Arbeitsrecht

Verpflichtung eines Wach- und Sicherheitsdienstleistungsunternehmens zur Vorlage einer Belastungsanalyse – Untersagung der Verlängerung der Tageszeitarbeit über zehn Stunden

Aktenzeichen  AN 4 K 16.01704, AN 4 K 17.02568

Datum:
23.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26558
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ArbZG § 3, § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Abs. 2a, § 17 Abs. 2, Abs. 4 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
MRTV § 6 Nr. 1.1
BayVwVfG Art. 28
KG Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 2 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Im Rahmen einer Anfechtungsklage, die sich nach Erledigung des Grundverwaltungsakts nur (noch) gegen die mit ihm verbundenen Nebenbestimmungen – wie Zwangsmittelandrohung, Kostenlastentscheidung, Kostenfestsetzung – richtet, ist die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts nur in beschränktem Umfang zu überprüfen. Entsprechend den zu § 161 Abs. 2 VwGO entwickelten Grundsätzen ist weder eine Beweiserhebung zur weiteren Klärung des Sachverhalts zulässig noch eine Klärung schwieriger, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärter Rechtsfragen geboten. (Rn. 42 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen einer Anfechtungsklage, die sich nach Erledigung des Grundverwaltungsakts nur (noch) gegen die mit ihm verbundenen Nebenbestimmungen – wie Zwangsmittelandrohung, Kostenlastentscheidung, Kostenfestsetzung – richtet, ist die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts nur in beschränktem Umfang zu überprüfen. Entsprechend den zu § 161 Abs. 2 VwGO entwickelten Grundsätzen ist weder eine Beweiserhebung zur weiteren Klärung des Sachverhalts zulässig noch eine Klärung schwieriger, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärter Rechtsfragen geboten. (Rn. 73) (redaktioneller Leitsatz)
3. Arbeitsbereitschaft ist gegenüber Vollarbeit eine mindere Leistung, nach dem Grad der Beanspruchung abzugrenzen und liegt vor, wenn der Grad der körperlichen und/oder geistigen Beanspruchung des Arbeitnehmers bei der Ausübung der Tätigkeit deutlich geringer ist als bei der typischen Vollarbeit, sodass sich der Arbeitnehmer entspannen kann. (Rn. 77) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid der Regierung … vom 8. November 2017 wird in Ziffer 4 aufgehoben. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen Ziffer 1 des Bescheides vom 26. Juli 2016 (AN 4 K 16.01704) ist bereits unzulässig (1.). Die Anfechtungsklage gegen Ziffer 2 des Bescheides ist zwar zulässig, aber unbegründet (2.).
1. Die zunächst statthafte Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 1 des Bescheides vom 26. Juli 2016 getroffene Anordnung zur Vorlage einer Belastungsanalyse für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2015 hat die Klägerin nach zwischenzeitlicher Beendigung ihres Sicherungsauftrages im Objekt und dadurch eingetretener Erledigung dieses Verwaltungsakts gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt.
Es fehlt jedoch an dem gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderlichen berechtigten Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung. Ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist unter anderem bei Bestehen einer Wiederholungsgefahr gegeben. Erforderlich hierfür ist nicht nur die konkrete Gefahr, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird, darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (BVerwG, B.v. 16.1.2017 – 7 B 1/16 – juris Rn. 29; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – NVwZ 2013, 1481 Rn. 21). Ist es ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsaktes, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergleitet werden (BVerwG, U.v. 12.10.2006 – 4 C 12/04 – juris Rn. 8; U.v. 25.11.1986 – 1 C 10/86 – juris Rn. 11). Die zukünftig möglicherweise eintretende Situation muss nicht identisch, aber vergleichbar sein (BayVGH, B.v. 14.7.2008 – 4 ZB 07.2735 – BayVBl. 2009, 215 – juris Rn. 10).
Dieser Klage liegt kurz gesagt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Regierung forderte die Klägerin zur Vorlage einer mindestens einmonatigen Belastungsanalyse für ihre Mitarbeiter im Objekt auf, die Klägerin legte eine Belastungsanalyse für einen Monat vor, die Regierung hielt die vorgelegte Belastungsanalyse für nicht aussagekräftig und forderte daher im streitgegenständlichen Bescheid die Vorlage einer weiteren, diesmal dreimonatigen Belastungsanalyse und machte bestimmte Vorgaben zur Aufzeichnung, Auswertung und Darstellung.
Es besteht bereits keine konkrete Gefahr, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird. Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie bezüglich eines anderen im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Regierung gelegenen Sicherungsobjektes von der Regierung zur Vorlage einer Arbeitszeit- bzw. Tätigkeitsanalyse aufgefordert worden sei. Die dazu vorgelegten Schreiben der Regierung stammen jedoch aus dem Frühling 2018. Obwohl seitdem zweieinhalb Jahre vergangen sind, wurde keine vergleichbare Anordnung zur Vorlage einer Belastungsanalyse erlassen.
