Arbeitsrecht

Nachzahlung von Bezügen und Urlaubsabgeltung nach Einstellung des Disziplinarverfahrens

Aktenzeichen  3 ZB 17.123

Datum:
22.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26939
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 39 Abs. 1, Art. 41 Abs. 1, Abs. 2, Art. 93 Abs. 1
BayUrlV § 10 Abs. 1 S. 4
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 162 Abs. 2
BayKWBG Art. 41 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Rechtsanwaltskosten zur Durchsetzung der Nachzahlung der Bezüge nach Einstellung eines Disziplinarverfahrens beruhen nicht adäquat kausal auf der Pflichtverletzung des Dienstherrn (hier: nicht rechtzeitige Nachzahlung der Bezüge) bzw. sind im Hinblick auf die Pflicht zur Kostenmeidung nicht angemessen, wenn der Beamte nicht zunächst – ggf. unter erneuter Fristsetzung – den Dienstherrn darauf hingewiesen hat, dass er beabsichtige, mit der Durchsetzung des Nachzahlungsanspruchs einen Rechtsanwalt zu betrauen. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Abgeltung für den während einer vorläufigen Dienstenthebung anlässlich eines Disziplinarverfahrens nicht genommenen Urlaub scheidet aus, da der Beamte nicht krankheitsbedingt daran gehindert wird, den Urlaub rechtzeitig in seiner aktiven Dienstzeit zu nehmen; der Fall ist nicht mit dem einer Dienstunfähigkeit vergleichbar. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 K 14.3346 2016-11-22 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 25.757,84 € festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € für die außergerichtliche Geltendmachung der Nachzahlung der für die Dauer des gegen den Kläger geführten Disziplinarverfahrens von der Beklagten einbehaltenen Bezüge sowie auf Urlaubsabgeltung für die Dauer der vorläufigen Dienstenthebung in Höhe von 23.803,38 € nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1.1 Im Rahmen des gegen den Kläger, den früheren ersten Bürgermeister der beklagten Gemeinde, geführten Disziplinarverfahrens wurde dieser mit Verfügung der Landesanwaltschaft vom 5. November 2012 gemäß Art. 39 Abs. 1 BayDG vorläufig des Dienstes enthoben und mit weiterer Verfügung der Landesanwaltschaft vom 30. November 2012 der Einbehalt von 50% der Dienstbezüge gemäß Art. 39 Abs. 2 Satz 1 BayDG angeordnet.
Mit Verfügung der Landesanwaltschaft vom 14. Mai 2014 wurde das Disziplinarverfahren im Hinblick auf die zum 30. April 2014 beendete Amtszeit des Klägers eingestellt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zugleich wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für einen Verfall der einbehaltenen Bezüge nach Art. 41 Abs. 1 BayDG nicht vorlägen. Diese seien nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayDG nachzuzahlen. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass der Nachzahlungsanspruch mit Bestandskraft der Einstellungsverfügung fällig werde, die Beklagte werde zu gegebener Zeit gebeten werden, die einbehaltenen Bezüge auszuzahlen. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 legte der Kläger die Einstellungsverfügung der Beklagten vor und bat sie um Nachzahlung der einbehaltenen Bezüge bis zum 20. Juni 2014. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 15. Juli 2014 forderte er die Beklagte auf, zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung die einbehaltenen Bezüge unverzüglich, d.h. spätestens bis zum 24. Juli 2014 nachzuentrichten. Zudem machte er Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € geltend. Weiter beantragte er, ihm 23.803,38 € Urlaubsabgeltung zu zahlen. Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 bat die Landesanwaltschaft die Beklagte unter Vorlage der Einstellungsverfügung, die einbehaltenen Bezüge zur Auszahlung zu bringen. Der Kläger habe zwar gegen die Kostenentscheidung Klage erhoben, sein Anspruch auf Nachzahlung bleibe davon aber unberührt. Hierauf veranlasste die Beklagte die Nachzahlung der Bezüge zum 29. Juli 2014 und teilte dies dem Kläger mit Schreiben vom 1. August 2014 mit. Der Kläger erhob am selben Tag Klage, mit der er zunächst auch die Nachzahlung der einbehaltenen Bezüge beantragt hat. In dieser Hinsicht hat das Verwaltungsgericht das Verfahren eingestellt, nachdem die Beteiligten insoweit übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Ein Ersatzanspruch für Rechtsanwaltskosten von 1.954,46 € für die außergerichtliche Geltendmachung der Nachzahlung der für die Dauer des gegen den Kläger geführten Disziplinarverfahrens einbehaltenen Bezüge ergebe sich weder – wie vom Kläger geltend gemacht – aus Verzug gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB, da diese Vorschriften unmittelbar nur im Rahmen von zivilrechtlichen Schuldverhältnissen gelten würden, noch aus § 162 Abs. 2 VwGO, da danach Rechtsanwaltskosten nur im Rahmen eines Vorverfahrens nach den §§ 68 ff. VwGO erstattungsfähig seien. Auch ein unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis abgeleiteter Schadensersatzanspruch aufgrund der schuldhaften Verletzung einer vom Dienstherrn gegenüber seinem Beamten zu erfüllenden Pflicht, die adäquat kausal zu einem Schaden geführt habe, sei vorliegend zu verneinen.
