Arbeitsrecht

Rechtmäßige Rückforderung der Versorgungsbezüge

Aktenzeichen  M 12 K 15.4783

Datum:
28.1.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG BayBeamtVG Art. 7, 55 II, 62 II 1 Nr. 2, 85 II
BGB BGB §§ 199 IV, 818 I, III, IV, 820 I
AGBGB Art. 71 I 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 12 K 15.4783
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 28. Januar 2016
12. Kammer
Sachgebiets-Nr. 1334
Hauptpunkte:
Versorgungsbezüge;
Rückforderung;
Rückforderungsvorbehalt;
Verjährung;
Billigkeitsentscheidung
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache

– Klägerin –
bevollmächtigt: Rechtsanwälte …
gegen
Freistaat Bayern vertreten durch: Landesamt für Finanzen Dienststelle München Bezügestelle Versorgung Lazarettstr. 67, 80636 München
– Beklagter –
wegen Versorgungsbezüge
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 12. Kammer,
durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht …, den Richter am Verwaltungsgericht …, die Richterin …, die ehrenamtliche Richterin …, den ehrenamtlichen Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2016 folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Die Klägerin stand zuletzt als Professorin an der … München im Dienst des Beklagten. Mit Ablauf des 30. September 2004 wurde sie auf ihren Antrag hin in den Ruhestand versetzt. In der Erklärung über den Rentenbezug vom … Juli 2004 gab die Klägerin an, dass sie keine Renten beziehe, aber Versicherungszeiten zurückgelegt habe. Als Anlage waren Angaben zu Schul- und Studienzeiten sowie zu Arbeitsverhältnissen beigelegt.
Mit Schreiben vom … September 2004 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihre Versorgungsbezüge derzeit noch nicht endgültig festgesetzt werden könnten. Es würden daher ab 1. Oktober 2004 Abschlagszahlungen von monatlich 3.933,22 € angewiesen. Diese Zahlungen erfolgten vorläufig und unter dem Vorbehalt des Widerrufs und der eventuellen Rückforderung. Im Falle der Rückforderung der ohne rechtlichen Grund zu viel gezahlten Beträge könne sich die Klägerin nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Mit Schreiben vom … September 2004 hat der Beklagte bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte um Mitteilung gebeten, ob die Klägerin bei rechtzeitiger Antragstellung Anspruch auf Regelaltersrente hätte bzw. die Wartezeit erfüllt sei.
Mit Schreiben vom … Oktober 2004 wurde von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte mitgeteilt, dass für die Klägerin zum derzeitigen Zeitpunkt kein Rentenanspruch bestehe, sofern sie seit September/Oktober 1974 bis laufend Beamtin sei, da die Voraussetzungen nicht erfüllt seien.
Mit Schreiben vom … Februar 2005 wurde die Klägerin um Mitteilung gebeten, ob sie, nachdem sie mit Ablauf des … Februar 2005 das 65. Lebensjahr vollendet habe, nunmehr eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Unfallversicherung, einer betrieblichen Altersversorgung oder aus dem Ausland beziehe oder beantragt habe. In diesen Fällen sei der Rentenbescheid mit sämtlichen Anlagen in Kopie vorzulegen, soweit dies zwischenzeitlich noch nicht geschehen sei.
Mit Schreiben vom … Februar 2005 teilte die Klägerin mit, dass sie dabei sei zu klären, ob und wie viel ihr für die Zeit des Angestelltenverhältnisses vor der Arbeit an der … und vor der Verbeamtung zustehe. Eine weitere Nachricht seitens der Klägerin ist nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom … Mai 2006 wurden die der Klägerin monatlich zustehenden Versorgungsbezüge auf 3.933,22 € brutto festgesetzt. Die Berechnung der Versorgungsbezüge ergebe sich aus der beigefügten Festsetzung und den Anlagen Ermittlung des Ruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 BeamtVG, § 85 Abs. 1 BeamtVG, § 85 Abs. 4 Satz 2 BeamtVG, die zusammen mit der Anlage „Vorbehalte und Anzeigepflichten“ Bestandteil dieses Bescheides seien. Unter Hinweise und Bemerkungen auf Seite 2 des Bescheides wird ausgeführt, dass die Klägerin zum Zwecke der Ruhensregelung nach § 53 BeamtVG verpflichtet ist, den Bezug von Erwerbseinkommen oder Erwerbsersatzeinkommen unverzüglich der Bezügestelle anzuzeigen (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 BeamtVG).
In den Bezügemitteilungen ist unter Nr. 7 ausgeführt, dass die Klägerin verpflichtet ist, alle Änderungen in ihren persönlichen und sonstigen Verhältnissen, die für die Festsetzung und Zahlung ihrer Versorgungsbezüge, der sonstigen Leistungen und des Kindergeldes maßgebend sind, unverzüglich und unaufgefordert ihrer Bezügestelle mitzuteilen. Unterbleibe eine Mitteilung der Änderung oder werde sie verspätet oder fehlerhaft abgegeben, so können sich dadurch Überzahlungen ergeben, die zurückgefordert werden müssten. In diesen Fällen sei eine Berufung auf den Wegfall der Bereicherung nicht möglich. Anzuzeigen sei insbesondere die Bewilligung von Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen. Es empfehle sich, der Pensionsbehörde bereits die Antragstellung anzuzeigen.
Im Rahmen eines Abgleichs mit den bei der Deutschen Rentenversicherung gespeicherten Daten wurde festgestellt, dass die Klägerin neben ihren Versorgungsbezügen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Mit Schreiben vom … März 2015 wurde die Deutsche Rentenversicherung Bund gebeten, eine Kopie des gesamten Rentenbescheides mit allen Anlagen ab Rentenbeginn sowie die jeweiligen Anpassungen/Erhöhungen bis heute zu übersenden.
Mit Schreiben vom … April 2015 übermittelte die Deutsche Rentenversicherung Bund den Rentenbescheid vom … Dezember 2005, mit dem ab 1. Januar 2006 eine monatliche Rente von 233,53 € festgesetzt wurde. Für die Zeit vom 1. März 2005 bis 31. Dezember 2005 wurde eine Nachzahlung in Höhe von 70,46 € festgesetzt. Des Weiteren wurden die Rentenbeträge vom 1. März 2005 bis 1. Juli 2014 übermittelt. Seit 1. Juli 2014 beträgt die monatliche Rente 239,76 €.