Selbst wenn der Erlass einer solchen Anordnung hinreichend wahrscheinlich wäre, wären die tatsächlichen Umstände, die zum Erlass einer solchen Anordnung führen würden und von denen die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit abhinge, wesentlich andere. Die mit der hiesigen Fortsetzungsfeststellungsklage begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung in Ziffer 1 des Bescheides vom 26. Juli 2016 hängt maßgeblich davon ab, ob die Forderung einer weiteren Belastungsanalyse angesichts der bereits vorgelegten Unterlagen verhältnismäßig war. Dies kann aber nur unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falls beurteilt werden, nämlich was die Regierung zunächst von der Klägerin verlangt hat, warum die von der Klägerin vorgelegten Unterlagen diesem ersten Verlangen nicht entsprachen und was die Regierung daraufhin von der Klägerin nachgefordert hat. Diese tatsächlichen Umstände, die Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Anordnung haben, werden nicht in wesentlich unveränderter Weise erneut auftreten.
2. Die Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 2 des Bescheides vom 26. Juli 2016 getroffenen Kostenentscheidung ist zulässig, da diese auch nach Erledigung der Anordnung in Ziffer 1 noch Rechtsgrundlage für die Erhebung der behördlichen Kosten ist und damit die Klägerin nach wie vor belastet. Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet, da sich die Kostenentscheidung bei dem gebotenen Prüfungsumfang (a) als rechtmäßig erweist (b) und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist im Rahmen einer Anfechtungsklage, die sich nach Erledigung des Grundverwaltungsakts nur (noch) gegen die mit ihm verbundenen Nebenbestimmungen (z.B. Zwangsmittelandrohung, Kostenlastentscheidung, Kostenfestsetzung) richtet, die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts nur in beschränktem Umfang zu überprüfen. Einerseits würde eine vollständige Prüfung der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts dazu führen, dass eine die Sachprüfung ausschließende Erledigung bei kostenpflichtigen Verwaltungsakten praktisch überhaupt nicht möglich wäre, weil auf dem Umweg über die Anfechtung der Kostenentscheidung eine solche Prüfung immer uneingeschränkt zu erreichen wäre. Es hieße Rechtsschutz im Übermaß gewähren, wenn oft aufwendige Ermittlungen nur wegen einer Nebenfrage durchgeführt werden müssten. Andererseits wäre ein einschränkungsloser Verzicht auf eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts nicht mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG zu vereinbaren, denn die Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung hängt von der Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsakts ab (vgl. Art. 16 Abs. 5 KG) und dann bliebe ungeprüft, ob eine oft nicht unbeträchtliche Kostenbelastung überhaupt veranlasst war. Der Ausgleich der widerstreitenden Gesichtspunkte erfolgt nach dem Rechtsgedanken des § 161 Abs. 2 VwGO, nach dem die Erfolgsaussichten eines in der Hauptsache erledigten Rechtsstreits nur mehr summarisch zu überprüfen sind (BayVGH, B.v. 18.10.1993 – 24 B 93.92 – NVwZ-RR 1994, 548/549; B.v. 27.11.1995 – 20 B 93.866 – NVwZ-RR 1997, 23/24; B.v. 9.6.2008 – 11 ZB 08.1047 – juris Rn. 17; offengelassen: BayVGH, B.v. 19.10.2016 – 22 ZB 16.1914 – juris Rn. 11; sich anschließend: VGH BW, U.v. 11.9.2015 – 3 S 411/15 – juris Rn. 36; Széchenyi: Das Verhältnis zwischen Grundverwaltungsakt, Zwangsmittelandrohung und Kostenentscheidung am Beispiel der Erledigung und des vorläufigen Rechtsschutzes, BayVBl. 2013, 9-12).
Folglich ist im Rahmen der Anfechtungsklage gegen die Kostenentscheidung (Ziffer 2) nur noch zu prüfen, ob die maßgeblichen kostenrechtlichen Bestimmungen zutreffend angewandt wurden und ob die Anordnung zur Vorlage der Belastungsanalyse (Ziffer 1) als Vorfrage der Rechtmäßigkeit der Kostenentscheidung bei summarischer Überprüfung rechtmäßig war. Entsprechend den zu § 161 Abs. 2 VwGO entwickelten Grundsätzen ist weder eine Beweiserhebung zur weiteren Klärung des Sachverhalts zulässig noch eine Klärung schwieriger, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärter Rechtsfragen geboten (BVerwG, B.v. 7.1.1974 – I WB 30/72 – BVerwGE 46, 215 – BeckRS 1974, 31327414; BayVGH, B.v. 24.6.2016 – 20 B 16.1178 – juris Rn. 2; Zimmermann-Kreher in BeckOK, VwGO, 54. Ed., Stand: 01.07.2020, § 161 Rn. 13; Neumann/Schaks in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 161 Rn. 84 f.)
b) Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab erweist sich die Kostenentscheidung als rechtmäßig.
Die Kosten für die Anordnung zur Vorlage der Belastungsanalyse durften gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Kostengesetzes (KG) i.d.F. d. Bek. vom 20. Februar 1998 (GVBl. S. 43) zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. März 2020 (GVBl. S. 153) der Klägerin auferlegt werden.
Gegen die Gebührenhöhe von 125,00 EUR bestehen keine Bedenken. Die Anordnung gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG ist zwar im Kostenverzeichnis nicht genannt, zur Bestimmung der Gebührenhöhe kann jedoch gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 2 KG auf Tarif-Nr. 7.II.0/1 der Anlage 2 zur Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz (Kostenverzeichnis – KVz) vom 12. Oktober 2001 (GVBl. S. 766) zurückgegriffen werden. Nach dieser Tarif-Nr. beträgt die Gebühr für ein Verlangen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG, soweit eine schriftliche Anordnung erforderlich ist, 50 bis 125 EUR. Bei den Auskunftsbegehren nach § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG und nach § 22 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG handelt es sich um vergleichbare Amtshandlungen zur Überwachung von Arbeitsschutzvorschriften. Die Gebühr in Höhe von 125,00 EUR hält sich im Gebührenrahmen der Tarif-Nr. 7.II.0/1.