Zwar habe die Beklagte die einbehaltenen Bezüge nicht fristgerecht nachgezahlt. Die Einbehaltung habe mit Eintritt der Bestandskraft der Einstellungsverfügung geendet. Aufgrund des Erlassdatums habe jedenfalls ab 20. Juni 2014 mit dem Eintritt der Bestandskraft gerechnet werden müssen. Dies sei der Beklagten infolge der Vorlage der Einstellungsverfügung auch bekannt gewesen, so dass die Nichtzahlung der einbehaltenen Bezüge jedenfalls Anfang Juli 2014 objektiv pflichtwidrig gewesen sei. Sie sei auch subjektiv pflichtwidrig, da die Beklagte durch eine Nachfrage leicht in Erfahrung bringen hätte können, wann die Einstellungsverfügung bestandskräftig geworden sei. Doch sei die Beauftragung des Rechtsanwalts unter den gegebenen Umständen nicht angemessen und falle primär in den Verantwortungsbereich des Klägers, so dass die hierdurch verursachten Rechtsanwaltskosten nicht adäquat kausal auf der Pflichtverletzung beruhen würden. Aufgrund seiner früheren Stellung als erster Bürgermeister sei dem Kläger bekannt gewesen, dass Bezüge jeweils zu Beginn eines Monats ausbezahlt würden und dass dies einen gewissen zeitlichen Vorlauf fordere. Da der Kläger auch zu Beginn des Monats Juli 2014 noch keinen Zahlungseingang feststellen habe können, hätte er die Beklagte – ggf. unter erneuter Fristsetzung – deshalb zunächst darauf hinzuweisen müssen, dass er beabsichtige, mit der Durchsetzung des Anspruchs einen Rechtsanwalt zu betrauen, bevor er ihn beauftragt habe, um eine Kostenmehrung zu vermeiden. Unabhängig davon wiege der Umstand, dass der Kläger die Beklagte nicht auf die beabsichtigte Einschaltung eines Rechtsanwalts hingewiesen habe, analog § 254 BGB so schwer, dass ein überwiegendes Mitverschulden des Klägers zu bejahen sei und demgemäß eine Kostenerstattungspflicht der Beklagten ausscheide. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch für die Dauer der vorläufigen Dienstenthebung in Höhe von 23.803,38 € bestehe ebenfalls nicht. Es sei bereits zweifelhaft, ob der Kläger während dieser Zeit überhaupt einen Urlaubsanspruch gehabt habe. Jedenfalls scheitere ein Anspruch daran, dass im Zeitpunkt der Beantragung der Urlaubsabgeltung ein etwaiger Urlaubsanspruch bereits verfallen gewesen sei. Darüber hinaus komme eine Abgeltung nicht genommenen Urlaubs nur dann in Betracht, wenn der Beamte krankheitsbedingt daran gehindert gewesen sei, den Urlaub rechtzeitig in seiner aktiven Dienstzeit zu nehmen. Eine Urlaubsabgeltung für den während einer vorläufigen Dienstenthebung nicht genommenen Urlaub komme deshalb nicht in Frage, weil dieser Fall nicht mit dem einer Dienstunfähigkeit vergleichbar sei.