Mit Bescheid vom … Mai 2015 wurden die Versorgungsbezüge der Klägerin ab 1. Juni 2015 unter Berücksichtigung eines Ruhensbetrages von 239,76 € auf insgesamt 4.389,11 € brutto festgesetzt.
Mit Schreiben vom … August 2015 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass im Rahmen eines Abgleichs mit den bei der Deutschen Rentenversicherung gespeicherten Daten festgestellt worden sei, dass die Klägerin neben ihren Versorgungsbezügen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Diese Rente sei nach Art. 85 BayBeamtVG auf ihre beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge anzurechnen. Die Rente sei inzwischen mit Wirkung für die Zukunft bei der Berechnung der Versorgungsbezüge berücksichtigt worden. In der Zeit vom 1. März 2005 bis 31. Mai 2015 seien Versorgungsbezüge in Höhe des Ruhensbetrages ohne Rechtsgrund gezahlt worden und daher zurückzufordern. Die Zahlung der Versorgungsbezüge stehe unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall ihrer rückwirkenden Rücknahmen oder des Erlasses eines rückwirkenden Ruhensbescheides. Der entsprechende Rückforderungsvorbehalt sei Bestandteil des früheren Festsetzungsbescheides gewesen. Außerdem sei ein entsprechender Hinweis in jeder Mitteilung über die Versorgungsbezüge enthalten. Die Rückforderung von Versorgungsbezügen richte sich grundsätzlich nach Art. 7 BayBeamtVG. Die Überzahlung betrage in der Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2015 insgesamt 26.871,99 €. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass bei einer Leistung unter Rückforderungsvorbehalt unterstellt werde, dass der Zahlungsempfänger den Mangel des rechtlichen Grundes gekannt habe und somit verschärft hafte. In diesen Fällen bleibe der Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Bezüge ohne Rücksicht auf den Wegfall der Bereicherung bestehen. Der Klägerin werde Gelegenheit gegeben, sich innerhalb von zwei Wochen zum Sachverhalt zu äußern, insbesondere sich zu der Frage zu erklären, inwieweit sie ihrer Anzeigepflicht nachgekommen sei. Sofern pflichtwidrig falsche oder unvollständige Angaben gemacht worden seien, stehe dies im Regelfall einem Rückforderungsverzicht im Rahmen der Billigkeitsentscheidung entgegen.
Mit Schreiben vom … August 2015 erklärte die Klägerin, dass sie sich gegen die Unterstellung der Bereicherung wie auch gegen die Bezahlung verwahre. Sie habe nach Dienstende dem Beklagten alle ihre Tätigkeiten nach Monat und Tag genau aufgelistet. Daraus müsse ersichtlich sein, dass sie als Angestellte gearbeitet habe, eingezahlt und somit einen Anspruch auf eine Rente habe. Die Höhe der Bezüge habe sie nicht festgelegt und sie sei selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Berechnung korrekt sei. Es komme ihr seltsam vor, dass es keine Verbindung zwischen den Ämtern geben solle und dies 10 Jahre lang. Von dieser gehe sie selbstverständlich aus. Sie bekomme regelmäßig das Schreiben über die Höhe ihrer Bezüge, vom Beklagten wie auch von der Rentenstelle. Sie bezahle über diesen Betrag öffentlich ihre Steuern. Es erscheine ihr so, dass sie nun einen dem Beklagten möglicherweise unterlaufenen Fehler korrigieren solle. Gegen eine Bereicherung wehre sie sich entschieden. Sie habe sich kundig gemacht und erfahren, dass nach vier Jahren die Verjährungsfrist abgelaufen sei. Sie wehre sich entschieden gegen die Unterstellung, sie hätte falsche oder unvollständige Angaben gemacht.
Mit Schreiben ihrer damaligen Bevollmächtigten vom … September 2015 wurde weiter ausgeführt, dass die geltend gemachte Forderung in Höhe von 26.871,99 € nicht nachvollziehbar sei. Es werde die Einrede der Verjährung erhoben. Für die Rückforderung seien die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung anzuwenden. Derartige Ansprüche unterlägen der regelmäßigen Verjährungsfrist des § 195 BGB, so dass Ansprüche aus der Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Dezember 2011 nicht mehr durchsetzbar seien. Die Klägerin berufe sich ferner auf den Wegfall der Bereicherung. Die Klägerin habe die Bezüge im Vertrauen auf die ordnungsgemäße Berechnung verbraucht. Die Klägerin habe seinerzeit alle von ihr geforderten Daten wahrheitsgemäß angegeben, so dass ihr die unterbliebene Anrechnung nicht zur Last zu legen sei. Zudem sei zuzugestehen, dass die Kenntnis der unterbliebenen Anrechnung für eine in Abrechnungsfragen nicht vorgebildete Person nicht erkenntlich sei. Vorsorglich werde beantragt, von einer Rückforderung aus den erwähnten Gründen aus Billigkeitserwägungen heraus abzusehen.
