Arbeitsrecht

Versetzung in den Ruhestand

Aktenzeichen  M 5 K 19.174

Datum:
22.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 40298
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 26 Abs. 1
BayBG Art. 65 Abs. 1, § 66 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes kann Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden, wenn der Amtsarzt über die entsprechende Sachkunde wie der Privatarzt verfügt und seine medizinische Beurteilung in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt.  (Rn. 26 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Benennung einer konkreten Diagnose ist insbesondere für den Fall der „vermuteten Dienstunfähigkeit“ bzw. „Dienstunfähigkeit mit erleichterter Prognosefeststellung“ nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nicht erforderlich, nicht vorgesehen und soll unterbleiben.  (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Polizeipräsidiums vom … November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Ruhestandsversetzungsverfügung ist § 26 Abs. 1 Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) i.V.m. Art. 66 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes – BayBG.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sind Beamtinnen auf Lebenszeit und Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Hierzu bestimmt Art. 65 Abs. 1 BayBG, dass Beamtinnen und Beamte auch dann als dienstunfähig im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG angesehen werden können, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig werden.
Für die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzungsverfügung kommt es materiell-rechtlich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – BVerwGE 150, 1/3 Rn. 10; U.v. 16.10.1997 – 2 C 7/97 – BVerwGE 105, 267; BayVGH, B.v. 12.8.2005 – 3 B 98.1080 – juris; VG München, U.v. 13.2.2019 – M 5 K 17.3644 – juris Rn. 24).
Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungsbeeinträchtigungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für die Beurteilung der Dienstfähigkeit übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – BVerwGE 150, 1/5, Rn. 18). In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der medizinischen Beurteilung eines Amtsarztes Vorrang gegenüber privatärztlichen Stellungnahmen eingeräumt werden kann, wenn der Amtsarzt über die entsprechende Sachkunde wie der Privatarzt verfügt und seine medizinische Beurteilung in sich stimmig und nachvollziehbar ist (BVerwGE, a.a.O., Rn. 20 m.w.N.; U.v. 12.10.2006 – 1 D 2/05 – juris Rn. 34).
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beamte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, kommt der Behörde kein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zu. Vielmehr handelt es sich um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt somit nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Aus diesem Grund sind die Feststellungen oder Schlussfolgerungen aus ärztlichen Gutachten vom Gericht – in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis – nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – BVerwGE 150, 1/5, Rn. 17; OVG Saarl, U.v. 24.4.2012 – 2 K 984/10 – juris; OVG NRW, B.v. 3.2.2012 – 1 B 1490/11 – juris, IÖD 2012, 50; U.v. 22.1.2010 – 1 A 2211/07 – juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist die angefochtene Ruhestandsversetzungsverfügung zum maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses am … November 2018 rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die streitgegenständliche Ruhestandsversetzung leidet nicht an formellen Mängeln. Insbesondere wurde der Personalrat auf Antrag des Klägers beteiligt und stimmte der Ruhestandsversetzung zu (Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Satz 3 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes/BayPVG).
b) Auch in materieller Hinsicht ist gegen die Ruhestandsversetzungsverfügung nichts zu erinnern. Das der Verfügung zugrunde liegende Gesundheitszeugnis vom … März 2018 ist plausibel und widerspruchsfrei. Insbesondere entspricht es den formalen Vorgaben und bildet eine auch für das Gericht nachvollziehbare Grundlage des Dienstherrn für die Ruhestandsversetzung des Klägers.
Nach Abschnitt 8 Nr. 1.4.1 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (VV-BeamtR) vom 13. Juli 2009 (FMBl S. 190), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 19. Oktober 2017 (FMBl S. 510), stellt das amtsärztliche Zeugnis die Grundlage für die Entscheidung des Dienstherrn über die Ruhestandsversetzung des Beamten dar (Nr. 1.8 VV-BeamtR). Nach Nr. 1.4.1 Sätze 1 und 2 VV-BeamtR soll das amtsärztliche Zeugnis zur Frage der Dienstfähigkeit bei Ruhestandsversetzungen dem Dienstvorgesetzten eine umfassende Entscheidungsgrundlage zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben geben. Es hat daher neben Aussagen zur Dienstfähigkeit zusätzliche Angaben, insbesondere über geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit und zur gesundheitlichen Eignung der oder des Untersuchten für die bisherige Tätigkeit und mögliche anderweitige, insbesondere die von der oder dem Dienstvorgesetzten beschriebenen Verwendungsmöglichkeiten zu enthalten. In Nr. 1.4.2.3 ist angegeben, dass regelmäßig alle ärztlichen Erkenntnisse erforderlich sind, deren Kenntnis für den Dienstvorgesetzten notwendig ist, um die Entscheidung über die Ruhestandsversetzung begründen zu können.