Die Anordnung zur Vorlage der Belastungsanalyse als kostenauslösender Grundverwaltungsakt war rechtmäßig.
aa) Rechtsgrundlage für diese Anordnung war § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG, nach dem die Aufsichtsbehörde vom Arbeitgeber die für die Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Auskünfte verlangen kann.
bb) Die Anordnung erfolgte formell rechtmäßig. Aufsichtsbehörden im Sinne des § 17 ArbZG sind im Freistaat Bayern die Gewerbeaufsichtsämter bei den Regierungen in ihrem jeweiligen örtlichen Zuständigkeitsbereich (§ 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über gewerbeaufsichtliche Zuständigkeiten (ZustV-GA) vom 9. Dezember 2014 (GVBl. S. 555) i.V.m. § 10 Nr. 1 Buchst. c der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Bayerischen Staatsregierung (StRGVV) vom 28. Januar 2014 (GVBl. S. 31)). Das von der Klägerin betreute Objekt lag in …, sodass das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung … sachlich und örtlich zuständig war. Die Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erfolgte mit Schreiben der Regierung vom 22. März 2016.
cc) Die Anordnung war auch materiell rechtmäßig.
(1) Die Voraussetzungen für ein Auskunftsverlangen gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG lagen vor. Die Anordnung zur Vorlage der Belastungsanalyse für einen dreimonatigen Zeitraum nach bestimmten Vorgaben (tägliche Aufzeichnung, Auswertung und Ermittlung der Durchschnittswerte, Darstellung) war für die Durchführung des Arbeitszeitgesetzes erforderlich.
Die Regierung ist als Aufsichtsbehörde gemäß § 17 Abs. 1 ArbZG zur Überwachung der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zuständig. Damit sie diese Aufgabe wahrnehmen kann, hat sie gemäß § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG ein Auskunftsrecht gegenüber den Arbeitgebern. Ein Auskunftsverlangen setzt zwar keinen konkreten Verdacht eines Gesetzesverstoßes voraus, unzulässig ist jedoch die allgemeine, ungezielte Ausforschung des Arbeitgebers, die nur die behördliche Aufsicht erleichtern soll (Anzinger/Koberski, ArbZG, 4. Aufl. 2014, § 17 Rn. 19; Kock in BeckOK, Arbeitsrecht, 57. Ed., Stand: 01.09.2020, § 17 ArbZG Rn. 7; Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, § 17 Rn. 4; VG Ansbach, U.v. 25.1.2017 – AN 4 K 15.00907 – juris Rn. 67 ff.; OVG Berlin-Bbg, U.v. 18.3.1982 – 2 B 24.79 – GewA 1982, 279 zum Auskunftsverlangen nach § 52 Abs. 2 Satz 1 BImSchG). Vorliegend bestand ein konkreter Anlass für die Anordnung zur Vorlage der Belastungsanalyse.
Nach § 3 Satz 1 bzw. § 6 Abs. 2 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer bzw. Nachtarbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Eine Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf bis zu zehn Stunden ist möglich, wenn innerhalb eines bestimmten Ausgleichszeitraums im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (§ 3 Satz 2 bzw. § 6 Abs. 2 Satz 2 ArbZG), eine Verlängerung auf über zehn Stunden, wenn – zusätzlich zum Ausgleich – dies in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zugelassen ist und in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bzw. Nr. 4 Buchst. a ArbZG). Schließlich kann die werktägliche Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über acht Stunden verlängert werden, wenn dies in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zugelassen ist, in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und durch besondere Regelungen sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird (§ 7 Abs. 2a ArbZG). Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten diese Regelungen über § 11 Abs. 2 ArbZG entsprechend. In Übereinstimmung mit den Anforderungen des § 7 Abs. 2a ArbZG sieht der für die Arbeitnehmer der Klägerin geltende Mantelrahmentarifvertrag vom 30. August 2011 für Sicherheitsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland (MRTV Bund) in § 6 Nr. 1.1. Satz 3 vor, dass die Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über zehn Stunden täglich verlängert werden kann, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt und in § 6 Nr. 4, dass zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, die Arbeitszeiten über acht Stunden täglich ohne Ausgleich leisten, der Arbeitgeber die Möglichkeit einer regelmäßigen arbeitsmedizinischen Betreuung gewährleistet. Der daneben für die Arbeitnehmer der Klägerin geltende Mantelrahmentarifvertrag Nr. 10 für die gewerblichen Arbeitnehmer des Wach- und Sicherheitsgewerbes in Bayern vom 1. August 2006 (MTV Bayern) enthält keine abweichenden Regelungen zur Verlängerung der Arbeitszeit.
Die Klägerin teilte der Regierung mit Schreiben vom 31. Januar 2014 unter anderem mit, dass sie ihre Arbeitnehmer im Objekt teilweise in 12-Stunden-Schichten beschäftigte. Damit stand fest, dass die Klägerin die gemäß § 3 bzw. § 6 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 ArbZG grundsätzlich vorgesehene tägliche Höchstarbeitszeit von acht bzw. zehn Stunden überschritt und bestand für die Regierung Anlass dazu, von der Klägerin weitere Informationen zu verlangen, um überprüfen zu können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit vorlagen.