Mit Bescheid vom … September 2015 wurde die Bewilligung von Versorgungsbezügen für die Zeit ab 1. März 2005 insoweit zurückgenommen, als sie auf der nicht durchgeführten Ruhensberechnung nach § 55 BeamtVG, ab 1. Januar 2011 Art. 85 BayBeamtVG beruht (Nr. 1 des Bescheides). Die durch die Regelung der Versorgungsbezüge nach § 55 BeamtVG/Art. 85 BayBeamtVG entstandene Überzahlung werde im Rahmen der gesetzlichen Verjährungs- und Erlöschensvorschriften für die Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2015 in Höhe von 26.871,99 € zurückgefordert (Nr. 2 des Bescheides).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, beim Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit Renten sei eine Ruhensregelung nach § 55 BeamtVG, ab 1. Januar 2011 nach Art. 85 BayBeamtVG vorzunehmen. Renten blieben nur insoweit außer Ansatz, als sie auf freiwilliger Beitragsleistung beruhten. Der Berechnung der Rente der Klägerin lägen keine freiwilligen Beitragsleistungen zugrunde, somit sei die volle Rente bei der Ruhensregelung anzusetzen. Der Versorgungsempfänger erhalte seine Versorgungsbezüge unter einem gesetzesimmanenten Vorbehalt. Sein Versorgungsanspruch sei mit den Ruhensvorschriften belastet. Er habe von vornherein davon auszugehen, dass nach einer entsprechenden Änderung der Sachlage eine Änderung seiner Versorgungsbezüge eintrete. In diesem Sinne stehe die Festsetzung und Zahlung der Versorgungsbezüge unter dem zeitlich nicht beschränkten Vorbehalt, dass die Bezüge infolge späterer Anwendung der Ruhensvorschriften gekürzt würden und die Überzahlung zurückgefordert werde. Der Beklagte habe die Versorgungsbezüge der Klägerin wegen des Bezugs einer Rente rückwirkend, im Rahmen der Verjährung ab 1. August 2005 neu festgesetzt. Die Höhe des in der Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2015 noch zustehenden Ruhegehalts ergebe sich aus den beiliegenden Ruhensberechnungen und der beiliegenden Bezügemitteilung. Die Rückforderung der zu viel gezahlten Beträge stütze sich auf Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG. Danach fänden die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Anwendung. Auf einen eventuellen Wegfall der Bereicherung könne sich die Klägerin nicht berufen, da der Tatbestand der verschärften Haftung gemäß § 819 Abs. 1 BGB gegeben sei. Der Wegfall der Bereicherung könne dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes zur Zahlung gekannt habe. Von einer positiven Kenntnis der überhöht ausgezahlten Versorgungsbezüge werde seitens des Beklagten nicht ausgegangen, aber einer positiven Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes stehe es gleich, wenn dieser Mangel so offensichtlich gewesen sei, dass der Bezügeempfänger diesen hätte erkennen müssen (Art. 7 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG). Dies sei auch dann gegeben, wenn der Bezügeempfänger im Falle von Unklarheiten oder Zweifeln es unterlassen habe, sich bei der zuständigen Stelle Gewissheit darüber zu verschaffen, ob die Zahlungen zu Recht erfolgt seien. Auf das Erfordernis, eine Rente auf das Ruhegehalt anzurechnen, sei die Klägerin im Festsetzungsbescheid vom … Mai 2006 bei den Vorbehalten (Ziffer 2) und bei den Anzeigepflichten (Ziffer 3) hingewiesen und aufgefordert worden, eine Rentengewährung durch Vorlage des vollständigen Rentenbescheides mitzuteilen. Ferner sei die Zahlung der Versorgungsbezüge diesbezüglich unter Vorbehalt gestellt worden. Zudem weise jede Bezügemitteilung auf die Verpflichtung hin, den Bezug einer Rente anzuzeigen. Auch wenn die Klägerin bei der Erklärung über den Rentenbezug angegeben habe, dass sie Versicherungszeiten zurückgelegt habe, und in der Anlage dazu Angaben über die Dienstzeiten vor dem Beamtenverhältnis gemacht habe, hätte sie den Rentenbescheid bei der Pensionsbehörde vorlegen und sich vergewissern müssen, ob die weiterhin unverminderte Auszahlung der Versorgungsbezüge trotz des gleichzeitigen Rentenbezugs rechtmäßig sei. Zusätzlich sei die Klägerin mit Schreiben des Beklagten vom … Februar 2005 auf die Rentenanrechnung hingewiesen und aufgefordert worden, bei Rentenbezug den Rentenbescheid mit sämtlichen Anlagen in Kopie vorzulegen. Ergänzend werde mitgeteilt, dass ein Austausch mit den Rentenversicherungsträgern hinsichtlich des Anspruchs auf eine Rente oder mit den Steuerbehörden hinsichtlich der Angaben in den Steuererklärungen mit dem Beklagten nicht stattfinde. Darüber hinaus seien im Festsetzungsbescheid vom … Mai 2006 (Rechtsbelehrung – allgemeiner Vorbehalt) ab dem Zeitpunkt des Rentenbezugs die Versorgungsbezüge als vorläufige Zahlungen deklariert worden. Auch danach könne sich der Empfänger einer Leistung nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen worden sei, erfolgt sei und der Rechtsgrund weggefallen sei. Bei Zahlungs- und Versorgungsbezügen sei hinsichtlich der Ruhensvorschriften ein gesetzlicher Vorbehalt immanent mit der Folge des grundsätzlichen Ausschlusses der Einrede des Wegfalls der Bereicherung. Ohne Belang sei es dabei, ob sich der Betroffene über diesen gesetzlichen Vorbehalt im Zeitpunkt der Überzahlung bewusst gewesen sei. Für die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge finde Art. 8 BayBeamtVG Anwendung. Danach verjährten Ansprüche auf Rückzahlung von Versorgungsbezügen kenntnisunabhängig in 10 Jahren, wenn durch vorsätzlich oder leichtfertig unrichtige oder unvollständige Angaben oder durch das vorsätzliche oder leichtfertige pflichtwidrige Unterlassen von Angaben die Gewährung oder Belassung von Versorgungsbezügen bewirkt worden sei. Leichtfertig sei eine Verletzung der gebotenen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße und entspreche dem Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit. Trotz der bereits angeführten Anzeige- und Mitteilungspflichten habe die Klägerin es unterlassen, den Rentenbezug oder die Rentenerhöhungen der Pensionsbehörde anzuzeigen. Damit sei die Verjährungsfrist von 10 Jahren anzuwenden. Somit seien die Ansprüche vom 1. März 2005 bis 31. Juli 2005 verjährt bzw. nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB erloschen. Die Rückforderungsansprüche aus dem Zeitraum vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2015 seien nicht verjährt und beliefen sich insgesamt auf brutto 26.871,99 €. Hinsichtlich der einzelnen Teilbeträge werde auf die beiliegende Bezügemitteilung (Simulation) vom 7. September 2015 verwiesen. Von der Rückforderung könne gemäß Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG ganz oder teilweise aus Billigkeitsgründen abgesehen werden. Für die zu treffende Abwägung stehe naturgemäß die finanzielle Situation des Bereicherten im Vordergrund. Es sei jedoch auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Klägerin ihrer Anzeigepflicht seit dem Rentenbezug nicht nachgekommen sei. Die Klägerin erhalte ein monatliches Ruhegehalt netto in Höhe von 3.380,37 € sowie eine monatliche Rente in Höhe von 239,76 € und sei nach Aktenlage keiner Person zum Unterhalt verpflichtet. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung liege nicht vor, da der Beklagte aufgrund der Angaben der Klägerin im Schreiben vom … September 2004 bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hinsichtlich des Rentenanspruchs der Klägerin nachgefragt und mit Schreiben vom … Oktober 2004 die Antwort erhalten habe, dass kein Rentenanspruch bestehe. Zusätzlich sei die Klägerin mit Schreiben vom … Februar 2005 nochmals auf die Rentenanrechnung und die Notwendigkeit der Vorlage des Rentenbescheids hingewiesen worden.
Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom … Oktober 2015, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat die Klägerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
den Bescheid vom … September 2015 aufzuheben.
Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom … November 2015 im Wesentlichen ausgeführt, die Rückforderung sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Nach Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG fänden die Vorschriften des BGB über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Anwendung. Somit entfalle die Verpflichtung zur Herausgabe dann, wenn der Empfänger nicht mehr bereichert sei (§ 818 Abs. 3 BGB). Eine solche Entreicherung werde hier geltend gemacht, da die Klägerin das Geld bereits vollständig ausgegeben habe. Eine verschärfte Haftung nach § 819 Abs. 1 BGB sei nicht zu bejahen. Eine positive Kenntnis vom Mangel des rechtlichen Grundes habe bei der Klägerin nicht vorgelegen und werde auch vom Beklagten nicht behauptet. Einer positiven Kenntnis des Mangels des rechtlichen Grundes stehe es aber gleich, wenn dieser Mangel des rechtlichen Grundes so offensichtlich gewesen sei, dass der Bezügeempfänger diesen hätte erkennen müssen. Der Mangel hätte vorliegend von der Klägerin jedoch nicht erkannt werden müssen. Die Klägerin habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie sowohl eine Tätigkeit ausgeübt habe, die unter die Versorgungsbezüge falle, als auch eine Tätigkeit, die eine gesetzliche Rentenversicherungspflicht auslöse. Sie sei wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass diese Überschneidung durch die verschiedenen Behörden in Ausgleich gebracht werde. Dies gelte umso mehr, als die Bezüge von ein und demselben Dienstherrn, nämlich der … München, jetzt … München, bezahlt worden seien. Bis Oktober 1971 sei die Klägerin an der … München als Angestellte tätig gewesen. Sie sei hier unter der Bezeichnung „sonstige Lehrperson“ geführt worden. Ab … November 1974 sei sie dann in einem Beamtenverhältnis als „Professorin zur Probe“ berufen worden und ab … Januar 1979 als Professorin. Hier habe die Klägerin nicht damit rechnen müssen, dass ein Abgleich zwischen den Behörden nicht stattfinde. Dieses Versäumnis zwischen den Behörden könne nicht zulasten der Klägerin gehen. Nach Art. 7 Abs. 2 BayBeamtVG könne aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise von der Rückforderung abgesehen werden. Diese Vorschrift sei so zu verstehen, dass die Behörde bei Erlass eines Bescheids über die Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge zwingend eine Ermessensentscheidung darüber treffen müsse, ob und inwieweit eine Billigkeitsentscheidung zugunsten des Empfängers der überzahlten Bezüge in Betracht komme. Das Unterlassen einer solchen Ermessensentscheidung bzw. eine fehlerhafte Ermessensausübung mache den Rückforderungsbescheid insgesamt rechtswidrig. Der Beklagte habe in dem streitgegenständlichen Bescheid eine solche Billigkeitserwägung getroffen. Diese könne aber in der Sache beanstandet werden. Eine Billigkeitsentscheidung bezwecke, eine allen Umständen des Einzelfalles gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Beamten tragbare Lösung zu ermöglichen, bei der auch Alter, Leistungsfähigkeit und sonstige Lebensverhältnisse des Herausgabepflichtigen eine maßgebende Rolle spielen. Sie sei Ausdruck auch des im öffentlichen Recht geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben und stelle eine sinnvolle Ergänzung des ohnehin von dem gleichen Grundsatz geprägten Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung dar, so dass sie vor allem in Fällen der verschärften Haftung von Bedeutung sei. Dabei sei auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Beamten abzustellen. Bei der Billigkeitsentscheidung sei von besonderer Bedeutung, wessen Verantwortungsbereich die Überzahlung zuzuordnen sei und in welchem Maße ein Verschulden oder Mitverschulden hierfür ursächlich gewesen sei. Ein Mitverschulden der Behörde an der Überzahlung sei in die Ermessensentscheidung einzubeziehen. Deshalb sei aus Gründen der Billigkeit in der Regel von der Rückforderung abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liege. Dies sei hier der Fall. Die zuständige Behörde hätte hier schon längst erkennen müssen und können, dass es zu einer Überzahlung gekommen sei, da die Klägerin bei ein und demselben Dienstherrn tätig gewesen sei.
Mit Schreiben vom … November 2015 hat der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde mit Schreiben vom … Dezember 2015 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin nicht selbstverständlich habe davon ausgehen können, dass ihr Rentenbezug, der auf die Zahlung von Versorgungsbezügen anzurechnen sei, von dem Beklagten in Ausgleich gebracht werde. Neben dem Umstand, dass bei Empfang des Geldes eine ausbleibende Berücksichtigung der Rente aufgrund der Höhe der ausbezahlten Bezüge für die Klägerin erkennbar gewesen sei, hätte sich die Klägerin aufgrund der Hinweise und vermehrten Nachfragen seitens des Beklagten darüber im Klaren sein müssen, dass eine automatische Berücksichtigung der von ihr bezogenen Rente durch den Beklagten gerade nicht erfolge, sie vielmehr eine Anzeigepflicht treffe. Die Klägerin sei mit Festsetzungsbescheid vom … Mai 2006 ausführlich über ihre Anzeigepflichten informiert und belehrt worden. Bei der Mitteilung über den Rentenbezug vom … Juli 2004 wurde die Klägerin erneut bezüglich eines Rentenbezugs befragt und sie habe korrekt angegeben, dass sie keine Rente beziehe. Als die Klägerin das 65. Lebensjahr vollendet habe, sei sie mit Schreiben vom … Februar 2005 abermals um Mitteilung gebeten worden, ob sie eine Rente beziehe oder beantragt habe. Eine konkrete Antwort hierauf sei jedoch seitens der Klägerin ausgeblieben. Die Vielzahl der Hinweise und Nachfragen hätten bei der Klägerin das Bewusstsein schaffen müssen, dass der Beklagte nicht wie von selbst von dem Rentenbezug der Klägerin Kenntnis erlange bzw. sich die Informationen infolge eines permanenten Behördenabgleichs rein eigenständig verschaffe. Er sei vielmehr auf die positive Mitteilung durch die Klägerin angewiesen gewesen. Dies sei der Klägerin aufgrund der Vielzahl der Nachfragen durch den Beklagten bewusst gewesen. Ein Mitverschulden des Beklagten sei nicht gegeben. Der Beklagte habe keine Kenntnis von den eine Überzahlung von Versorgungsbezügen begründenden Umständen gehabt und habe diese auch nicht haben müssen. Zwar habe der Beklagte die erforderliche Kenntnis letztlich durch einen Abgleich mit den bei der Deutschen Rentenversicherung gespeicherten Daten erlangt, hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der Beklagte auch verpflichtet gewesen sei, sich seine Informationen durch einen solchen Abgleich zu verschaffen. Er habe sich vielmehr auf die Angaben der Klägerin verlassen dürfen, auch insoweit, dass diese ihrer Anzeigepflicht nachkomme. Deshalb habe es sich dem Beklagten aufgrund der Angaben der Klägerin auch nicht aufdrängen müssen, dass der Klägerin mit Erreichen des Regelrentenalters ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente zustehen würde, den er von Amts wegen zeitnah hätte berücksichtigen müssen. Den Beklagten treffe keine Verpflichtung, das Bestehen etwaiger Rentenansprüche von Amts wegen zu prüfen und ggf. Indizien hierfür nachzugehen. Vielmehr sei die Klägerin selbst verpflichtet gewesen, den Bezug sowie jede Änderung von Renten unverzüglich mitzuteilen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die Rückforderung der Versorgungsbezüge ist Art. 7 Abs. 2 des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes (BayBeamtVG) i. V. m. §§ 818 ff. BGB.
