Arbeitsrecht

Streitwert bei Klage des Leasingnehmers auf Übereignung des Leasingfahrzeugs und Widerklage des Leasinggebers auf Herausgabe

Aktenzeichen  2 Ta 260/20

Datum:
13.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40641
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 41 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Klageantrag des Leasingnehmers auf Übereignung des Leasingsfahrzeugs und ein Widerklageantrag des Leasinggebers auf Herausgabe des Fahrzeugs überschneiden sich wirtschaftlich, so dass keine Wertaddition stattfindet. (Rn. 7 – 11)

Verfahrensgang

35 Ca 11027/19 2020-07-24 Bes ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

Die Beschwerde der Klägervertreter gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 24.07.2020 – 35 Ca 11027/19 – wird auf Kosten der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Parteien hatten einen Leasing-Vertrag über ein Kfz Porsche Boxster S Modell 981 geschlossen. Im dem der Wertfestsetzung zugrundeliegenden Verfahren hatte die Klägerin u. a. die Verurteilung der Beklagten begehrt, der Klägerin das Fahrzeug Zug um Zug gegen Zahlung eines noch zu bestimmenden Kaufpreises zu übereignen (Klageantrag 2). Die Beklagte hatte Widerklage erhoben und vor allem begehrt, die Klägerin zur Herausgabe des Fahrzeugs zu verurteilen (Widerklageantrag 1).
Mit Beschluss vom 24.07.2020 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandwert für das Verfahren auf € 49.601,55 festgesetzt und dabei den Klageantrag 2 und den Widerklageantrag 1 mit insgesamt € 39.000, – bewertet. Dieser Betrag entspreche dem Wert des Fahrzeugs.
Gegen diesen den Klägervertretern am 27.07.2020 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Klägervertreter vom 29.07.2020, mit der sie einen um € 39.000,00 höheren Gegenstandswert begehren und der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, denn die Klägervertreter sind hinsichtlich des Gegenstandswerts antragsberechtigt und der Beschwerdewert übersteigt € 200,00 (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde wurde fristgerecht eingelegt (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
III.
Die Beschwerde ist nicht begründet, denn die Wertfestsetzung durch das Arbeitsgericht ist nicht zu beanstanden.
Für die Bewertung des Herausgabeanspruchs (Widerklageantrag 1) ist der Wert des Fahrzeugs maßgeblich und die Beschwerdeführer rügen nicht, der vom Arbeitsgericht angenommene Wert sei fehlerhaft.
Zutreffend hat das Arbeitsgericht angenommen, das die Werte des Klageantrags 2 und des Widerklageantrags 1 nicht zu addieren sind.
Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG sind die in einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachten Ansprüche grundsätzlich zusammenzurechnen. Allerdings ist nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend, wenn die einander gegenüberstehenden Ansprüche denselben Gegenstand betreffen. Letzteres ist unabhängig vom zivilprozessualen Streitgegenstand bei wirtschaftlicher Identität von Klage und Widerklage der Fall. Diese Identität ist dann gegeben, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, dass beiden stattgegeben werden kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag notwendigerweise die Abweisung des anderen Antrags nach sich zieht (BGH v. 11.03.2014 – VIII ZR 261/12 – juris).
Wie vom Arbeitsgericht ausgeführt ist dies hier der Fall. Die beiderseitigen Ansprüche schließen sich gegenseitig aus. Nach Übereignung des Fahrzeugs (Begehren des Klageantrags 2) kann die Beklagte die Herausgabe nicht mehr verlangen (Widerklageantrag 1).
Eine Addition der Werte der sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche lässt sich nicht damit begründen, Klage und Widerklage würden unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen. Nach der Rechtsprechung des BGH greift der oben beschriebene Identitätsgrundsatz dann nicht ein, wenn mit Klage und Widerklage lediglich Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis hergeleitet werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen (BGH aaO. Rn. 5).
Auch diese weitere Voraussetzung für die Behandlung von Klage und Widerklage nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist gegeben. Die gegenteilige Auffassung des OLG München in einem ähnlich gelagerten Verfahren (Beschluss vom 18.06.2015 – 32 W 792/15) und der Beschwerdeführer überzeugt nicht. Die beiderseitigen Anträge überschneiden sich wirtschaftlich und ihnen liegt aus der jeweiligen Sicht beider Parteien ein identisches wirtschaftliches Interesse zugrunde. Wirtschaftlich geht es nämlich beiden Parteien um den Porsche mit einem Wert von € 39.000,00. Die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreits mit den sich ausschließenden Anträgen wird nicht dadurch verdoppelt, dass beide Parteien das Fahrzeug als Eigentümerin nutzen wollten. Der Umstand, dass die Klägerin die Übereignung und die Beklagte die Herausgabe begehrte, begründet zwar unterschiedliche Streitgegenstände, nicht jedoch wirtschaftliche Interessen, die über eine Nutzung des Fahrzeugs als Eigentümer hinausgehen.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
V.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 33 Abs. 6 RVG).


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