Dies ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden.
1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
1.2.1 Soweit der Kläger vorträgt, das Verwaltungsgericht habe vorliegend fehlerhaft die Obliegenheiten des Beamten bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Nachzahlung der während des Disziplinarverfahrens einbehaltenen Bezüge überspannt, weil es von ihm verlange, der Beklagten vor der Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Geltendmachung zunächst nochmals Gelegenheit zu geben, den Anspruch zu erfüllen, obwohl er die Zahlung mit Fristsetzung bereits angemahnt und die Beklagte sich dadurch in Verzug befunden habe, so dass ihm auch die Kosten der erforderlichen Rechtsverfolgung zu ersetzen seien, legt er keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dar.
Zwar kann ein Beamter nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 7.4.2005 – 2 C 5.04 – juris Rn. 56) einen Schadensersatzanspruch gegen seinen Dienstherrn geltend machen, wenn dieser schuldhaft eine gegenüber dem Beamten bestehende Pflicht verletzt, die adäquat-kausal zu einem Vermögensschaden führt und den Beamten hieran kein überwiegendes Mitverschulden trifft. Der Dienstherr hat auch die Verpflichtung, die dem Beamten zustehenden Bezüge fristgerecht (grundsätzlich monatlich im Voraus, vgl. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 BayBesG) zu bezahlen. Ein Schadensersatzanspruch eines Beamten wegen verspäteter Zahlung von Dienst- oder Versorgungsbezügen kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Dienstherr damit nicht nur die Verpflichtung zur pünktlichen Zahlung der Bezüge, sondern – daneben oder darüber hinaus – auch die Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) in einer nicht durch überwiegende öffentliche Interessen zu rechtfertigenden Weise verletzt hat. Eine solche zum Schadensersatz verpflichtende Fürsorgepflichtverletzung kann, je nach den Umständen des Falles, darin liegen, dass der Dienstherr den Beamten hat in Not geraten lassen, oder darin, dass er in einer Weise, die dem beiderseitigen Treueverhältnis widerspricht und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gerechtfertigt wird, die berechtigten – auch wirtschaftlichen – Interessen des Beamten gröblich missachtet hat. Nur wenn über den Tatbestand des Zahlungsverzugs hinaus eine solche Verletzung der Fürsorgepflicht vorliegt, ist der entstandene Schaden nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu ersetzen (vgl. BVerwG, U.v. 12.9.1963 – II C 26.62 – BVerwGE 16, 346/349 f.).
Grund hierfür ist, dass eine Pflicht des Dienstherrn zum Ersatz des Verzugsschadens den durch das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) geprägten besonderen Rechtsbeziehungen zwischen dem Dienstherrn und seinem Beamten nicht gerecht würde (vgl. BVerwG, U.v. 8.6.1966 – VIII C 153.63 – BVerwGE 24, 186/190). Daher besteht nach Art. 4 Abs. 4 BayBesG auch kein Anspruch auf Verzugszinsen i.S.d. § 288 Abs. 1 BGB, wenn Bezüge nach dem Tag der Fälligkeit gezahlt werden (vgl. BayVGH, B.v. 27.4.2012 – 3 ZB 10.1354); dies gilt auch, wenn – wie vorliegend – nach Aufhebung der Suspendierung die Nachzahlung einbehaltener Bezüge nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayDG geltend gemacht wird (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2013 – 16a DZ 12.558 – juris Rn. 6). Dies beruht auf der Überlegung, dass es Beamten – anders als sonstigen Gläubigern – aufgrund des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses grundsätzlich zuzumuten ist, eine verspätete Auszahlung ihrer Dienst- oder Versorgungsbezüge hinzunehmen, sofern nur die angemessene Alimentation als solche nicht berührt ist (BayVGH, B.v. 27.6.2013 a.a.O. Rn. 8). Eine über die nicht rechtzeitige Zahlung der Bezüge hinausgehende Fürsorgepflichtverletzung, die zu einer wirtschaftlichen Notlage geführt hätte, hat der Kläger aber nicht vorgetragen. Das vom Kläger zitierte Urteil des OVG RP vom 28. Oktober 2002 (NVwZ-RR 2003, 517) betrifft dem gegenüber eine andere Fallkonstellation.
