Arbeitsrecht

Vorläufige Streitwertfestsetzung, Bindung an Streitwertfestsetzung, Verwaltungsgerichtsverfahren, Höherer Streitwert, Streitwertbeschlüsse, Verfahrensgebühr, Gerichtsverfahren, Gerichtskostengesetz, Verwaltungsgerichte, Kostenrechnung, Gerichts- und Notarkostengesetz, Kostenansatz, Aufrechnung, Kostenverzeichnis, Vorläufige Festsetzung, Unanfechtbarkeit, Erschließungsbeitragsbescheid, Erinnerungsverfahren, Rechtsmittelbelehrung, Kostenfreiheit

Aktenzeichen  M 28 M 20.1496

Datum:
4.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14687
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 2, § 3, § 63, § 66
SGB X § 64

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller und Erinnerungsführer begehrt „Rechtsmittel“ gegen den gerichtlichen Beschluss vom 10. Oktober 2019, mit dem der Streitwert auf 25.666,21 € festgesetzt worden sei.
Am 10. Oktober 2019 wurde in der Verwaltungsstreitsache M 28 K 19.4914 der Streitwert vorläufig auf 25.666,21 € festgesetzt und darauf hingewiesen, dass die vorläufige Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG unanfechtbar sei. Am 11. Oktober 2019 erging eine Kostenrechnung, in der eine Verfahrensgebühr i. H. v. 1.218,00 € festgesetzt wurde.
Mit Schriftsatz vom 22. März 2020 beantragte der Antragsteller,
den Beschluss vom 10. Oktober 2019 aufzuheben.
Zur Begründung dieses Antrags nahm er Bezug auf seinen Vortrag im Verfahren M 28 K 19.4914, dass er nach § 64 SGB X von sämtlichen Kosten befreit sei und daher keine Gerichtskosten erhoben werden dürften. Er sei daher aufgrund der „alten Verfahren“ von Gerichtskosten befreit. Er habe zudem gegen die Gemeinde Eschenlohe einen Rückzahlungsanspruch i. H. v. 50.000 €, mit dem er die Aufrechnung erklärt habe, soweit die Gemeinde Eschenlohe nun Forderungen gegen ihn geltend mache. Die Ansicht des Gerichts, dass jegliche vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG unanfechtbar sei, sei falsch, da ein Rechtsmittel gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung ausnahmsweise i.V.m. der Anforderung eines Vorschusses oder einer Vorauszahlung statthaft sei. Außerdem sei der vorläufige Streitwertbeschluss immer dann rechtsmittelfähig, wenn der Beteiligte den von der vorläufigen Festsetzung des Streitwerts nach § 63 Abs. 1 GKG abhängigen geforderten Vorschuss für zu hoch halte. Die vorläufige Streitwertfestsetzung sei auch deswegen unzulässig, weil bereits in anderen Gerichtsverfahren des Antragsstellers der Streitwert jeweils rechtskräftig festgesetzt worden sei. Die damaligen Entscheidungen seien auch für das Verfahren M 28 K 19.4914 bindend. Eine weitere Streitwertfestsetzung sei deshalb ausgeschlossen gewesen und die Kostenrechnung daher unzulässig.
Die Antragsgegnerin äußerte sich nicht zur Erinnerung.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen, sondern diese mit Schriftsatz vom 3. April 2020 dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird im Übrigen ergänzend auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie in den Verfahren M 28 K 19.4914 und M 28 E 20.1367 sowie auf die vorgelegten Behördenakten im Verfahren M 28 K 19.4914 verwiesen.
II.
Die Erinnerung, über die gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 1 GKG der Berichterstatter kraft Gesetzes als Einzelrichter zu entscheiden hat, hat keinen Erfolg.
