Arbeitsrecht

Verwaltungsgerichtsverfahren, Befähigung zum Richteramt, Kostenfestsetzungsbeschluß, Verwaltungsgerichte, Antragsgegner, Kostenfestsetzungsantrag, Erinnerungsverfahren, Bevollmächtigter, Rechtslehrer, Außergerichtliche Kosten, Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, Prozeßkostenhilfeverfahren, Gerichtsgebühren, Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, Kostenentscheidung, Festsetzung des Gegenstandswertes, Vertretungszwang, Rechtsmittelbelehrung, Erstattungsanspruch, Erstattungsfähige

Aktenzeichen  W 6 M 20.730

Datum:
3.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2881
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 165
VwGO § 161
VwGO § 162 Abs. 1
VwGO § 162 Abs. 2
§§ 162 Abs. 2 VwGO analog, 151 VwGO
VwGO § 67 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt der Antragsteller. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Mit seiner am 20. Dezember 2017 erhobenen Klage (W 6 K 17.1479) begehrte der Antragsteller die Aufhebung eines absoluten Haltverbots. Die Klage wurde mit Urteil des Gerichts vom 27. Februar 2019 abgewiesen und dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Streitwert wurde auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Am 10. Februar 2020 (Eingang) beantragte der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin für seine Tätigkeit in der Streitsache W 6 K 17.1479 festzusetzen:
1.
Verfahrensgebühr
entspr. Nr. 3100 VV
1,3
392,90 EUR
2.
Terminsgebühr
entspr. Nr. 3104 VV
1,2
362,60 EUR
3.
Auslagen
entspr. Nr. 7002 VV
pauschal
20,00 EUR
4.
Fahrtkosten
entspr. Nr. 7003 VV
94 km
28,20 EUR
Gesamt
805,70 EUR
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Februar 2020 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die außergerichtlichen Aufwendungen der Antragsgegnerin antragsgemäß auf 805,70 EUR (Nr. I) fest, die nach dem Urteil des Gerichts der Antragsteller zu tragen hat (Nr. II). Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 20. Februar 2020 zugestellt.
Am 24. Februar 2020 erhob der Antragsteller hiergegen Erinnerung und beantragte eine Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die geltend gemachten Gebühren seien ohne Angabe einer Rechtsgrundlage festgesetzt worden. Der Bevollmächtigte der Antragsgegnerin sei offensichtlich Hochschullehrer und kein zugelassener Rechtsanwalt. Er habe vermutlich Gebühren auf Grundlage des RVG geltend gemacht. Hochschullehrer könnten aber solche Gebühren nicht verlangen.
Die Antragsgegnerin ließ hierauf erwidern, eine Abrechnung nach dem RVG habe nicht erfolgen können, da der Bevollmächtigte über keine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft mehr verfüge. Daher habe für den Bevollmächtigten als Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule nur eine entsprechende Heranziehung der Pauschalsätze des RVG erfolgen können. Sollte das RVG nicht entsprechend herangezogen werden können, stelle sich zwangsläufig die Frage, welche Vergütungshöhe im Übrigen angemessen sein könnte.
Hierauf erwiderte der Antragsteller, dass die von der Antragsgegnerin zitierte Rechtsprechung für Verfahren vor dem BVerwG wegen des Umfangs und der Komplexität der in einem solchen Verfahren zu klärenden Rechtsfragen für solche Verfahren zwar Geltung beanspruchen könne, nicht jedoch im erstinstanzlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Es bestehe ein wesentlicher Unterschied zwischen einem sonstigen Bevollmächtigten und einem der berufsständischen Ordnung unterliegenden Rechtsanwalt.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle half der Erinnerung nicht ab und legte diese mit Schreiben vom 28. Mai 2020 dem Gericht zur Entscheidung vor.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verfahrensakte W 6 K 17.1479 verwiesen.
II.
Über die Erinnerung entscheidet gemäß § 5 Abs. 3 i.V.m. § 6 VwGO die Kammer, da diese die der Kostenfestsetzung zugrundeliegende Kostengrundentscheidung getroffen hat (vgl. BVerwG, B.v. 14.2.1996 – 11 VR 40.95 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – BeckRS 2004, 20013 Rn. 10). Bei der Entscheidung über die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung handelt es sich um eine unselbständige Nebenentscheidung zur Hauptsache.
1. Die Erinnerung des Antragstellers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12. Februar 2020 für das Verfahren W 6 K 17.1479 ist gemäß § 151 i.V.m. § 165 VwGO zulässig, aber unbegründet.
Nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage wurden die von der Antragsgegnerin geltend gemachten außergerichtlichen Aufwendungen zu Recht auf 805,70 EUR festgesetzt.
Zu den Kosten, die der Antragsteller nach der Kostenlastentscheidung im Urteil vom 27. Februar 2019 (W 6 K 17.1479) dem Grunde nach zu tragen hat, gehören nach § 162 Abs. 1 VwGO die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in Abgabenangelegenheiten auch einer der in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 genannten Personen, stets erstattungsfähig.