Unabhängig hiervon ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte insoweit schuldhaft gegen ihre Verpflichtung, die dem Kläger zustehenden Bezüge rechtzeitig nachzuzahlen, verstoßen und sich demgemäß im Zeitpunkt der Geltendmachung durch die Bevollmächtigten des Klägers mit der Nachzahlung in Verzug befunden hat. Es ist schon fraglich, ob man diesbezüglich überhaupt von einer objektiven Pflichtverletzung ausgehen kann, da der Nachzahlungsanspruch nach Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayDG erst mit der Rechtskraft der Einstellungsverfügung vom 14. Mai 2014 fällig wurde (vgl. BayVGH, B.v. 27.6.2013 a.a.O. Rn. 5). Wann diese eingetreten ist, lässt sich den Akten allerdings nicht mit Sicherheit entnehmen, zumal der Kläger die Einstellungsverfügung angefochten hat. Jedenfalls musste die Beklagte im Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung der Nachzahlung mit Schreiben vom 22. Mai 2014 nicht von der Fälligkeit der Forderung ausgehen, da ihr der Kläger nur die Verfügung mit dem Hinweis, sie werde zu gegebener Zeit gebeten werden, die einbehaltenen Bezüge auszuzahlen, vorgelegt hat. Erstmals mit Schreiben vom 15. Juli 2014 hat er der Beklagten mitgeteilt, dass die Einstellungsverfügung bestandskräftig geworden sei, die die Zahlung sodann unverzüglich für Ende Juli 2014 veranlasst hat.
Doch selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Beklagte durch die Ende Juli erfolgte Nachzahlung der einbehaltenen Bezüge objektiv und subjektiv gegen ihre Verpflichtung zur pünktlichen Zahlung der Bezüge verstoßen hätte und dass sie sich bereits aufgrund der erstmaligen Geltendmachung der Forderung mit Schreiben vom 22. Mai 2014 in Verzug befunden hätte, könnte der Kläger die eingeklagten Rechtsanwaltskosten nicht als Verzugsschaden von der Beklagten verlangen. Zwar kann der Gläubiger eines zivilrechtlichen Anspruchs nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, U.v. 7.5.2015 – III ZR 304/14 – juris Rn. 33) unter den Voraussetzungen des Verzugs (§§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB) grundsätzlich auch die Kosten ersetzt verlangen, die für die vorprozessuale Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehen, wenn sie – nach Eintritt des Verzugs – aus der Sicht des Gläubigers zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt-Grünberg, BGB, 77. Auflage 2018, § 249 Rn. 57, § 286 Rn. 44). Doch ist diese Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf den inmitten stehenden beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch übertragbar, da Beamten – wie oben ausgeführt – anders als sonstigen (zivilrechtlichen) Gläubigern aufgrund des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses grundsätzlich zuzumuten ist, auch eine verspätete Auszahlung ihrer Bezüge hinzunehmen, wenn nur die angemessene Alimentation als solche nicht berührt ist. Hieraus resultiert auch eine Verpflichtung, bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf Zahlung von Bezügen auf die Belange des Dienstherrn Rücksicht zu nehmen, so dass die anwaltliche Einforderung nach der erstmaligen Geltendmachung durch den Kläger selbst, ohne dass die Beklagte davon ausgehen musste, dass die Nachzahlungsforderung bereits fällig war, als treuwidrig anzusehen ist. Vielmehr hätte der Kläger im Rahmen seines zur Beklagten bestehenden gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses dieser, nachdem auch im Juli 2014 noch kein Zahlungseingang zu verzeichnen war, eindeutig mitteilen müssen, dass die Forderung mittlerweile fällig geworden war, um diese zur Zahlung aufzufordern, was indes erst mit dem Schreiben vom 15. Juli 2014 der Fall war.