Das Gesundheitszeugnis vom … März 2018, ergänzt durch die umfangreiche Stellungnahme der Amtsärztin vom … Juli 2018 (nach Entbindung von der Schweigepflicht gegenüber dem Präsidium), entspricht diesen durch die einschlägige Verwaltungsvorschrift vorgegebenen Anforderungen. Dort ist angegeben, dass es sich um eine fachärztlich behandlungsbedürftige Gesundheitsstörung handle, wobei der Beamte die zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit erforderlichen Therapiemaßnahmen nicht durchgeführt habe. Er habe sich zwar im Lauf des Kalenderjahres 2017 insgesamt fünf Mal bei einer psychiatrischen Universitätsklinik zur ambulanten Behandlung vorgestellt. Zuletzt habe er sich dort geweigert, über krankheitsrelevante Symptome zu sprechen oder die Vorgeschichte noch einmal aufarbeiten zu wollen. Entgegen seinen dortigen Angaben, die ihm verordneten Medikamente einzunehmen, hätten Laborkontrollen keinen nachweisbaren Medikamentenspiegel ergeben. Daher sei die Behandlung abgebrochen worden, da weitere Vorstellungen des Patienten keinen Sinn hätten. Bei der Untersuchung am … März 2018 hätte der Kläger eine Medikamenteneinnahme verneint. Auch bei der Amtsärztin habe der Beamte keine ernsthafte Behandlungsbereitschaft gezeigt. Die Polizeiärztin diagnostizierte daher eine nicht auszuschließende fortbestehende wahnhafte Störung und einen nicht auszuschließenden fortbestehenden erhöhten Alkoholkonsum. Der Dienstantritt des Beamten innerhalb der nächsten sechs Monate sei nicht absehbar, da der Beamte die notwendigen Therapiemaßnahmen bislang nicht durchgeführt habe. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung bei dauernder Dienstunfähigkeit lägen aus amtsärztlicher Sicht vor. Die wesentlichen ärztlichen Grundlagen für die Entscheidung des Dienstherrn, ob die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG vorliegen, sind damit formal beschrieben.
Mit den Inhalten des Gesundheitszeugnisses sind aber auch die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung in materieller Hinsicht hinreichend umschrieben. Das Gesundheitszeugnis ist plausibel und nachvollziehbar, sodass das Präsidium auf dieser Grundlage entscheiden konnte, ob der Beamte zur Erfüllung der Dienstpflichten seines (abstrakt-funktionellen) Amtes dauernd unfähig ist. Es teilt nicht nur das Untersuchungsergebnis mit, sondern enthält auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Es liefert auch in medizinischer Hinsicht die erforderlichen tatsächlichen Grundlagen dafür, dass der Dienstherr darüber entscheiden kann, ob der Beamte anderweitig auf einem anderen (und ggf. wie beschaffenen) Dienstposten verwendbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2017 – 2 A 5/16 – juris Rn. 23 mit zahlreichen Nachweisen). Das ist zwar nicht ausdrücklich angegeben. Da die Amtsärztin den Kläger als dauernd dienstunfähig bezeichnet, ist das mit Blick auf die im Begutachtungsauftrag des Polizeipräsidiums an den Polizeiärztlichen Dienst enthaltene Fragestellung umfassend zu verstehen. Dort ist in Nr. 10 ausdrücklich danach gefragt, ob der Beamte gesundheitlich geeignet ist, seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu erfüllen (§ 27 BeamtStG) bzw. in welcher Verwendung eine begrenzte Dienstleistung möglich wäre. Ebenso wurde nach der Polizeidienstfähigkeit bzw. der Innendienstfähigkeit des Beamten gefragt. Durch die Antwort auf den Begutachtungsauftrag mit Gesundheitszeugnis vom … März 2018, dass der Beamte nunmehr aus gutachterliche Sicht als „dauernd dienstunfähig“ anzusehen sei, werden die Fragen nach einer begrenzten Dienstfähigkeit in zeitlicher wie auch verwendungsmäßiger Sicht verneint. Die gutachterliche Einschätzung, dass der Beamte aus ihrer Sicht als dauernd dienstunfähig anzusehen sei, ist damit umfassend. Der Kläger ist aus ihrer Sicht vollständig und in umfassender Weise dienstunfähig, nicht nur nicht polizeidienstfähig, sondern auch nicht begrenzt dienstfähig (§ 27 BeamStG) und auch nicht unter Übertragung einer anderweitigen oder geringer wertigen Tätigkeit (§ 26 Abs. 2 und 3 BeamtStG).