Die Anordnung war auch erforderlich, um die benötigten Informationen zu erlangen.
Die Erforderlichkeit der Anordnung ist nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin bereits eine Belastungsanalyse für Dezember 2014 vorgelegt hatte. Mit Schreiben vom 8. August 2014 forderte die Regierung die Klägerin auf, eine Belastungsanalyse für ihre Mitarbeiter im Objekt zu übersenden, aus der hervorgehen sollte, in welchem Umfang sich die tägliche Arbeitszeit aus Arbeitsbereitschaft, Vollarbeit und Pausen zusammensetzt. Die Belastungsanalyse sollte einen repräsentativen Zeitraum, mindestens jedoch einen Monat, umfassen. Weitere Vorgaben wurden nicht gemacht. Weder wurde darauf hingewiesen, nach welcher Methode die Erfassung zu erfolgen habe, noch wurde eine Auswertung oder Darstellung der Ergebnisse in Diagrammform verlangt. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 20. Februar 2015 handschriftlich ausgefüllte Formblätter „Belastungsanalyse privater Wachdienst“ für Dezember 2014 vor, auf denen verschiedene Arbeitnehmer an ihren Einsatztagen unter Angabe der genauen Uhrzeit ihre Tätigkeiten in die Spalten „Aktive Tätigkeit“ und „Passive Tätigkeit/Bereitschaft“ eingetragen hatten.
Die Regierung hielt diese Belastungsanalyse für Dezember 2014 für nicht ausreichend. Mit Schreiben vom 15. Juni 2015 erklärte sie, dass der Belastungsanalyse für Dezember 2014 die notwendige Aussagekraft fehle und keine Ergebnisauswertung vorliege und forderte die Klägerin zur Vorlage einer Belastungsanalyse für einen Zeitraum von drei Monaten nach den bereits erwähnten Vorgaben auf. Warum der vorgelegten Analyse die notwendige Aussagekraft fehlte, wurde nicht erläutert. In der Klageerwiderung vom 9. Dezember 2016 begründete der Beklagte die Forderung einer weiteren Belastungsanalyse damit, dass eine Auswertung der Zeitanteile gefehlt habe, die Gelände- bzw. Monitorbeobachtung, die von den Arbeitnehmern der Klägerin vielfach als „Passive Tätigkeit/Bereitschaft“ erfasst worden war, nach Ansicht der Regierung Vollarbeit darstelle und dass die Analyse über einen Zeitraum von drei Monaten aussagekräftiger hinsichtlich einer realistischen Verteilung von Vollarbeit und Arbeitsbereitschaft sei, da sie nicht nur eine Momentaufnahme darstelle, die durch Extreme im Arbeitsanfall geprägt seien könne. Hierzu ist folgendes anzumerken: Der Klägerin konnte nicht vorgeworfen werden, keine Ergebnisauswertung der Zeitanteile vorgelegt zu haben, denn eine solche war bis zu diesem Zeitpunkt von ihr nicht verlangt worden. Dass eine Belastungsanalyse über einen Zeitraum von drei Monaten weniger anfällig für Verfälschungen durch Schwankungen im Arbeitsanfall ist als eine Belastungsanalyse für einen Zeitraum von einem Monat, mag zutreffen, hätte sich der Regierung aber bereits am 8. August 2014 aufdrängen können. Dennoch wurde ursprünglich nur ein Mindesterfassungszeitraum von einem Monat genannt. Der Streit zwischen den Beteiligten, ob die Beobachtung der Überwachungsmonitore in der Wachleitzentrale Vollarbeit oder Arbeitsbereitschaft darstellte, wäre durch eine weitere Belastungsanalyse über einen längeren Zeitraum nicht geklärt worden. Zu diesem Punkt sei weiter angemerkt, dass in der Belastungsanalyse für Dezember 2014 die Tätigkeiten mit genauen Minutenangaben versehen waren, sodass die Regierung die Zeiten der Monitorüberwachung ausrechnen und der „Aktiven Tätigkeit“ hätte zurechnen können, wenn sie diese Einordnung für zutreffender hielt.
Jedoch genügte die Belastungsanalyse für Dezember 2014 aus andere Gründen nicht den Vorgaben der Regierung: Zum einen wurden für die Position des Wachleiters in der Wachleitzentrale überhaupt keine Erhebungsbögen vorgelegt, für die Position der Wachkraft in der Pforte Ost waren lediglich drei Schichten dokumentiert (5., 8., 22. Dezember 2014), für die Position der Wachkraft in der Pforte Nord lediglich zwei Schichten (29., 30. Dezember 2014). Die Dokumentation der Schichten der Wachgehilfen in der Wachleitzentrale begann erst am 5. Dezember 2014 und gegen Ende des Monats fehlen einige Schichten. Damit fehlte es bereits an einer vollständigen Erfassung aller Positionen im Objekt. Zum anderen wurde lediglich zwischen „Aktiver Tätigkeit“ (gemeint ist wohl Vollarbeit) und „Passiver Tätigkeit/Bereitschaft“ (gemeint ist wohl Arbeitsbereitschaft/Bereitschaftsdienst) differenziert, während die Pausenzeiten nicht gesondert erfasst wurden.