Unabhängig davon handelt es sich vorliegend entgegen der unbelegten Behauptung der Klägers auch um eine einfach gelagerte Angelegenheit (vgl. BGH, U.v. 16.7.2015 – IX ZR 197/14 – juris Rn. 55), bei der die vorprozessuale Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich war. Der Kläger als verwaltungserfahrener früherer erster Bürgermeister hätte die Nachzahlung der Bezüge auch selbst gegenüber der Beklagten geltend machen können, um seinen Anspruch wirksam durchzusetzen.
1.2.2 Soweit der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe vorliegend zu Unrecht einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung verneint, weil der Urlaubsanspruch bei einem gemäß Art. 39 Abs. 1 BayDG vorläufig dienstenthobenen Beamten nicht verfallen könne, legt er ebenfalls keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dar.
Ein nach Art. 39 Abs. 1 BayDG vorläufig des Dienstes enthobener (kommunaler Wahl-) Beamter hat keinen Anspruch auf Erholungsurlaub gemäß (Art. 41 Abs. 1 KWBG i.V.m.) Art. 93 Abs. 1 BayBG, weil eine Dienstleistungspflicht, von der er durch die Gewährung von Erholungsurlaub freizustellen wäre, mit der Suspendierung nicht mehr besteht (vgl. BayVGH, B.v. 18.11.2015 – 6 ZB 15.1856 – juris Rn. 8; OVG NW, B.v. 13.2.2018 – 6 B 1147/17 – juris Rn. 12). Wenn sich der Kläger insoweit darauf beruft, dass dieser Schluss nicht zwingend sei (vgl. VG Bremen, B.v. 19.8.2016 – 6 V 2267/16 – juris Rn. 27), weil die Urlaubsverordnung hierzu explizit Regelungen für bestimmte Fälle enthalte, in denen die Dienstleistungspflicht des Beamten bereits aus anderen Gründen ruhe, legt er nicht dar, um welche Normen es sich hierbei handelt und genügt damit nicht dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Diesbezüglich legt er auch nicht dar, inwiefern der vorliegende Fall mit der von ihm zitierten Entscheidung des BAG (U.v. 6.5.2014 – 9 AZR 678/12 – juris Rn. 12 ff.) vergleichbar ist. Auch ist es unbehelflich, wenn er darauf hinweist, dass einen vorläufig suspendierten Beamten zwar keine Dienstleistungspflicht, aber eine Verpflichtung zu ständiger Dienstbereitschaft treffe, da diesem dennoch kein Erholungsurlaub zu gewähren ist. Darüber hinaus wäre ein Urlaubsanspruch für die Jahre 2011 und 2012 auch verfallen, weil ein solcher nicht innerhalb der Frist des § 10 Abs. 1 Satz 2 bzw. Satz 4 UrlV (a.F.) geltend gemacht worden ist. Im Übrigen kommt eine Urlaubsabgeltung auch nach der Rechtsprechung des EuGH lediglich dann in Betracht, wenn ein Beamter krankheitsbedingt gehindert war, den Urlaub zu nehmen (vgl. BVerwG, B.v. 16.6.2016 – 2 B 72.15 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 29.2.2016 – 6 ZB 15.2493 – juris Rn. 12; B.v. 29.7.2016 – 3 ZB 15.1469 – juris Rn. 4). Der Fall, dass ein Beamter infolge einer vorläufigen Dienstenthebung keinen Urlaub nehmen kann, ist damit von vornherein nicht vergleichbar. Hiermit setzt sich der Kläger nicht in der gebotenen Weise auseinander. Ein solcher Anspruch kann auch nicht auf Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayDG gestützt werden, da diese Norm auf die Nachzahlung einbehaltener Bezüge beschränkt ist. Inwiefern durch eine fehlende Abgeltung des Urlaubs der Fürsorgeanspruch bzw. der Gleichbehandlungsgrundsatz verfassungswidrig verletzt sein sollte, legt der Kläger nicht substantiiert dar.
2. Aus den unter 1.2.2 dargestellten Gründen ergibt sich darüber hinaus, dass die Rechtssache auch nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt. Die Frage, ob ein Urlaubs- bzw. ein Urlaubsabgeltungsanspruch für die Dauer einer vorläufigen Dienstenthebung besteht, ist in der o.g. obergerichtlichen Rechtsprechung geklärt und zu verneinen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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