Diese medizinische Bewertung ist nachvollziehbar und schlüssig. Denn die in den Akten geschilderten Umstände, die zu der Einschätzung der Polizeiärztin geführt haben, dass eine psychische Gesundheitsstörung nicht ausgeschlossen werden könne, die eine fachärztliche Behandlung (psychotherapeutisch und medikamentös) erfordert, sind erheblich. Das wird dadurch unterstrichen, dass der Beamte vom … bis … April 2017 nach der Ankündigung eines Suizids (wohl aufgrund eines Unterbringungsbeschlusses) gegen seinen Willen in einer Fachklinik stationär behandelt wurde. Bereits dort wurde im Entlassungsbericht dieser Klinik vom … April 2017, der der Polizeiärztin vorlag, der Verdacht auf eine anhaltende wahnhafte Störung (F 22.0. der Klassifikation nach der ICD-10) diagnostiziert. Die Schlüssigkeit der amtsärztlichen Einschätzung wird durch den von der Ärztin wiedergegebenen Bericht des Oberarztes der psychiatrischen Universitätsklinik vom … November 2017 untermauert. Dort ist festgehalten, dass nach einer fünfmaligen Vorstellung von einer wahnhaften Störung ausgegangen werde. Dabei habe er zuletzt keine Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft gezeigt. Insbesondere habe er entgegen seinen Angaben die verordneten Medikamente nicht eingenommen. Eine Fortsetzung der dortigen Behandlung mache daher keinen Sinn. Diese fehlende Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft hat die Amtsärztin bei ihren letzten Untersuchungen des Klägers (…9.2017, …3.2018) ebenfalls festgestellt. Selbst die entsprechenden Anordnungen des Dienstherrn vom … Oktober 2017 und … November 2017 hat der Beamte missachtet. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung der Polizeiärztin vom … März 2018 schlüssig und nachvollziehbar, dass nunmehr von einer vollständigen und umfassenden Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen werden müsse. Auf den von der Polizeiärztin als nicht ausschließbar geschilderten erhöhten Alkoholkonsum kommt es nicht an.
Dem kann nicht entgegen gehalten werden, dass dem Kläger bislang keine konkrete Diagnose gestellt worden sei. Die Benennung einer konkreten Diagnose ist insbesondere für den Fall der „vermuteten Dienstunfähigkeit“ bzw. „Dienstunfähigkeit mit erleichterter Prognosefeststellung“ (Summer in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2019, Art. 65 BayBG Rn. 2; Reich, BeamtStG, 3. Auflage 2018, § 26 Rn. 12 „Regelbeispiel“ der Dienstunfähigkeit) nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG nicht erforderlich. Die Mitteilung einer Diagnose ist im Gesundheitszeugnis auch nicht vorgesehen (Art. 67 Abs. 1 BayBG) und soll nach Abschnitt 8 Nr. 1.4.2.5 erster Spiegelstrich Satz 2 VV-BeamtR ausdrücklich unterbleiben. Auch wenn die Amtsärztin nach der Entbindung von der Schweigepflicht im Schreiben vom … Juli 2018 nur davon spricht, dass sie eine fortbestehende wahnhafte Störung nicht ausschließen könne, ist das inhaltlich ausreichend. Denn beim Kläger wurden innerdienstlich (Verschwörungstheorien, Verfolgungsphantasien) wie außerdienstlich (Eifersuchts- und Verfolgungsempfinden, Suizidandrohung) erhebliche Auffälligkeiten beobachtet, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit geführt haben. Nicht nur die Polizeiärztin, auch die behandelnden Ärzte während des stationären Aufenthalts des Klägers in einer Fachklinik im April 2017 wie auch der Oberarzt der psychiatrischen Universitätsklinik, bei der sich der Kläger im Jahr 2017 zeitweise in ambulanter Behandlung befand, haben den Verdacht auf eine anhaltende wahnhafte Störung angegeben. Diese Verdachtsdiagnose lässt sich aber nur bei weiterer Behandlungsbereitschaft des Klägers bestätigen. Der Kläger weigert sich aber beharrlich, an seiner Behandlung mitzuwirken. Die für die Ruhestandsversetzung erforderlichen gutachterlichen Feststellungen – erkrankungsbedingte Dienstunfähigkeit von drei Monaten während eines Zeitraums von sechs Monaten und keine Aussicht, dass der Beamte innerhalb von sechs Monaten wieder dienstfähig wird – sind jedenfalls schlüssig und nachvollziehbar angegeben (Summer in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2019, Art. 65 BayBG Rn. 2) Dabei liegt insbesondere die fehlende Aussicht, dass der Kläger innerhalb von sechs Monaten wieder dienstfähig wird, an der fehlenden Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft.
