Arbeitsrecht

Unzulässige Verwendung des Auffangstreitwerts

Aktenzeichen  8 C 18.285

Datum:
14.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 4336
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 52 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG kommt nicht zum Zug, wenn sich die aus dem Antrag des Klägers objektiv für ihn ergebende Bedeutung der Sache wertmäßig nach Ermessen bestimmen lässt (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 53470). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Orientierungshilfe, welcher Wert angemessen ist, bieten die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, denen zur Gewährleistung von Rechtssicherheit und einer weitestmöglichen Gleichbehandlung besonderes Gewicht zukommt (ebenso BVerfG BeckRS 2012, 45906). (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 2 K 16.4860 2017-06-23 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juni 2017 wird der Streitwert für das Verfahren M 2 K 16.4860 auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beschwerde richtet sich gegen eine Streitwertfestsetzung mit Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 23. Juni 2017. Der Kläger begehrte mit seiner Klage die Verpflichtung der Beklagten, es zu dulden, dass er eine über sein Grundstück verlaufende, nicht gewidmete tatsächlich-öffentliche Straßenteilfläche sperrt.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage mit Urteil vom 23. Juni 2017 statt und setzte mit Beschluss vom selben Tag den Streitwert auf 5.000 Euro fest (§ 52 Abs. 2 GKG).
Gegen diese Streitwertfestsetzung wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus eigenem Recht. Er ist der Auffassung, der Streitwert sei nach Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 7.500 Euro heraufzusetzen.
II.
Über die Streitwertbeschwerde entscheidet der Senat durch den Berichterstatter als Einzelrichter, weil die angefochtene Streitwertfestsetzung durch den Einzelrichter erlassen wurde (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 2 GKG).
Die nach § 68 Abs. 1 GKG i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässige Streitwertbeschwerde hat Erfolg.
1. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands, der sich bei aus eigenem Recht eingelegten Beschwerden von Rechtsanwälten aus der Differenz zwischen der bisherigen und der nach der Beschwerdebegründung zustehenden Vergütung (Gebühren und Auslagen unter Einrechnung der Umsatzsteuer) ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2018 – 5 C 17.2577 – juris Rn. 5; B.v. 5.5.2015 – 11 C 15.514 – juris Rn. 3), die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG festgelegte Wertgrenze von 200 Euro. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. Anlage 1 Nr. 3100 erhält der Prozessbevollmächtigte des Klägers für seine Tätigkeit im ersten Rechtszug eine 1,3-fache Verfahrensgebühr. Bei dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert von 5.000 Euro ergibt sich dabei nach § 13 Abs. 1 Satz 2 RVG i.V.m. Anlage 2 eine Gebühr von 468,74 Euro (303 Euro x 1,3 + 19%). Bei der Festsetzung des mit der Beschwerde begehrten Streitwerts von 7.500 Euro ergäbe sich demgegenüber eine Gebühr von 705,43 Euro (456 Euro x 1,3 + 19%).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Der Auffangstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG kommt nicht zum Zug, wenn sich die aus dem Antrag des Klägers objektiv für ihn ergebende Bedeutung der Sache wertmäßig nach Ermessen bestimmen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2016 – 22 C 16.1849 – juris Rn. 8). Denn es handelt sich bei § 52 Abs. 2 GKG nicht um einen Regelstreitwert, sondern um einen subsidiär anzuwendenden Auffangstreitwert, auf den nur bei Fehlen konkreter Anhaltspunkte für eine Bewertung nach § 52 Abs. 1 GKG abgestellt werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2016 – 14 C 15.2798 – juris Rn. 6; vgl. auch Geiger, BayVBl 1997, 106/107). Bestehen genügend Anhaltspunkte, um das wirtschaftliche Interesse zu bestimmen, kommt eine Festsetzung des Streitwerts nach § 52 Abs. 2 GKG nicht in Betracht.
Eine Orientierungshilfe, welcher Wert angemessen ist, bieten die Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, denen zur Gewährleistung von Rechtssicherheit und einer weitestmöglichen Gleichbehandlung besonderes Gewicht zukommt (vgl. BVerwG, B.v. 15.9.2015 – 9 KSt 2.15 u.a. – JurBüro 2016, 23 = juris Rn. 4; vgl. auch BVerfG, B.v. 8.12.2011 – 1 BvR 1393/10 – juris Rn. 6). Der Senat orientiert sich bei der Festsetzung des Streitwerts in ständiger Rechtsprechung an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Darin wird unter Nr. 43.3 für Verfahren betreffend die Widmung oder Einziehung von Straßen die Festsetzung des Streitwerts nach dem wirtschaftlichen Interesse, mindestens in Höhe von 7.500 Euro empfohlen. Die hier zugrunde liegende Klage, mit der der Kläger die Sperrung einer tatsächlich-öffentlichen Verkehrsfläche auf seinem Grundstück begehrt, ist Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs zuzuordnen (vgl. BayVGH, B.v. 15.3.2017 – 8 ZB 15.1610 – juris Rn. 24; B.v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – BayVBl 2013, 606 = juris Rn. 24; B.v. 11.1.2005 – 8 CS 04.3275 – NUR 2005, 463 = juris Rn. 20). Der vom Kläger beantragte, in Nr. 43.3 des Streitwertkatalogs empfohlene Mindeststreitwert von 7.500 Euro erscheint vorliegend angemessen; Anhaltspunkte für den Ansatz eines höheren Betrags sind nicht ersichtlich.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren über die Streitwertbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten der Beteiligten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet. Demnach erübrigt sich auch die Festsetzung eines Streitwerts für das Beschwerdeverfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO).


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