Arbeitsrecht

Umsetzung: Entziehung des Titels „Geschäftsleitender Beamter“

Aktenzeichen  3 ZB 14.1753

Datum:
17.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 42675
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2, Abs. 5
BayPVG Art. 75 Abs. 1 Nr. 6
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5

 

Leitsatz

1 Die Entziehung des Titels „Geschäftsleitender Beamter“ berührt weder das Amt des Beamten im statusrechtlichen noch im abstrakt-funktionellen Sinne; weder ändert sich die Amtsbezeichnung noch die Besoldungs- und die Laufbahngruppe. Der Titel „Geschäftsleitender Beamter“ bezeichnet kein Amt, sondern ist lediglich ein „untechnischer“ Ausdruck. Er ist auch für ein Auswahlverfahren kein relevantes Kriterium. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Rüge unzureichender Aufklärung kann mit Erfolg nur erheben, wer in der Verhandlung selbst einen Beweisantrag stellt, außer eine (weitere) Aufklärung des Sachverhalts hätte sich dem Gericht aufdrängen müssen.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 K 13.1221 2014-07-01 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die (sinngemäß) im Stile einer Berufungsbegründung geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor. Die Antragsbegründung benennt ausdrücklich lediglich den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, rügt daneben jedoch inhaltlich einen Aufklärungsmangel und vermutet eine Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 (6 P 23/10 – BVerwGE 141, 134 – juris).
1. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die mit der Änderung des Aufgabenbereichs und der Entziehung der Funktion des geschäftsleitenden Beamten verbundene Umsetzung des Klägers rechtens ist. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird weder ein einzelner tragender Rechtssatz noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – juris; BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris).
1.1 Die Rüge des Klägers, mit der Entziehung des Titels „Geschäftsleitender Beamter“ sei er nicht mehr der „Erste unter Gleichen“ und damit bei einer Beförderung benachteiligt, geht fehl. Die Auswahl für die Besetzung eines Beförderungspostens verlangt eine Ausrichtung an den Kriterien der Bestenauslese im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG (Eignung, Befähigung und fachliche Leistung). Der Titel eines „Geschäftsleitenden Beamten“ ist kein relevantes Auswahlkriterium. Der Hinweis auf die Stellenbewertungen in den Jahren 2002 und 2012 und die Vermutung, man wolle den Kämmerer der Beklagten „am Kläger vorbei die Besoldungsstufe A 13 verschaffen“ ist für die streitgegenständliche Umsetzung irrelevant, weil die Stellenbewertung zeitlich vor der Umsetzung liegt, mithin nicht Folge der Umsetzung ist.
1.2 Ernstliche Zweifel kann der Kläger nicht mit der Behauptung darlegen, der Verlust der Bezeichnung „Geschäftsleitender Beamter“ komme einer „Degradierung“ gleich, weil er vom Ansehen in der Verwaltung und im Ansehen der Bevölkerung der höchste Beamte in der Gemeinde sei, der Stellvertreter des Bürgermeisters. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger als Beamter zwar Anspruch auf Übertragung eines seinem Amt im statusrechtlichen und im abstrakt-funktionellen Sinn entsprechenden Aufgabenbereichs hat, jedoch aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG keinen Anspruch auf ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen Amts im funktionellen Sinne herleiten und folglich auch nicht die Beibehaltung eines bestimmten Dienstpostens verlangen kann. Vorliegend ist das Amt des Klägers im statusrechtlichen wie auch im abstrakt-funktionellen Sinne unverändert geblieben. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner „Berufungsbegründung“ nicht. Es haben sich weder die Amtsbezeichnung, noch die Besoldungs- und die Laufbahngruppe des Klägers geändert. Der Titel „Geschäftsleitender Beamter“ bezeichnet kein Amt, sondern ist lediglich ein „untechnischer“ Ausdruck, der sich so weder in den einschlägigen Beamtengesetzen noch in der Bayerischen Gemeindeordnung findet. Insoweit geht der Kläger unzutreffend von einer Amtsenthebung aus.