Soweit der Kläger auf das Schreiben von Prof. Dr. F. vom … März 2017 verweist, in dem angegeben ist, dass beim Kläger keine Diagnose auf psychiatrischem Gebiet angegeben werden könne, wird das bereits durch das Schreiben desselben Arztes vom … Juli 2017 konterkariert. Dort ist ausgeführt, dass nicht genug Indizien für die Diagnose einer psychotischen Störung vorlägen. Er vermute aber ebenfalls, dass der Beamte an einer anhaltenden wahnhaften Störung leide, die fachärztlich behandlungsbedürftig sei. Damit gibt dieser Arzt dieselbe fachärztliche Einschätzung ab wie die übrigen Fachärzte, die den Kläger stationär wie ambulant behandelt haben. Das deckt sich auch mit der Bewertung der Polizeiärztin.
Auch wenn der Kläger angibt, dass ihm der Polizeiärztliche Dienst einen Therapeuten vermitteln solle, der ihn auch behandle, ist es ausschließliche Aufgabe der Amtsärztin, den Beamten zu begutachten. Der Amtsarzt ist kein behandelnder Arzt, sondern ein Gutachter. Die Vermittlung eines Therapeuten kommt dem Amtsarzt nicht zu. Schließlich hat der Kläger eine ambulante Behandlung bei der psychiatrischen Universitätsklinik begonnen, die aber aufgrund fehlender Behandlungsbereitschaft abgebrochen wurde.
c) Der hilfsweise gestellte Beweisantrag, ein medizinisches Sachverständigengutachten zur Feststellung einzuholen, ob und gegebenenfalls welche Erkrankungen beim Kläger vorliegen bzw. bei deren Fehlen zum Nachweis dafür, dass bei ihm keine behandlungsbedürftigen Erkrankungen vorliegen, ist abzulehnen.
Die Klagepartei hat keine konkrete Begründung für die beantragte Beweiserhebung vorgetragen. Sinngemäß macht der Kläger Vorbehalte gegen die amtsärztliche Einschätzung geltend, insbesondere da keine konkrete Diagnose erfolgt sei.
Die beantragte Beweiserhebung ist abzulehnen, da nicht ersichtlich ist, welche neuen oder weiteren Erkenntnisse die beantragte Beweiserhebung erbringen könnte. Das Gesundheitszeugnis entspricht allen Anforderungen, die die Rechtsprechung an den notwendigen Inhalt eines amtsärztlichen Gutachtens für die Beurteilung der dauernden Dienstunfähigkeit eines Beamten stellt. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der medizinischen Voraussetzungen für die Dienstfähigkeit des Klägers – insbesondere gesundheitliche Einschränkungen im psychiatrischen Bereich – ist nicht geboten. Liegt dem Gericht bereits eine sachverständige Äußerung zu einem Beweisthema vor, muss es ein weiteres Gutachten nur einholen, wenn die vorhandene Stellungnahme von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, inhaltliche Widersprüche oder fachliche Mängel aufweist oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters besteht. Wie dargestellt ist das vorliegend aber nicht der Fall. Die Verpflichtung zur Einholung eines weiteren Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter das vorliegende Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 B 12/18 – juris Rn. 6, 9).
d) Auf dieser Grundlage ist die Entscheidung des Präsidiums, den Kläger wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen, rechtlich nicht zu beanstanden. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Annahme einer dauernden Dienstunfähigkeit vor, hat der Dienstherr den Beamten zwingend in den Ruhestand zu versetzen (§ 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG). Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm hat der Beklagte nach dem plausiblen und nachvollziehbaren Gesundheitszeugnis vom … März 2018 zu Recht angenommen.
Da der Beamte nach dem Gesundheitszeugnis vom … März 2018 umfassend dienstunfähig ist, war auch eine Suche nach einem anderen Dienstposten oder anderen Tätigkeitsfeldern nicht erforderlich.
3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung – ZPO.


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