1. Das Gericht legt das Begehren des Antragstellers zu dessen Gunsten zweckentsprechend als – statthafte – Erinnerung gemäß § 66 GKG gegen die Kostenrechnung vom 11. Oktober 2019 aus. Denn eine Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss vom 10. Oktober 2019, durch den der Streitwert für das Verfahren M 28 K 19.4914 gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG vorläufig auf 25.666,21 € festgesetzt wurde, ist nicht statthaft, da die vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG unanfechtbar ist. Hierauf wurde im Streitwertbeschluss vom 10. Oktober 2019 auch ausdrücklich hingewiesen. Soweit der Antragsteller dies anzweifelte, ist anzumerken, dass gegen die vorläufige Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 1 Satz 2 GKG eine Beschwerde nur nach § 67 GKG stattfindet, wenn sich der Beschwerdeführer gegen die Höhe des aufgrund des vorläufig festgesetzten Streitwerts erhobenen, von ihm zu zahlenden, Kostenvorschusses für das gerichtliche Verfahren, wendet. Somit ist gemäß §§ 63 Abs. 1 Satz 2, 67 GKG die Beschwerde nur statthaft, wenn durch einen Beschluss die Tätigkeit des Gerichts aufgrund des Gerichtskostengesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird. Dies ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aber nicht der Fall. Demnach kann lediglich die endgültige Streitwertfestsetzung gemäß § 68 GKG angefochten werden (vgl. BVerwG, B. v. 28.06.2018 – 6 KSt 2.18 – juris Rn. 7; BayVGH, B.v. 24.08.2011 – 14 C 11.1579 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 14.08.2008 – 5 C 08.2203 – juris Rn. 2; VGH BW, B. v. 7. 2. 2006 – 11 S 188/06 – juris Rn. 5; SächsOVG, B. v. 8. 5. 2009 – 1 E 45/09 – juris Rn. 3 f.). Der Antragsteller kann eine Beschwerde daher erst gegen die endgültige Streitwertfestsetzung einlegen, sobald diese ergangen ist. Falls er mit seiner Rüge, dass der Beschluss über die vorläufige Streitwertfestsetzung vom 10. Oktober 2019 rechtswidrig sei, das Ziel verfolgt haben sollte, dass die Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 GKG nicht erhoben werden, hat er einen zur Niederschlagung von Kosten führenden schweren Mangel im Sinne einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung, welche § 21 Abs. 1 GKG voraussetzt (vgl. BVerwG, B.v. 25.1.2006 – 10 KSt 5.05 – juris Rn. 6; BVerwG, B.v. 30.9.2010 – 5 KSt 3/10 – juris Rn. 6), weder substantiiert dargelegt, noch ist dies sonst ersichtlich.
Lediglich zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten wird in diesem Zusammenhang auch auf folgende Aspekte hingewiesen:
§ 64 Abs. 1 SGB X gilt für das Verfahren bei Behörden nach dem SGB X und nicht für das hier in Rede stehende gerichtliche Verfahren. § 64 Abs. 2 Satz 2 SGB X bezieht sich auf die im Gerichts- und Notarkostengesetz bestimmten Gerichtskosten und ist vorliegend nicht anzuwenden, weil das Gerichts- und Notarkostengesetz nur für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Notare, nicht für Verwaltungsstreitsachen gilt (§ 1 GNotKG). § 64 Abs. 3 Satz 2 SGB X, der die persönliche Befreiung der genannten Träger von den Gerichtskosten in den im Einzelnen ausdrücklich und abschließend aufgeführten Gerichtsverfahren regelt, erfasst den vorliegenden Fall nicht, weil der Antragsteller nicht zu den dort genannten öffentlichen Stellen und Verfahren vor der 28. Kammer des Verwaltungsgerichts München nicht zu den dort aufgeführten Gerichtsverfahren gehören (vgl. BVerwG, B.v. 30.9.2010 – 5 KSt 3/10 -juris Rn. 5). Im Übrigen finden nach § 2 Abs. 4 GKG Vorschriften aus dem Sozialrecht betreffend die persönliche Kostenfreiheit vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ausdrücklich keine Anwendung. Dort kommen nur Vorschriften zur Anwendung, die eine sachliche Kostenfreiheit gewähren, z.B. § 188 Satz 2 VwGO (vgl. Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage 2019, § 2 GKG, Rn. 22).
