Arbeitsrecht

Rechtsanwaltsvergütung nach Trennung von Verfahren

Aktenzeichen  14 C 17.559

Datum:
8.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2017, 924
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 93, § 146 Abs. 3
RVG § 2 Abs. 2, § 15 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Auch wenn eine Verfahrensgebühr vor der Verfahrenstrennung bereits (anteilig) aus dem Gesamtstreitwert erwachsen ist, fallen in den durch die Trennung verselbständigten Verfahren entsprechende Gebühren aus den jeweiligen geringeren Streitwerten erneut an; dies gilt für das unter dem alten Aktenzeichen fortgeführte Verfahren in gleicher Weise wie für die mit neuen Aktenzeichen versehenen abgetrennten Verfahren (Abweichung von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in den Beschlüssen vom 30. Januar 2007 – 25 C 07.161 – juris Rn. 3 und vom 28. Mai 2001 – 23 C 01.1049 – juris Rn. 4). (Rn. 19)
2. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG steht der Berücksichtigung der nach Trennung entstandenen Verfahrensgebühr nicht entgegen; er hindert nur die kumulative Forderung von (anteiliger) Gesamtgebühr und Einzelgebühr. In der Konsequenz ergibt sich ein Wahlrecht des Bevollmächtigten, ob er die Festsetzung der (niedrigeren) Verfahrensgebühr aus dem anteiligen Gesamtstreitwert fordert oder der (höheren) Verfahrensgebühr aus dem Einzelstreitwert nach Verfahrenstrennung. (Rn. 22)
3. Durch die Trennung entstehen rechtlich selbständige Verfahren. Die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen kann deshalb für jedes Verfahren in vollem Umfang geltend gemacht werden. (Rn. 23)
4 Die Mehrwertsteuer ist bei der Berechnung der Beschwerdesumme von 200 € (§ 146 Abs. 3 VwGO) zu berücksichtigen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
5 Für die Rechtsanwaltsvergütung ist es irrelevant, ob sachgerechte Gründe für die Verfahrenstrennung vorlagen. Die Auswirkungen einer solchen Trennung können im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht mehr korrigiert werden. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 M 17.65 2017-02-21 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 21. Februar 2017 wird aufgehoben. Die vom Beklagten an den Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Aufwendungen werden unter Abänderung von Nr. I des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. Dezember 2016 auf 661,28 Euro festgesetzt.
II. Die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich im Wege der Beschwerde gegen die Zurückweisung seiner Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. Dezember 2016.
Der Kläger erhob mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. Januar 2016 Klage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2015, in dem mehrere (größtenteils ineinandergreifende) naturschutzrechtliche Anordnungen unter anderem im Zusammenhang mit der Rodung eines Streuobstbestands getroffen worden waren. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. Januar 2016 wurden von diesem Verfahren mit dem Aktenzeichen W 4 K 16.30 vier weitere Verfahren (W 4 K 16.31, W 4 K 16.32, W 4 K 16.33 und W 4 K 16.34) abgetrennt, soweit die Nummern 1, 2, 5 und 8 des Bescheids vom 9. Dezember 2015 betroffen waren. Sämtliche Verfahren wurden am 18. Oktober 2016 gemeinsam mündlich verhandelt. Mit Urteilen jeweils vom gleichen Datum wurde der Bescheid insgesamt aufgehoben und dem Beklagten wurden jeweils die Kosten des Verfahrens auferlegt. Durch Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg wurde der Streitwert in der Verwaltungsstreitsache W 4 K 16.30 auf 23.568,97 Euro vor Abtrennung der vier weiteren Verfahren (W 4 K 16.31, W 4 K 16.32, W 4 K 16.33 und W 4 K 16.34) festgesetzt, nach Abtrennung auf 2.500 Euro.