a) Es wurden Versorgungsbezüge (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG) überbezahlt i. S. d. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG. Versorgungsbezüge sind „zu viel gezahlt“ in diesem Sinne, wenn sie ohne rechtlichen Grund gezahlt wurden (vgl. BayVGH, B. v. 14.2.2011 – 14 B 10.567 – juris Rn. 23, zum BBesG). Nach Art. 85 Abs. 1 BayBeamtVG werden Versorgungsbezüge neben Renten nur bis zum Erreichen der sich aus Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG ergebenden Höchstgrenze gezahlt. Als Renten gelten gem. Art. 85 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayBeamtVG Renten der gesetzlichen Rentenversicherungen. Vor Inkrafttreten des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes ergibt sich aus § 55 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in der jeweils gültigen Fassung nichts anderes. Die der Klägerin mit Bescheid vom … Dezember 2005 seit 1. März 2005 bewilligte Rente der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet im vorliegenden Fall in voller Höhe die maßgebliche Höchstgrenze (vgl. Ruhensberechnung Bl. 136 ff. der Behördenakte). Da zwischen dem 1. März 2005 und dem 31. Mai 2015 die jeweiligen Rentenzahlungen der gesetzlichen Rentenversicherung nicht berücksichtigt wurden, wurden die Versorgungsbezüge der Klägerin falsch berechnet und über die Höchstgrenze des Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG bzw. des § 55 Abs. 2 BeamtVG hinaus ausbezahlt. Hierdurch ergab sich in der Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2015 eine ohne rechtlichen Grund geleistete Überzahlung i. H. v. insgesamt 26.871,99 Euro. Die Höhe der Überzahlung ergibt sich durch Addition der von der Deutschen Rentenversicherung der für den Zeitraum vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2015 mit Schreiben vom … April 2015 mitgeteilten monatlichen Rentenbeträge (Bl. 88 ff. der Behördenakte). Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
b) Die Klägerin ist nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m § 818 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des überbezahlten Betrags i. H. v. 26.871,99 Euro verpflichtet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin entreichert ist i. S. d. § 818 Abs. 3 BGB. Denn der Beklagte hat vorliegend unabhängig vom Wegfall der Bereicherung der Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung der überbezahlten Bezüge.
Die Klägerin haftet verschärft nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i. V. m. §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 BGB und kann sich somit nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Denn die Überzahlungen wurden unter dem Vorbehalt der Rückforderung bzw. Rückzahlung geleistet.
Nach §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt. Diese Norm umfasst auch den Fall einer Überzahlung von unter Vorbehalt gezahlten Versorgungsbezügen (vgl. BayVGH, B. v. 31.3.2011 – 3 CS 11.165 – juris Rn. 21). Der Ruhegehaltsfestsetzung und der Zahlung von Versorgungsbezügen ist hinsichtlich der Ruhensvorschriften ein gesetzlicher Vorbehalt immanent. Auch ohne dass es eines ausdrücklichen Vorbehalts bedarf, stehen Zahlungen, für die – wie hier – aufgrund der Ruhensvorschriften rückwirkend eine Anrechnung von Einkommen in Betracht kommt, unter dem immanenten Vorbehalt der Rückforderung (vgl. BayVGH, B. v. 31.3.2011 – 3 CS 11.165 – juris Rn. 21; BayVGH v. 27.10.1999 – 3 B 96.3205 – juris Rn. 16, jeweils zum BeamtVG). Dies führt zur verschärften Haftung nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i. V. m. §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 BGB, so dass sich die Klägerin nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann.
c) Der Rückforderungsanspruch ist im streitgegenständlichen Zeitraum auch nicht verjährt, unabhängig davon, ob der Rückforderungsanspruch vor dem 1. Januar 2011 entstanden ist.
Wann der Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Versorgungsbezüge wegen deren Zusammentreffen mit einer Altersrente aufgrund der Ruhensregelung entsteht, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstritten.
aa) Nach einer Ansicht entsteht der Anspruch mit der Überzahlung im jeweiligen Auszahlungsmonat, ohne dass es hierfür eines Ruhensbescheids bedarf (vgl. OVG Saarland, B. v. 29.4.2015 – 1 A 307/14 – juris). Danach wäre der streitgegenständliche Rückforderungsanspruch jedenfalls vor dem Inkrafttreten des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes zum 1. Januar 2011 entstanden.
