Arbeitsrecht

Zuteilung von Nutzungszeiten für gemeindliche Eissporthalle

Aktenzeichen  M 7 K 14.4802

Datum:
21.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
BayGO BayGO Art. 21 Abs. 1, Abs. 4

 

Leitsatz

1 Unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr besteht ein berechtigtes Feststellungsinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage bei einer durch Zeitablauf erledigten Klage auf Zuteilung von Trainingszeiten für eine gemeindliche Sporthalle, wenn die Vergaberegelungen gleich geblieben sind. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ist das Kontingent an Trainingszeiten durch Vergabe an konkurrierende Vereine bereits vor Antragstellung erschöpft, kommt eine positive Entscheidung aus tatsächlichen Gründen nicht mehr in Betracht, wenn der Antragsteller nicht gegen die “Konkurrenten” vorgegangen ist. (bestätigt durch BayVGH BeckRS, 2017, 105403) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Zuteilung von Sportzeiten abhängig von der aktiven Mitgliederstruktur eines Vereins und daraus folgend die Zuteilung von mehr Trainingszeiten für mitgliederstärkere Vereine ist sachgerecht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. September 2014 war rechtmäßig. Ein weitergehender Nutzungsanspruch als die ihm zugeteilten Trainingszeiten für Eishockey standen dem Kläger für die Wintersaison 2014/2015 nicht zu.
Der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) ist eröffnet. Die Beklagte schließt zwar privatrechtliche Nutzungsverträge für die Benutzung der gemeindlichen Sporthalle mit den jeweiligen Nutzern, die davon zu unterscheidende und hier streitgegenständliche Frage nach dem Zugang zu der öffentlichen Einrichtung beurteilt sich hingegen nach öffentlichem Recht (vgl. BayVGH, B.v. 28.8.2001 – 4 C 01.2061 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 4.8.2010 – 5 ZB 10.969 – juris Rn. 6).
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft, nachdem sich das ursprüngliche Begehren um Zuteilung von Eissportzeiten für die Wintersaison 2014/2015 mit Ende der Saison durch Zeitablauf erledigt hat. Der Kläger hat dementsprechend seine Klage von einer Verpflichtungsauf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt (vgl. BayVGH, U.v. 22.7.2015 – 22 B 15.620 – juris Rn. 21).
Der Kläger kann für die Fortsetzungsfeststellungsklage ein besonderes Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr geltend machen. Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat (jüngst etwa BVerwG, B.v. 24.10.2006 – 6 B 61/06 – juris Rn. 3; BVerwG, U.v. 21.3.2013 – 3 C 6/12 – juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38/12 – juris Rn.12, jeweils m.w.N.). Als Sachent-scheidungsvoraussetzung muss das Fortsetzungsfeststellungsinteresse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38/12 – juris Rn.12). Ein mit der drohenden Wiederholung eines erledigten Verwaltungsakts begründetes berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Verwaltungsakts setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Weiter ist erforderlich, dass die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert geblieben sind (BVerwG, B.v. 16.10.1989 – 7 B 108/89 – juris Rn. 5 m.w.N.; BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 38/12 – juris Rn. 13 m.w.N.; BayVGH, U.v. 25.2.2013 – 22 B 11.2587 – juris Rn. 43; BayVGH, U.v. 14.5.1997 – 4 B 96.1451 – juris Rn. 15 zur Wiederholungsgefahr bei Zuteilung von Trainingszeiten in einem kommunalen Schwimmbad). Diese Voraussetzungen liegen vor:
Der Kläger hat auch für die anstehende Wintersaison 2016/2017 Nutzungsanträge bei der Beklagten für die Zuteilung von Eissportzeiten gestellt, die die Beklagte im Wesentlichen nach den gleichen Kriterien wie in der Vergangenheit bearbeiten wird. Das voraussichtliche Inkrafttreten neuer Sportförderrichtlinien zum 1. Januar 2017 ändert daran nichts, da die bisherigen Vergaberichtlinien (SpoFöR) zumindest für die kommende Wintersaison 2016/2017 noch anwendbar bleiben. Die weiteren von der Beklagten genannten möglichen Veränderungen bei der Vergabe in der Wintersaison 2016/2017 (Verteilung der Zeiten für Eiskunstlauf und Eishockey, Gruppierung der Vereine nach Mitgliederanzahl) stellen lediglich geringfügige Änderungen dar, die das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht entfallen lassen.