Mit Schriftsatz vom 14. November 2016 beantragte der Kläger, im Verfahren W 4 K 16.30 die folgenden Kosten gegen den Beklagten festzusetzen: Eine 1,3-fache Verfahrensgebühr (§ 2 Abs. 2, § 13 RVG, Nr. 3100 VV RVG) in Höhe von 261,30 Euro und eine 1,2-fache Terminsgebühr (§ 2 Abs. 2, § 13 RVG, Nr. 3104 VV RVG) in Höhe von 241,20 Euro, jeweils aus einem Gegenstandswert von 2.500 Euro, sowie eine Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (§ 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 7002 VV RVG) in Höhe von 20 Euro. Zusammen mit weiteren in Ansatz gebrachten Auslagen wurde ein Betrag von insgesamt 683,42 Euro (incl. Mehrwertsteuer) geltend gemacht.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Dezember 2016 setzte der Urkundsbeamte die außergerichtlichen Aufwendungen auf insgesamt 458,40 Euro (incl. Mehrwertsteuer) fest. Zur Begründung führte er (unter anderem) aus, dass die Verfahrensgebühr aus dem Streitwert in Höhe von 23.568,97 Euro spätestens mit dem Eingang der Klageschrift vom 11. Januar 2016 bei Gericht und damit vor Abtrennung der Verfahren W 4 K 16.31 bis W 4 K 16.34 entstanden sei. Sie könne deshalb nur entsprechend dem verbliebenen Streitwertanteil, d.h. dem Verhältnis des Einzelstreitwerts von 2.500 Euro zu dem bei Eingang der Klageschrift bestehenden Gesamtstreitwert aller Verfahren in Höhe von 23.568,97 Euro berechnet und festgesetzt werden; sie betrage also 108,69 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer). Der Ansicht, ein Rechtsanwalt habe ein Wahlrecht, ob er seine Gebühren aus dem addierten Gesamtstreitwert oder aus den Einzelstreitwerten der abgetrennten Verfahren fordere, könne nicht beigetreten werden. Nach dem in § 15 Abs. 2 RVG gesetzlich normierten Grundsatz der Einmaligkeit einer Gebührenforderung könnten bereits entstandene Gebühren nach einer Abtrennung von Verfahren nicht erneut entstehen. Die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 Euro könne ebenfalls nur entsprechend dem verbliebenen Streitwertanteil angesetzt werden; sie betrage 2,12 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer). Die Dokumentenpauschale (§ 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 7000 VV RVG) und die geltend gemachten Fahrtkosten (§ 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 7003 VV RVG) seien zu kürzen.
Mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2016 beantragte der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Dezember 2016 die Entscheidung des Gerichts. Zur Begründung führte er aus, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien nach Prozesstrennung eigenständige Verfahrensgebühren aus jedem Einzelstreitwert entstanden. Auch wenn die Verfahrensgebühr mit der Einleitung des Prozesses entstehe, solle sie nicht nur diese Tätigkeit des Rechtsanwalts abdecken, sondern alle seine weiteren Tätigkeiten im Verlauf des Verfahrens, die nicht über die Terminsgebühr bezahlt würden. Die Aufteilung eines Verfahrens in eine Mehrzahl von Verfahren führe zu einer deutlichen Mehrbelastung des Rechtsanwalts und der übrigen Beteiligten. Voraussetzung für das Wahlrecht des Rechtsanwalts sei auch, dass in den abgetrennten „neuen“ Verfahren die Voraussetzungen für das Entstehen einer Gebühr gesondert erfüllt seien. Dies sei vorliegend durch den Schriftverkehr nach Verfahrenstrennung gegeben. Da nach der Trennung der Verfahren mehrere Angelegenheiten vorlägen, könnten auch gesonderte Pauschalen für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen für jedes Verfahren berechnet werden. Gegen die sonstigen Kürzungen (Dokumentenpauschale und Fahrtkosten) in Höhe von insgesamt 22,14 Euro (incl. Mehrwertsteuer) wandte sich der Kläger nicht.
Mit Beschluss vom 21. Februar 2017 wies das Verwaltungsgericht die Erinnerung zurück, ordnete die Kostentragung des Klägers an und setzte den Streitwert auf 225,02 Euro fest. Zur Begründung verwies es im Wesentlichen auf die Ausführungen des Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsbeschluss und in der Stellungnahme vom 19. Januar 2017 zur Entscheidung, der Erinnerung nicht abzuhelfen. Ergänzend führte es unter Verweis auf § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG und unter Berufung auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Januar 2007 – 25 C 07.161 – (juris) aus, dass für die Berechnung der Verfahrensgebühr allein die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühr bei Klageerhebung maßgeblich seien und auch nach einer Trennung der Verfahren blieben, mit der Folge, dass eine Berechnung nach Einzelstreitwerten ausscheide. Ein Wahlrecht des Bevollmächtigten bestehe auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt, dass er nach der Abtrennung der Verfahren noch Tätigkeiten zur Ausführung des Auftrags vorgenommen habe. Die Mehrarbeit nach Abtrennung der Verfahren habe sich auf die mehrfache Einreichung von Schriftsätzen mit identischem Inhalt beschränkt.