Auch wenn die von der Regierung gerügten Mängel der Belastungsanalyse für Dezember 2014 teilweise auf das eigene Schreiben der Regierung vom 8. August 2014 zurückzuführen sind (es wurde nur ein Monat als Mindestzeitraum genannt, es wurde keine Ergebnisauswertung gefordert, es wurden keine Vorgaben zur Erstellung oder Darstellung gemacht), war deshalb das Verlangen der Vorlage einer weiteren Belastungsanalyse für einen längeren Zeitraum und nach bestimmten Vorgaben nicht unverhältnismäßig. Die Regierung hat durch ihr erstes Auskunftsverlangen nicht das Recht verwirkt, eine weitere Auskunft zu fordern. Die mit Schreiben vom 15. Juni 2015 und Bescheid vom 26. Juli 2016 geforderte Belastungsanalyse hätte für die Regierung gegenüber der bereits vorgelegten Belastungsanalyse für Dezember 2014 einen Mehrwert gehabt: Zum einen wäre ein längerer Zeitraum abgebildet worden, der eine zuverlässigere Aussage über die Verteilung der Arbeitszeit ermöglicht hätte. Zum anderen wäre durch die Vorgabe einer bestimmten Vorgehensweise bei der täglichen Aufzeichnung (z.B. REFA Zeitaufnahme, Multimomentaufnahme) die inhaltliche Qualität und Richtigkeit der Erfassung der Arbeitszeit abgesichert und durch das Verlangen einer Auswertung und Darstellung der Ergebnisse die Auswertung erleichtert worden. Auch wenn diese weitere Belastungsanalyse für die Klägerin mit erneutem und höherem Aufwand verbunden war, war ihr die Erstellung und Vorlage nicht unzumutbar.
Der Erlass eines förmlichen Bescheides war deshalb erforderlich, weil die Klägerin den vorherigen Aufforderungen der Regierung vom 15. Juni 2015, 24. Februar 2016, 7. März 2016 und 22. März 2016 zur Vorlage einer entsprechenden Belastungsanalyse nicht vollständig nachgekommen war. Mit Schreiben vom 15. Juni 2016 forderte die Regierung die Klägerin erstmals auf, für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2015 eine Belastungsanalyse zu erstellen, wobei die Vorgaben (tägliche Aufzeichnung, Auswertung und Ermittlung der Durchschnittswerte, Darstellung) im Wortlaut denen des später erlassenen streitgegenständlichen Bescheides entsprachen. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 30. November 2015 fünf Diagramme überschrieben mit „Wachleiter (Nacht)“, „Wachleiter (Tag)“, „Wachgehilfe“, „Besucherpforte Nord“ und „Lieferantenpforte Ost“ vor, auf denen jeweils zwei Balken mit den Beschriftungen „Bereitschaft/Pause“ und „Arbeit“ zu sehen waren. Mit Vorlage dieser Diagramme kam die Klägerin der Aufforderung der Regierung nicht nach: Zum einen entsprachen diese Diagramme nicht den gestellten Anforderungen an die Belastungsanalyse. Arbeitsbereitschaft und Pausenzeiten wurden nicht getrennt dargestellt, sondern zusammen in einem Balken erfasst. Für gleichartige Tage (in der Regel alle Montage, Dienstage usw.) wurden keine Durchschnittswerte gebildet, vielmehr wurden ohne nähere Begründung alle Tage zusammengefasst. Zum anderen wurden die den Diagrammen zugrundeliegenden Datenreihen, d.h. die Erfassung der täglichen Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft und Pausenzeiten nach einer anerkannten Methode zur Zeiterfassung, nicht vorgelegt. Ohne diese Datenbasis, auf deren Einsehbarkeit die Klägerin im Schreiben vom 15. Juni 2015 ausdrücklich hingewiesen wurde, konnte nicht überprüft werden, ob überhaupt eine Zeiterfassung stattgefunden hat und ob diese den Anforderungen einer anerkannten Methode zur Zeiterfassung entsprach. Obwohl die Klägerin im Schreiben vom 30. November 2015 selbst behauptete, die Diagramme auf Grundlage der im Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2015 erhobenen Zeitanteile erstellt zu haben, wurde die entsprechende Datenbasis trotz mehrmaliger Aufforderung seitens der Regierung nicht vorgelegt. Vor diesem Hintergrund verfängt auch das Argument der Klägerin nicht, die im Bescheid gesetzte Frist von drei Wochen sei zu kurz zur Erstellung einer dreimonatigen Belastungsanalyse, denn nach eigener Angabe der Klägerin war die Belastungsanalyse für den fraglichen Zeitraum längst erstellt worden und hätte nur noch vorgelegt werden müssen.
(2) Die Anordnung zur Vorlage der geforderten Belastungsanalyse war auch verhältnismäßig im engeren Sinn. Das Gericht verkennt nicht, dass die Erstellung einer solchen Analyse mit erheblichem Aufwand für die Klägerin verbunden ist, deren Arbeitnehmer über drei Monate mehrmals pro Stunde ihre aktuell ausgeübte Tätigkeit dokumentieren müssen. Angesichts des mit dem Auskunftsverlangen verfolgten Zwecks, die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten zu überwachen und damit die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer sicherzustellen (vgl. § 1 Nr. 1 ArbZG), war der Klägerin dieser Aufwand jedoch zumutbar.