Vorliegend ließ sich die Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren W 6 K 17.1479 nicht durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten, sondern mit Herrn Prof. Dr. S. durch einen Rechtslehrer an einer staatlichen Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (hier: Hochschule Schmalkalden), der die Befähigung zum Richteramt besitzt (§ 67 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO). Entsprechende Nachweise liegen dem Gericht vor.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind die Gebühren und Auslagen eines Rechtslehrers, der einen Prozessbeteiligten auf Grund des § 67 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO als Bevollmächtigter vertritt, in entsprechender Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO stets erstattungsfähig (vgl. BVerwG, B.v. 19.1.1978 – 7 A 3/75 – NJW 1978, 1173; dem folgend: Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 162 Rn. 14; Kunze in BeckOK VwGO, 55. Edition 1.10.2020, § 162 Rn. 69; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 23; Olbert in Schoch/Schneider, VwGO, 39. EL Juli 2020, § 162 Rn. 43; modifizierend BayVGH, B.v. 24.10.1991 – 20 A 88.40116 u.a. – NJW 1992, 853: Erstattungsanspruch des Rechtslehrers aus § 162 Abs. 1 VwGO entsprechend der Höhe der Rechtsanwaltsvergütung; a.A. VG München, B.v. 29.6.1988 – MF 03650 1 K u.a – NJW 1989, 314; hiergegen mit überzeugenden Gründen Mußgnug, NJW 1989, 2037).
Die Rechtslehrer im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 VwGO sind dabei auch hinsichtlich der Höhe des von der unterlegenen Partei zu erstattenden Honorars wie Rechtsanwälte zu behandeln (vgl. BVerwG, aaO; im Ergebnis ebenso BayVGH, B.v. 24.10.1991 – 20 A 88.40116 u.a. – NJW 1992, 853, 854).
Grund für die kostenmäßige Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Rechtslehrern ist, dass Rechtslehrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgrund der ihnen in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingeräumten Vertretungsbefugnis kraft Gesetzes ohne Einschränkungen den Rechtsanwälten gleichgestellt sind. Da die Verfahrensbeteiligten danach gänzlich frei sind, sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren wahlweise durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer vertreten zu lassen, wird die unterlegene Partei bei einer analogen Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf Rechtslehrer und der daraus folgenden kostenmäßigen Gleichstellung auch nicht benachteiligt. Denn ließe sich der Obsiegende gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 VwGO stattdessen durch einen Rechtsanwalt vertreten, wären die außergerichtlichen Kosten der Vertretung in direkter Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO in gleicher Höhe vom Unterliegenden zu tragen. Da § 67 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Gleichstellung von Rechtsanwälten und Rechtslehrern im Übrigen für sämtliche Instanzen vorsieht, gibt es auch keinen Grund zur Annahme, die oben genannte Rechtsprechung des BVerwG könne nicht auch für erstinstanzliche Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Geltung beanspruchen, zumal sich Umfang und Komplexität eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht – wie der Antragsteller offenbar meint – stets erst zum Ende des Instanzenzuges hin erhöhen.
Die Antragsgegnerin durfte deshalb in analoger Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO vom Antragsteller die Erstattung des von ihrem Bevollmächtigten geforderten Honorars in einer der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung entsprechenden Höhe verlangen. Die im Kostenfestsetzungsantrag vom 4. Februar 2020 beantragten Kosten entsprechen auch der Höhe nach der gesetzlichen Gebühr (vgl. § 2 RVG), die bei einer gerichtlichen Vertretung durch einen Rechtsanwalt in direkter Anwendung des § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO erstattungsfähig gewesen wäre.
2. Die Erinnerung des Antragstellers war daher unbegründet und mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen.
Zwar fallen für das Erinnerungsverfahren selbst keine Gerichtsgebühren an, es sind jedoch die Auslagen des Gerichts (Teil 9 Abs. 1 Halbsatz 2 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG) und eventuell die außergerichtlichen Aufwendungen der Beteiligten zu erstatten. Eine Kostenentscheidung ist deshalb veranlasst (BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – BeckRS 2004, 20013 Rn. 21; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 165 Rn. 10).
Die Festsetzung eines Streitwerts ist entbehrlich, da keine Gerichtsgebühren anfallen und eine Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 RVG nicht von Amts wegen zu erfolgen hat (zutreffend Schneider, NJW-Spezial 2012, 603).


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