Selbst wenn man dieser Meinung folgt, kann der Rückforderungsanspruch nach Rechtsauffassung des Gerichts allerdings frühestens mit Bekanntgabe des Versorgungsfestsetzungsbescheides entstehen. Auch das OVG Saarland geht in seiner o.g. Entscheidung davon aus, dass auf Ruhensvorschriften zurückgehende Rückforderungsansprüche jeweils in dem Monat in der Höhe entstehen, in dem die Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung ihres teilweisen Ruhens in der vollen im Versorgungsbescheid festgesetzten Höhe ausgezahlt werden. Ein Anspruch ist nämlich erst dann entstanden, sobald er erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 199 Rn. 3; Münchener Kommentar zum BGB, 3. Aufl. 1993, § 198 Rn. 1). Eine Überzahlung von Versorgungsbezügen liegt aber erst dann vor, wenn der gesetzliche Rentenanspruch zusammen mit dem Anspruch auf Ruhegehalt die maßgebliche Höchstgrenze überschreitet. Zwar entstehen beide Ansprüche mit dem Beginn des Ruhestands (§ 4 Abs. 2 BeamtVG; Art. 11 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG) bzw. dem Erreichen der Altersgrenze (§§ 35, 50 SGB VI). Im Rahmen der Berechnung des Ruhegehalts sind jedoch auch Ermessensvorschriften zu berücksichtigen, etwa im Rahmen der Anerkennung ruhegehaltsfähiger Dienstzeiten, so dass die tatsächliche Höhe des Anspruchs auf Ruhegehalt erst mit dem Versorgungsfestsetzungsbescheid endgültig feststeht. Erst mit Erlass des Versorgungsfestsetzungsbescheides kann demzufolge eine zuvor erfolgte Abschlagszahlung überhaupt als Überzahlung qualifiziert werden und ein Rückforderungsanspruch erstmals geltend gemacht werden. Werden daher wie im vorliegenden Fall bis zur endgültigen Festsetzung der Versorgungsbezüge vorläufige Abschlagszahlungen geleistet, entsteht der Rückforderungsanspruch für diesen Zeitraum erst mit Erlass des Festsetzungsbescheids. Der Rückforderungsanspruch ist daher nach dieser Auffassung erstmals im Mai 2006 mit Erlass des Festsetzungsbescheids und in der Folge mit jeder weiteren Überzahlung entstanden. Die Verjährung richtet sich für den bis zum 1. Januar 2011 entstandenen Rückforderungsanspruch in diesem Fall nach Art. 114 BayBeamtVG.
Hat die regelmäßige Verjährungsfrist von Ansprüchen auf Versorgungsbezüge und auf Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge, die vor Inkrafttreten des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes entstanden sind, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bayerischen Beamtenversorgungsgesetzes noch nicht begonnen, wird die Frist gem. Art. 114 Satz 1 Hs. 1 BayBeamtVG nach Art. 8 BayBeamtVG vom 1. Januar 2011 an berechnet; die Verjährung tritt spätestens mit Ablauf der bisherigen Höchstfrist, die ohne Rücksicht auf Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis begonnen hat, ein (Art. 114 Satz 1 Hs. 2 BayBeamtVG). Hat die Verjährungsfrist vor dem 31. Dezember 2010 begonnen, ist für den Fristablauf gem. Art. 114 Satz 2 BayBeamtVG das zum 31. Dezember 2010 geltende Recht maßgebend.
Art. 114 BayBeamtVG enthält eine Übergangsvorschrift für alle vor dem 1. Januar 2011 entstandenen versorgungsrechtlichen Ansprüche. Aufgrund der durch Art. 8 BayBeamtVG kenntnisunabhängigen Ausgestaltung des Verjährungsbeginns ist eine Übergangsregelung erforderlich, wenn die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist von Ansprüchen (§ 195 BGB), die vor Inkrafttreten des BayBeamtVG entstanden sind (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB), mangels Vorliegens der subjektiven Voraussetzungen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) noch nicht begonnen hat. Dann beginnt die Verjährungsfrist nach Art. 8 BayBeamtVG kenntnisunabhängig am 1. Januar 2011. Hat die ebenfalls kenntnisunabhängige Höchstfrist nach dem bisherigen Recht (§ 199 Abs. 4 BGB) bereits begonnen, so verjähren die Ansprüche spätestens mit Ablauf dieser Frist. Hat die Verjährungsfrist dagegen vor dem 31. Dezember 2010 begonnen, so ist das bis zum 31. Dezember 2010 geltende Recht anzuwenden (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 535).
Nach früherer Rechtslage war allerdings umstritten, ob auf versorgungsrechtliche Ansprüche die §§ 194 ff. BGB entsprechend anwendbar waren oder ob diesen die Erlöschensvorschrift des Art. 71 AGBGB vorging (Kazmaier/Schilder in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht, Art. 8 BayBeamtVG Rn. 2). Art. 71 AGBGB wurde dabei jedenfalls auf Rückforderungsansprüche des Dienstherrn für anwendbar gehalten (vgl. BayVGH, B. v. 26.11.2008 – 3 BV 07.1268 – juris Rn. 18). Da vor dem 1. Januar 2011 entstandene Rückforderungsansprüche des Dienstherrn somit nach Art. 71 AGBGB erlöschen, ist Art. 114 BayBeamtVG so zu lesen, dass an die Stelle der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist die regelmäßige dreijährige Erlöschensfrist des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB tritt (Kazmaier/Schilder a. a. O. Art. 114 BayBeamtVG Rn. 7). In der Sache ergeben sich dabei keine Unterschiede (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 – 3 ZB 12.2556 – juris).