(3) Die nach § 17 Abs. 4 Satz 1 ArbZG zu treffende Ermessensentscheidung lässt bei der insoweit – auf den Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO – beschränkten gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit keine Fehler erkennen.
II.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen Ziffer 1 bis Ziffer 3 des Bescheides vom 8. November 2016 (AN 4 K 17.02568) ist bereits unzulässig (1.). Die Anfechtungsklage gegen Ziffer 4 des Bescheides ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg (2.).
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Sofortvollzugsanordnung in Ziffer 2 des Bescheides vom 8. November 2016 ist unzulässig, da diese kein selbstständiger Verwaltungsakt und damit kein tauglicher Gegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage ist. Die Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die in Ziffer 1 des Bescheides vom 8. November 2016 ausgesprochene Untersagung der Verlängerung der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer in der Wachleitzentrale des Objektes über zehn Stunden hinaus bis zur Vorlage einer Tätigkeits- und Belastungsanalyse sowie die in Ziffer 3 enthaltene Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 75 EUR pro Arbeitnehmer und Tag für den Fall der Nichterfüllung von Ziffer 1 ist mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig.
Die zunächst statthafte Anfechtungsklage hat die Klägerin nach zwischenzeitlicher Beendigung ihres Sicherungsauftrages im Objekt und dadurch eingetretener Erledigung dieser Verwaltungsakte gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässigerweise in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt.
Das gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung und der Zwangsgeldandrohung in Form einer Wiederholungsgefahr liegt nicht vor. Für eine Wiederholungsgefahr ist die konkrete Gefahr erforderlich, dass künftig ein vergleichbarer Verwaltungsakt erlassen wird, darüber hinaus müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sein (BVerwG, B.v. 16.1.2017 – 7 B 1/16 – juris Rn. 29; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – NVwZ 2013, 1481 Rn. 21). Die zukünftig möglicherweise eintretende Situation muss nicht identisch, aber vergleichbar sein (BayVGH, B.v. 14.7.2008 – 4 ZB 07.2735 – BayVBl. 2009, 215 – juris Rn. 10). Der Kläger muss von der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit profitieren können (Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 38. EL Januar 2020, § 113 Rn. 126). Eine solche konkrete Wiederholungsgefahr besteht vorliegend nicht, da sich die tatsächlichen Umstände wesentlich verändert haben. Dem Erlass der Untersagungsverfügung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin beschäftigte ihre Arbeitnehmer in der Wachleitzentrale im Objekt in 12-Stunden-Schichten. Die Regierung ging aufgrund einer Ortseinsicht davon aus, dass die in den Aufgabenbereich der Arbeitnehmer in der Wachleitzentrale fallende Monitorüberwachung keine Arbeitsbereitschaft, sondern Vollarbeit darstellte, daher in die Arbeitszeit nicht in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fiel und daher die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2a ArbZG i.V.m. § 6 Nr. 1.1. Satz 3 MRTV Bund für eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit ohne Ausgleich über zehn Stunden hinaus nicht vorlagen. Daher untersagte die Regierung der Klägerin im streitgegenständlichen Bescheid die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer in der Wachleitzentrale des Objektes über zehn Stunden hinaus.
Die Rechtmäßigkeit dieser Untersagungsverfügung gemäß § 17 Abs. 2 ArbZG hängt in der Sache maßgeblich davon ab, ob die Regierung die Monitorüberwachung als Vollarbeit einordnen und daher davon ausgehen durfte, dass die Voraussetzungen für eine Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus nicht vorlagen und somit die Klägerin gegen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zur täglichen Höchstarbeitszeit verstieß. Die Beantwortung der Frage, ob Monitorüberwachung als Vollarbeit oder Arbeitsbereitschaft zu qualifizieren ist, erfolgt durch Beurteilung der konkret-individuellen Umstände des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitsplatzes (z.B. Grad der geforderten Aufmerksamkeit, Regelmäßigkeit bzw. Unregelmäßigkeit der Unterbrechungen, Belastungen durch Störfaktoren wie Lärm, Geräusche und Erschütterungen). Die Klägerin hat zwar vorgetragen, dass sie in einem Sicherungsobjekt in … erneut ihre Arbeitnehmer in 12-Stunden-Schichten beschäftige und von der Regierung erneut zur Vorlage einer Arbeitszeit- bzw. Tätigkeitsanalyse aufgefordert worden sei. Selbst wenn es im Zusammenhang mit der Überprüfung des Sicherungsobjektes in … durch die Regierung erneut um die Qualifizierung von Monitorüberwachung als Vollarbeit oder Arbeitsbereitschaft gehen sollte, hinge diese Qualifizierung maßgeblich von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Insofern könnte die Klägerin eine im Rahmen der hiesigen Klage eventuell erfolgende Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung vom 8. November 2017 nicht auf eine eventuelle künftige Untersagungsverfügung bezüglich des Sicherungsobjektes in … übertragen. Damit hat sie aber auch kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der hiesigen Untersagungsverfügung nebst Zwangsgeldandrohung.