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist Art. 21 Abs. 1 GO, wonach alle Gemeindeangehörigen nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften berechtigt sind, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde, hier die Sporthallen der Beklagten, zu benutzen. Nach Art. 21 Abs. 4 GO findet diese Vorschrift auf juristische Personen und Personenvereinigungen entsprechende Anwendung. Der Kläger hat allerdings einen Anspruch auf Zulassung zur Nutzung nur im Rahmen der Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung und in den Grenzen der vorhandenen Kapazität, während ein Anspruch auf Kapazitätserweiterung nicht besteht (vgl. BayVGH, U.v. 14.5.1997 – 4 B 96.1451 – juris Rn. 21; OVG NRW, B.v. 18.12.1992 – 15 B 4474/92 – juris Rn. 12 ff). Ein Antragsteller hat daher bei Erschöpfung der Kapazität einer öffentlichen Einrichtung ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens, d.h. darauf, dass die Auswahlentscheidung nach sachlichen Kriterien und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes getroffen wird (BayVGH, B.v. 12.8.2013 – 22 CE 13.970 – juris Rn. 36; BayVGH, U.v. 11.11.2013 4 B 13.1135 – juris Rn. 23 m.w.N.). Der Prüfungsumfang des Gerichts ist aufgrund des bestehenden Einschätzungsspielraums der Behörde lediglich auf ein pflichtgemäßes Verwaltungshandeln dahingehend zu überprüfen, ob die Bewertung nachvollziehbar und schlüssig erfolgte, d.h. ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob gegen Denkgesetze oder allgemein gültige Wertmaßstäbe verstoßen worden ist, ob sachwidrige Erwägungen angestellt oder ob Verfahrensfehler gemacht worden sind. Das Verwaltungshandeln der auswählenden Behörde muss dabei transparent und nachvollziehbar sein und zwar sowohl im Hinblick auf die Kriterien, von denen sich die Behörde bei der Auswahlentscheidung leiten lässt, als auch für den konkreten Auswahlvorgang selbst (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2013 – 22 CE 13.970 – juris Rn. 31; BayVGH, U.v. 11.11.2013 – 4 B 13.1135 – juris Rn. 23; BayVGH, B.v. 12.7.2011- 4 CS 11.1200 – juris Rn. 14; VGH BW, U.v. 27.2.2006 – 6 1508/04 – juris Rn. 22).
Der vom Kläger vor der Erledigung des Rechtsstreits gestellte Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, ihm die beantragten Sportzeiten zuzuteilen, war bereits nicht geeignet, ihm das begehrte Recht zu verschaffen. Das Kontingent an Trainingszeiten für Eishockey in den Zeiten zwischen 16.00 und 22.00 Uhr, bei denen Antragskonkurrenz besteht, war in der Wintersaison 2014/2015 durch die Vergabe an die Vereine bereits erschöpft, sodass für eine positive Entscheidung über die Anträge des Klägers aus tatsächlichen Gründen kein Raum war. Aufgrund der Kapazitätserschöpfung war der Verpflichtungsantrag alleine für das angestrebte Rechtsschutzziel ungeeignet; einen Rechtsbehelf gegen die einem anderen Benutzer erteilte Zulassung hat der Kläger aber nicht eingelegt (sog. Konkurrentenverdrängungsklage, vgl. OVG NRW, B.v. 18.12.1992 – 15 B 4474/92 – juris Rn. 12 ff.; BayVGH, B.v. 12.7.2010 – 4 CE 10.1535 – juris Rn. 13 m.w.N.). Da für eine erfolgreiche Fortsetzungsfeststel-lungsklage im Zeitpunkt der Erledigung eine ursprünglich zulässige und begründete Klage vorgelegen haben muss, kann die Klage bereits aus diesem Grund keinen Erfolg haben.
Darüber hinaus dringt der Kläger in der Sache nicht durch, da bei der Zuteilung der Trainingszeiten durch die Beklagte für die Wintersaison 2014/2015 keine sachwidrigen Kriterien angewendet wurden und keine Verstöße gegen den Gleichheitssatz ersichtlich sind. Die Vergabekriterien wie auch der Zuteilungsvorgang selbst begegnen keinen rechtlichen Bedenken.
Dem Kläger ist nicht zu folgen, wenn er die Rechtswidrigkeit der Vergabe auf mangelnde Schriftlichkeit und fehlende Transparenz des Vergabeverfahrens stützt. Einen allgemeinen Grundsatz der Schriftlichkeit des Verwaltungsverfahrens gibt es nicht. Art. 10 BayVwVfG bestimmt, dass das Verwaltungsverfahren an eine bestimmte Form nicht gebunden ist, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Eine mangelnde Transparenz des Auswahlvorgangs kann das Gericht nicht feststellen. Die Beklagte hat die ihrer Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen in angemessener Weise dokumentiert (vgl. BayVGH, U.v. 11.11.2013 – 4 B 13.1135 – juris Rn. 28 ff. m.w.N.). So wird aus den Behördenakten ersichtlich, welche Vereine Nutzungsanträge gestellt haben und welche Nutzungsvereinbarungen jeweils mit ihnen abgeschlossen