Vorliegend hat die regelmäßige Erlöschensfrist des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB mangels Vorliegens der subjektiven Voraussetzungen (Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB) nicht vor dem 31. Dezember 2010 begonnen, so dass sich die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs nicht nach Art. 114 Satz 2 BayBeamtVG, sondern nach Art. 114 Satz 1 BayBeamtVG richtet:
Nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB beginnt die dreijährige Erlöschensfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, jedoch nicht vor dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Nach Art. 71 Abs. 1 Satz 3 AGBGB ist hierfür die Kenntnis der zuständigen Behörde erforderlich, vorliegend die des Landesamts für Finanzen (vgl. BayVGH, B. v. 26.11.2008 – 3 BV 07.1268 – juris Rn. 19). Dieses hat jedoch erst durch das Schreiben der Deutschen Rentenversicherung Bund vom … April 2015, mit dem diese den Rentenbescheid vom … Dezember 2005 vorgelegt hat, definitiv Kenntnis von allen anspruchsbegründenden Tatsachen erhalten, da nur aus diesem sowohl der genaue Zeitpunkt, ab dem der Klägerin eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bewilligt worden ist (1. März 2005), als auch die konkrete Höhe der von der Klägerin ab diesem Datum bezogenen Altersrente (218,97 €) entnommen werden konnten. Die Angaben müssen so konkret sein, dass die Behörde den Sachverhalt überprüfen, über die Anwendung der Ruhensregelungen entscheiden und hieran Rechtsfolgen – insbesondere die Kürzung der Versorgungsbezüge – knüpfen kann (vgl. BGH, B. v. 21.2.2013 – 1 StR 633/12 – juris Rn. 32). Dass die Klägerin im Rahmen der Erklärung über den Rentenbezug vom … Juli 2004 an das Landesamt für Finanzen ihre Tätigkeiten, darunter auch sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, aufgelistet hat, führt daher nicht zur Kenntnis des Landesamtes für Finanzen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Tätigkeit als Angestellte überwiegend im Dienst des Beklagten erfolgt ist. Erst mit der Übersendung des Rentenbescheids wurde das Landesamt für Finanzen in die Lage versetzt, eine konkrete Ruhensberechnung nach § 55 BeamtVG (Art. 85 BayBeamtVG) vorzunehmen, um überprüfen zu können, ob die von der Klägerin bezogene Altersrente zusammen mit den Versorgungsbezügen die Höchstgrenze des § 55 Abs. 2 BeamtVG (Art. 85 Abs. 2 BayBeamtVG) übersteigt, um überzahlte Versorgungsbezüge ggf. zurückzufordern.
Dem Beklagten kann insoweit auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Grob fahrlässige Unkenntnis i. S. d. Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt worden ist und der Gläubiger auch nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, U. v. 27.9.2011 – VI ZR 135/10 – juris Rn. 10 zu § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
Die damalige Bezirksfinanzdirektion München als Vorgängerin des Landesamtes für Finanzen hat bereits mit Schreiben vom … September 2004 bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte nachgefragt, ob die Klägerin bei rechtzeitiger Antragstellung einen Anspruch auf Regelaltersrente hätte. Mit Schreiben der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom … Oktober 2004 hat sie jedoch die Auskunft erhalten, dass kein Rentenanspruch bestehe, sofern die Klägerin seit September/Oktober 1974 laufend Beamtin gewesen ist.
Dennoch hat der Beklagte das Erreichen der Regelaltersgrenze der Klägerin zum Anlass genommen, die Klägerin mit Schreiben vom … Februar 2005 nochmal ausdrücklich um Mitteilung zu bitten, ob sie nunmehr eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Hierauf hat die Klägerin lediglich mitgeteilt, dass sie dabei sei zu klären, ob und wieviel ihr für die Zeit des Angestelltenverhältnisses zustehe.
Diesbezüglich ist es nicht als grob fahrlässig zu werten, wenn es das Landesamt für Finanzen unterlassen hat, weitere Nachforschungen über etwaige Rentenansprüche der Klägerin, etwa durch nochmalige Nachfrage bei der Klägerin oder der Rentenversicherung, anzustellen. Den Beklagten trifft keine Verpflichtung, das Bestehen etwaiger Rentenansprüche von Amts wegen zu prüfen und ggf. Indizien hierfür nachzugehen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 7.8.2013 – 5 LA 291/12 – juris Rn. 23; BayVGH, B. v. 24.9.2015 – a. a. O.). Vielmehr war die Klägerin selbst nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG (Art. 10 Satz 1 BayBeamtVG) verpflichtet, den Bezug sowie jede Änderung von Renten i. S. d. § 55 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG (Art. 85 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG), die zu einer Ruhensregelung führen, unverzüglich mitzuteilen (vgl. HessVGH, U. v. 18.4.2012 – 1 A 1522/11 – juris Rn. 39).
Demgemäß ist es nicht grob fahrlässig i. S. d. Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB, dass der Beklagte im Folgenden darauf vertraut hat, dass die Klägerin ihrer gesetzlichen Anzeigepflicht nachkommt. Damit wird nicht etwa ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten dadurch kompensiert, dass der Klägerin ihrerseits grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist; vielmehr handelt der Beklagte nicht grob fahrlässig, wenn er sich darauf verlässt, dass die Klägerin ihre Pflichten einhält. Der Grad der von der Versorgungsbehörde anzuwendenden Sorgfalt hängt ebenso wie das Maß des Vorwurfs im Fall eines Sorgfaltspflichtverstoßes davon ab, welche Pflichten dem Versorgungsempfänger seinerseits obliegen. Gesetzliche Mitteilungspflichten des Versorgungsempfängers und Sorgfaltspflichten der Behörde stehen in Korrelation zueinander. Hinsichtlich der Ruhensvorschriften hat der Gesetzgeber den Versorgungsempfängern eindeutige Anzeigepflichten auferlegt. Angesichts dessen durfte das Landesamt für Finanzen seine Organisation und die Gestaltung seiner Arbeitsabläufe im Rahmen eines sog. „Massengeschäfts“ deshalb an der Erwartung ausrichten, dass die Klägerin ihren Pflichten aus § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG (Art. 10 Satz 1 BayBeamtVG) nachkommen wird (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 – a. a. O.; VG Frankfurt, U. v. 17.11.2011 – 9 K 1109/11.F – juris Rn. 15). Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze eigens um entsprechende Mitteilung der Klägerin gebeten hat.
Auch der Umstand, dass der Beklagte Kenntnis von den Zeiten rentenversicherungspflichtiger Beschäftigung erlangt hatte und hierfür zum Teil selbst Beiträge abgeführt hat, rechtfertigt nicht den Vorwurf grob fahrlässiger Unkenntnis des Rentenbezugs. Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Verpflichtung des Versorgungsempfängers kann keine weitergehende Obliegenheit des Dienstherrn, einem Rentenbezug von Amts wegen (z. B. durch Nachfrage beim Rentenversicherer) nachzugehen, für den Fall begründet werden, dass der Versorgungsempfänger früher eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit ausgeübt hat bzw. es entsprechende Hinweise hierauf gibt (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2015 – a. a. O.; HessVGH, U. v. 18.4.2012 – 1 A 1522/11 – juris Rn. 39).