2. Die Anfechtungsklage gegen die in Ziffer 4 des Bescheides vom 8. November 2017 getroffene Kostenentscheidung ist zulässig, da diese auch nach Erledigung der Untersagungsverfügung in Ziffer 1 noch Rechtsgrundlage für die Erhebung der behördlichen Kosten ist und damit die Klägerin nach wie vor belastet. Die Klage ist auch begründet, da sich die Kostenentscheidung bei der gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig erweist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Bezüglich des reduzierten Prüfungsmaßstabs einer Anfechtungsklage, die sich nach Erledigung des Grundverwaltungsakts nur (noch) gegen die mit ihm verbundene Kostenentscheidung richtet, wird auf die obigen Ausführungen unter I. 2. a) verwiesen. Dem Rechtsgedanken des § 161 Abs. 2 VwGO folgend ist nur noch zu prüfen, ob die maßgeblichen kostenrechtlichen Bestimmungen zutreffend angewandt wurden und ob die Untersagungsverfügung bei summarischer Prüfung – keine Beweiserhebung zur weiteren Klärung des Sachverhalts, keine Klärung höchstrichterlich noch nicht geklärter Rechtsfragen – rechtmäßig war. Vorliegend erweist sich die Untersagungsverfügung bei summarischer Prüfung als rechtswidrig. a)
Rechtsgrundlage für die Untersagung war § 17 Abs. 2 ArbZG. Nach dieser Vorschrift kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz oder den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten zu treffen hat.
b) Die Untersagung erfolgte formell rechtmäßig. Das Gewerbeaufsichtsamt der Regierung … war sachlich und örtlich zuständig (§ 1 Abs. 1 Satz 2 ZustV-GA i.V.m. § 10 Nr. 1 Buchst. c StRGVV). Die Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG erfolgte mit Schreiben der Regierung vom 2. Juni 2017.
c) Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 ArbZG lagen nicht vor.
§ 17 Abs. 2 ArbZG gewährt der Aufsichtsbehörde in Form einer Generalklausel die notwendigen Befugnisse, um die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes sicherzustellen und durchzusetzen (OVG NW, U.v. 10.5.2011 – 4 A 1403/08 – juris Rn. 26) und eine im Einzelfall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (BVerwG, U.v. 4.7.1989 – 1 C 3/87 – NJW 1990, 529/529 zu § 27 AZO, der weitgehend in § 17 ArbZG übernommen wurde, vgl. BT-Drs. 12/5888, S. 32; Kock in BeckOK, Arbeitsrecht, 57. Ed., Stand: 01.09.2020, § 17 ArbZG Rn. 4; Wank in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Aufl. 2020, § 17 Rn. 3). Eine solche im Einzelfall bestehende, sprich konkrete Gefahr liegt vor, wenn eine Sachlage besteht, die nach allgemeiner Lebenserfahrung bei ungehindertem Verlauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führt (BVerfG, U.v. 27.2.2008 – 1 BvR 370/07 – BVerfGE120, 274 – juris Rn. 251).
Zum Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung am 8. November 2017 lag keine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor, da ausgehend von dem bis dahin ermittelten Sachverhalt keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass die Klägerin gegen die Regelungen zur täglichen Höchstarbeitszeit in § 3, § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 2 ArbZG verstößt.
Die Untersagungsverfügung wurde im Bescheid damit begründet, dass die tägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer der Klägerin im Objekt aller Wahrscheinlichkeit nach regelmäßig nicht aus einem erheblichen Anteil an Arbeitsbereitschaft bestehe und damit die Voraussetzungen für die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit über zehn Stunden hinaus gemäß § 7 Abs. 2a ArbZG i.V.m. § 6 Nr. 1.1. Satz 3 MRTV Bund nicht vorlagen. Zum Sachverhalt wurde im Bescheid ausgeführt, dass während der Besichtigung der Arbeitsplätze in der Wachleitzentrale im Objekt am 23. März 2017 aufgefallen sei, dass die ca. 20 Monitore permanent eingeschaltet und so angeordnet waren, dass sie ständig von den Arbeitnehmern beobachtet würden. Im Gerichtsverfahren AN 4 K 16.01704 wurde ergänzend ausgeführt, dass die dauernde Beobachtung des Geländes auf einer Vielzahl von Monitoren ständige Aufmerksamkeit erfordere und keine Entspannung gestatte und auf den Aktenvermerk zur Ortseinsicht vom 23. März 2017 Bezug genommen. Diesem Aktenvermerk (Bl. 1 ff. der Behördenakte AN 4 K 17.02568) lässt sich bezogen auf die Wachleitzentrale entnehmen, dass diese mit zwei Arbeitnehmern besetzt ist, zu den Aufgaben die ständige Monitorüberwachung von ca. 20 Monitoren gehört, die Selbsteinschätzung der Mitarbeiter von 27% passiver Tätigkeit ausgeht und die Regierung die Arbeit als Vollarbeit und nicht Bereitschaftszeit bewertet.
Die Untersagungsverfügung wurde maßgeblich auf die Erkenntnisse gestützt, die bei der Ortseinsicht am 23. März 2017 gewonnen wurden. Ausgehend von dieser Ortseinsicht – zumindest in dem im Aktenvermerk dokumentierten Umfang – konnte noch nicht davon ausgegangen werden, dass die Monitorüberwachung Vollarbeit und keine Arbeitsbereitschaft darstellte, daher in die Arbeitszeit der Arbeitnehmer in der Wachleitzentrale nicht in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fiel und somit zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit in Gestalt eines Verstoßes der Klägerin gegen § 3, § 6 Abs. 2, § 11 Abs. 2 ArbZG die streitgegenständliche Untersagungsverfügung erlassen werden durfte.