Der Kläger wendet mit seiner fristgemäß eingereichten Beschwerde vom 6. März 2017 ein, die in Bezug genommene Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Januar 2007 – 25 C 07.161 – (juris) habe einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand. Der Grundsatz der Einmaligkeit nach § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG könne nicht herangezogen werden, da die Behörde fehlerhaft nur einen einzigen Bescheid mit mehreren Anordnungen erlassen habe. Richtig wäre es gewesen, von Anfang an die einzelnen Anordnungen in getrennten Bescheiden zu treffen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die außergerichtlichen Aufwendungen des Klägers aus dem Einzelstreitwert zu berechnen sowie eine ungekürzte Auslagenpauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, insgesamt also einen Betrag von 661,28 Euro festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren W 4 K 16.30, W 4 M 17.65 und 14 C 17.559 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde, über die der Senat entscheidet (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2014 – 10 C 12.1343 – juris Rn. 17), hat Erfolg.
Das Begehren des Klägers, der keinen konkreten Antrag stellt, ist nach verständiger Auslegung dahingehend zu verstehen, dass er den Kostenfestsetzungsbeschluss nur teilweise angefochten hat, nämlich hinsichtlich der Verfahrensgebühr und der Kürzung der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen, nicht jedoch hinsichtlich der Kürzung der Dokumentenpauschale und der Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 22,14 Euro. Gegen letztere hat sich der Kläger weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gewandt.
1. Die Beschwerde ist nach § 146 Abs. 1 und 3, § 147 Abs. 1 VwGO zulässig. Insbesondere ist der nach § 146 Abs. 3 VwGO erforderliche Beschwerdewert von 200 Euro überschritten. Im Kostenfestsetzungsbeschluss wurde die Verfahrensgebühr mit 108,69 Euro (ohne Mehrwertsteuer) angesetzt, während der Kläger eine Verfahrensgebühr von 261,30 Euro (ohne Mehrwertsteuer) begehrt. Die vom Kläger begehrte Pauschale für Entgelte für Post- und Kommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20 Euro (ohne Mehrwertsteuer) wurde lediglich in Höhe von 2,12 Euro (ohne Mehrwertsteuer) angesetzt. Es ergibt sich somit ein Beschwerdewert in Höhe von 170,49 Euro zzgl. Mehrwertsteuer, insgesamt also 202,88 Euro. Die Mehrwertsteuer ist nach Auffassung des Senats bei der Berechnung der Beschwerdesumme zu berücksichtigen (vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 146 Rn. 15).
2. Die teilweise Anfechtung des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist begründet. Nr. I des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 13. Dezember 2016 ist dahingehend abzuändern, dass der Erstattungsbetrag auf 661,28 Euro erhöht wird. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg ist diesbezüglich (einschließlich der getroffenen Kostenentscheidung) aufzuheben.
a) Der Kläger kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und des Kostenbeamten eine 1,3 fache Verfahrensgebühr in Höhe von 261,30 Euro zzgl. Mehrwertsteuer (insgesamt 310,95 Euro) aus einem Einzelstreitwert von 2.500 Euro verlangen.
Nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 3100 VV RVG erhält ein Bevollmächtigter eine 1,3-fache Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl. Vorbem. 3 Abs. 2 VV RVG). Die Gebühren werden nach dem Gegenstandswert berechnet. Da der Streitwert als für die Gerichtsgebühren maßgebender Wert festgesetzt wurde, ist diese Festsetzung nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Bevollmächtigten maßgebend.
Zwar ist es richtig, dass zunächst die 1,3-fache Verfahrensgebühr aus dem Gesamtstreitwert in Höhe von 23.568,97 Euro mit dem Betreiben des Geschäfts durch den Prozessbevollmächtigten entstanden ist, also spätestens mit Einreichung der gegen den Bescheid des Beklagten vom 9. Dezember 2015 gerichteten Anfechtungsklage vom 11. Januar 2016. Diese Verfahrensgebühr ist auch für das hier zugrunde liegende (Ausgangs-)Verfahren im Verhältnis des Anteils des nach Trennung entstandenen Einzelstreitwerts zu dem vor Trennung festgestellten Gesamtstreitwert aufzuteilen (2500 Euro x 100 : 23.568,97 Euro = 10,61% von 1024,40 Euro = 108,69 Euro). Dennoch fallen in den durch die Trennung verselbständigten Verfahren entsprechende Gebühren aus den jeweiligen geringeren Streitwerten erneut an, auch wenn eine Verfahrensgebühr vor der Verfahrenstrennung bereits (anteilig) aus dem Gesamtstreitwert erwachsen ist (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2009 – 9 KSt 10.09 u.a. – Buchholz 310 § 164 VwGO Nr. 4 m.w.N.; unter Berufung darauf auch BGH, U.v. 24.9.2014 – IV ZR 422/13 – MDR 2014, 1414; vgl. auch Rennert in Eyermann, VwGO, § 93 Rn. 8). Dies gilt für das unter dem alten Aktenzeichen weitergeführte Verfahren in gleicher Weise wie für die mit neuen Aktenzeichen versehenen abgetrennten Verfahren.