Nachdem die regelmäßige Erlöschensfrist des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB somit nicht vor dem 31. Dezember 2010 begonnen hat, richtet sich die Verjährung nach § 114 Satz 1 i. V. m. Art. 8 Satz 1 Hs. 2 BayBeamtVG. Danach verjähren Ansprüche in zehn Jahren, wenn durch vorsätzlich oder leichtfertig unrichtige oder unvollständige Angaben oder das vorsätzliche oder leichtfertige pflichtwidrige Unterlassen von Angaben die Gewährung oder Belassung von Versorgungsbezügen bewirkt wurde. Die Klägerin hat es vorliegend pflichtwidrig unterlassen, ihren Rentenbezug anzugeben, und dadurch die Gewährung und Belassung von Versorgungsbezügen bewirkt, da dem Beklagten dadurch eine Ruhensberechnung nicht möglich war. Dieses Unterlassen war auch leichtfertig. Leichtfertig ist eine Verletzung der gebotenen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße und insoweit der groben Fahrlässigkeit vergleichbar. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die Angaben nicht nur entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung gem. § 61 Abs. 2 BeamtVG (Art. 10 Abs. 2 BayBeamtVG) unterlassen. Sie wurde vielmehr in jeder Bezügemitteilung über ihre diesbezügliche Mitteilungspflicht informiert. Schließlich wurde sie im Februar 2005 vom Beklagten sogar noch eigens angeschrieben und um Mitteilung gebeten, ob sie mit Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Nur wenige Tage darauf hat die Klägerin einen entsprechenden Rentenantrag gestellt, der mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung vom … Dezember 2005 verbeschieden wurde. Dass sie dennoch die Mitteilung ihres Rentenbezugs an den Beklagten unterlassen hat, stellt eine Verletzung der gebotenen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße dar. Denn vor dem Hintergrund der zahlreichen Hinweise auf die Mitteilungspflicht – nicht zuletzt in jeder Bezügemitteilung – hätte jedermann erkennen müssen, dass er zur Meldung des Rentenbezugs verpflichtet ist. Umso mehr hätte dies die Klägerin, die als ehemalige Professorin eine hochgebildete Frau ist, erkennen müssen.
Nach Art. 114 Satz 1 Hs. 1 BayBeamtVG hat die zehnjährige Verjährungsfrist des Art. 8 Satz 1 Hs. 2 BayBeamtVG am 1. Januar 2011 begonnen, die durch Erlass des Rückforderungsbescheids vom 28. September 2015 gemäß Art. 53 Abs. 1 BayVwVfG gehemmt wurde; die zehnjährige kenntnisunabhängige Höchstfrist nach bisherigem Recht (Art. 71 Abs. 1 Satz 4 AGBGB) war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls noch nicht abgelaufen. Für den ab dem 1. Januar 2011 entstandenen Rückforderungsanspruch ist Art. 8 Satz 1 Hs. 2 BayBeamtVG direkt anwendbar, so dass der Rückforderungsanspruch für den gesamten geltend gemachten Zeitraum noch nicht verjährt war.
bb) Soweit man davon ausgeht, dass der Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Versorgungsbezüge wegen deren Zusammentreffen mit einer Altersrente erst mit Erlass des Ruhensbescheids entsteht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 27.2.2015 – OVG 7 B 16.14 – juris), ist der streitgegenständliche Rückforderungsanspruch nicht vor dem Inkrafttreten des BayBeamtVG zum 1. Januar 2011 entstanden. Die Verjährung richtet sich in diesem Fall nach Art. 8 BayBeamtVG, so dass der Rückforderungsanspruch im Zeitpunkt der Geltendmachung ebenfalls noch nicht verjährt war (s.o.).
d) Die Billigkeitsentscheidung des Beklagten i. S. d. Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG ist nicht zu beanstanden.
Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG ermöglicht es, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für den Beklagten zumutbare und für die Klägerin tragbare Lösung zu entwickeln (vgl. BVerwG, U. v. 26.4.2012 – 2 C 15/10 – juris Rn. 24, zum BBesG). Bei dieser Entscheidung ist nicht die gesamte Rechtsbeziehung, aus welcher der Bereicherungsanspruch erwächst, nochmals unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu würdigen, sondern auf das konkrete Rückforderungsbegehren und vor allem auf die Modalitäten der Rückabwicklung und ihre Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen. Es kommt auf die Lage der Klägerin im Zeitpunkt der Rückabwicklung, v.a. auf ihre wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, sowie auf den Grund der Überzahlung, insbesondere auf ein etwaiges Mitverschulden der leistenden Behörde, an (vgl. BayVGH, B. v. 14.2.2011 – 14 B 10.567 – juris Rn. 31; vgl. BayVGH, B. v. 31.3.2011 – 3 CS 11.165 – juris Rn. 24).
Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass keine Billigkeitsgründe vorliegen, aufgrund derer von der Rückforderung ganz oder teilweise abgesehen werden könnte. Von der Rückforderung ist in der Regel teilweise abzusehen, wenn der Grund für die Überzahlung in der überwiegenden behördlichen Verantwortung liegt (vgl. BVerwG, U. v. 26.4.2012 – 2 C 15/10 – juris Rn. 26, zum BBesG). Dies ist hier nicht der Fall. Vielmehr liegt die Überzahlung im Verantwortungsbereich der Klägerin. Aus § 61 Abs. 2 BeamtVG (Art. 10 Abs. 2 BayBeamtVG) ergibt sich die Verpflichtung der Klägerin zur Mitteilung des Rentenbezugs. Sie kann sich nicht auf ein Mitverschulden oder Organisationsverschulden der Behörde mangels automatischen Datenaustauschs mit der gesetzlichen Rentenversicherung berufen. Es lag vielmehr an der Klägerin, ihre eigene Mitteilungspflicht zu erfüllen und für die rechtzeitige und vollständige Mitteilung sämtlicher Änderungen Sorge zu tragen.
Aus den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen der Klägerin ergeben sich keine Billigkeitsgründe, aufgrund derer nach Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG von der Rückforderung teilweise abgesehen werden könnte. Dass die Klägerin durch die Rückforderung der überbezahlten Bezüge unzumutbar belastet ist, ist nicht vorgetragen worden und angesichts der Höhe ihrer Versorgungsbezüge auch nicht ersichtlich.
2. Die Ruhensregelung in Nr. 1 des Bescheides findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 85 BayBeamtVG (§ 55 BeamtVG) i. V. m. Art. 48 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 BayVwVfG.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 26.871,99 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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