Arbeitsbereitschaft ist gegenüber Vollarbeit eine mindere Leistung und nach dem Grad der Beanspruchung abzugrenzen (BAG, U.v. 28.1.1981 – 4 AZR 892/78 – juris Rn. 23). Arbeitsbereitschaft liegt vor, wenn der Grad der körperlichen und/oder geistigen Beanspruchung des Arbeitnehmers bei der Ausübung der Tätigkeit deutlich geringer ist als bei der typischen Vollarbeit, sodass sich der Arbeitnehmer entspannen kann (Anzinger/Koberski, ArbZG, 4. Aufl. 2014, § 2 Rn. 45; Baeck/Deutsch/Winzer in dies., ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 2 Rn. 34; Hahn in ders., Flexible Arbeitszeit, 2. Aufl. 2014, A. Rn. 64; Zerbe in Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Aufl. 2019, Arbeitszeitrecht Rn. 24a). Der Grad der Beanspruchung ist im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung zu ermitteln, in die unter anderem folgende Gesichtspunkte einzustellen sind: Häufigkeit und Dauer der Arbeitsbereitschaft, Häufigkeit von Nacht- und Wochenendbereitschaft, Grad der geforderten Aufmerksamkeit, Häufigkeit der Inanspruchnahme während der Arbeitsbereitschaft und Dauer dieser Vollarbeiten, Regelmäßigkeit bzw. Unregelmäßigkeit der Unterbrechungen, Verantwortlichkeit im Hinblick auf die Schwere der Folgen bei Säumnis rechtzeitigen Eingreifens, Grad der Bequemlichkeit bzw. Unbequemlichkeit während der Bereitschaftszeit, Belastungen durch Störfaktoren wie Lärm, Geräusche und Erschütterungen (Anzinger/Koberski, ArbZG, 4. Aufl. 2014, § 2 Rn. 45; Baeck/Deutsch/Winzer in dies., ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 2 Rn. 36; Zerbe in Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Aufl. 2019, Arbeitszeitrecht Rn. 24a).
Eine solche umfassende Gesamtwürdigung war ausgehend von dem maßgeblich durch die Ortseinsicht am 23. März 2017 ermittelten Sachverhalt nicht möglich und ist auch weder im Bescheid noch später im Gerichtsverfahren erfolgt. Die meisten der oben genannten Kriterien sind weder ermittelt – oder zumindest nicht dokumentiert – noch in eine wertende Gesamtbetrachtung eingestellt worden. Der Umstand, dass die 20 Monitore während der Ortseinsicht permanent eingeschaltet, auf die Arbeitnehmer ausgerichtet waren und von diesen beobachtet wurden, mag zunächst für Vollarbeit sprechen. Jedoch wird der Wert dieser bei der Ortseinsicht gewonnen Erkenntnisse durch zwei Umstände gemindert: Die einmalig stattfindende ein- bis zweistünde Besichtigung konnte lediglich Erkenntnisse für die Schichten unter der Woche tagsüber liefern (der 23. März 2017 war ein Donnerstag), nicht jedoch für die Nacht- oder Wochenendschichten (beim … handelt es sich um ein Verwaltungsgebäude, in dem nachts und am Wochenende deutliche weniger Betrieb ist). Zum anderen ist bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass sich die Arbeitnehmer während einer Besichtigung des Gewerbeaufsichtsamts nicht wie üblich verhalten werden, sondern als „gute Arbeitnehmer“ gelten wollen und daher geflissentlich die Bildschirme beobachten werden. Das weitere Argument des Beklagten, dass eine dauernde Geländebeobachtung ständige Aufmerksamkeit erfordert und keine Entspannung gestattet, ist nicht von der Hand zu weisen. Jedoch hat die Klägerin dem mit Schreiben vom 18. August 2018 Maßgebliches entgegengesetzt, indem sie ausführte, dass ihre Mitarbeiter in der Wachleitzentrale nicht unentwegt die Monitore beobachten, sondern diese erst im Alarmfall zur zügigen Ursachenerkennung heranziehen müssten. Mit diesem Vortrag hat sich die Regierung nicht weiter auseinandergesetzt, obwohl ein Tätigwerdenmüssen nur auf ein Signal hin ein starkes Indiz für Arbeitsbereitschaft ist (BAG, U.v. 24.1.1962 – 4 AZR 416/60 – juris Rn. 33; Baeck/Deutsch/Winzer in dies., ArbZG, 4. Aufl. 2020, § 2 Rn. 38; Neumann in Landmann/Rohmer, GewO, 84. EL Februar 2020, § 7 ArbZG Rn. 13; Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 18. Aufl. 2019, § 45 Rn. 48).
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Klägerin konnten die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt werden, da der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterliegt. Der Beklagte unterliegt in Höhe von 252,76 EUR (Ziffer 4 des Bescheides vom 8. November 2017), die Klägerin in Höhe von 10.127,63 EUR (die Anordnungen in den Ziffern 1 der Bescheide vom 26. Juli 2016 und 8. November 2017 sind jeweils mit 5.000,00 EUR zu bewerten, Ziffer 2 des Bescheides vom 26. Juli 2016 mit 127,63 EUR). Damit unterliegt der Beklagte lediglich in Höhe von 2,4%.


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