Hieran ändert auch nichts, dass sachgerechte Gründe (vgl. BVerfG, B.v. 10.7.1996 – 2 BvR 65/95 u.a. – NJW 1997, 649 zum entsprechenden § 145 Abs. 1 Satz 1 ZPO) für die Trennung der Verfahren nicht ersichtlich sind. Die Auswirkungen einer solchen Trennung können im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht mehr korrigiert werden.
Der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in den Beschlüssen vom 30. Januar 2007 – 25 C 07.161 – (juris Rn. 3) sowie vom 28. Mai 2001 – 23 C 01.1049 – (juris Rn. 4), wonach auch nach Trennung der Verfahren für den Rechtsanwalt die bereits entstandene, anteilig zu bemessende Gebühr maßgeblich bleibt und eine Berechnung nach Einzelstreitwerten ausscheidet, schließt sich der Senat nicht an. Unmaßgeblich ist dabei, in welchem Umfang Tätigkeiten des Bevollmächtigten nach Verfahrenstrennung erforderlich waren bzw. erfolgt sind. Zum Verfahren gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG auch Neben- und Abwicklungstätigkeiten, die sich nach Nummer 9 dieser Vorschrift in der Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen erschöpfen können. Diese Tätigkeiten des Bevollmächtigten fanden in jedem Fall auch nach Abtrennung der Verfahren statt.
§ 15 Abs. 2 Satz 1 RVG steht der Berücksichtigung der nach Trennung entstandenen Verfahrensgebühr nicht entgegen (BVerwG, B.v. 4.9.2009 – 9 KSt 10.09 u.a. – Buchholz 310 § 164 VwGO Nr. 4). Er hindert nur die kumulative Forderung von (anteiliger) Gesamtgebühr und Einzelgebühr. Demzufolge ist auf die nach der Verfahrenstrennung entstandene 1,3-fache Verfahrensgebühr aus dem Streitwert von 2.500 Euro (310,95 Euro incl. Mehrwertsteuer) der auf das Verfahren entfallende Anteil am Gesamtstreitwert (vgl. zur Berechnung oben) mindernd anzusetzen. Die ursprünglich entstandene Gebühr aus dem anteiligen Streitwert wird somit durch nachfolgenden Abzug bei der nach Verfahrenstrennung entstandenen Gebühr wirkungslos. In der Konsequenz ergibt sich ein Wahlrecht des Bevollmächtigten, ob er die Festsetzung der (niedrigeren) Verfahrensgebühr aus dem anteiligen Gesamtstreitwert fordert oder der (höheren) Verfahrensgebühr aus dem Einzelstreitwert nach Verfahrenstrennung.
b) Die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV RVG ist in Höhe von 20 Euro (zzgl. Mehrwertsteuer) ungekürzt anzusetzen. Durch die Trennung sind mit dem vorliegenden Verfahren und den abgetrennten Verfahren rechtlich selbständige Verfahren entstanden (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, § 93 Rn. 8). Diese sind im Verhältnis zueinander auch nicht mehr als „dieselbe Angelegenheit“ i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG zu behandeln. Die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen kann deshalb in vollem Umfang in jedem Verfahren beantragt werden.
c) Dies zugrunde gelegt berechnet sich die Vergütung wie folgt:
1,3 Verfahrensgebühr anteilig aus 23.568,97 Euro
10,61% aus 1024,40 Euro
108,69 Euro
1,3 Verfahrensgebühr aus 2.500 Euro
261,30 Euro
Abzgl. anteilige Verfahrensgebühr
– 108,69 Euro
1,2 Terminsgebühr aus 2.500 Euro
241,20 Euro
Pauschale Post- und Telekommunikation
20,00 Euro
Kopien
6,00 Euro
1/5 Entfernungskilometer
10,20 Euro
1/5 Abwesenheitsgeld
5,00 Euro
Akteneinsicht
12,00 Euro
555,70 Euro
19% Mehrwertsteuer
105,58 Euro
gesamt
661,28 Euro
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich. Gerichtskosten fallen bei einem Erfolg des Beschwerdeverfahrens nicht an (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).“
3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg war gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 1 GKG auch hinsichtlich der Streitwertfestsetzung (Nr. III des Tenors) aufzuheben. Im Erinnerungsverfahren erfolgt keine Streitwertfestsetzung, da dieses gerichts-gebührenfrei ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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