Soweit der Antragsteller auf andere Gerichtsverfahren verwies und geltend machte, dass die dortigen Streitwertfestzungen für das Verfahren M 28 K 19.4914 bindend gewesen seien bzw. die Höhe der dortigen Streitwertfestsetzung die Festsetzung eines höheren Streitwerts ausschließen würde bzw. eine einheitliche Streitwertfestsetzung in allen gerichtlichen Verfahren gefordert wurde, wird darauf hingewiesen, dass in jedem gerichtlichen Verfahren ein eigener Streitwert nach den hierfür maßgeblichen Rechtsvorschriften festzusetzen ist. Eine Bindung an Streitwertfestsetzungen in anderen gerichtlichen Verfahren besteht nicht. Im Verfahren M 28 K 19.4914 bestimmt sich der Streitwert gemäß § 52 Abs. 3 GKG nach der Höhe der bezifferten Geldleistung im angefochtenen Erschließungsbeitragsbescheid vom 7. Oktober 2002, die 25.666,21 € beträgt, so dass dieser Betrag rechtmäßig dem Beschluss über die vorläufige Streitwertfestsetzung vom 10. Oktober 2019 zugrunde gelegt wurde.
2. Die zulässige Erinnerung ist jedoch unbegründet:
Mit der Erinnerung gemäß § 66 GKG gegen den Kostenansatz, also gegen die Kostenrechnung, des Gerichts kann lediglich die Verletzung des Kostenrechts, also die Entstehung und Höhe von Gebühren und Auslagen angegriffen werden, nicht hingegen die Entscheidung, aufgrund derer der Kostenansatz erfolgt, insbesondere nicht der Streitwert (vgl. Binz/ Dörndorfer/ Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 4. Auflage 2019, § 66 GKG, Rn. 12, 16, 17). Die Kostenrechnung vom 11. Oktober 2019 ist sowohl dem Grunde nach, als auch der Höhe nach nicht zu beanstanden:
Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG werden im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Kosten erhoben. Die Höhe der Gebühren richtet sich gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 GKG nach dem Streitwert, der zu Beginn des Klageverfahrens vorläufig festgesetzt wird und die Grundlage für die (vorläufige) Kostenerhebung bildet. Gemäß § 3 Abs. 2 GKG werden die Kosten nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben. Nach Nr. 5110 des Kostenverzeichnisses wird bei einer Klage im ersten Rechtszug im Allgemeinen (zunächst) eine dreifache Verfahrensgebühr erhoben. Vorliegend wurde somit in der Kostenrechnung vom 11. Oktober 2019 rechtmäßig aus dem vorläufigen Streitwert i.H.v. 25.666,21 € gemäß KV 5110 eine Verfahrensgebühr I. Instanz mit dreifachem Satz in Höhe von 1.218,00 € errechnet und dem Antragsteller in Rechnung gestellt. Die Verfahrensgebühr wurde mit Erhebung der Klage im Verfahren M 28 K 19.4914 fällig (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 GKG, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG) und zu Recht mit der Kostenrechnung vom 11. Oktober 2019 gegenüber dem Antragsteller als Kostenschuldner (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG) geltend gemacht. Einwendungen, weshalb die Kostenrechnung als solche fehlerhaft sein sollte, wurden vom Antragsteller weder vorgetragen noch sind sonst ersichtlich. Soweit er erklärte, dass die Forderung gegen ihn schon deshalb nicht bestehe, weil er die Aufrechnung erklärt habe (s.o.), ist anzumerken, dass für eine solche Aufrechnung im Rahmen der Erhebung von Gerichtsgebühren kein Raum ist und darüber hinaus nicht ersichtlich ist, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Aufrechnung gegeben sein könnten.
Nach alledem war die Erinnerung gegen den Kostenansatz zurückzuweisen.
Gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 GKG ist das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei, der Antragsteller hat jedoch in entsprechender Anwendung des § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 Satz 2 GKG).


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