf ein den Hausärzten vergleichbares Honorar ableiten könnte, was beispielsweise die Vergütung von die Obergrenze überschreitenden Leistungen angeht. Durch die gesetzlich vorgeschriebene Trennung der Versorgungsbereiche entstehen zwei getrennte Vergütungsbereiche (vgl. HVM 14 Abschnitt B Nr.2), mit unterschiedlichen Quoten. Eine Vergleichbarkeit dieser Quoten besteht insofern nicht (vgl. Schriftsatz der beklagten vom 08.03.2017, Seite 7).
Was den hohen Anteil der nicht der Obergrenzen Regelung unterliegenden Leistungen der Klägerin angeht, so ist dies laut Ausführungen der Beklagten typisch für die Fachgruppe der Chirurgen. Die über die Obergrenze hinausgehenden Leistungen werden entgegen einer oft vertretenen Ansicht aber nicht nichtvergütet, sondern quotiert vergütet. Wenn eine an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Praxis wie die der Klägerin unter Geltung der RLV-Systematik (deren Ziel gerade die Begrenzung der Mengenausweitung ist) die Obergrenze deutlich überschreitet, ist es den Regelungen der RLV-Budgetierung wesensimmanent, dass diese Leistungen nicht zu 100% vergütet werden. Da die Summe der die Obergrenze überschreitenden Leistungen im Quartal 1/14 in der Fachgruppe der Chirurgen relativ hoch ausfällt, ist die Vergütung der die Obergrenze überschreitenden Leistungen entsprechend geringer. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass sie keinen Einfluss auf die Höhe der Quote hat (vgl o.g. Schriftsatz der Beklagten, Seite 7).
Die Beklagte legt im Schriftsatz vom 08.03.2017 die Berechnung der Überschreitungsquote der Höhe des Obergrenzen-Überschreitungshonorars nachvollziehbar dar. Inwiefern die Klage in dem abgesenkten Preis von 6,1180% der Euro-Gebührenordnung für Leistungen, die die Obergrenze überschreiten, einen Umstand sehen will, der rechtswidrig, undurchsichtig und geradezu willkürlich sei und einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit darstelle, erschließt sich dem Gericht nicht. Der Überschreitungsbetrag von € 18.165,29 wird mit der Quote von 6,1180 multipliziert und dies ergibt den Auszahlungsbetrag von €1.111,36.
Das Gericht sieht auch keinen Begründungsmangel, der den Honorarbescheid rechtswidrig machen würde.
Wie bereits im vorangegangenen Verfahren zum Quartal 1/09 (L12 KA 49/14) ist der klägerische Einwand der mangelnden Transparenz und Nachvollziehbarkeit zumindest unter Berücksichtigung der der Klägerin durch Schriftsatz der Beklagten vom 08.03.2017 im Gerichtsverfahren zugegangenen Informationen nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte verweist bezüglich der maßgeblichen Honorarverteilungsregelungen auf ihre Homepage sowie die der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Die Beklagte legt die Berechnungsgrundlagen für die RLV-Fallwerte für die einzelnen Altersklassen für die Fachgruppe der Chirurgen, die QZV-Fallwerte für die Behandlung Hämorrhoiden u.a. sowie die Berechnung der Überschreitungsquoten offen. Die Beklagte erteilt Auskunft über die Höhe der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und ihre Verteilung, über die im Jahr 2011 für den in Ziffer 4.3. genannten verbleibenden Vergütungsbereich“ ausgezahlte Vergütung. Die Beklagte teilt mit, dass im Ergebnis auf den fachärztlichen Versorgungsbereich im Quartal 1/14 ein Grundbetrag von € 388.415.410 und auf den hausärztlichen Bereich ein Grundbetrag von € 396.360.710 entfällt. Die Beklagte legt zur Aufteilung der Gesamtvergütung dem Schriftsatz vom 08.03.2017 die Anlage B3 bei, der die maßgebliche Vorgabe der KBV zur Festlegung und Anpassung des Vergütungsvolumens für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung gemäß § 87b Absatz 4 SGB V darstellt.
Die Klage ist mit den ihr vorliegenden Daten und Zahlen anhand der einschlägigen Regelungen objektiv in der Lage, die Entscheidung der Beklagten über die Höhe ihrer Vergütung nachzuvollziehen.
In der Gesamtschau erscheint die Festsetzung der Vergütung für das Quartal 1/14 plausibel. Solange nicht feststeht, dass Daten bzw. Berechnungsgrundlagen der Beklagten falsch sind, kann sich die Beklagte jedenfalls zulässig auf diese beziehen. Einen irgendwie gearteten Nachweis der Falschheit hat die Klage in keiner Weise erbracht, sie zieht lediglich die Richtigkeit grundsätzlich, unter immer wieder anderen Gesichtspunkten in Zweifel. Das Gericht teilt im Ergebnis diese Zweifel an den Berechnungsgrundlagen auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrages nicht.
Zuletzt war die Beklagte auch berechtigt und verpflichtet, Rückstellungen zu bilden. Zu Recht verweist sie auf die Rechtsprechung des BSG (vgl. Schriftsatz vom 08.03.2017, Seite 5f). Davon ist die Fachgruppe der Klägerin nicht in anderer Weise betroffen als andere Versorgungsbereiche. Die Belastung des zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumens durch die Bildung von Rückstellungen trifft die Fachgruppe der Klägerin wie die anderen Fachgruppen. Eine Benachteiligung, die zu einem höheren Vergütungsanspruch der Klägerin führt, ist auch hier nicht ersichtlich. Der Hinweis der Klage auf einen Rückgang der Chirurgen ist nicht geeignet, irgendwelche Anhaltspunkte für die Menge ihrer Leistungsanforderung bzw. eines Wegfalls oder einer Minderung von bestehenden Zahlungsverpflichtungen der Beklagten im Zusammenhang mit den im Abschnitt F des HVM genannten Sachverhalten zu geben.
Was die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Anpassung der Obergrenze durch neben dem Honorarbescheid streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 13.10.2014 angeht, so hat die Klage hierzu nichts weiter vorgetragen.
Die Beklagte macht in ihrer Klageerwiderung vom 29.12.2016 samt Anlagen sowohl Ausführungen zu den allgemeinen rechtlichen Grundlagen dieser Entscheidung als auch Darlegungen zur konkreten Berechnung anhand der individuellen RLV-Fallwerte und der individuellen QZV-Fallwerte von H. und Z. im Vergleich zu den Fallwerten der Fachgruppe (vgl. Schriftsatz vom 29.12.2016, Seite 6f). Daraus ergibt sich, dass die Klägerin keine höhere Obergrenzenüberschreitung als die RLV-Fachgruppe aufweist. Der individuelle Obergrenzen-Fallwert von Z. überschreitet zwar den korrespondierenden Fallwert der Fachgruppe um 2,96%. Dies erfüllt nur teilweise die Voraussetzungen Abschnitt D Nr. 1.2 Absatz 3d HVM i.V.m. Abschnitt 3 Nr.1.2.4 DRL. Darüber hinaus müssen die in der Klageerwiderung ausführlichst dargelegten Voraussetzungen für eine Anpassung der Obergrenze mit Bezug zum Fallwert kumulativ vorliegen. Dies ist hier nicht der Fall. Für die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Antrags oder der ausreichenden Begründung der Ablehnung bestehen keinerlei Anhaltspunkte.
Zuletzt hat der Kläger zu einer als Möglichkeit erwähnten Existenzgefährdung nichts weiter vorgetragen, für eine diesbezügliche Anpassung der Obergrenze bestand für die Beklagte kein Anlass.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Absatz 1 VwGO.


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