Arbeitsrecht

Zur kostenrechtlichen Notwendigkeit der Teilnahme eines Behördenvertreters an einem Gerichtstermin

Aktenzeichen  21 C 17.1425

Datum:
2.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7786
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 146 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören, auch wenn das persönliche Erscheinen nicht angeordnet ist, und ungeachtet einer anwaltlichen Vertretung grundsätzlich die Reisekosten eines Behördenvertreters. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Teilnahme eines (weiteren) Behördenvertreters ist nicht erforderlich, wenn ausnahmsweise der Prozessbevollmächtigte gleichzeitig der Vorsitzende des Beklagten ist und in dieser Funktion damit zugleich Behördenvertreter ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn Rechts- und keine Tatsachenfragen inmitten des Verfahrens stehen (hier: Wahrnehmung eines Termins vor dem Europäischen Gerichtshof). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 16 M 16.2867 2017-06-19 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Der Beklagte wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die teilweise Aufhebung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses durch das Verwaltungsgericht.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2009 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Eintragung in die Liste auswärtiger Dienstleister nach Art. 2 BauKaG ab. Dieser Bescheid ist von Rechtsanwalt B. als stellvertretendem Vorsitzenden des Beklagten unterschrieben.
Auf die hiergegen erhobene Klage verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten mit Urteil vom 22. September 2009 zur Eintragung.
Die mit Beschluss von 17. September 2009 zugelassene Berufung wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 20. September 2011 mit der Maßgabe zurück, dass der Beklagte verpflichtet wurde, über den Antrag des Klägers auf Eintragung in die Architektenliste positiv zu entscheiden.
Im Rahmen der hiergegen erhobenen Revision setzte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 10. Juli 2013 aus und legte dem Europäischen Gerichtshof mehrere Rechtsfragen zur Entscheidung vor.
Am Termin vor dem Europäischen Gerichtshof am 9. Juli 2014 nahmen Rechtsanwalt B. und Rechtsanwalt G. von K. teil.
Mit Urteil vom 16. November 2015 hob das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. September 2009 und das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 20. September 2011 auf und wies die Klage ab.
Im Rahmen der Kostenfestsetzung machte der Beklagte als Kosten vor dem Europäischen Gerichtshof unter anderem Reisekosten, Übernachtungskosten sowie Tage- und Abwesenheitsgeld für zwei Personen geltend, die im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Mai 2016 antragsgemäß festgesetzt wurden.
Auf die hiergegen erhobene Erinnerung hob das Verwaltungsgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Mai 2016 mit Beschluss vom 19. Juni 2017 insoweit auf, als darin Kosten für eine zweite Person zur Wahrnehmung eines Termins vor dem Europäischen Gerichtshof als erstattungsfähig berücksichtigt wurden.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II.
1. Die gemäß § 146 Abs. 1 und 3, § 147 Abs. 1 VwGO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat auf die Erinnerung des Klägers den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27. Mai 2016 zu Recht teilweise aufgehoben. Der Kostenerstattungsanspruch des Beklagten umfasst vorliegend nicht die Kosten für eine zweite Person zur Wahrnehmung des Termins vor dem Europäischen Gerichtshof.
Nach § 162 Abs. 1 VwGO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Dabei beurteilt sich die Notwendigkeit aus der Sicht einer verständigen Partei, wobei jeder Beteiligte verpflichtet ist, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten.
Zu den erstattungsfähigen Kosten gehören dabei grundsätzlich, auch wenn das persönliche Erscheinen des Beteiligten nicht angeordnet ist, die Reisekosten eines Behördenvertreters und zwar auch im Falle anwaltlicher Vertretung (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 162 Rn. 11, 12, Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL Okt. 2016, § 162 Rn. 18).
Von diesem Grundsatz hat das Verwaltungsgericht zu Recht eine Ausnahme für den
vorliegenden Fall angenommen, weil hier die Besonderheit besteht, dass der Prozessbevollmächtigte des Beklagten, Rechtsanwalt G. K. im maßgeblichen Zeitraum als Vorsitzender des Beklagten und Rechtsanwalt B. als sein Stellvertreter fungierte, so dass beide zugleich Behördenvertreter waren. Hinzu kommt, dass beide Vertreter des Beklagten als Volljuristen auch über dieselbe fachliche Qualifikation verfügen. In dieser Konstellation besteht im Hinblick auf den Grundsatz der Kostenminimierung kein Bedürfnis für die Teilnahme zweier Vertreter des Beklagten, zumal im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof Rechts- und nicht Tatsachenfragen inmitten standen, so dass es auf eine besondere Kenntnis der Verfahrensakten und damit die Anwesenheit des Sachbearbeiters nicht ankam.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da das Erinnerungsverfahren gerichtsgebührenfrei ist, war ein Streitwert nicht festzusetzen.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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