1.3 Der Kläger rügt, die Umsetzung sei objektiv rechtswidrig; es liege ein Ermessensmissbrauch (Willkür) vor. Das Verwaltungsgericht habe den Begriff „flache Hierarchie“ übernommen, ohne diesen zu hinterfragen. Damit genügt er nicht dem Darlegungsgebot. Dem Darlegungsgebot genügt er auch nicht mit dem Hinweis auf die Schaffung einer zusätzlichen halben Stelle in der Finanzverwaltung zu seinen Lasten und dem Umstand, dass er, nachdem eigens eine Kraft für das Fertigen von Niederschriften eingestellt worden sei, nunmehr diese Aufgabe wieder wahrzunehmen habe. Diese Umstände verhalten sich zur zuvor erfolgten Umsetzung des Klägers nicht. Im Übrigen widerspricht sich der Kläger selbst, wenn er auf S. 5 seiner Rechtsmittelschrift behauptet, nicht von Teilaufgaben entbunden worden zu sein, auf der gleichen Seite aber diejenigen seiner Aufgaben aufzählt, die „auf Dauer“ entfallen sind. Das Verwaltungsgericht hat sich mit den Ermessenserwägungen der Beklagten auseinandergesetzt und festgestellt, dass es bei der Abschaffung der Bezeichnung „Geschäftsleitender Beamter“ maßgeblich darum geht, dass zukünftig jeweils unmittelbar mit dem Leiter der jeweiligen Abteilung kommuniziert wird, um fachkundig und zeitnah beraten zu können. Gegen diese maßgebliche Feststellung wendet sich der Kläger nicht.
2. Soweit der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe die Begründung des Beklagten, es werde eine flachere Hierarchie angestrebt, ungeprüft übernommen, obwohl im Rahmen der Amtsermittlung eine Sachaufklärung geboten gewesen wäre, macht er keine ernstlichen Zweifel, sondern sinngemäß einen Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend.
Diese Verfahrensrüge bleibt aber bereits deshalb ohne Erfolg, weil der Kläger nicht darlegt, dass in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entweder auf die Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Verwaltungsgericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen.
Die Rüge unzureichender Sachaufklärung kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in zumutbarer Weise hätten stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.5.2013 – 4 B 54.12 – juris Rn. 3 m. w. N.). Beweisanträge wurden ausweislich der Verhandlungsniederschrift nicht gestellt. Dem Verwaltungsgericht, das die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Ausführungen des Beklagten für nachvollziehbar erachtet hat, musste sich aus seiner Sicht eine weitere Sachaufklärung auch nicht aufdrängen. Substantiiertes Vorbringen dazu, welche Beweise sich dem Verwaltungsgericht hinsichtlich des Hintergrunds der verfügten Umsetzung hätten aufdrängen müssen, enthält die Antragsbegründung nicht, so dass ein zur Zulassung der Berufung führender Verfahrensfehler nicht dargetan ist.
2. Auch eine Divergenz zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor. Der vom Antragsteller in Bezug genommene Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 (Az. 6 P 23.10) ist hier nicht einschlägig, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar sind.
Kläger in besagtem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht war ein Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, der vom Arbeitgeber auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt worden war. In diesem Fall bejahte der 6. Senat ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats, weil das Resultat einer solchen Umsetzung auch bedeuten kann, dass sich die bisherige Eingruppierung des Arbeitnehmers auf dem neuen Arbeitsplatz als unzutreffend erweist und der Arbeitnehmer höher- oder herabzugruppieren ist. In diesem Fall unterliegt der Vorgang unter dem Gesichtspunkt der Eingruppierung einer Mitbestimmung des Personalrats. Beim Antragsteller handelt es sich aber nicht um einen Arbeitnehmer, sondern um einen Beamten, dem auch nach der Abschaffung der Bezeichnung des Geschäftsleitenden Beamten ein amtsangemessener Tätigkeitsbereich verbleibt. Für den vorliegenden Fall ist daher allein der Art. 75 Abs. 1 Nr. 6 BayPVG in den Blick zu nehmen. Danach ist eine Umsetzung innerhalb der Dienststelle nur dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie mit einem Wechsel des Dienstortes verbunden ist. Dies ist vorliegend eindeutig nicht der Fall. Eine Divergenz zu der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts kann demzufolge nicht bestehen.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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