worden sind (BA West Bl. 87 – 295; BA Ost Bl. 60- 325). Die konkret an die einzelnen Vereine vergebenen Zeiten für die Hallen Ost und West wurden mit einer handschriftlichen Planung (BA Ost Bl. 5; BA West Bl. 9) errechnet und in stundenplanähnlicher Form (BA Ost Bl. 2 und Bl.17-59; BA West Bl. 1 und Bl. 10-30) aufgelistet. Im gerichtlichen Verfahren hat die Beklagte die Zuteilungskriterien der Eissportzeiten nachvollziehbar erläutert. Sie hat dabei insbesondere angegeben, dass die Zuteilung der Eiszeiten nach den in § 8 Abs. 5 SpoFöR dokumentierten Grundsätzen für die Vergabe von Sportanlagen erfolge, in welchem Verhältnis sie Zeiten für Eishockey und Eiskunstlauf vergibt und dass abhängig von der Mitgliederzahl der aktiven Mitglieder in einer Sportart unter Berücksichtigung etwaiger förderfähiger Aspekte gemäß § 8 Abs. 5 SpoFöR eine bestimmte Anzahl an Wochenstunden je Verein vergeben wird. Die Umsetzung dieser Kriterien hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren durch Vorlage einer „Tabelle zur Planung der Wintersaison 2014/2015“ aufgezeigt, in der sie die Vereine mit ihrer Aktivenmitgliederzahl unter Berücksichtigung von förderfähigen Aspekten gemäß ihrer Förderrichtlinien (etwa ein hoher Frauen- oder Kinderanteil) und die ihnen zugeteilten Ge-samtwochenstunden aufgelistet hat. Daraus lässt sich ersehen, dass der Kläger mit einer Anzahl von 31 aktiven Mitgliedern eine Stunde pro Woche (bzw. zwei Stunden alle 14 Tage) an Trainingszeiten zugeteilt bekommen hat und damit genauso behandelt wurde wie andere Vereine mit einer ähnlichen Mitgliederstruktur (vgl. die Vereine …)
Dass die nunmehr dem Gericht vorgelegte Tabelle über die vergebenen Nutzungszeiten in dieser konkreten Form zunächst nicht vorlag, führt für sich genommen nicht zu einer intransparenten Entscheidung. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diese Tabelle aufgrund der angestellten Erwägungen und der vorhandenen Dokumentation erstellt hat, um die angewendeten Vergabegrundsätze im gerichtlichen Verfahren dem Kläger und dem Gericht zu veranschaulichen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass damit eine nachträgliche Dokumentation erstmalig angestellter Erwägungen erfolgt (vgl. zu einer solchen Konstellation VG Bremen, B.v. 2.10.2012 – 5 V 1031/12 – juris Rn. 21).
Die von der Beklagten angewendete Vergabepraxis der Festsetzung von Grenzwerten für die Anzahl an aktiven Mitgliedern und eine Staffelung der Trainingszeiten in Abhängigkeit der Anzahl der Mitglieder ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht zu bemängeln. Sie entspricht dem Recht des Trägers der öffentlichen Einrichtung, selbst festzulegen, in welchem Umfang er diese zur Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. OVG NRW, B.v. 18.12.1992 – 15 B 4474/92 – juris Rn. 6). Die Beklagte verfolgt damit den Zweck, Vereinen mit einer annähernd gleichen Anzahl an aktiven Mitgliedern auch annähernd gleiche Nutzungszeiten zuzuteilen. Die Zuteilung von Sportzeiten abhängig von der aktiven Mitgliederstruktur eines Vereins und daraus folgend die Zuteilung von mehr Trainingszeiten für mitgliederstärkere Vereine ist sachgerecht.
Die vom Kläger behauptete gleichheitswidrige Behandlung im Vergleich zum Verein … liegt nicht vor. Der Kläger macht geltend, seine Trainingszeiten seien gekürzt worden, wohingegen der Verein … seine hohe Quote habe behalten dürfen. Dieser Verein hat zusätzlich zu den 14-tägigen Dienstagsterminen von 20.00 bis 22.00 Uhr noch sonntags von 7.00 bis 8.45 Uhr Trainingszeiten bekommen (vgl. BA West Bl. 115). Der Verein … hat deutlich mehr aktive Mitglieder (192) als der Kläger, sodass ihm bereits deshalb mehr Trainingszeiten zustehen. Darüber hinaus hat die Beklagte erklärt, dass die Zeiten in den Morgenstunden aufgrund ihrer geringen Beliebtheit außerhalb der Antragskonkurrenz laufen und auf Wunsch zusätzlich gewährt werden können. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, an solchen Zeiten kein Interesse zu haben. Dass der Kläger in der Vergangenheit mehr Trainingszeiten bekommen hat, als ihm nach dem Verteilerschlüssel zustanden, bedeutet nicht, dass die Beklagte daran gebunden und gehindert wäre, Korrekturen vorzunehmen. Im Übrigen hat der Kläger die Zuteilung der Eisportzeiten nicht substantiiert angegriffen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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